Archiv für 6 vor 9

NetzDG, Aufbauschblätter, Funkes Medienminister

1. NetzDG-Verabschiedung ein Schnellschuss
(reporter-ohne-grenzen.de)
Vor der Verabschiedung des Gesetzes gegen Hassbotschaften im Internet am heutigen Tag warnt “Reporter ohne Grenzen” erneut vor den Gefahren für die Pressefreiheit. Zwar hätten die Regierungsfraktionen einige Kritikpunkte an dem geplanten Gesetz aufgenommen, doch die Kernkritik bleibe bestehen: „Durch kurze Löschfristen werden soziale Netzwerke aus Angst vor Bußgeldern zu viele Inhalte löschen. So besteht etwa die Gefahr, dass auch journalistische Artikel gelöscht werden, obwohl nicht abschließend geklärt ist, ob sie rechtswidrig sind oder nicht“.

2. “Aufgebauscht, bis es falsch wird”
(spiegel.de, Holger Dambeck)
Medizin-Nobelpreisträger Randy Schekman Kritiker betrachtet die renommierten Fachblätter “Nature”, “Science” und “Cell” als schädlich für die Wissenschaft: “Diese Magazine suchen Studien, die möglichst viel Aufmerksamkeit erregen. Das ist logisch, denn sie wollen Hefte verkaufen. Aber es verzerrt die wissenschaftliche Arbeit. Junge Forscher glauben, sie müssten auf Gebieten arbeiten, auf denen sie eine Sensation kreieren können. Zum Teil werden Themen aufgebauscht, bis es falsch wird.”

3. Fall Weißensberg: Wir halten uns zurück
(schwaebische.de, Dirk Augustin)
Im Landkreis Lindau ist vor einigen Tagen eine 22-jährige Frau umgebracht worden. Die Lokalredakteure der Lindauer Zeitung sehen sich in der Pflicht darüber zu berichten, wollen sich aber nicht an Spekulationen rund um die Tat beteiligen. Auch um die Aufklärung der Tat beziehungsweise die Festnahme des mutmaßlichen Täters nicht zu gefährden. “Deshalb drängen wir uns nicht Angehörigen oder Nachbarn auf, wir durchsuchen nicht das Internet nach privaten Bildern und veröffentlichen diese dann groß. Wir respektieren, dass einige Angehörige in ihrer Trauer nur noch Ruhe haben wollen und dass andere auf Facebook Sätze schreiben, die sie später wahrscheinlich bereuen. Das ist aber kein Grund für Berichterstattung. Wir sind uns sicher, dass unsere Leser diese Zurückhaltung als richtig empfinden.”

4. Funkes Medienminister: Alles nur Unterhaltung
(uebermedien.de, Mats Schönauer)
Nordrhein-Westfalens zukünftiger Medienminister ist nicht irgendjemand: CDU-Mitglied Stephan Holthoff-Pförtner ist Mitgesellschafter der Essener Funke-Mediengruppe, Deutschlands drittgrößten Zeitungsverlag. Dort erscheinen “WAZ” und “Hamburger Abendblatt” aber auch Titel wie “Die Aktuelle“, wo man gerne mal den Eindruck erweckt, jemand wie Caroline von Monaco liege im Sterben. Der zukünftige Medienminister hat damit keine Probleme. Das sei halt “Unterhaltung”… Mats Schönauer hat für “Übermedien” einige Beispiele dieser “Unterhaltung” zusammengestellt.

5. Trump bekommt Unterstützung im “Krieg gegen die Medien”
(sueddeutsche.de, Sacha Batthyany)
Donald Trump bekommt in seinem Kampf gegen die Medien Unterstützung von prominenter Seite: Die ehemalige Gouverneurin aus Alaska Sarah Palin, die bei der Präsidentschaftswahl 2008 als Anwärterin auf den Posten der Vizepräsidentin galt, will einen eigenen Fernsehsender gründen. Für eine monatliche Abo-Gebühr von 9,95 Dollar und natürlich ohne “Fake News”, wie die umstrittene Ultrakonservative betont.

6. Der Abgrund war noch nie so lustig
(zeit.de, Patrick Beuth)
Der britische Journalist Andy Kelly hat ein Faible für “Dark Stock Photos”. So bezeichnet er die mit Holzhammer-Symbolik inszenierten Bilder aus kommerziellen Fotodatenbanken, die sich mit Themen wie Tod, Drogen und Gewalt beschäftigen.

Ehe für alle, MDR-Pate angeklagt, Abgehört

1. Merkels Privat-Audienz bei „Brigitte“
(uebermedien.de, Stefan Niggemeier)
Ausgerechnet ein Talk von Bundeskanzlerin Angela Merkel bei der Frauenzeitschrift “Brigitte” ermöglicht nun wahrscheinlich die Öffnung der “Ehe für alle”. Stefan Niggemeier fragt sich, was das über Bundeskanzlerin und “Brigitte” aussagt: “Ein Teil des Spotts, den man nun über die „Brigitte“ liest, ist in Wahrheit Ausdruck der Wut über die Kanzlerin, dass sie sich einer ernsthaften politischen Auseinandersetzung über das Thema selbst in dem Moment noch verweigert, in dem sie sich bewegt – auch dank der Bühne, die ihr die „Brigitte“ mit dem netten Plauschformat bietet.”

