Archiv für 6 vor 9

ARD vs. ZDF, Falscher “Messer-Killer”, “Hi Hitler”

1. Wie die ARD das ZDF angreifen will
(spiegel.de, Alexander Kühn & Anton Rainer)
Die neue Programmdirektorin der ARD Christine Strobl plant einen Umbau des Programms. Dem “Spiegel” liegt ein internes Papier vor, das Strobls Pläne offenlegt. Eine der Kern-Strategien bestehe darin, Erfolgsformate des öffentlich-rechtlichen Mitbewerbers ZDF zu kopieren: So wolle die ARD die ZDF-Erfolgsformate “Markus Lanz” und “heute show” mit eigenen Sendungen attackieren.
Auf Twitter kommentiert der TV-Autor Stefan Stuckmann: “Es ist ein Armutszeugnis, wenn die ARD tatsächlich glaubt, ihr größtes Problem sei die Konkurrenz zum ZDF.” Laut Stuckmann sei es “strategisch ein Schuss ins Knie, weiter munter Doppelstrukturen zu schaffen, weil es Wasser auf die Mühlen derer ist, die ARD und ZDF zusammenlegen wollen – aber eben unter der Prämisse ‘radikal Einsparen’.”

2. Ende der Parallelstruktur
(taz.de, Peter Weissenburger)
Seit über 20 Jahren gibt es bei der “Süddeutschen” eine Parallelstruktur: Auf der einen Seite die Print-Redaktion, die bei der Süddeutsche Zeitung GmbH angestellt ist, auf der anderen Seite die Online-Redaktion, die formal für die Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH tätig ist. Für die Onliner hatte dies gravierende Nachteile in Sachen Bezahlung, Arbeitszeiten und Mitbestimmung. Nun sollen beide Verlagsgesellschaften zusammengeführt werden, was jedoch nicht ohne Probleme sei.

3. “Bild” gesteht den Fehler ein und bittet um Entschuldigung
(twitter.com, Marvin Schade)
Wie das Portal “Medieninsider” berichtet (nur mit Abo lesbar), hatte die “Bild am Sonntag” am Sonntag auf der Titelseite eine falsche Person als den tatverdächtigen “Messer-Killer” von Würzburg abgebildet. Nun habe die “Bild”-Redaktion den Fehler eingestanden und (irgendwo in den Tiefen der Website versteckt) um Entschuldigung gebeten. Marvin Schade fragt, warum man das Bild benutzt beziehungsweise es nicht verpixelt habe: “Jeder Justiziar hätte aufschreien müssen. Auch, weil es anderes, wirklich verifiziertes Fotomaterial gab.”

Bildblog unterstuetzen

4. 11 Schritte zur Vernichtung: So drängen Sie Muslime aus dem öffentlichen Leben
(schantall-und-scharia.de, Fabian Goldmann)
Fabian Goldmann beobachtet seit einigen Monaten, dass in manchen Medien immer häufiger Islamismus-Vorwürfe gegen Muslime des öffentlichen Lebens erscheinen, an denen aus seiner Sicht selten etwas dran sei. In der “Welt” erscheine mindestens einmal pro Woche solch ein Text, auch “NZZ”, “FAZ”, “Berliner Morgenpost” und “Tagesspiegel” würden regelmäßig neue, angebliche Islamisten entdecken. In einem satirischen Ratgeber erklärt Goldmann die dahinterstehenden Mechanismen: “Vergessen Sie Sorgfaltspflicht, Faktentreue und Persönlichkeitsrechte! Mit diesen einfachen Schritten, richten Sie jede muslimische Karriere zugrunde und werden selbst zum Meister der Vernichtung.”

5. Die Banalisierung des Bösen
(verdi.de, Tilman P. Gangloff)
In seinem Buch “Hi Hitler” beschäftigt sich der US-amerikanische Historiker Gavriel D. Rosenfeld mit dem Nationalsozialismus in der Populärkultur. Dabei geht es auch um die zahlreichen Persiflagen auf Adolf Hitler und andere Nazi-Größen etwa in Filmen und Comics und die daraus entstehenden Folgen. Rosenfeld betrachte die Parodien als Verharmlosung des Nationalsozialismus und seiner Verbrechen, was ausgerechnet dem Rechtsextremismus in die Karten spiele.

6. “Liberté, Egalité, Viertelfinalé”
(deutschlandfunk.de, Arno Orzessek, Audio: 4:23 Minuten)
Arno Orzessek zieht in seiner Deutschlandfunk-Glosse eine erste Medien-Bilanz zur laufenden Fußball-EM. Es geht um “dadaistische Wortklaubereien, sexistische Typen im Netz und den harten Kampf um die richtige moralische Haltung”.

Politmagazine seltener?, “Bild” und “Welt” verlieren, Kino-Status

1. ARD-Intendanten überlegen, seltener Politmagazine auszustrahlen
(uebermedien.de, Stefan Niggemeier)
Nach Informationen von “Übermedien” überlege die ARD, ihre Politmagazine vom kommenden Jahr an seltener auszustrahlen. Das würde Sendungen wie “Panorama”, “Monitor”, “Kontraste”, “Fakt”, “Report Mainz” und “Report München” betreffen. Stefan Niggemeier hat sich umgehört, womit dieser mögliche Schritt begründet wird, und fragt: “Geht es wirklich darum, nach zeitgemäßen Formaten für die digitale Welt zu suchen, oder will man auch lästige Redaktionen zurechtstutzen?”

2. AWA 2021: “Sport Bild”, “Focus” und “Bunte” die größten von vielen Verlierern
(meedia.de, Jens Schröder)
Die aktuelle Markt- und Werbeträgeranalyse des Allensbach-Instituts (oder ganz korrekt: des “Instituts für Demoskopie Allensbach”) weist unter anderem die Reichweite verschiedener Printmedien aus. Nummer 1 im Reichweitenranking ist die “Apotheken Umschau”. Zu den größten Verlierer zählen “Sport Bild”, “Focus” und “Bunte”, die im Vergleich zu 2020 jeweils Verluste von mehr als 400.000 Lesern pro Ausgabe hinnehmen mussten. Bei den überregionalen Zeitungen haben “Bild” und “Welt” kräftig verloren.

