Archiv für 6 vor 9

Polizei privat, Unsichtbare Ärztinnen, Leyendecker-Kommission

1. Das dürfen Berliner Polizisten privat im Netz
(netzpolitik.org, Markus Reuter)
Die Berliner Polizei hat sich in einem “Merkblatt zur Nutzung sozialer Medien” (PDF) Richtlinien für die private Nutzung von Twitter, Facebook, Instagram und Co. auferlegt. Markus Reuter hat für netzpolitik.org aufgeschrieben, welche Themen die Polizei in ihrem Merkblatt behandelt hat. Die Polizisten und Polizistinnen sollen beispielsweise auch bei ihren privaten Accounts nicht tricksen und ihre Reichweite nicht durch den Kauf von Followern künstlich erhöhen.

2. Spiegel: Kommission findet wenig Belastendes gegen Star-Reporter Hans Leyendecker
(berliner-zeitung.de, Kai-Hinrich Renner)
Hat der ehemalige “Spiegel”-Redakteur Hans Leyendecker 1993 im Zusammenhang mit seiner Berichterstattung über den Tod des RAF-Terroristen Wolfgang Grams im Bahnhof von Bad Kleinen einen Informanten erfunden? Diese und andere Fragen soll eine Kommission des “Spiegel” klären, deren Bericht anscheinend schon vorliegt – wenn auch als Rohfassung. Kai-Hinrich Renner berichtet über einen Vorgang, der für den “Spiegel” und seinen damaligen Star-Reporter kein Ruhmesblatt ist.

3. Kahlschlag im Superman-Verlag
(tagesspiegel.de, Stefan Pannor)
Eine spannende Analyse des Comic-Markts liefert der Comic-Experte Stefan Pannor im “Tagespiegel”. Beim Superman-Verlag DC Comics muss demnach ein Drittel der Belegschaft den Schreibtisch räumen, darunter auch Spitzenkräfte in Leitungsfunktion. Pannor erklärt die dahinterstehende Strategie, die auch mit dem radikalen Umbau der US-Entertainment-Branche zu tun habe.

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4. Gehalts-Ranking: Von Tom Buhrow bis Patricia Schlesinger – das haben die ARD-Intendanten 2019 verdient
(kress.de, Marc Bartl)
Die ARD hat ihre Gehaltsstrukturen veröffentlicht (Stand 2019). In der Übersicht sind die durchschnittlichen Monatsgehälter der Führungspositionen, aber auch die Gehalts-Bandbreiten etwa der Kameramänner und Cutterinnen aufgeführt. Spitzenverdiener sind wie immer die Intendantinnen und Intendanten, deren Jahresgehälter von 245.000 Euro (Thomas Kleist, SR) bis zu 395.000 Euro (Tom Buhrow, WDR) reichen.

5. Von unsichtbaren Ärztinnen und Journalistinnen
(genderleicht.de, Elke Brüser)
In einigen medizinischen Fachgebieten gibt es bereits mehr Frauen als Männer: In der Gynäkologie sei zwei Drittel der Ärzteschaft weiblich, in der Dermatologie seien über die Hälfte Frauen. Trotzdem heißen die entsprechenden Fachzeitschriften “Der Gynäkologe” oder “Frauenarzt”. Auch andere Fachmagazine seien ausschließlich männlich gegendert (“Der Orthopäde”, “Der Internist”, “Der Pneumologe”). Andere Beispiele würden jedoch zeigen, dass auch Titel möglich seien, die keine überholten und fehlleitenden Assoziationen wecken, so die Medizin- und Wissenschaftsjournalistin Elke Brüser.

6. Trump sogar noch lustiger
(taz.de, Daniel Kretschmar)
Sarah Cooper hat es mit ihren Donald-Trump-Lipsync-Videos zum gefeierten Internet-Star geschafft. Für ihre Parodien verwendet sie Originaltonspuren von Interviews und öffentlichen Auftritten Trumps und schauspielert dazu lippensynchron den Präsidenten. Neulich hat sie bereits den “Guest Host Monologue” bei der US-amerikanischen Late-Night-Show “Jimmy Kimmel Live!” übernommen. Nun gebe ihr Netflix eine ganze Sendung.

Nebengeschäfte, TV-Ausfallfonds, Oder soll man es lassen?

1. Mitgeliefert
(sueddeutsche.de, Anika Blatz)
Die Corona-Krise und die daraus resultierende wirtschaftliche Notlage befeuert in vielen deutschen Medienhäusern die Kreativität. Mit welchen “Nebengeschäften” lassen sich Auflagenschwund und Anzeigenverluste ausgleichen? Anika Blatz hat sich in der Branche umgehört und einige einfallsreiche Modelle entdeckt: von der Brötchen-Zustellung bis hin zur Einrichtung von mietbaren Online-Shops, der Kooperation mit Apotheken oder Hofläden und der “Same Day Delivery” für eine Vielzahl unterschiedlichster Partnerprodukte.

2. Vergrößern ist nicht spiegeln
(taz.de, Eliyah Havemann)
In einem Gastkommentar äußert sich Eliyah Havemann zum Streit über die Kabarettistin Lisa Eckhart: “[I]hr Publikum goutiert diese billigen Pointen, die sie auf Kosten der Juden, PoC, Homosexuellen und trans* Menschen sowie anderer Marginalisierter macht. Manche ihrer Fans behaupten, sie würde das tun, um der Gesellschaft einen Spiegel vorzuhalten, etwa wie Sasha Baron Cohen mit seiner Figur Borat. Aber das ist Schönrederei. Denn ihrer Show fehlt die Distanz zur Figur. Der Spiegel wird zum Vergrößerungsglas.”