2. Aufgeflogen: Gespräch mit Journalisten abgehört
(ndr.de, Hendrik Maaßen)
In Sachsen wurden Gespräche von mindestens drei Journalisten im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens abgehört und jahrelang gespeichert. Das belegen Unterlagen der Polizei Sachsen, die dem “NDR” vorliegen. Entgegen der gesetzlichen Benachrichtigungspflicht wurden alle drei Journalisten nach eigenen Angaben nicht über die Überwachung informiert. Hintergrund: Die Generalstaatsanwaltschaft Sachsen hatte gegen Personen aus dem Umfeld des Leipziger Fußball-Oberligisten “BSG Chemie Leipzig e.V” wegen des Verdachts auf “Bildung einer kriminellen Vereinigung” ermittelt.

3. Betrogen und bestochen
(faz.net, Michael Hanfeld)
Es sind schwere Vorwürfe, mit denen sich der ehemalige Unterhaltungschef des Mitteldeutschen Rundfunks konfrontiert sieht. Das Landgericht Leipzig hat am Dienstag die Anklage gegen ihn zugelassen. Es geht um Betrug in dreizehn Fällen, Steuerhinterziehung in fünf Fällen sowie Untreue und Bestechlichkeit in je einem Fall. Wenn man den Beitrag liest, versteht man, warum der Mann auch als “der Pate des ARD-Unterhaltungsfernsehens” bezeichnet wird.

4. Das sind die größten Herausforderungen für Journalisten
(horizont.net, Katharina Brecht)
Die größten Herausforderungen für Journalisten sind Glaubwürdigkeit, Fake News und Unabhängigkeit. Dies ist jedenfalls das Ergebnis einer Umfrage unter mehr als 1.700 Journalisten. In der Umfrage ging es auch um den Umgang mit Social Media und wie es um das Verhältnis zu Pressesprechern bestellt ist.

5. „Facebook-Gesetz“ – Eine Ehrenrettung
(carta.info, Christian Humborg)
Das umstrittene Netzwerkdurchsetzungsgesetz* ist besser als sein Ruf, findet Christian Humborg in seiner Kolumne auf “Carta”. Es verteidige die Meinungsfreiheit, weil es die Meinung der anderen, also der Opfer von Hasskriminalität, zu schützen versuche.

6. Unkontrollierbare Scheißstrecke: Warum die Rocket Beans Erfolg haben
(wired.de, Max Biederbeck)
“Wired” war zu Gast bei einem der erfolgreichsten Internet-Kanäle: “Rocket Beans TV” in Hamburg. Die Produktionsfirma hat sich innerhalb von drei Jahren zu einem florierenden Unternehmen mit 90 Angestellten entwickelt. Im weitesten Sinn geht es um Unterhaltung und Nerdthemen: ob Computerspiele, Filme, Musik oder Brettspiele. Max Biederbeck zeichnet die Entwicklung der Firma nach und hat sich angeschaut wie die “Beans” arbeiten.

*Nachtrag, 6. Oktober: In einer früheren Version hatten wir fälschlicherweise vom “Netzwerkdurchsuchungsgesetz” geschrieben. Das ist natürlich Unsinn.

NetzDG reloaded, Asymmetrische Fakten, Twitters Blockadeverhalten

1. Hate-Speech-Gesetz: Neuer Entwurf gefährdet weiterhin die Meinungsfreiheit
(netzpolitik.org, Markus Reuter)
Die große Koalition hat sich offenbar geeinigt und einen neuen, in einigen Punkten entschärften Entwurf zum sogenannten Netzwerkdurchsetzungsgesetz vorgelegt. Markus Reuter von Netzpolitik.org hält das Gesetz immer noch für eine Gefahr für die Meinungsfreiheit. Und er ist damit nicht allein: Ein breites Bündnis aus zivilgesellschaftlichen Organisationen, Verbänden und Rechtsexperten appelliert an die große Koalition, das fragwürdige NetzDG nicht zu verabschieden.

2. Asymmetrische Fakten
(taz.de, Jörg Wimalasena)
Angela Merkel lässt ihren Mitbewerber ums Bundeskanzleramt Martin Schulz oftmals ins Leere laufen: Auf konkrete Wahlversprechen der Gegenseite reagiert sie mit Schweigen. Der Chef der Forschungsgruppe Wahlen nannte es einst „asymmetrische Demobilisierung“: Zu kontroversen Themen keine Stellung beziehen und hoffen, dass die Wähler der anderen Parteien am Wahltag einfach zu Hause bleiben. Schulz sprach in diesem Zusammenhang von einem „Anschlag auf die Demokratie“. Das „ZDF heute journal“ wollte dem etwas entgegensetzen und wies im Faktencheck auf eine um 0,7 Prozent gestiegene Wahlbeteiligung hin. Was richtig wäre, wenn da nicht die Sache mit dem betrachteten Zeitraum wäre…

3. Meinungsfreiheit? Was Twitter alles blockiert
(spiegel.de, Philipp Hummel)
Das neue Netzwerkdurchsetzungsgesetz sieht drastische Strafen für Plattformbetreiber vor, die rechtswidrige Inhalte nicht innerhalb kurzer Fristen entfernen. Dies kann nach Ansicht von Kritikern zu Überreaktionen auf Seiten der Betreiber führen. “Spiegel Online” hat sich das Löschverhalten Twitters angeschaut und dazu eine Datenanalyse durchgeführt. Das Resümee: “Trotz der vielen fragwürdigen Eingriffe durch Twitter: Wer nicht gerade “Trusted Reporter” ist – in Deutschland hat diesen Rang offenbar nur jugendschutz.net – oder prominent wie Jan Böhmermann, hat es bei Twitter offenbar schwer, Gehör zu finden.”