3. Wie die Corona-Krise der Psyche von Journalisten schadet
(de.ejo-online.eu, Sarah Karacs)
Das European Journalism Observatory hat Journalistinnen und Journalisten befragt, ob und wie sich die Covid-19-Berichterstattung auf ihre eigene psychische Gesundheit ausgewirkt hat. Die Psychologin Esther Perel kommentiert: “Redaktionen befinden sich in einem Zustand der Trauer und haben im letzten Jahr enorme Verluste erlitten. Sie befinden sich in einem Zustand des kollektiven Traumas, und die Journalisten sind erschöpft.” Sie seien “Teil der Geschichte, über die sie berichten.”

Bildblog unterstuetzen

4. Russische Polizei durchsucht Wohnungen mehrerer Investigativjournalisten
(spiegel.de)
Der Kreml erhöht weiter den Druck auf die letzten verbliebenen unabhängigen Medien des Landes. Diesmal hat es die russische Rechercheplattform “Proekt.media” erwischt, gegen die die Polizei mit großer Härte vorgegangen sei. Ein möglicher Hintergrund der Aktion: Die Seite habe offenbar kurz vor der Veröffentlichung einer Recherche über den Innenminister gestanden.

5. Öffentlich-Rechtlicher Rundfunk, neu gedacht!
(blog.wikimedia.de, Bernd Fiedler)
Wikimedia Deutschland hat erneut einen “Runden Tisch Freie Lizenzen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk” veranstaltet und dazu verschiedene Repräsentanten aus öffentlich-rechtlichem Rundfunk, Politik und Zivilgesellschaft eingeladen. Dabei hat man auch eine Bilanz der vergangenen Jahre gezogen. Positiv habe sich beispielsweise das ZDF geäußert: “Seit über einem Jahr stellen wir im ZDF ausgewählte Clips von Terra X unter CC-Lizenz zur Verfügung. Unsere Bilanz fällt sehr positiv aus. Allein über die Wikipedia konnten wir schon über 15 Millionen Abrufe sammeln. Auch die Rückmeldungen von den Schulen sind positiv.”

6. “Mit Mittelware durchmogeln war schon vor der Pandemie vorbei”
(medienpolitik.net, Helmut Hartung)
Christian Bräuer ist Vorstandsvorsitzender der AG Kino und weiß daher, wie es der Branche geht. Im Interview kritisiert er das uneinheitliche Regelungsdickicht von Corona-Auflagen sowie die Konzentration von Marktmacht: “Die Effekte der Pandemie wird der gesamte Medienmarkt noch auf Jahre bis Jahrzehnte spüren. Während wir in Europa noch damit beschäftigt sind, die Folgen der Pandemie abzufedern, beobachten wir in den USA eine wahnsinnige Marktdynamik. Der Trend zur Konzentration von Marktmacht hat sie durchaus beschleunigt, auch wenn er vorher schon vorhanden war.”

Mission Mali-Berichterstattung, Im Fadenkreuz, Journalismusschule

1. Mission Berichterstattung
(deutschlandfunk.de, Michael Borgers, Audio: 7:30 Minuten)
Seit gut acht Jahren sind deutsche Soldaten und Soldatinnen im afrikanischen Krisenstaat Mali stationiert. Gerade jetzt, wo zwölf deutsche Soldaten bei einem Anschlag verletzt wurden, sei das Interesse der Medien an der Mission groß, doch das sei nicht immer so gewesen: “Deutsche Medien haben sich überwiegend, mit wenigen Ausnahmen, null dafür interessiert”, so die Einschätzung des Journalisten Thomas Wiegold.

2. Menschen im Fadenkreuz des rechten Terrors
(correctiv.org)
“Correctiv” hat das Projekt “Menschen – Im Fadenkreuz des rechten Terrors” gestartet und präsentiert auf seiner Webseite 57 Porträts: “Es handelt sich um Menschen, die Neonazis und Rechtsextreme auf sogenannte ‘Feindeslisten’ setzten. Es sind Lehrerinnen, Politiker, Journalistinnen, Wissenschaftler. Sie sind unsere Gesellschaft. Sie haben Träume, Wünsche und eine Vergangenheit. Wir wollen ihnen ein Gesicht und eine Stimme geben. In Deutschland stehen mehr als 20.000 Menschen auf solchen Listen.”

3. ARD bietet runden Tisch an
(sueddeutsche.de, Stefan Fischer)
In einem offenen Brief haben sich rund 250 Hörspielautoren, -regisseurinnen und -musiker an ARD sowie Deutschlandradio gewandt. Sie befürchten nachteilige Auswirkungen des neuen Medienstaatsvertrags und sehen sich in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedroht. Nun hat die ARD reagiert (unter anderem mit Gegenvorwürfen) und ein Gesprächsangebot gemacht.

Bildblog unterstuetzen

4. Bundesregierung soll ihre Facebook-Seiten schließen
(spiegel.de)
Wenn es nach Ulrich Kelber, dem Bundesbeauftragten für Datenschutz, geht, soll die Bundesregierung ihre Facebook-Seiten dichtmachen. Ein datenschutzkonformer Betrieb einer Facebook-Fanpage sei nicht möglich, Bundesbehörden hätten dort deshalb seiner Meinung nach nichts verloren.

5. Tim Ehlers sucht seine Passwörter
(katapult-magazin.de, Benjamin Fredrich)
Es gibt mal wieder Neues aus Greifswald. Der umtriebige “Katapult”-Verlag will eine Journalismusschule gründen – “größer als Springer, besser als Nannen”! “Katapult”-Chef Benjamin Fredrich ruft dazu die “Neue Ostdeutsche Selbstherrlichkeit” aus: “Das ist als historische Epoche gemeint. In dieser Epoche werden in allererster Linie Journalismusschulen gebaut.”