3. Oder soll man es lassen? Ja.
(uebermedien.de, Jürn Kruse)
Müssen öffentlich-rechtliche Medien “jeden zu Wort kommen lassen”? Oder sollte man gewissen Menschen und Positionen “keine Bühne bieten”? Das sind Fragen, die sich immer wieder stellen, zuletzt bei einem Interview des Deutschlandfunks mit Anselm Lenz, einem der Organisatoren der Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen. Jürn Kruse hat das Gespräch auf “Übermedien” analysiert. Er halte es für richtig, sich mit Verschwörungsideologen und ihren Erzählungen auseinandersetzen: “Das Interview ist als Darstellungsform dafür aber gänzlich ungeeignet, es ist das falsche Werkzeug. Es ist das Sieb, das man mit an den Strand nimmt, um Wasser zu schöpfen.”
Weiterer Lesehinweis: Auf “Planet Interview” reagiert Jakob Buhre mit einer Replik. Er halte Kruses Schlussfolgerung in ihrer Pauschalität für falsch. “Und zum Fall von Lenz: Man hätte mit ihm noch viel länger sprechen müssen.”

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4. Twitter kennzeichnet russische und chinesische Staatsmedien
(netzpolitik.org, Marie Bröckling)
Seit vergangener Woche versieht Twitter zahlreiche russische und chinesische Nachrichtenseiten mit einem Hinweis für “staatsnahe Medien”. Doch damit nicht genug: Die Tweets von Redaktionen wie “Russia Today” und “China Daily” würden ab sofort auch nicht mehr vom Algorithmus empfohlen, was ihre Reichweite erheblich drosseln dürfte. Eine Twitter-Sprecherin habe keine Angaben dazu machen wollen, wie viele und welche Accounts markiert wurden.

5. Gemeinsamer Appell für Ausfallfonds: “Handeln Sie jetzt!”
(dwdl.de, Uwe Mantel)
Für Kinofilme und “hochwertige Serien” hat die Bundesregierung bereits einen mit 50 Millionen Euro ausgestatteten Corona-Ausfallfonds beschlossen. Seit geraumer Zeit werde ein ähnlicher, jedoch von den Bundesländern finanzierter, Fonds für Fernsehproduktionen diskutiert. Nun haben 39 Verbände und Organisationen einen eindringlichen Appell veröffentlicht: “Wir brauchen den Ausfallfonds für TV-Produktionen. Jetzt!”

6. Wo laufen sie denn?
(untergeschoss.wordpress.com, Harald Keller)
Eine Serie wie “House of Cards” wird von vielen Medien gerne als “Netflix-Serie” bezeichnet, wahrscheinlich, weil man sie dort gucken kann. Doch sie läuft auch auf anderen Plattformen wie Amazon, Chili, Google Play, iTunes, Joyn, Maxdome, Microsoft, Rakuten TV, Sky Ticket, Sky Go, Sony und Videoload. Ist es also gerechtfertigt, Netflix derart herauszustellen? In diesem Fall aus guten Gründen ja, so Harald Keller, aber das Prinzip müsse durchgehalten werden.

Cancel Culture für Anfänger, Don Shitstorm, Kritik an “Volksstimme”

1. Cancel Culture für Anfänger
(spiegel.de, Margarete Stokowski)
“Der Begriff ‘Cancel Culture’ kommt wie alles aus dem Amerikanischen und bedeutet auf Deutsch ‘Ick hab hier schon wieder nen Storno’ (Storno kommt aus dem Lateinischen und heißt ‘Ah nee, ich möchte doch nicht’).” Margarete Stokowski widmet sich in ihrer aktuellen “Spiegel”-Kolumne dem Disput um die Kabarettistin Lisa Eckhart und den damit in Zusammenhang stehenden grundsätzlichen Fragen.

2. Shitstorm nach “Don Alphonso”-Kolumne: “Es gab für die gar keine Grenze mehr”
(belltower.news, Simone Rafael)
Rechtsextremismus-Expertin Natascha Strobl ist regelmäßig das Ziel von Angriffen, doch nach einem Blog-Beitrag des “Welt”-Kolumnisten Rainer Meyer alias “Don Alphonso” habe sie eine besondere Hasswelle erlebt: “Es kamen nur noch Abwertungen, Bedrohungen gegen mich und meine Familie. Auf Twitter geschah das öffentlich, im Sekundentakt, und als Privatnachrichten, auf Facebook, per Mail – und irgendjemand aus dem rechtsextremen Mob hat dann auch die Gedenkseite, die ich für meinen verstorbenen Vater aufgesetzt habe, gefunden, und hat dort das Kondolenzbuch mit Hass gefüllt. Es gab für die keine Grenze mehr.”

3. Ist das noch Journalismus oder schon Werbung?
(facebook.com, Solidarisches Magdeburg)
Das Bündnis “Solidarisches Magdeburg” kritisiert in einem offenen Brief die Berichterstattung der in der Mediengruppe Magdeburg erscheinenden “Volksstimme”. Die Tageszeitung für das nördliche und mittlere Sachsen-Anhalt habe sich unkritisch und wohlwollend zu den Protesten der Corona-Leugner geäußert: “Es ist journalistisch unterirdisch, die Selbstbezeichnungen wie ‘Querdenker’ einfach unkritisch zu übernehmen und zu reproduzieren. Man nennt Nazis, die sich ‘Demokraten’ nennen, ja auch nicht Demokraten, und Lügner, die sich ‘Wahrheitsverkünder’ nennen, Wahrheitsverkünder. Verschwörungsideologen und Antisemiten sind auch keine ‘Querdenker’, sondern müssten korrekterweise als ‘Sackgassen-Denker’ bezeichnet werden.”