4. Boulevard = Fake?
(deutschlandfunk.de, Dietrich Mohaupt)
Gymnasiasten in Niedersachsen haben im Unterricht eine App getestet, die ihnen beibringen soll, Fake News zu erkennen. 19 Fragen sollen helfen, auffällige Meldungen aus dem Internet schnell auf ihre Glaubwürdigkeit hin zu überprüfen, doch die Methode ist umstritten. Der Vorsitzende des niedersächsischen Philologenverbandes will z.B. die typischen Stilmittel der Boulevardpresse nicht als ein Kriterium für Fake News gelten lassen.

5. Wie die Regierung in Mexiko Aktivisten und Journalistinnen ausspioniert
(boell.de, Caroline Schroeder)
Mexiko ist eines der gefährlichsten Länder für Journalisten. Laut der Menschenrechtsorganisation “Article 19” wurden seit dem Jahr 2000 einhundertsechs Medienvertreter umgebracht. Nun wird bekannt, dass die Regierung in den letzten anderthalb Jahren Journalisten mit einer israelischen Software ausspioniert hat, die eigentlich für den Kampf gegen Terrorismus bestimmt ist. Es liegt ein Bericht vor, in dem 12 Fälle ausführlich dokumentiert sind.

6. Reden wir darüber
(sueddeutsche.de, Hannah Beitzer)
“Wege aus der Filter Bubble” hieß die Veranstaltung, zu der u.a. “Gruner + Jahr”, “Spiegel” und “Zeit” nach Berlin geladen hatten. Justizminister Heiko Maas und einige Journalisten diskutierten über Hass im Netz, Fake News, Filterblasen und die Verantwortung sozialer Medien. “Wir wollen miteinander statt übereinander reden” hieß das Motto der Veranstaltung, das jedoch laut Hanna Beitzer von einem bestimmten Netzwerk unterlaufen wird: “Reden kann man mit Facebook, aber es bringt nicht viel.”

Grünes Parteitagsgespräch, Nordgelüste, Leichte Sprache

1. “Es war bestimmt kein privates Gespräch”
(deutschlandfunk.de, Michael Borgers)
Im Netz kursiert ein Videomitschnitt des Grünenpolitikers Winfried Kretschmann vom Grünen-Parteitag, erstellt und eingestellt von der rechtspopulistischen Internetplattform “Jouwatch”. Zu sehen und zu hören ist darin, wie sich der hochrangige Politiker, der auch Ministerpräsident von Baden-Württemberg ist, über die Automobilpläne seiner Partei echauffiert. Der Deutschlandfunk hat mit Journalistikprofessor Volker Lilienthal über die Frage gesprochen, ob es sich um einen illegalen Mitschnitt eines privaten Gesprächs handelt.

2. Deutsche Sprache, Leichte Sprache
(taz.de, Christine Stöckel)
Wer sich in den Medien über politische Sachverhalte informieren will, trifft oft auf schwer lesbare Artikel mit Schachtelsätzen, Fremdwörtern und Abkürzungen. Die Verfechter der sogenannten “Leichten Sprache” sind der Meinung, dass es auch anders geht. Doch bei komplexen Themen kommt die Methode an ihre Grenzen. Christine Stöckel geht auf die verschiedenen Aspekte des Themas ein, das kurz vor der Bundestagswahl auch eine politische Dimension hat.

3. Wir haben ein Glaubwürdigkeitsproblem.
(planet-interview.de, Marie Illner)
Die “Beitragskommunikation” von ARD, ZDF und “Deutschlandradio” hatte zum Pressegespräch zum Rundfunkbeitrag eingeladen. Anwesend: Vertreter des Beitragsservice, Justiziare von SWR und WDR sowie ein Vertreter der “KEF” (Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten). “Planet Interview” hat die Verantwortlichkeiten zum Rundfunkbeitrag befragt, zu Intendanten-Gehältern, Inhaftierungen und zum Plan, zukünftig Inkasso-Unternehmen zu beauftragen. Die Inhaftierung von einzelnen Beitragsverweigerern sieht man kritisch. Außerdem wolle man sich nicht “instrumentalisieren” lassen, so die stellvertretende Intendantin des WDR Eva-Maria Michel: “Bei Fällen wie dem AfD-Politiker, der den Rundfunkbeitrag verweigerte und eine Öffentlichkeitswelle mit seiner Haft provozieren wollte, war uns klar: Wir lassen uns nicht instrumentalisieren.”

4. Das große Sonntagsporträt: Dirk Lübke über den Thüringer NSU-Reporter Kai Mudra
(kress.de, Dirk Lübke)
Beim NSU-Prozess handelt es sich um einen der größten Prozesse der deutschen Nachkriegsgeschichte. Seit mittlerweile vier Jahren wird unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen vor dem Oberlandesgericht (OLG) München über Beate Zschäpe und Co. verhandelt. Oft vor Ort: Der Thüringer NSU-Reporter Kai Mudra, der bereits in den neunziger Jahren über den Themenkomplex berichtet hat. Mudra war an 260 von mehr als 360 Prozesstagen als Berichterstatter für die “Thüringer Allgemeine” anwesend. So oft wie nur wenige Kollegen.