6. RTL gibt Namen von Jan Hofers Nachrichtensendung bekannt
(rnd.de)
Viele Jahre war Jan Hofer ein – wenn nicht das – Gesicht der “Tagesschau”. Daher waren nicht wenige überrascht, als sie von Hofers Wechsel zum Privatsender RTL hörten. Jetzt kommen erste Details zu Jan Hofers neuer Nachrichtensendung ans Licht.

“Bild”s hämische Koketterie, Weltwunder, Mitschüler “PietSmiet”

1. Polizisten greifen bei Demonstration Journalisten an
(spiegel.de)
Bei einer Demonstration in der Düsseldorfer Innenstadt gegen das geplante neue Versammlungsgesetz für Nordrhein-Westfalen sollen Polizeibeamte zwei Journalisten attackiert haben. Unter anderem sei ein dpa-Fotograf mehrfach mit einem Schlagstock geschlagen worden. Die Polizei habe zunächst keine näheren Angaben zu dem Einsatz gemacht.

2. So unangenehm ist der neue Werbeclip für den TV-Kanal von BILD
(vice.com, Robert Hofmann)
Robert Hofmann hat sich den neuen Werbeclip für den TV-Kanal von “Bild” angeschaut, der nicht nur die Amazon-Dokumentation “BILD.Macht.Deutschland?” zitiert, sondern auch versucht, sich an die Erfolgsserie “Stromberg” anzulehnen. Ein gescheiterter Versuch, wie Hofmann findet: “Nein, das alles ist nicht Stromberg, das ist nicht witzig. Hier soll nichts entblößt werden, das ist keine kluge Satire und auch keine ehrliche Aufarbeitung von Kritik. Dieser Clip ist auch kein Zitat der Serie. Hier sehen wir nur hämische Koketterie von Menschen, die wissen, dass große Teile der Gesellschaft mit Verachtung auf sie blicken, und ihnen doch nichts anhaben können.”

3. Schweizer “Weltwoche” zeigt Deutschland, wie Weltwunder-Journalismus geht
(uebermedien.de, Stefan Niggemeier)
“Die Zeitung, in der regelmäßig Matthias Matussek, Thilo Sarrazin, Norbert Bolz, Hans-Georg Maaßen und Henryk M. Broder schreiben, ist in dieser Woche mit einer Spezialausgabe erschienen, in der nun auch noch Harald Martenstein, Kai Diekmann, Jan Fleischhauer, Franz Josef Wagner, Boris Reitschuster und Ralf Schuler schreiben. Mehr Trigger kann man für 9 Schweizer Franken wirklich nicht erwarten.” Stefan Niggemeier hat sich triggern lassen und sich tapfer durch eine “Weltwoche”-Sonderausgabe gekämpft.

Bildblog unterstuetzen

4. No. 7 – der neue nestbeschmutzer ist da
(netzwerkrecherche.org, Malte Werner)
Erneut haben Studierende aus dem Master-Studiengang Journalistik und Kommunikationswissenschaften der Universität Hamburg begleitend zur Netzwerk-Recherche-Jahreskonferenz den “nestbeschmutzer” (PDF) produziert. In der kostenlos verfügbaren Online-Zeitung widmen sich 16 Nachwuchsjournalistinnen und -journalisten Themen wie Medienkompetenz, Pressefreiheit und Datenjournalismus.

5. Überlegenheit oder Überheblichkeit
(deutschlandfunk.de, Annabell Brockhues, Audio: 6:47 Minuten)
Nachdem die Uefa abgelehnt hatte, dass die Münchner Arena zum Fußball-EM-Spiel gegen Ungarn in den Regenbogenfarben beleuchtet wird, regte sich vielfältiger Protest. Einige Sender und Tageszeitungen gestalteten temporär ihre Logos zu Regenbogenfarben-Signets um. Viele Promis und Unternehmen taten Ähnliches auf ihren Social-Media-Kanälen. Der Medienkritiker Stefan Niggemeier ist zwiegespalten, was die Aktion anbelangt.

6. Mein Mitschüler, der YouTube-Star
(zeit.de, Inga Pöting)
“Peter schien sich nicht besonders dafür zu interessieren, was andere von ihm dachten. Er trug Karohemden, die auch aus dem Schrank seines Vaters hätten stammen können, und er gab im Unterricht oft merkwürdige Antworten.” Die Rede ist hier von Peter Smits, der auf Youtube als “PietSmiet” Millionen von Followern hat. Die Journalistin Inga Pöting hat mit Smits die Schulbank gedrückt. Beide schlugen unterschiedliche Karrierewege ein und begegneten sich Jahre später wieder in einer Kneipe. Der Initialfunke für ein neuerliches Treffen mit dem erfolgreichen Webvideo-Produzenten, das zu dieser lesenswerten, da sehr persönlichen Reportage führte.

KW 25: Hör- und Gucktipps zum Wochenende

Hurra, endlich Wochenende – und damit mehr Zeit zum Hören und Sehen! In unserer Samstagsausgabe präsentieren wir Euch eine Auswahl empfehlenswerter Filme und Podcasts mit Medienbezug. Viel Spaß bei Erkenntnisgewinn und Unterhaltung!

***

1. Kinder in Dokusoaps: Wie weit darf Reality-TV gehen?
(ndr.de, Lea Eichhorn & Désirée Fehringer, Video: 14:31 Minuten)
Über die (mittlerweile abgesetzte) Sat.1-Reality-TV-Show “Plötzlich arm, plötzlich reich” wurde in jüngster Vergangenheit einiges berichtet. Der Ballermann-Star Matthias Distel (alias Ikke Hüftgold) hatte seiner Aussage zufolge erst vor laufender Kamera davon gehört, dass bei den Dreharbeiten traumatisierte Kinder beteiligt seien, darauf habe er die Dreharbeiten abgebrochen und den Vorgang öffentlich gemacht. Doch nun scheint er eine 180-Grad-Wendung eingelegt zu haben. Ein Deal mit der Produktionsfirma Imago?