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4. “Bild” und CDU irren
(taz.de, Jost Maurin)
Die Grünen werben im nordrhein-westfälischen Kommunalwahlkampf mit einem Plakat, auf dem eine Kartoffel und der Slogan “Grün ist, auch ohne Glyphosat die dicksten Kartoffeln zu haben” zu sehen sind. Darauf hätten sich “Bild” und CDU zu Wort gemeldet. Das Plakat sei “ein Beleg dafür, dass man vom Sachverhalt keine Ahnung hat.” Jost Maurin berichtet über einen Fall, bei dem die Ahnungslosigkeit womöglich eher auf der anderen Seite liegt.

5. Welt am Sonntag mahnt Kritiker wegen Urheberrechtsverletzung ab
(netzpolitik.org, Markus Reuter)
“ND”-Redakteur Daniel Lücking habe auf Twitter einen Text der “Welt am Sonntag” kritisiert und diesen als Foto seinem Tweet beigefügt. Daraufhin habe sich der von Lücking angesprochene “WamS”-Chef gemeldet und ihn aufgefordert, das Foto zu löschen. Dem sei Lücking innerhalb von acht Minuten nachgekommen, habe jedoch trotzdem teure Anwaltspost aus dem Hause Springer erhalten. Eine Abmahnung, die in der Branche eher ungewöhnlich sei, wie netzpolitik.org konstatiert.

6. Wenn alles Werbung ist, was nicht ausdrücklich als “Redaktion” gekennzeichnet ist
(uebermedien.de, Lisa Kräher)
Lisa Kräher stellt einige bedenkliche Beispiele für das Verschmelzen von redaktionellen und bezahlten Inhalten vor. Auf die Spitze getrieben habe dies das “Handelsblatt” mit einer Publikation, in der nicht die Werbung als solche gekennzeichnet wurde, sondern die Nicht-Werbung. Krähers Fazit: “Am Ende geht es immer um die Frage der Abgrenzung – und damit um Glaubwürdigkeit. Es ist nur nicht so klar, was wichtiger ist: die Glaubwürdigkeit für die Leser*innen. Oder die Glaubwürdigkeit einer Werbebotschaft.”

Whistleblower-Schutz, Verleger verhaftet, Social Media Nicht lustig

1. Bundesregierung muss beim Schutz von Whistleblowern nachbessern
(netzpolitik.org, Tomas Rudl)
Wie netzpolitik.org berichtet, hat der Deutsche Gewerkschaftsbund ein Gutachten zur “Umsetzung der Whistleblower-Richtlinie in deutsches Recht” anfertigen lassen (PDF). Das 200 Seiten starke Papier wurde von der ehemaligen Richterin am Europäischen Gerichtshof, Ninon Colneric, und dem Juristen Simon Gerdemann verfasst, der zum Thema Whistleblowing promoviert hat. Die beiden Fachleute sehen erheblichen Handlungsbedarf. Bei der anstehenden Umsetzung in deutsches Recht müsse die Bundesregierung dringend nachbessern und Lücken schließen.

2. Verleger verhaftet
(taz.de)
In Hongkong wurde eine der prominentesten Figuren der Demokratiebewegung festgenommen, der Medienunternehmer und Aktivist Jimmy Lai. Polizisten hätten die Redaktionsräume von Lais Zeitung “Apple Daily” durchsucht und neben Lai sechs weitere Mitarbeiter festgenommen. Die Festnahme sei aufgrund des jüngst verschärften “Sicherheitsgesetzes” erfolgt. Als Tatvorwurf seien eine angebliche “Verschwörung mit ausländischen Kräften” und Betrug genannt worden.

3. “Wir hatten eine Mission, und wir konnten sie nicht erfüllen”
(deutschlandfunk.de)
Der Deutschlandfunk erinnert in einer neuen Reihe an vergessene Journalistinnen und Journalisten der Weimarer Zeit. Die ersten beiden Folgen beschäftigen sich mit “Fritz Gerlich – Journalist und Hitler-Gegenspieler” sowie der Reporterin “Gabriele Tergit – Berichte vom Hakenkreuz am Richtertisch”. “Ihre Namen stehen stellvertretend für viele andere. Ihre Geschichten zeigen, wie schmal die Linie zwischen Zivilisation und Barbarei ist und dass die Freiheit der Presse nicht selbstverständlich ist.”

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4. Freundinnen am Berg
(sueddeutsche.de, Aurelie von Blazekovic)
Vier outdoorbegeisterte Leipzigerinnen planen ein Reise- und Outdoormagazin für Frauen: “The Female Explorer” soll etwa 100 Seiten umfassen und sich an die weibliche Outdoor- und Travel-Community richten. Per Crowdfunding sollen bis Anfang September 50.000 Euro zusammenkommen, knapp die Hälfte davon sei bereits geschafft. Aurelie von Blazekovic stellt das Projekt vor und berichtet außerdem vom Podcast “Bergfreundinnen” des BR, der aus einer Online-Community entstanden sei.

5. RTL.de legt deutlich zu, zweistellige Verluste für “Welt”
(dwdl.de, Uwe Mantel)
Bei “DWDL” hat sich Uwe Mantel die Monatszahlen der Online-Nachrichtenportale angeschaut. Im Vergleich zum Vormonat hätte besonders RTL.de zugelegt, starke Rückgänge mussten Merkur.de und Welt.de verzeichnen. Zur weiteren Bewertung und Einordnung sind auch die Vorjahreszahlen angegeben.
Weiterer Lesehinweis: Die Mediengruppe RTL hat verschiedene Führungspositionen neu besetzt. Prominentester Neuzugang: Der ehemalige “Bild”-Vize und “Spiegel”-Journalist Nikolaus Blome (beta.blickpunktfilm.de).