5. Nordgelüste
(sueddeutsche.de, Charlotte Theile & Claudia Tieschky)
Die “Neue Zürcher Zeitung” (NZZ) startet demnächst ein digitales Produkt speziell für deutsche Leser. Die elektronische Zeitung soll sich im Layout an der Printausgabe orientieren und mit eigenen deutschen Inhalten aufwarten. Politisch ist das Ganze wohl rechts von der “FAZ” angesiedelt. “Bürgerlich-liberal” nennt es Chefredakteur Eric Gujer und relativiert: “In der Schweiz ist vieles Mainstream, was in Deutschland schon als rechts gilt.”

6. Eintrittskarte ins Kopfkino
(zeit.de, Richard Diesing)
Dank des Internets ist eine lebendige deutsche Hörspielszene entstanden. Richard Diesing über Hörspielautoren, Hörspielmacher und eine treue Community.

Feiger Staat, Lieblingssätze, Trump’s Lies

1. Peter Schaar: Der Staat ist ein feiger Leviathan
(heise.de, Peter Schaar)
Peter Schaar war lange Jahre Bundesbeauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit und ist aktuell Vorsitzender der Europäischen Akademie für Informationsfreiheit und Datenschutz. Seinem Artikel über die Einführung der Quellen-Telekommunikationsüberwachung und der Online-Durchsuchung merkt man die Fassungslosigkeit an: „Die immer neuen Sicherheitsgesetze und die Art, wie sie durchgesetzt werden, belegen, wie schwach und feige der staatliche Leviathan in Wirklichkeit ist. Statt sich der öffentlichen Diskussion zu stellen, wird getrickst – die politische Führung stiehlt sich aus der Verantwortung.“

2. Wer schreibt darüber, wenn #deutschlandspricht?
(inkladde.blog, Nicola Wessinghage)
Vor einigen Tagen machte ein Bericht einer außergewöhnlichen Begegnung die Runde. Im Rahmen der Aktion „Deutschland spricht“ hatte sich “Zeit Online”-Chef Jochen Wegner mit einem ihm zugelosten Menschen mit gegensätzlichen Ansichten zum Gespräch getroffen. Nicola Wessinghage findet die Aktion grundsätzlich gut, hatte beim Lesen von Wegners Artikel dennoch Störgefühle: „Es fehlt etwas, das gerade für dieses Experiment essentiell wichtig gewesen wäre: die Erzählung aus der Sicht von Mirko. Er bleibt in diesem Text, auch wenn er selbst sich äußert und Jochen Wegner aus seinen Mails und WhatsApp-Nachrichten zitiert, das Objekt der Berichterstattung. Er ist „der Andere“, dem sich der Autor offen, neugierig und wohlwollend nähert. Aber: Was empfindet jemand wie Mirko, wenn er mit dem politisch Andersdenkenden spricht?“

3. Al Jazeera – gefürchtete Stimme der Massen
(sueddeutsche.de, Dunja Ramadan)
Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate und Ägypten haben Katar aufgefordert, verschiedene Nachrichtenportale und den Fernsehsender „Al Jazeera“ stillzulegen. Der international bekannte TV-Sender hat mehr als 80 Standorte und erreicht nach eigenen Angaben täglich 310 Millionen Haushalte. Der Grund für die Forderung nach Schließung: Den autoritären Herrschern sind wohl die Reportagen und die offenere Gesprächskultur ein Dorn im Auge.

4. „Spiegel“ und BR arbeiten zusammen
(taz.de)
Nachdem sich „NDR“, „WDR“ und „Süddeutsche Zeitung“ zu einem Rechercheverbund zusammengeschlossen haben, ziehen nun „Spiegel“ und der „Bayerische Rundfunk“ mit einer Partnerschaft nach. In der ersten Recherchekooperation ging es um das Thema “Diskriminierung bei der Wohnungssuche”.

5. Interview im BJV-Report
(lieblingssaetze.wordpress.com, Bernhard Blöchl)
Das Magazin des Bayerischen Journalistenverbandes (BJV) hat mit „SZ“-Redakteur und Romanautor Bernhard Blöchl über die Schönheit von Sätzen gesprochen. Blöchl ist auf diesem Gebiet Experte, als Kurator des „Museum der schönen Sätze“ (lieblingssaetze.de) hat er hunderte erster Sätze, Songzeilen, Filmzitate und Fundstücke zusammengetragen.

6. Trump’s Lies
(David Leonhardt & Stuart A. Thompson)
US-Präsident Donald Trump pflegt bekanntermaßen einen zweifelhaften Umgang mit der Wahrheit. Die „New York Times“ hat jede seiner Lügen nach seinem Amtseid notiert und mit einer kurzen Richtigstellung versehen.

Justizia live, Bedrohter Gronkh, Fake-News über RT-Deutsch

1. Bundesgerichte: Parlament erlaubt Live-Streaming von Urteilsverkündungen
(heise.de, Stefan Krempl)
In seltener Einigkeit wurde der Gesetzesentwurf der Bundesregierung von den Fraktionen beschlossen: Urteilsverkündungen der obersten Bundesgerichte dürfen bald über Internet und Fernsehen übertragen werden. Und auch für mündliche Verhandlungen gelten demnächst neue Regeln. Generell solle es auch zulässig werden, Tonaufnahmen mündlicher Verhandlungen in einen Arbeitsraum direkt vor Ort für Medienvertreter zu übertragen.