2. 13 Podcasts, 15 Stunden, ein Festival
(zeit.de)
Vergangenen Sonntag veranstaltete die “Zeit-Online”-Redaktion ein eigenes “Podcastfestival” mit allen bedeutenden Podcast-Formaten des Hauses. Das Festival fand auf zwei virtuellen Bühnen statt. Auf der Webseite gibt es alle Live-Podcasts zum Nachschauen beziehungsweise Nachhören, darunter “Verbrechen”, “Alles gesagt?”, “Was jetzt?”, “OK, America?”, “Unter Pfarrerstöchtern”, “Das Politikteil” unter “Servus. Grüezi. Hallo.”

3. Ep. 97: Die Zerstörung der INSM
(wohlstandfueralle.podigee.io, Ole Nymoen & Wolfgang M. Schmitt, Audio: 28:46 Minuten)
Unlängst sorgte eine Anzeigenkampagne für Aufsehen und Empörung: In ganzseitigen Inseraten renommierter Zeitungen war die grüne Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock als verkleidete Mosesfigur zu sehen – in den Armen zwei Steintafeln mit zehn angeblichen grünen Verboten. Auftraggeber der Kampagne ist die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM). Doch was verbirgt sich eigentlich hinter dieser “Initiative”? Ole Nymoen und Wolfgang M. Schmitt schildern im Podcast ihre Sicht auf die wirtschaftsfreundlichen Lobbyisten: “Die Vorgehensweise dieser Propagandaorganisation des Neoliberalismus ist manchmal laut auftrumpfend, bisweilen aber geht man perfide subtil vor, um gewisse Positionen in der Öffentlichkeit zu lancieren. Auch Prominente lassen sich gern vor den Karren der Initiative spannen, die 1999 gegründet wurde und mit ihren Anzeigenkampagnen auch viele Zeitungsverleger glücklich macht.”

Bildblog unterstuetzen

4. Die Videos der re:publica 21 sind online. Wir haben eine Auswahl für Euch.
(netzpolitik.org, Markus Beckedahl)
Wegen der Corona-Pandemie fand die re:publica auch dieses Jahr nur im Netz statt. re:publica-Mitgründer und Netzpolitik-Experte Markus Beckedahl stellt eine aus netzpolitischer Sicht besonders interessante Auswahl von Youtube-Mitschnitten vor. Nahezu alle Vorträge berühren auch Medienthemen oder sind komplett medienrelevant.

5. Der CureVac-Absturz: Waren viele Medien in Deutschland zu unkritisch?
(uebermedien.de, Holger Klein, 21:10 Minuten)
Einst wurde der Corona-Impfstoff von CureVac als Hoffnungsträger und Heilsbringer gefeiert, heute sieht die Sache anders aus: Der Impfstoff ist laut Studienergebnissen weniger wirksam, der Aktienkurs des Unternehmens in der Folge deutlich gefallen. Holger Klein hat sich mit Andrej Reisin über den Fall unterhalten, der die Rolle des CureVac-Investors Dietmar Hopp und die Lobhudeleien vieler Medien bereits vor Monaten kritisch sah.

6. Fachjournalist-Podcast: Schätze in Archiven und Bibliotheken für die Recherche heben
(fachjournalist.de, Aenne Chalhoub, Audio: 18:34 Minuten)
Für Journalistinnen und Journalisten sind Archive und Bibliotheken eine ausgezeichnete Recherchequelle, bieten sie doch Zugang zu ganz unterschiedlichen Datenbanken und Fachmagazinen. Im “Fachjournalist”-Podcast unterhält sich Aenne Chalhoub mit der Leiterin des Archivs der Technischen Universität Berlin und mit dem Direktor der Uni-Bibliothek der TU Berlin über die besonderen Möglichkeiten der Archive für die journalistische Recherche.

7. Moritz Tschermak: “Ich will zeigen, wie Bild die Gesellschaft spaltet.”
(hr-inforadio.de, Christoph Scheffer, Audio: 26:35 Minuten)
Hörtipp in eigener Sache und daher als zusätzlicher Link: Am Mittwoch hat sich Christoph Scheffer vom Hessischen Rundfunk mit meinem BILDblog-Kollegen Moritz Tschermak über dessen “Bild”-kritisches Buch “Ohne Rücksicht auf Verluste” unterhalten.

Rechte Hetze beim Kirchenschloss, Balders Abschied, Erzwingungshaft

1. Duldet das Bistum Augsburg völkisches Denken?
(br.de, Johannes Reichart)
BR-Reporter Johannes Reichart ist einem äußerst verstörenden Fall nachgegangen: Ein im Besitz der katholischen Kirche befindliches Schloss werde zur Verbreitung von rechter Hetze und völkischem Denken genutzt. Unter anderem werde dort das sogenannte “Schloss-Kultur-Magazin” publiziert. Darin mische sich unter allerlei Artikel über Gartenarbeit und Strickkleidung auch abstruses Gedankengut und Esoterik, das Magazin verbreite Weltverschwörungserzählungen und traditionalistisch-religiöse Extrempositionen: Ein Erzbischof warnt vor dem “Great Reset”, der von den “Dienern Satans” betrieben werde, Priester der erzkonservativen Piusbruderschaft hetzen gegen Abtreibung, Homosexualität und Klimaschutz. Das Bistum bemühe sich als Vermieterin der Immobilie seit Längerem “um Klärung”.

2. “Viel konsequenter digital ausrichten”
(journalist.de, Anna Paarmann)
Anna Paarmann ist Online-Chefin bei der “Landeszeitung” für die Lüneburger Heide und dort für Redaktionsprojekte zuständig. In einem Gastbeitrag für den “journalist” macht sie sich Gedanken darüber, wie der Journalismus widerstandsfähiger gemacht werden kann. Wer noch nicht auf “Digital First” setze, möge dies schleunigst tun: “Es gilt, historisch gewachsene Strukturen und Denkweisen ad acta zu legen: feste Ressortgrenzen, Einzelbüros, die Skepsis gegenüber Online, autonome Themenplanung, den Anspruch, dass ein guter Redakteur von 10 bis 19 Uhr ‘den Laden hüten muss’.”