6. Meine Probleme mit Social Media
(facebook.com, Joscha Sauer)
Es ist die persönliche, wenn auch etwas traurige Abrechnung eines Kreativen mit Social Media: Joscha Sauer hat seine Facebook-Präsenz bislang als eine Art Geschäft auf Gegenseitigkeit betrachtet, bei dem er die Inhalte lieferte und Facebook die Distribution übernahm. Mittlerweile sei die Situation gekippt – Sauer fühlt sich seiner Sichtbarkeit beraubt: “Plötzlich bekamen einige Fans nicht mehr alle Cartoons auf Facebook zu sehen. Einige sogar gar keine mehr. Meine geliebten Dopamin-Likes wurden weniger und gleichzeitig begann Facebook, mir vorzuschlagen, dass ich mehr Leute erreichen könnte, wenn ich nur ein bisschen Geld investieren würde. Facebook hatte beschlossen, dass ich kein Partner mehr war, sondern ein Kunde.”

Gespenster-Debatte um Lisa Eckhart, Schmutziges Geld, QAnon-Gruppe

1. Wie einmal die Cancel Culture nach Hamburg kam
(zeit.de, Dirk Peitz)
Eine “Gespenster-Debatte” nennt Dirk Peitz die Diskussion um einen abgesagten Auftritt der Komikerin Lisa Eckhart: “Die sogenannte Cancel Culture ist ein Gespenst heutiger Tage. Es besteht im Wesentlichen aus dem Gerücht, dass Menschen mit missliebigen politischen Ansichten heutzutage ausgegrenzt würden bis hin zur Vernichtung ihrer beruflichen Existenz. Wer wen warum angeblich cancelt, ist eine komplizierte Sache, ebenso wie der Nachweis, dass Cancel Culture wirklich am Werk war oder ist.”
Weiterer Lesehinweis: Antisemitismus auf der Bühne als Geschäftsmodell? (diekolumnisten.de, Henning Hirsch).

2. “Das ist eigentlich nicht wiedergutzumachen”
(sueddeutsche.de, Theresa Hein)
Das Online-Reportageformat “STRG_F” (NDR) veröffentlichte jüngst Teile des Vernehmungsvideos des im Mordfall Walter Lübcke angeklagten Stephan E. In der Folge wurde an verschiedenen Stellen über die rechtliche und moralische Bewertung dieser Veröffentlichung diskutiert (“Spiegel”, “Übermedien”, Deutschlandfunk). Es lohnt sich jedoch unbedingt, auch nochmal der Philosophin und Medienethik-Professorin Larissa Krainer zuzuhören, die einige interessante Aspekte in die Debatte einbringt.

3. “Eine Runde Berlin” mit Deniz Yücel
(tagesspiegel.de, Ann-Kathrin Hipp)
27 Stationen, 60 Minuten, ein Gast: Im “Tagesspiegel”-Podcast “Eine Runde Berlin” fährt Ann-Kathrin Hipp mit ihren Interviewgästen einmal im Monat um den Berliner S-Bahn-Ring. Diesmal hat der Journalist Deniz Yücel in der Ringbahn Platz genommen und spricht über seine Haft in der Türkei, die Rückkehr in den Alltag und Berliner AKP-Wähler. Weil es so viel zu erzählen gab, seien es ausnahmsweise etwa 1,3 Runden geworden.

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4. Das schmutzige Geld vom Staat
(taz.de, Alexander Graf)
Mit einem Unterstützungspaket von 220 Millionen Euro will die Bundesregierung den Digitaljournalismus fördern, doch die als Geldempfänger in Frage kommenden Verlagshäuser würden bislang eher verhalten reagieren: Sie würden sich Sorgen um ihre journalistische Glaubwürdigkeit machen und seien zudem in den etablierten Printstrukturen verhaftet. Alexander Graf kommentiert: “Offenbar ist der Druck für einen radikalen digitalen Umbruch noch nicht groß genug – zwei bis drei Jahre seien die meisten Häuser von diesem Ziel noch entfernt. Heißt: Trotz all der Klagen geht es vielen Verlegern mit ihrem Printgeschäft wohl einfach noch zu gut.”

5. Facebook entfernt große Gruppe von Verschwörungstheoretikern
(spiegel.de)
Facebook hat eine circa 200.000 Mitglieder umfassende Verschwörungsgruppe aus dem QAnon-Kosmos gesperrt. Anhängerinnen und Anhänger der teilweise rechtsradikalen und antisemitischen QAnon-Bewegung glauben unter anderem, dass es einen internationalen Kinderhändlerring gebe, der sich aus Hollywoodstars, Politikerinnen und Politikern sowie hochrangigen Beamten zusammensetze. Facebook habe die Sperrung damit begründet, dass in einzelnen Postings die Grenzen zu Mobbing und Belästigung, Hassrede und falschen Informationen überschritten worden seien. Andere QAnon-Gruppen seien auf Facebook aber anscheinend weiterhin online, würden jedoch “überwacht”.
Weiterer Lesehinweis: Verschwörungs-Ideologie zum Mitmachen (spiegel.de, Sascha Lobo).

6. Archivschätze: What we (not actually) lost in the fire…
(wortvogel.de, Torsten Dewi)
“Manchmal, wenn ich mein beträchtliches digitales Archiv sortiere und auf einen alten Scan stoße, dann denke ich wehmütig an das GONG-Archiv zurück und seine in Fotos festgehaltene Chronik der deutschen Unterhaltungsgeschichte. Mag sein, dass das für die neuen Medienmacher ‘oller Kram und Ballast’ war – ich hab’s geliebt. Und ich vermisse es.” Torsten Dewi trauert dem Medien-Archiv der Fernsehzeitschrift “Gong” nach, das bei einem Umzug verschütt gegangen sei.