2. „Wenn Deniz schreibt, lebt er in einer anderen Welt“
(welt.de, Hilal Köse)
Die türkische Zeitung „Cumhuriyet“ hat mit Dilek Mayatürk Yücel gesprochen, die seit April mit dem in der Türkei inhaftierten Denis Yücel verheiratet ist. Im Interview geht es um die Haftbedingungen, aber auch um Gefühle. So endet das Gespräch mit einem Liebesgedicht und den an Denis Yücel gerichteten Worten: „Ich liebe dich sehr. Ich küsse deinen Edelmut. Und bitte, rauch nicht so viel, okay?“

3. Viele nutzen soziale Medien, vertrauen ihnen aber nicht
(de.ejo-online.eu, David Levy)
In den meisten Ländern vertrauen die Nutzer weiterhin klassischen Nachrichtenmedien mehr als den sozialen Medien. Zu diesem Ergebnis ist jedenfalls der sechste „Digital News Report“ gekommen, der auf einer Online-Befragung von 70.000 Mediennutzern in 36 Ländern basiert.

4. Medienanstalt droht mit Verfahren gegen Gronkh
(golem.de)
Die Landesmedienanstalt Nordrhein-Westfalen scheint Ernst zu machen: Nach Peter Smits („Pietsmiet TV“) wurde nun auch Erik “Gronkh” Range aufgefordert, eine Rundfunklizenz vorzulegen. Die Begründung: Da es sich um eine regelmäßige Sendung mit mehr als 500 Zuschauern handele, sei eine entsprechende Zulassung nötig. Gronkhs Anwalt hat einen Antrag auf “rundfunkrechtliche Unbedenklichkeit” gestellt, den die Medienanstalt vorerst abgelehnt hat. Pikanter Nebenaspekt: Im Koalitionsvertrag der neuen Landesregierung von NRW sei vereinbart worden, dafür zu sorgen, dass Streamer künftig keine Rundfunklizenz mehr benötigen. Die Umsetzung könne jedoch Jahre dauern.

5. Als ich versehentlich Fake-News über Russia Today Deutschland (RT-Deutsch) verbreitet habe…
(politicaldatascience.blogspot.de, Simon Hegelich)
In einem Bericht der „Wirtschaftswoche“ hieß es, eine Studie würde belegen, dass „Russia Today Deutsch“ (RT-Deutsch) auf Facebook die einflussreichste deutsche Nachrichtenseite sei. Der Autor der Studie, Prof. Simon Hegelich von der TU München, reagiert darauf („Unsinn“) und erklärt, wie es zu der Falschmeldung gekommen ist.

6. “Überall war Helmut Kohl”
(deutschlandfunk.de, Silke Burmester)
Nach dem Tod von Helmut Kohl fühlte sich Kolumnistin Silke Burmester in einer “Kohl-Matrix” gefangen. Wohin sie auch sah, liefen Sondersendungen, Live-Schalten und Dokumentationen. „Es scheint mittlerweile egal, was da kommt, ob ein Unwetter, ein Terrorangriff oder der erwartbare Tod einer Persönlichkeit. Man unterscheidet nicht mehr, ob das Ereignis eine Relevanz für die Gegenwart hat oder ob es allein eine emotionale Bedeutung hat – alles wird genutzt, um zur Ergötzung der eigenen, sender-immanenten Eitelkeit den Apparat in Bewegung zu halten.“

Antisemitismus-Doku, Ausgesperrt, Macrons Mediendistanz

1. “Haben Sie nicht!” – “Haben wir doch!”
(sueddeutsche.de, Matthias Drobinski)
Nun wurde sie doch im öffentlich-rechtlichen Fernsehen gezeigt: Die umstrittene Antisemitismus-Doku “Auserwählt und ausgegrenzt – der Hass auf die Juden in Europa“. Der TV-Sender „Arte“ hatte die Ausstrahlung verweigert, es gebe handwerkliche Mängel. Nachdem „Bild“ den Film für 24 Stunden online gestellt hatte, ist die „ARD“ nachgezogen und hat die Doku gesendet. Jedoch mit eingeblendeten Hinweisen auf den online abrufbaren Faktencheck der WDR-Redaktion mit 29 kritischen Anmerkungen. Danach wurde sich bei Sandra Maischberger zum Talk zusammengesetzt, wo der Streit teilweise ins Absurde abgerutscht sei.

2. Fernsehen wird zum Luxusgut
(medienwoche.ch, Adrian Lobe)
Wird Fernsehen zum Luxusgut? In Bezug auf manches Sportevent schon, wie der Rechtepoker um die Champions League beweist. Die Öffentlich-Rechtlichen werden nicht nur vom Privatfernsehen, sondern auch von Streamingdiensten bedrängt: „Während einst die billigen Plätze vor der Glotze waren, sind sie heute in den algorithmischen Endlosschleifen auf Facebook oder Youtube. Die Bezahlschranke wird zum sozialen Selektionskriterium. Wer sich die Zusatzgebühr für die Zaubertricks von Messi und Co. nicht leisten kann oder will, schaut am Ende in die Röhre.“