3. Neues aus der Anstalt
(taz.de, Steffen Grimberg)
Bei den Gegnern des Rundfunkbeitrags wird derzeit ein Mann gefeiert, der seit drei Monaten in Erzwingungshaft sitzt. Dort befinde er sich jedoch nicht wegen ausstehender Gebühren, sondern wegen einer verweigerten Vermögensauskunft, erklärt Steffen Grimberg. Derlei Details scheinen den Leuten, die immer noch auf die (längst abgeschaffte) GEZ schimpfen oder die sich, wie die AfD, mit der Forderung “ARD abschaffen” an den Fall hängen, jedoch egal zu sein. Grimberg rät: “Damit endlich Ruhe im Erzwingerclub einkehrt, müssen alle Anstalten und die Vollstreckungsbehörden zu besseren Lösungen kommen. Denn pro 100 Euro, die ARD, ZDF und Deutschlandradio geschuldet werden, entsteht ein Imageschaden von locker 100.000 Euro.”

Bildblog unterstuetzen

4. Newsletter Netzwerk Recherche, Nr. 198 vom 24.6.2021
(netzwerkrecherche.org, Daniel Drepper & Albrecht Ude)
Pflichtlektüre, nicht nur für Journalistinnen und Journalisten aus dem Investigativbereich: der Newsletter des “Netzwerk Recherche”. Die neueste Ausgabe liefert wie immer einen guten Überblick über aktuelle Nachrichten, Veranstaltungen Seminare, Stipendien und Preise. Im Pressespiegel gibt es zudem wertvolle Lesetipps zu ausgesuchten Themen.

5. Gute Medienpraxis für städtische Quartiere der Vielfalt
(netzwerk-medienethik.de, Jessica Heesen)
Das “Netzwerk Medienethik” weist auf einen interessanten Forschungsbericht der Initiative “Migration und Sicherheit in der Stadt” hin. In dem Papier geht es um “Aspekte einer guten Medienpraxis für städtische Quartiere der Vielfalt” (PDF). Der Forschungsbericht gebe einen Überblick “über die rechtlichen und normativen Anforderungen an den Journalismus, die mit dem öffentlichen Integrationsauftrag der Medien verbunden sind.”

6. “Sender in die Grütze gefahren”: Hugo Egon Balder nimmt Abschied von Sat.1
(rnd.de, Matthias Schwarzer)
Hugo Egon Balder kann auf eine lange Zusammenarbeit mit dem TV-Sender Sat.1 zurückblicken. Anfang der 2000er-Jahre fing es für Balder dort mit “Genial daneben” an, einer Sendung, die sich erstaunlich lange hielt und nach einer Sendepause 2017 neu aufgelegt wurde. Doch nun steigt der mittlerweile 71-jährige Balder aus. Im Interview spricht er offen über seine Gründe und erzählt, welche Versäumnisse er beim Sender sieht. Außerdem kommentiert er den angestrebten Imagewandel des Sat.1-Konkurrenten RTL: “Es scheint mir so, als wollte man hier eher den Öffentlich-Rechtlichen Konkurrenz machen. Vermutlich kein ganz falscher Schritt: Zuletzt war die Devise bei den Sendern immer ‘Wir müssen verjüngen’. Das ist aus meiner Sicht aber ein Trugschluss. Von den Jungen kommt keiner mehr zurück. Wer seinen Sender verjüngt, hat irgendwann gar keine Zuschauerinnen und Zuschauer mehr.”

“Zeit” mit Zeit für Putin, Dresdner “Corona-Quark”, Klick zur Krake

1. Heuler
(sueddeutsche.de, Nils Minkmar)
Die “Zeit” hat einen Gastbeitrag des russischen Präsidenten Wladimir Putin veröffentlicht. Eine verständliche Entscheidung, findet Nils Minkmar, wenn man etwas Entscheidendes beachte: “Bei einem Text gibt es eine Sorgfaltspflicht, wie sie auch für andere Produkte gilt, und zu so einem Artikel gehört in diesem Fall der Warnhinweis, das hier lupenreine Propaganda enthalten ist.”
Weiterer Tipp: Im Deutschlandfunk bezeichnet Samira El Ouassil die Veröffentlichung des Putin-Beitrags als “verstörendes Signal” und kommt zu folgendem Vergleich: “Es ist, als schriebe der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro in der ‘Süddeutschen Zeitung’ einen Essay über die Geschichte Brasiliens oder Trump einen Artikel über Wahlurnen im ‘Spiegel’ – oder als würde Alexander Gauland in der FAZ einen Gastbeitrag über Populi… – ach, Moment, Entschuldigung, das war ja tatsächlich passiert.”

2. Bekannte Corona-Leugner von Anonymous brutal vorgeführt
(watson.ch, Oliver Wietlisbach)
Eine “schweizerisch-europäische Facebook- & YouTube-Alternative” sollte es werden, was Corona-Verschwörungserzähler und sogenannte “Querdenker” vollmundig unter dem Titel “Ignorance” angekündigt hatten. Doch es kam anders: Hacker bemächtigten sich der Website und veröffentlichten auf ihrer Enthüllungsplattform diverse Interna des mutmaßlichen Hauptdrahtziehers und Profiteurs des Projekts, darunter diverse E-Mails und Rechnungen.

3. Mit einem Klick zur Krake
(kontextwochenzeitung.de, Josef-Otto Freudenreich)
Als ein schwuler Buchhändler aus Stuttgart eine lange LGBT-Literaturliste in der Online-Ausgabe der “Stuttgarter Zeitung” entdeckt, ist die Freude zunächst groß. Doch sie währt nicht lange: Die Regionalzeitung empfiehlt nicht etwa den Erwerb der Bücher im lokalen Buchhandel, sondern hat stattdessen Empfehlungslinks zu Amazon gesetzt, schreibt Josef-Otto Freudenreich: “Und das verträgt sich seines Erachtens nicht mit der bisherigen Fürsorge des Stuttgarter Pressehauses, den lokalen Einzelhandel betreffend. In großformatigen Anzeigen werben die StZN und das Wochenblatt für den ‘Kauf vor Ort. Weil Deine Stadt alles hat’, nicht müde werden sie, darauf hinzuweisen, wie bedrohlich die Corona-Krise für die kleinen Läden ist, dass die Verödung der Innenstädte verhindert werden müsse.”