Nuhr ein Drama, Corona-Demo-Zahlen überprüft, Krisen-Verlierer Kino

1. Dieter Nuhr & die DFG | Ein Drama in 5 Akten
(youtube.com, Mai Thi Nguyen-Kim, Video: 21:45 Minuten)
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hatte zu ihrem 100-jährigen Bestehen verschiedene prominente Fürsprecherinnen und Fürsprecher mit kurzen Statements zu Wort kommen lassen. Eines der Testimonials stammte von Komiker Dieter Nuhr, dem Kritiker ein gebrochenes Verhältnis zur Wissenschaft vorwerfen und als Werbegesicht für eine Wissenschaftskampagne ablehnen. Der Konflikt eskalierte, und die DGF löschte Nuhrs Statement (neueste Wendung: um es gestern wieder online zu stellen). Wissenschaftsjournalistin Mai Thi Nguyen-Kim betrachtet den Vorgang von verschiedenen Seiten und wägt die Argumente gegeneinander ab – angenehm unaufgeregt und fair in alle Richtungen.

2. Das Kino ist der große Verlierer in der Corona-Krise
(dwdl.de, Timo Niemeier)
In der Medienbranche gibt es viele Leidtragende der Corona-Krise. Besonders hart betroffen sind die Kinos, denen Mitte März quasi die Geschäftsgrundlage entzogen wurde. Auch die mittlerweile in Kraft getretenen Lockerungen lassen einen wirtschaftlichen Betrieb der Lichtspieltheater kaum zu. Timo Niemeier berichtet von einer Branche im Umbruch.

3. In einem Video wird behauptet …
(twitter.com/PatrickGensing)
In einem Beitrag für Tagesschau.de beschäftigt sich ARD-“Faktenfinder” Patrick Gensing mit den Teilnehmenden-Zahlen der Berliner Corona-Demo vom vergangenen Wochenende, die von 20.000 (Polizeiangabe) bis zu absurden 1,3 Millionen reichten. Auf Twitter erklärt Gensing nun, wie er bei der Verifikation vorgegangen ist. Nicht nur in der Sache interessant, sondern auch wegen der eingesetzten Tools.
Weitere Hörempfehlung: Im aktuellen Deutschlandfunk-Nova-Podcast “Was mit Medien” gibt es ein Interview mit Gensing zum Thema. Im Browser anzuhören oder im Podcastplayer der Wahl – dazu nach “Was mit Medien” suchen, die Folge herunterladen oder gegebenenfalls den Podcast komplett abonnieren. PS: Leider geht “Was mit Medien” bei Deutschlandfunk Nova am 13. August 2020 zu Ende. Der Podcast werde jedoch unter wasmitmedien.de weitergeführt.

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4. Die 12 besten Recherche-Tipps für neue Themen
(fachjournalist.de, Florian Beißwanger)
“Was kann ich meiner Redaktion anbieten?” Viele im (Fach-)Journalismus tätige Personen stehen vor der ständigen Herausforderung der Ideen- und Themenfindung. Florian Beißwanger hat zwölf Denkanstöße und Rechercheansätze zusammengestellt, die zu neuen Beiträgen führen können.

5. Twitter will Konten von staatlich kontrollierten Medien kennzeichnen
(zeit.de)
Bei Twitter tut sich was. Der Kurznachrichtendienst greift mittlerweile nicht nur bei präsidialen Tweets ein (siehe die “6 vor 9” von gestern), sondern wolle nun auch Nutzerkonten von Medien kennzeichnen, die unter staatlicher Kontrolle stehen. Davon betroffen sei zum Beispiel das Kreml-nahe Auslandsmedium RT (früher Russia Today). Hintergrund der Aktion seien anscheinend die bevorstehenden US-Wahlen im November.

6. Zehn Lehren für bessere ­Video­konferenzen
(politik-kommunikation.de, Dirk von Gehlen)
Da echte Treffen zu Corona-Zeiten nur eingeschränkt möglich sind, weichen viele zu Videokonferenzen aus: In Politik und Wirtschaft sind Zoom-Treffen und Skype-Konferenzen mittlerweile gang und gäbe. Doch wer schon einmal an einer derartigen Sitzung teilgenommen hat, weiß, was alles schiefgehen kann. Dirk von Gehlen hat zehn Tipps für bessere Videokonferenzen – von der verwendeten Hardware bis zu Kommunikationsknigge.

Scheuers Tricks, Aufnahmen aus Beirut, Mediales Wellenbad

1. Ausgebufft: Wie das Scheuer-Ministerium Journalisten austrickst
(ndr.de, Daniel Bouhs & Martin Kaul, Video: 5:25 Minuten)
Unternehmen fühlen sich vornehmlich ihrem eigenen Interesse verpflichtet. Solch hehre Werte wie Wahrheit, Transparenz und Aufklärung fallen da schon mal hinten über. Dementsprechend wird in den Presse- und Kommunikationsabteilungen gerne mal getrickst und getäuscht. Doch sollte ein Ministerium ein derartiges Verhalten an den Tag legen? Laut “Zapp” “torpedierte” das Bundesverkehrsministerium wiederholt mit Tricks die Arbeit von kritischen Journalistinnen und Journalisten.

2. Aufnahmen aus Beirut in tagesschau und tagesthemen
(blog.tagesschau.de, Marcus Bornheim & Helge Fuhst & Juliane Leopold)
Der ARD wurde verschiedentlich vorgeworfen, der Berichterstattung über die Explosionen in Beirut am Dienstagabend nicht genügend Raum gegeben zu haben. Im Blog der “Tagesschau” räumt die ARD-aktuell-Chefredaktion das Versäumnis ein (“journalistische Fehleinschätzung”) und gelobt Besserung: “So ein Abend wie gestern nagt an unserem Selbstverständnis.”