3. Märchenprinz mit Kennedylächeln
(deutschlandfunk.de, Jürgen König)
Der französische Präsident Emmanuel Macron hält Distanz zu den Medien. Manche werfen ihm dies als überzogene Kontrolle und Zensur vor, manche loben es als notwendige und längst fällige Wende im Umgang mit den Medien. „Das Ansehen der Presse ist schlecht in Frankreich – wie das der Politik. Es sind nicht wenige Franzosen, die Journalisten und Politiker der Kumpanei bezichtigen. Vielleicht geht Präsident Macron auch deshalb auf so deutliche Distanz.“

4. Warum wir Terrorbilder trotzdem zeigen
(nzz.ch, Peter Rásonyi)
Dürfen Medien Bilder von Terroranschlägen zeigen oder verbreiten sie damit nur noch mehr Schrecken und machen sich womöglich zu Komplizen der Terroristen? Die „NZZ“ würde Bilder zeigen, aber im Einzelfall abwägen. „Trotzdem ist unvermeidlich, dass dies stets in Grauzonen erfolgt. Das Ergebnis einzelner Entscheidungen kann von Lesern unterschiedlich empfunden werden. Wir sind uns dessen bewusst und stellen uns gerne dem Dialog mit ihnen.“

5. Sächsische Zeitung: Reporter bei Konsum-Bilanz-PK ausgesperrt
(flurfunk-dresden.de)
Die „Konsum Dresden Genossenschaft“ hat einen Journalisten der „Sächsischen Zeitung“ von ihrer Bilanzpressekonferenz ausgeschlossen. Ohne Begründung wurde ihm der Zugang zur Veranstaltung verwehrt. Der vermutete Hintergrund: Der Journalist hatte in der Vergangenheit kritisch über das Unternehmen berichtet. „Sächsische Zeitung“ und die Landespressekonferenz LPK haben das Verhalten der Konsum Genossenschaft kritisiert und missbilligt.

6. Schlag ins Gesicht
(sueddeutsche.de, Karoline Meta Beisel)
Ab Freitag zeigt Netflix die Doku „Nobody Speak: Trials of the Free Press“. Im Kern geht es um den bizarren Rechtsstreit zwischen dem früheren Profi-Wrestler Hulk Hogan und der Klatsch-Website „Gawker“, die Ausschnitte eines privaten Sexvideos mit Hogan gezeigt hatte. Hogan hatte daraufhin das Portal verklagt und bekam 140 Millionen Dollar Schadensersatz zugesprochen. Eine Summe, die „Gawker“ in die Pleite riss. Später stellte sich heraus, dass der Silicon-Valley-Milliardär und Paypal-Gründer Peter Thiel den Rechtsstreit finanziert hatte. Wohl angetrieben von persönlichen Rachegedanken gegenüber der Plattform, die ihn einst geoutet hatte.

Deutschland spricht, Football Leaks, Farbenlehre

1. Einen Mirko gibt es hier nicht
(zeit.de, Jochen Wegner)
“Die Zeit” hat die Aktion “Deutschland spricht” ins Leben gerufen, bei der Menschen ein Gesprächspartner mit politisch gegensätzlichen Ansichten vermittelt wurde: Für ein persönliches Treffen und politisches Zwiegespräch (hier der Werkstattbericht). Auch “Zeit Online”-Chef Jochen Wegner hat sich vom Matching-Algorithmus einen Gesprächspartner zuweisen lassen. Sein Bericht über die Begegnung mit seinem andersdenkenden Counterpart “Mirko” ist ein spannend zu lesendes Stück Journalismus.

2. Buhrows Farbenlehre
(sueddeutsche.de, Hans Hoff)
Beim gemeinsam von “ARD” und “ZDF” geführten Ereignis- und Dokumentationskanal “Phoenix” steht demnächst ein Wechsel an der Spitze an: Einer der zwei Chefposten wird neu besetzt. Hans Hoff erklärt, nach welchen Kriterien die Personalentscheidung läuft, und das hat viel mit “politischer Farbenlehre” zu tun.

3. “Spiegel”-Reporter Rafael Buschmann über Fußballjournalismus: “Bei regionalen Tageszeitungen besteht ein enormes Abhängigkeitsverhältnis”
(kress.de, Frank Hauke-Steller)
“Spiegel”-Reporter Rafael Buschmann hat zusammen mit seinem Kollegen Michael Wulzinger ein Buch über “Football Leaks” und die schmutzigen Geschäfte im Profifußball geschrieben. Der Whistleblower “John” hatte dem “Spiegel” ein Datenkonvolut von 1,9 Terabyte, umgerechnet 18,6 Millionen Dokumente, zukommen lassen. In Interview erzählt Buschmann von seinem Kontakt mit John und der Entscheidung, das Material mit den 60 EIC-Kollegen und den dahinterstehenden zwölf anderen europäischen Medienhäusern zu teilen. Und es geht natürlich um den Fußball und die Zukunft des Fußballs.

4. “Bundestag beschränkt Arbeit von Journalisten”
(tagesspiegel.de, Kurt Sagatz)
Der Bundestag hat seine „Zugangs- und Verhaltensregeln“ überarbeitet und an zahlreichen Stellen die Möglichkeiten für Berichterstattung verschlechtert. Die Bundespressekonferenz (BPK), ein Zusammenschluss der Hauptstadtjournalisten, ist wegen der verschärften Regeln für Journalisten im Bundestag erzürnt und fordert eine Rücknahme beziehungsweise Neugestaltung. Der DJV sieht in den neuen Regelungen eine “weitgehende Verhinderung von Journalismus”.