Bildblog unterstuetzen

4. Der “Corona-Quark” der Dresdner Stadtschreiberin
(mission-lifeline.de, Matthias Meisner)
Mit Kathrin Schmidt hat Dresden nicht nur eine neue Stadtschreiberin, sondern, wie sich erst jetzt herausstelle, auch eine engagierte Corona-Leugnerin und Anhängerin der “Querdenker”-nahen Partei “Die Basis”. Die Stadt Dresden wolle die Auszeichnung (ein halbes Jahr Mietfreiheit zuzüglich 1500 Euro je Monat) nicht zurücknehmen und biete an, “die unterschiedlichen Auffassungen insbesondere zur Coronapandemie in einem öffentlichen Diskurs mit anderen Autor:innen zu erörtern”. Matthias Meisner kommentiert: “So würden dann die Coronaverharmloser:innen doch noch eine weitere Bühne bekommen – quasi ergänzend zu den Protesten von Pegida und ‘Querdenken’. Typisch Dresden, möchte man sagen.”

5. Chinakritische “Apple Daily” stellt Betrieb ein
(spiegel.de)
Vergangene Woche gab es bei der wichtigsten Oppositionszeitung Hongkongs, der “Apple Daily”, eine Großrazzia: Etwa 500 Polizisten rückten an, nahmen mehrere Angestellte der Zeitung fest und beschlagnahmten Computer, Mobiltelefone sowie journalistische Aufzeichnungen. Außerdem erfolgte die Ankündigung, die Vermögenswerte des Medienunternehmens einzufrieren. Nun teilte die Muttergesellschaft mit, man werde das Blatt einstellen. Der Gründer und Besitzer von “Apple Daily”, Jimmy Lai, sitzt übrigens bereits seit Dezember 2020 im Gefängnis.
Weiterer Lesehinweis: Auf Twitter kritisiert Mario Sixtus eine Formulierung des hier verlinkten “Spiegel”-Beitrags: “Was heißt ‘knickt ein’? Was ist das für eine tendenziöse Formulierung? Jimmy Lai und andere Köpfe der Zeitung wurden unter fadenscheinigen Vorwürfen inhaftiert und die Konten eingefroren. ‘Peking zerstört größte Pro-Demokratie-Zeitung Hongkongs’ wäre passender als ‘einknicken’!”

6. Werbekennzeichnung in Online-Medien – neuer Leitfaden
(blmplus.de, Nele Heins)
Mit dem Inkrafttreten des Medienstaatsvertrags gelten auch neue Spielregeln zur Kennzeichnung von Werbung in Online-Medien. Hilfreich ist dabei der überarbeitete “Leitfaden der Medienanstalten zur Werbekennzeichnung bei Online-Medien” (PDF).

Jugendschützer vs. Pornoportal, PR vs. Journalismus, Letzte Reporter

1. In der Pandemie zahlen mehr Menschen für Inhalte im Netz
(faz.net)
Das Markt- und Meinungsforschungsinstitut Yougov hat sich im Auftrag eines Zahlungsdienstleisters umgehört, wie sich die Bereitschaft der Menschen entwickelt hat, für Bezahlinhalte im Netz Geld auszugeben. Die Corona-Pandemie habe die Ausgabebereitschaft in Deutschland wachsen lassen. Im internationalen Vergleich seien die Deutschen jedoch eher zurückhaltend, was Bezahlinhalte im Internet angeht.

2. Filmtipp: “Die letzten Reporter”
(verdi.de, Thomas Klatt)
Im 95-minütigen Dokumentarfilm “Die letzten Reporter” kann man drei Zeitungsjournalistinnen und -journalisten bei ihrer Arbeit bei der “Schweriner Volkszeitung”, der “Landeszeitung” aus Lüneburg und den “Osnabrücker Nachrichten” zusehen. Thomas Klatt hat sich den Film, der morgen in ausgewählte Kinos kommt, vorab angeschaut und hat gemischte Gefühle: Der Film wolle “zwar die guten alten Zeiten des Lokaljournalismus zeigen, die schwierigen Seiten des zu nahen Miteinanders von Reporter*innen und Reportierten werden aber nicht mal angerissen.”

3. Europäische Medien und die Covid-19-Impfstoffe
(de.ejo-online.eu)
Verschiedene europäische “EJO”-Redaktionen haben untersucht, wie in den Medien unterschiedlicher Länder über die Covid-19-Impfstoffe berichtet wurde: “Mit welchen Attributen werden bestimmte Impfstoffe verknüpft und beschrieben? Lassen sich mit Blick auf die Entwicklung der Impfkampagnen bestimmte zeitliche Zusammenhänge erkennen? Und welche Themen standen im Mittelpunkt der Berichterstattung?”

Bildblog unterstuetzen

4. PR vs. Journalismus – wie viel Club-TV ist gut fürs Fernsehen?
(dwdl.de, Manuel Weis)
Der unabhängige Sportjournalismus bekommt in den vergangenen Jahren immer stärkere Konkurrenz durch Club-TV und eigene Youtube-Formate der Sportvereine. Dieses Jahr würden nahezu alle großen Vereine eigene Inhalte produzieren und vermarkten. Der Pay-TV-Sender Sky habe die unliebsame Konkurrenz früher noch stark kritisiert. Heute zeige Sky mehrere Vereinsproduktionen in seinem Programm.

5. Jugendschützer wollen xHamster sperren
(spiegel.de)
Laut der Kommission für Jugendmedienschutz wollen deutsche Behörden den Hosting-Provider einer Pornowebsite zwingen, deutsche Nutzer und Nutzerinnen künftig auszusperren. Dem vorausgegangen sei der (gescheiterte) Versuch, einige Pornoportale dazu zu bewegen, Jugendschutzmaßnahmen nach deutschen Standards zu etablieren.