3. “Schlag ins Gesicht der Meinungsfreiheit”
(faz.net)
“Nationalspieler Joshiko Saibou verliert seinen Job beim Basketballklub aus Bonn.” Was sich zunächst wie eine klassische Sportmeldung anhört, hat in diesem Fall auch etwas mit Medien zu tun: Saibou habe “wiederholt auf Social-Media-Kanälen seine Haltung zur [Corona-]Pandemie oder zum Virus an sich geäußert und am vergangenen Wochenende bei einer Großdemonstration auch praktiziert, indem er vorsätzlich gegen die bekannten Schutzregeln verstieß”, so eine Pressemitteilung seines bisherigen Arbeitgebers, den Telekom Baskets Bonn. Saibou und dessen Freundin, die Leichtathletin Alexandra Wester, hatten am Wochenende in Berlin an der Demo gegen die staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie teilgenommen und sich auch in Sozialen Netzwerken mehrfach gegen die Schutzmaßnahmen ausgesprochen.

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4. “Schädliche” Falschinformation – Facebook und Twitter gehen gegen Trump-Beitrag vor
(spiegel.de)
Seit Jahren verbreitet der US-amerikanische Präsident Donald Trump nahezu täglich Falsches und Unwahres über die Sozialen Medien. Zumindest einige seiner haltlosen Behauptungen über das Coronavirus wollen Twitter und Facebook anscheinend nicht mehr hinnehmen und schreiten ein. Das reicht von der Kommentierung bis zur Löschung von Beiträgen.

5. Whistleblower umfassend schützen
(reporter-ohne-grenzen.de)
Mehrere Organisationen haben die Bundesregierung dazu aufgerufen, die EU-Richtlinie zum Schutz von Whistleblowerinnen und Whistleblowern umfassend in nationales Recht umzusetzen: “Reporter ohne Grenzen sowie die anderen unterzeichnenden Organisationen setzen sich dafür ein, Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber umfassend und unter Einbeziehung nationalen Rechts zu schützen. Kohärenz, Klarheit und Rechtssicherheit sind für Whistleblowerinnen und Whistleblower nur dann gegeben, wenn sie sich bei ihren Hinweisen darauf verlassen können, dass diese auch von nationalem Recht gedeckt sind.”

6. Im Wellenbad der Gefühle
(uebermedien.de)
Seit Wochen und Monaten warnen Redaktionen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie vor der sogenannten “zweiten Welle”. Doch was ist das eigentlich? Und bietet sich ein derartiger Begriff überhaupt an? Boris Rosenkranz schreibt über die Lust vieler Medien an düsteren Prophezeiungen und eindringlichen Bildern.

Red Bull kappt Flügel, Fachwörter vermeiden, Junger Journalismus

1. Red-Bull-Boss hat keine Lust mehr auf “Addendum”
(dwdl.de, Timo Niemeier)
Red-Bull-Chef Dietrich Mateschitz startete vor drei Jahren das Medium “Addendum”. Nun hat der österreichische Milliardär anscheinend die Lust an dem Projekt verloren und stellt die Aktivitäten der Plattform ein. In einer offiziellen Mitteilung heißt es dazu: “Der Grund dafür ist, dass es trotz erheblichen Mitteleinsatzes und einer Reihe erfolgreicher und relevanter Rechercheprojekte insgesamt nicht gelungen ist, die Zielsetzungen der Stiftung in ausreichendem Maß zu erfüllen und Dietrich Mateschitz beabsichtigt, die von ihm unterstützen journalistischen Aktivitäten stärker auf lösungsorientierte Projekte jenseits der politischen Alltagsauseinandersetzungen zu konzentrieren.” Von der Stilllegung seien 57 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter betroffen.

2. Radikaler als das Mutterschiff
(sueddeutsche.de, Aurelie von Blazekovic)
“Spiegel” und “Zeit Online” haben lange Zeit versucht, die Generation der sogenannten Millenials über spezielle Medienangebote zu erreichen. Der “Spiegel” mit seinem Portal “Bento”, “Zeit Online” mit dem Online-Magazin “Ze.tt”. Beide Medienhäuser stellten ihre Aktivitäten inzwischen ein und auch andere Mitbewerber gaben auf. Aurelie von Blazekovic fragt sich, ob und wie der junge Journalismus überleben kann.

3. Wissenschaftlicher Jargon: Fachwörter vermeiden – oder besser ganz drauf verzichten?
(klimafakten.de, Claudia Wiggenbröker)
Forschungspublikationen wie die Berichte des Weltklimarats IPCC seien für Laien oft nur schwer verständlich. Man bräuchte fast eine Promotion im jeweiligen Fachgebiet, um die Texte wirklich verstehen zu können, so das vernichtende Ergebnis einer Untersuchung zur Lesbarkeit von IPCC-Texten. Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen haben sich mit der Frage beschäftigt, wie sich komplexe Themen besser vermitteln lassen. Vereinfachung dürfe jedoch nicht zu Vergröberung führen.

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4. Branchenüblicher Vergütungssatz nicht identisch mit vertraglich angebotener Lizenz
(urheberrecht.org)
Der Bundesgerichtshof hat zur sogenannten Lizenzanalogie beim Schadensersatz geurteilt. Hintergrund: Ein Unternehmen hatte auf seiner Website einen Stadtplanausschnitt verwendet, ohne im Besitz der Rechte dafür zu sein, und war dafür vom Rechteinhaber abgemahnt worden. Dieser habe als Schadensersatz eine Jahreslizenz in Höhe von 820 Euro angesetzt, doch konnte sich mit dieser Forderung nicht durchsetzen. Im Rahmen der Lizenzanalogie dürfe nicht einfach der Betrag verlangt werden, welchen der Urheber für eine Lizenz vertraglich verlange. Der Urheber müsse beweisen, dass sich dieser Preis am Markt durchgesetzt habe.