5. Insel der Möglichkeiten
(taz.de, René Martens)
Das Monatsmagazin „Tempo“ ist vielen noch in Erinnerung, obwohl es nur in den zehn Jahren zwischen 1986 und 1996 erschien. Das liegt auch an prominenten Namen wie Christian Kracht, Maxim Biller oder Sibylle Berg, die man mit dem Magazin verbindet. Nun wird der Name des legendären Monatsmagazins von einem Verlag für ein neues Projekt genutzt. René Martens erinnert sich an die Zeiten, in denen er selbst in Hamburg für “Tempo” arbeitete.

6. Die wirklich sehr deutsche Geschichte vom Immer-Schlauer-Sein
(medium.com, Gerald Hensel)
Gerald Hensel hat den “Ramadan Friedensmarsch” von “#NichtMit uns – Muslime & Freunde gegen Gewalt und Terror” zum Anlass genommen, über den medialen Umgang mit politischen Ideen nachzudenken: “In nichts lernt man die Geringschätzigkeit auch großer deutscher Presseerzeugnisse so gut kennen, wie in ihrer Abschätzigkeit gegenüber jeder neuen politischen Idee. Die Methode ist simpel und hat für die, die sich dessen ausgesetzt sehen, einen nicht zu unterschätzenden psychologischen Effekt: die rechte Bubble weidet sich an deinem vermeintlichen Fail, bildet das Narrativ. Danach ziehen meist einige große Medien nach.” Die Aktivisten ermuntert er, bei der Sache zu bleiben. “Gebt euch noch mehr Zeit, die Idee zu entwickeln und dann werdet ihr ganz schnell sehen, wie schnell die Meinungsopportunisten wieder die Seite wechseln.”

Kohl-Interview, “Bild”-Hochstaplerin, Paranoia-Jones

1. Helmut Kohl – im Halbdunkel
(dbate.de, Stephan Lamby)
Im Jahr 2003 fand Helmut Kohls letztes großes TV-Interview statt. Das Interview zog sich über vier Tage – zwei Tage im Frühjahr, zwei Tage im Herbst. Dokumentarfilmer Stephan Lamby erinnert sich an das ungewöhnliche Gespräch, das er und sein Co-Autor Michael Rutz mit dem Ex-Kanzler führten. Wer sich nach der Lektüre für das Gespräch interessiert: “dbate” zeigt das Interview in sechs einstündigen Folgen.

2. Dieses BILD-Interview über Germanwings-Pilot Andreas Lubitz ist offenbar erfunden
(buzzfeed.com, Petra Sorge)
Drei Tage nach dem Absturz des Germanwings-Fluges 4U9525 im März 2015, bei dem 150 Menschen starben, brachte “Bild” ein Interview mit der angeblichen Geliebten des Co-Piloten. Nachdem die “Zeit” schon Zweifel geäußert hatte, scheint sich nun zu bestätigen, dass “Bild” offenbar einer Hochstaplerin Gehör geschenkt und eine frei erfundene Geschichte abgedruckt hat.

3. “Zeitungen werden nicht überleben”
(swissinfo.ch, Roger Nickl & Thomas Gull)
Zwei Medienexperten aus der Schweiz sprechen über die Zukunft der Medien: Otfried Jarren, Professor für Publizistik an der Universität Zürich (UZH) und der lange Jahre als Auslandskorrespondent und Chefredakteur und nunmehr als freie Journalist tätige Casper Selg. Einig sind sich beide, dass die klassischen Nachrichtenmedien nicht überleben werden: “Zeitungen sind Produkte, die Themen aus Politik, Unterhaltung, Kultur mit Werbung kuppeln und integral zu einem Preis verkaufen. Diesen Markt gibt es so nicht mehr, weil die Digitalisierung es erlaubt, journalistische Inhalte anders abzusetzen und individuell und selektiv zu konsumieren. Die Werbung und die Nutzerinnen und Nutzer werden bestimmen, wohin die Reise geht.” (Otfried Jarren)

4. Der paranoideste Mensch in Amerika?
(deutschlandfunk.de, Brigitte Baetz)
Der Amerikaner Alex Jones ist ein berühmt-berüchtigter Moderator einer täglichen Radiosendung, in der er regelmäßig wilde Verschwörungstheorien verbreitet, oft von wilden Wutausbrüchen und Schreiattacken begleitet. Außerdem betreibt er die umstrittene Webseite “infowars.com”. Nun hat sich Star-Moderatorin Megyn Kelly (vormals “FoxNews”, jetzt “NBC”) mit dem Schreihals getroffen, um ihn zu interviewen. Dies ruft vielerlei Kritik hervor. Für weitere Diskussionen sorgt, dass Alex Jones die unerlaubt mitgeschnitten Vorgespräche veröffentlicht hat. US-Zeitungen und Online-Dienste seien sich weitgehend einig, dass das Medienevent ein Fehler von Kelly und NBC war.