6. Gericht hält YouTube nicht verantwortlich für Urheberrechtsverstöße
(zeit.de)
Laut Europäischem Gerichtshof haften Youtube und andere Internetplattformen nicht automatisch für dort illegal hochgeladene Inhalte, sie müssten jedoch fragliche Inhalte löschen, wenn sie vom Rechteinhaber auf deren Existenz hingewiesen werden. Außerdem müssten Betreiber technische Vorkehrungen treffen, wenn bekannt sei, dass auf ihrer Plattform häufig geschützte Werke verbreitet werden.

Österreichs bezahlte Medien, Wem nutzt “Cui Bono”?, Zeittotschläger

1. Wie kritische Medien in Österreich unter Druck geraten
(dwdl.de, Timo Niemeier)
“Viele Medien, die in Österreich kritisch berichten wollen, laufen Gefahr, Gelder von der öffentlichen Hand gestrichen zu bekommen. Das ist schon lange so, inzwischen ist diese Methode aber sichtbar wie nie.” Timo Niemeier schreibt über die seit Jahren problematische Inseratspolitik der österreichischen Regierung, die aktuell eine beängstigende Entwicklung nimmt.

2. “Welt”-Freiheitskämpferin halluziniert Gendergestotter
(uebermedien.de, Stefan Niggemeier)
Die deutschsprachigen Nachrichtenagenturen AFP, APA, dpa, epd, Keystone-sda, KNA, Reuters und SID wollen diskriminierungssensibler schreiben und sprechen und haben sich dafür auf ein gemeinsames Vorgehen geeinigt: “Das generische Maskulinum wird in kompakter Nachrichtensprache noch vielfach verwendet, soll aber schrittweise zurückgedrängt werden.” Als Reaktion polterte bei der “Welt” die “Chefreporterin Freiheit” (ja, der Posten heißt dort wirklich so) reflexhaft über das “Gendergestotter der selbstgerecht-egalitären Blase” und schimpfte über Dinge, die die Nachrichtenagenturen gar nicht beschlossen hatten.

3. ARD und ZDF verknüpfen Mediatheken
(tagesschau.de, Daniel Bouhs)
ARD und ZDF betreiben zukünftig ein gemeinsames Streaming-Netzwerk, wollen aber an ihren individuellen Mediatheken und Apps festhalten. Mehr als 250.000 Sendungen und Beiträge sollen direkt auf beiden Plattformen abrufbar sein: Wer in der ZDF-Mediathek beispielsweise nach einem “Tatort” suche, bekomme ihn künftig dort auch angezeigt, obwohl er zum ARD-Programmangebot gehört. Aus Sicht der Nutzerinnen und Nutzer wäre eine komplette Zusammenlegung der öffentlich-rechtlichen Mediatheken wohl praktischer gewesen, doch dagegen hatte es Widerstände gegeben.

Bildblog unterstuetzen

4. Hat Ken Jebsen diesen Podcast verdient?
(blog.clickomania.ch, Matthias Schüssler)
“Cui Bono: WTF happened to Ken Jebsen?”, die sechsteilige Podcastreihe über die Entwicklung des Radiomoderators Ken Jebsen zum Verbreiter von Verschwörungsmythen, wird derzeit von vielen Kritikern und Kritikerinnen gelobt (auch hier in den “6 vor 9”). Matthias Schüssler kann die Begeisterung nicht in allen Punkten teilen, denn “es besteht die Gefahr, dem Objekt der Berichterstattung zu zusätzlicher Bekanntheit zu verhelfen, womöglich seine Präsenz in der Öffentlichkeit zu verstärken und ihm zu mehr Legitimation zu verhelfen. Denn auch wenn seine Aussagen kritisiert werden, könnte bei manchen Leuten trotzdem die Botschaft hängen bleiben, dass doch etwas an ihm dran sein muss, wenn ihm eine sechsteilige Podcastreihe gewidmet wird.”

5. Die neue Nachrichtenkompetenz
(deutschlandfunk.de, Sören Brinkmann & Brigitte Baetz, Audio: 5:30 Minuten)
RTL und ProSieben wollen ihre Informationsangebote im Fernsehen ausbauen und haben dafür in letzter Zeit prominente Profis aus dem öffentlich-rechtlichen Nachrichtengeschäft abgeworben: Jan Hofer, Linda Zervakis und Pinar Atalay. Gründe für den Strategiewechsel gäbe es einige: Das Informationsinteresse in der Bevölkerung sei durch die Corona-Pandemie deutlich gestiegen, im Vorfeld der Bundestagswahl rücke auch die Politikberichterstattung in den Fokus. Und auf der anderen Seite gebe es im Bereich der fiktionalen Serien- und Filmangebote eine stark wachsende Konkurrenz durch Netflix und Co.

6. Zeittotschläger auf allen Kanälen: Über die seltsame Spezies der Fußball-EM-Experten
(rnd.de, Imre Grimm)
Sich ein Fußballspiel von einem Ex-Profi erklären zu lassen, klingt zunächst nach einer guten Idee. Schließlich kann sich kaum jemand besser in die Spieler hineinversetzen als ein Bastian Schweinsteiger, ein Kevin-Prince Boateng oder ein Per Mertesacker. Leider halte sich der Erkenntnisgewinn jedoch oft in engen Grenzen, die Kommentare der Ex-Spieler seien zu gestelzt und weichgespült, kritisiert Imre Grimm: “Jetzt rächt sich auch das Medientraining, das viele der heutigen TV-Fachleute als aktive Fußballprofis absolviert haben. Im Bemühen um Unangreifbarkeit und Ausgewogenheit hat man dieser Spielergeneration alles Charakteristische, alles Unverwechselbar ausgetrieben – Eigenschaften, die ein Fernsehexperte unbedingt aufweisen sollte.”
Weiterer Lesehinweis: Im “Tagesspiegel” spricht Joachim Huber einen weiteren Aspekt an: “Der Sportjournalismus ist erkennbar von der Promi-Expertise an den Rand gedrängt worden. Wer immer auch in den Fachredaktionen der ARD-Anstalten und des ZDF sitzt, er hat zu schweigen, zuzuliefern und zu dienen.”