5. Messengerdienst führt Tool zur Bekämpfung von Fake News ein
(zeit.de)
Laut “Guardian” testet WhatsApp ein neues Tool zur Bekämpfung von “Fake News”. Nachrichten, die zuvor mehr als fünfmal weitergeleitet worden seien, würden mit einem Symbol gekennzeichnet, das eine Suchanfrage bei Google auslöse. Dahinter stecke die Absicht, die Weiterleitung von viralen Falschnachrichten einzudämmen.

6. Streaming mit höherem Risiko
(faz.net, Thomas Herrig)
Mit Sooner ist ein neuer Streamingdienst gestartet, der sich, im Gegensatz zu den Platzhirschen Netflix, Amazon Prime und Disney, auf europäische Produktionen fokussieren will, darunter auch Kurzfilme und Dokumentationen aus der Arthouse- und Independent-Szene. Aktuell enthalte das Angebot rund vierzig Serien und zweitausend Filmtitel.

Abmahn-Entertainment, Zu Besuch bei “ND”, Verbandsquerelen

1. Wie kritische Berichterstattung verhindert werden soll
(tagesspiegel.de, Sebastian Leber)
“Tagesspiegel”-Reporter Sebastian Leber erhält manchmal Leser- oder Anwaltspost, deren Ziel es sei, mit offensichtlich ungerechtfertigten Forderungen kritische Berichterstattung zu verhindern. Leber stellt ein paar dieser mitunter recht skurrilen Fälle vor – wie zum Beispiel die Geschichte vom “Hypnosecoach”, der nicht “Hypnosecoach” genannt werden wollte, sich selbst aber als “Hypnosecoach” bezeichnet.

2. Microsoft hat “Interesse” an chinesischer Videoplattform Tiktok
(deutschlandfunk.de, Annika Schneider & Nina Magoley, Audio: 5:47 Minuten)
Der Deutschlandfunk hat sich mit der Chinaexpertin und Sinologin Mareike Ohlberg über Donald Trumps Feldzug gegen die chinesische Video-Plattform Tiktok unterhalten. Für den Konflikt kämen einige Gründe in Frage, aber auch ein ganz banaler: “Im Juni sollen Tiktok-Nutzer mit einem Trick erreicht haben, dass viele Plätze bei einer Wahlkampfveranstaltung von Trump in Tulsa, Oklahoma, leer blieben. Sie hatten sich für kostenlose Tickets registriert, ohne die Absicht, tatsächlich hinzugehen.”

3. Neuer als neu
(sueddeutsche.de, Philipp Bovermann)
Die einstige SED-Parteizeitung “Neues Deutschland” hat sich jüngst in “ND” umbenannt. Philipp Bovermann hat die “ND”-Redaktion in Berlin besucht und sich danach umgeschaut, ob und was sich sonst noch geändert hat. Es ist vor allem die Geschichte einer Schrumpfung: “Inzwischen ist die ND-Auflage auf etwa 20.000 zusammengeschnurzelt.”

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4. Neues ZDF-Nachrichtenmagazin ab September
(zdf.de)
Vom “heute journal” (ZDF) wird es ab dem 7. September wochentäglich ein “heute journal up:date” geben, oder um es im Sender-Deutsch auszudrücken: “Das ‘heute journal’, Deutschlands erfolgreichstes TV-Nachrichtenmagazin, vergrößert seine Sendefläche.” Dabei handele es sich um eine gegen Mitternacht ausgestrahlte Spätausgabe mit 15 Minuten Nachrichten, Hintergrundberichten, Schaltgesprächen und Interviews.

5. The Washington Post’s Workforce Demographics
(washingtonpost.com)
Die “Washington Post” zeigt in übersichtlichen Grafiken, wie es um die demografische Zusammensetzung ihres Unternehmens hinsichtlich Geschlecht und Ethnie der Mitarbeitenden bestellt ist beziehungsweise war. Eine Transparenzoffensive, von der sich deutsche Medien gerne etwas abschauen könnten.

6. DJV Berlin-JVBB
(radioeins.de, Jörg Wagner & Daniel Bouhs, Audio: 1:27:45 Stunden)
Im “Medienmagazin” von radioeins geht es unter anderem um Donald Trump und den Tiktok-Konflikt, um alte und neue Querelen im Journalistenverband, um die umstrittene Veröffentlichung der Videovernehmung des mutmaßlichen Mörders von Walter Lübcke sowie um das “Corona-Comeback” der TV-Sendung “Inas Nacht”. Im Browser anzuhören oder im Podcastplayer der Wahl – dazu nach “radioeins” und “Medienmagazin” suchen, die Folge herunterladen oder gegebenenfalls den Podcast komplett abonnieren.

Nuhr Einsicht oder Nuhr eingeknickt?, Hayali-Dreh, “Rolling Stone”-Cover

1. Dunja Hayali bricht ZDF-Dreh bei Demo gegen Corona-Regeln ab
(tagesspiegel.de)
Die ZDF-Journalistin Dunja Hayali hat sich für einen Dreh unter die Demonstrierenden gegen die Corona-Maßnahmen gemischt, brach die Dreharbeiten jedoch wegen Sicherheitsbedenken vorzeitig ab (die gesamten 37 Minuten des Drehs gibt es bei Instagram). Der Deutsche Presserat kritisiert den Vorfall auf Twitter: “Es ist absolut unakzeptabel, wenn Journalisten ihre Arbeit nicht machen können, weil sie beschimpft und bedroht werden. Der Schutz von Journalisten muss dringend verbessert werden!” Es gibt jedoch auch andere Sichtweisen auf den Vorfall. Autor und Journalist Franz Sommerfeld kritisiert Hayalis Vorgehen: “Sie versteht sich als journalistische Aktivistin. Sie will einzelne Demonstranten überzeugen, wenn das nicht gelingt, sie zumindest wegen der Absurdität ihrer Vorstellungen bloss stellen. Sie meint es gut. Aber das misslingt natürlich. Und nun zeigt sich Dunja Hayali in ihrem Schlusskommentar beleidigt und gekränkt, weil jeder ihr etwas anderes vorhält, und freut sich noch einmal auf ihren ‘schmutzigen’ Hund. Das wäre zu vermeiden gewesen, wenn die Journalistin professionelle Distanz gewahrt hätte. Damit hätte sie ihrem Anliegen mehr gedient.”