5. NetzDG: Grundlegend neuer Ansatz nötig
(www.reporter-ohne-grenzen.de)
“Reporter ohne Grenzen” appelliert an den Bundestag, das geplante Netzwerkdurchsetzungsgesetz in seiner aktuellen Form abzulehnen: „Strafbare Inhalte in sozialen Netzwerken sind ein reales Problem und sollten gelöscht werden. Aber dieser Gesetzentwurf vermischt ganz verschiedenartige Rechtsprobleme, setzt auf untaugliche Mittel und ist schlecht begründet“, so der Geschäftsführer der Organisation. Weitere Leseempfehlung: Netzwerkdurchsetzungsgesetz: Experten haben gravierende verfassungsrechtliche Bedenken bei “Heise Online”.

6. Von Postergirls und Dunklen Rittern – Wie man über die Neue Rechte schreiben sollte und wie nicht
(blog.zeit.de, Michael Barthel)
Michael Barthel berichtet im “Störungsmelder”-Blog der “Zeit” von der Schwierigkeit, über die Neue Rechte zu schreiben. Schaue man sich den Journalismus zum „Institut für Staatspolitik“ und „Identitärer Bewegung“ an, so entdecke man neben einigen guten Artikeln etliche, die auf die Selbstinszenierung der „Neuen Rechten“ reinfallen: “Die unverhältnismäßige Aufmerksamkeit durch die Medien hat dazu geführt, dass sich die Protagonisten der IB mittlerweile wie Popstars — oder eben Postergirls — vorkommen müssen.”

Missglückte taz-Landschaften, Assange-Doku, Gläserne Gesetze

1. Das ging daneben
(taz.de, Georg Löwisch)
Der “taz”-Titel zu Helmut Kohls Tod (“Blühende Landschaften”) hat viele kritische Reaktionen hervorgerufen. Auch “taz”-Chefredakteur Georg Löwisch hält den Titel für missglückt. Man hätte einen Kontrapunkt zu all den verklärenden Lobhudeleien setzen wollen. Das sei jedoch danebengegangen.

2. Welchen Fakten können wir trauen?
(philomag.de, Philipp Felsch)
Die Wissenschaftshistorikerin Lorraine Daston und der Investigativjournalist Georg Mascolo haben sich über die Krise der Wahrheit in der Ära Trump unterhalten. Ein Gespräch, für das man sich etwas Zeit nehmen sollte und das viele interessante historische und philosophische Themen anschneidet wie den Vergleich der Historikerin: “Die Flugblätter der Reformationszeit lassen sich mit einer Webseite wie Breitbart News vergleichen. Es hat über 200 Jahre, also bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts gedauert, bis Verfahren etabliert waren, mit denen sich wahre von falschen Informationen unterscheiden ließen. Ich hoffe, wir sind in der Lage, heute schneller an dieses Ziel zu gelangen.”

3. Neues Transparenz-Portal eine wahre Fundgrube
(djv.de, Anna-Maria Wagner)
Als eine wahre Fundgrube für recherchierende Journalisten und alle anderen, die sich beruflich oder privat für Lobbyismus interessieren, bezeichnet Anna-Maria Wagner das neue Transparenz-Portal “Gläserne Gesetze”, eine Gemeinschaftsproduktion von “fragDenStaat.de” und “abgeordnetenwatch.de”. Das Ziel der Datenbank: Den Einfluss von Lobbyisten auf die Gesetzgebung transparent machen und sichtbar machen, wenn Forderungen von Interessenvertretern in Gesetzestexte übernommen wurden. Bereits jetzt gäbe es dort 17.000 dokumentierte Fälle, in denen Lobbyisten an Gesetzen mitgewirkt hätten.

4. Landespolizei kontrolliert Beamte
(kn-online.de, Bastian Modrow)
Die Schleswig-Holsteinische Landespolizei hat im Zuge der sogenannten “Rocker-Affäre” die Kontrolle ihrer Beamten massiv ausgeweitet. Angeblich wird die gesamte Internetkommunikation im Bereich des Innenministeriums seit Anfang April protokolliert. Darüber hinaus würden Polizisten überprüft, die in Verdacht stehen, Kontakt mit kritischen Journalisten, Politikern und Rechtsanwälten zu pflegen. Nach Angaben von leitenden Polizisten ginge es vornehmlich darum, „singende Ratten“ zu identifizieren – so würden demnach im Führungsstab des Landeskriminalamts (LKA) Kiel jene Beamte genannt, die im Zuge der Rocker-Affäre mit Presse und Politikern Kontakt haben.

5. Standortfrage
(sueddeutsche.de, Karoline Meta Beisel)
Europa gerät dort an seine Grenzen, wo Wirtschaftsinteressen berührt sind. Nachdem die EU schon Schritte gegen Roaminggebühren und Geoblocking unternommen hat, will sie nun den grenzüberschreitenden Zugriff auf Mediatheken von TV-Sendern erleichtern. Dagegen protestiert die Filmwirtschaft, die ihr Geschäftsmodell bedroht sieht.

6. Kein normaler Mensch
(zeit.de, Monika Ermert)
Die oscarprämierte Filmemacherin Laura Poitras hat eine neue Doku gedreht, in der es um Wikileaks und das Gesicht der Enthüllungsplattform geht: Julian Assange. Wie nicht anders zu erwarten, gab es auch Kritik an dem Film beziehungsweise an der Darstellung der porträtierten Personen. Für “Zeit”-Autorin Monika Ermert jedoch kein Grund, dem Kino fernzubleiben: “Auch wenn Poitras schon viel Schelte für den Film bezogen hat, sehenswert ist das Stück für alle, die sich für die Figuren rund um WikiLeaks interessieren, allemal.”

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