2. Kanzel Culture
(hellojed.de, Moritz Hoffmann)
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) wirbt zu ihrem 100-jährigen Bestehen für die Wissenschaft und setzt dazu verschiedene prominente Fürsprecherinnen und Fürsprecher ein. Eines der Testimonials stammt von Komiker Dieter Nuhr, dem Kritiker ein gebrochenes Verhältnis zur Wissenschaft vorwerfen – sie lehnen ihn als Werbegesicht für die Kampagne ab. Moritz Hoffmann kommentiert: “Das eigentliche Thema muss die DFG sein. Sie hat Nuhr angefragt, sie hat Nuhr abgenommen, sie hat Nuhr veröffentlicht, sie hat Nuhr auf den sozialen Netzwerken beworben und sie hat nach ein paar Stunden kritischem Gegenwind beschlossen, ohne weitere Erklärungen eine Kehrtwende zu vollziehen. Das alles spricht nicht für besonders viel Denkaufwand, es spricht für wenig Souveränität und für einen bemerkenswerten Mangel an Einfühlungsvermögen in die verschiedenen Arten, auf denen im Jahr 2020 in Deutschland Sachverhalte ausverhandelt werden.”
Weiterer Lesehinweis: Auch von anderer Seite wird Kritik an die DFG herangetragen. Diesmal jedoch nicht wegen des Testimonials von Dieter Nuhr, sondern wegen des vermeintlichen “Einknickens” der Forschungsgemeinschaft: “Damit gibt die DFG auf erbärmliche Weise ihre Prinzipien preis. Sie leistet als Wissenschaftsorganisation einen Offenbarungseid.” (faz.net, Michael Hanfeld)

3. Bewusst exponiert
(taz.de, Peter Weissenburger)
Die österreichische Journalistin Natascha Strobl schreibt bevorzugt über Rechtsextremismus und gerät damit immer wieder in den Fokus eines rechtsradikalen Mobs, der sie beschimpft und bedroht. Nach einem Beitrag eines “Welt”-Kolumnisten mit dem Namen “Don Alphonso” erlebt sie eine besonders stark ausgeprägte Hasswelle.
Weiterer Lesehinweis: In der “Frankfurter Rundschau” spricht Strobl über die massiven Drohungen, die ihr gegenüber ausgesprochen werden, und über ihren Widersacher “Don Alphonso”: “Ich bin da nicht die erste und werde nicht die letzte Frau sein, die er so angeht. Und das zweite ist, dass er ein sehr großes Problem mit eher links stehenden Menschen hat. Da geht es nicht um Meinungsaustausch, er will sie einfach persönlich zerstören. Das ist alles ganz offensichtlich durch persönliche Motivation getrieben, aber es ist auch ein Geschäftsmodell.”

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4. Lässt sich TikTok überhaupt verbieten?
(zeit.de, Anna-Lena Schlitt)
US-Präsident Donald Trump will die chinesische Videoplattform TikTok – zumindest in den USA – verbieten. Als Grund dafür wird die Befürchtung genannt, die App könne heimlich die Daten der Nutzerinnen und Nutzer an China weitergeben. Ist ein derartiges Verbot überhaupt möglich? Und wie könnte es umgesetzt werden? Gibt es bereits TikTok-Verbote? Und könnte TikTok verkauft werden? Anna-Lena Schlitt gibt Antworten auf die wichtigsten Fragen.

5. Die perfekte Welle
(journalist.de, Jennifer Garic & Olaf Wittrock)
Wie leicht nachzuvollziehen ist, bestimmt die Corona-Pandemie seit Monaten die Berichterstattung, doch die Nachrichtenflut ebbe langsam ab. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erkennten darin ein wellenförmiges Muster: Nach spätestens drei Monaten träten Gewöhnungs- und Ermüdungseffekte ein, das mediale Interesse lasse nach. Jennifer Garic und Olaf Wittrock von der Wirtschaftsredaktion “Wortwert” haben sich die Wellenbildung anhand der bisherigen Corona-Berichterstattung angeschaut.

6. Wie es einmal fast zwei Frauen aufs Cover des “Rolling Stone” schafften
(uebermedien.de, Stefan Niggemeier)
In der Musik-Zeitschrift “Rolling Stone” ist ein längeres Interview erschienen, in dem die Soulsängerin Joy Denalane und die Rockmusikerin Ilgen-Nur über Rassismus, Sexismus und Homophobie in der Musikindustrie sprechen. Beide Künstlerinnen gingen davon aus, dass ihr Gespräch die Cover-Geschichte des Heftes werden würde, es habe auch ein entsprechendes Cover-Shooting gegeben. Schlussendlich sei das Magazin jedoch den vermeintlich sicheren Weg gegangen und habe Altrocker Bruce Springsteen aufs Cover gehoben. Stefan Niggemeier kommentiert: “Während das amerikanische Schwesterblatt politischer und diverser geworden ist, will der deutsche Ableger lieber nicht riskieren, seine Stammleser mit nicht-weißen Frauen auf dem Cover zu verschrecken, nicht einmal, wenn der Sexismus und Rassismus der Branche Thema im Heft ist. Es hätte ein kleines Statement werden können in Zeiten, in denen einiges in Bewegung gerät, dass man sich mitbewegt.”

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