Offener Brief, Schlechterbezahlung belegt, Laschets verpasste Chance

1. Offener Brief der Autor:innen an die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten
(hoerspielkritik.de, Verband der Theaterautor:innen & Hans-Flesch-Gesellschaft, Forum für akustische Kunst)
Zahlreiche Autorinnen und Autoren befürchten für sie nachteilige Auswirkungen des neuen Medienstaatsvertrags und haben sich deshalb in einem offenen Brief an die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten gewandt: “Kunst und Kultur werden in den neuen Medienstaatsverträgen nicht mehr als Auftrag des Rundfunks definiert, sondern lediglich als ‘Angebote’. Die ARD nimmt damit Abschied vom Gedanken der Grundversorgung und wandelt sich schrittweise in einen quasi kommerziellen Anbieter um”. Und natürlich geht es dabei auch ums Geld: “Wir haben die Neugier auf Neues, wir schreiben die Serien, die Dramen und Komödien und auch die crossmedialen Formate des 21. Jahrhunderts. Aber wir nehmen es nicht hin, dass wir nach Honorarbedingungen aus einem anderen Zeitalter bezahlt werden.”

2. Ein Modell mit Schwächen – und Gefahren
(tagesschau.de, Wulf Rohwedder)
Die Idee klingt zunächst gut: “Publikum ist eine Plattform für Schreibende und ihre Leserschaft. Wir bieten Schreibenden die Tools, um mit ihren Texten Reichweite zu bekommen und auch für ihre Arbeit vergütet zu werden.” Das muss sich jedenfalls das Bundesministerium für Wirtschaft gedacht haben, das das Projekt in sein Förderprogramm für innovative Geschäftsmodelle aufgenommen hat. Doch die Macher und Macherinnen scheinen mit der Sichtung der eingereichten Beiträge teilweise überfordert zu sein. Immer wieder würden problematische Inhalte auf der Seite landen.

3. Weiterer Erfolg im Equal Pay-Verfahren: Schlechterbezahlung belegt, Klägerin setzt nun auf Bundesverfassungsgericht
(freiheitsrechte.org, Janina Zillekens)
Bis zum Bundesarbeitsgericht musste sich eine Journalistin hochklagen, um vom ZDF in Form einer Gehaltsauskunft bestätigt zu bekommen, dass vergleichbare männliche Kollegen im Mittel erheblich mehr verdienen. Nora Markard hat das Verfahren für die Gesellschaft für Freiheitsrechte juristisch begleitet: “Die Auskunft erhärtet nicht nur den Diskriminierungsverdacht, sondern zeigt auch, dass der Klägerin jährlich bis zu 18.000 Euro entgehen – das sind ganz erhebliche Summen. Das erklärt, warum der Sender sich bisher mit Händen und Füßen gegen die Auskunftspflicht gewehrt hat.” Sachliche Gründe, warum die Männer mehr verdienen, habe das ZDF bislang nicht überzeugend vortragen können.

Bildblog unterstuetzen

4. Funktioniert das Gendersternchen (und wie)?
(sprachlog.de, Anatol Stefanowitsch)
Sprachwissenschaftler Anatol Stefanowitsch fasst die Ergebnisse einer Studie über das Gendersternchen zusammen: “Das ‘generische’ Maskulinum ist nicht geeignet, uns neben Männern auch an Frauen denken zu lassen (keine Überraschung, das wissen wir schon lange). Außerdem denken wir bei (fast) jeder sprachlichen Form hauptsächlich an Männer (auch das ist schon lange bekannt). Aber: Das Gendersternchen erhöht signifikant die Wahrscheinlichkeit, dass wir auch an Frauen denken – allerdings nicht stärker als die traditionelle Doppelform (und nicht so stark wie das Binnen‑I)! Wir können also ebensogut weiterhin die Doppelform (Musikerinnen und Musiker) verwenden, um den Effekt des Gendersternchens (Musiker*innen) zu bekommen.” In Bezug auf das Problem der Unsichtbarkeit nicht-binärer Menschen sei das Gendersternchen nicht die Lösung, sondern nur ein erster Schritt.

5. Laschet sagt Kanzlerkandidaten-Runde mit Rezo und Tilo Jung ab
(netzpolitik.org, Markus Reuter)
Den Youtubern Rezo und Tilo Jung ist es nach eigenen Angaben gelungen, Olaf Scholz, Spitzenkandidat der SPD, und Annalena Baerbock, Spitzenkandidatin der Grünen, für ein Online-Kanzlerduell auf Youtube und Twitch zu gewinnen. Von Armin Laschet (CDU) gab es jedoch eine Absage, was von vielen als Kneifen und verpasste Chance empfunden wurde. Hendrik Zörner vom Deutschen Journalisten-Verband kommentiert in eine ähnliche Richtung: “Nun kann man ja zu Rezo und Jung stehen, wie man will. Aber klar ist, dass sie Interviews anders führen als die meisten Journalisten des Berliner Politikbetriebs und damit den Journalismus bereichern. Und sie erreichen junge Menschen – auch und gerade solche, die sich ausschließlich in Social Media informieren. Ein Triell auf Youtube wäre eine gute Ergänzung zu den Fragerunden der öffentlich-rechtlichen und privaten Sender gewesen.” Die CDU habe gegenüber netzpolitik.org darauf verweisen, dass “viele digitale Formate für alle Zielgruppen von jung bis alt” mit Laschet geplant seien.

6. ARD, ZDF und die Frage: Ist unser Fernsehen zu Nostalgie-beschwipst?
(dwdl.de, Peer Schader)
Peer Schader beschäftig sich in seiner aktuellen Medien-Kolumne mit dem “Nostalgiefernsehen-Fernsehen”. Mit liebevoller Wehmut denkt er an die guten, alten Zeiten des linearen Fernsehens zurück und fragt sich: “An was aber erinnern sich Menschen in 30 oder 40 Jahren dann aus dem Programm von heute? Welche Show aus diesem irren Jahr 2021, in dem die erste Pandemie des Jahrhunderts zu Ende ging, läuft zu Ostern in der Wiederholung? Und auf welchem Gerät überhaupt?”

7. Shitstürme und Fake News in unsozialem Medium: Das BILD-kritische Buch von Mats Schönauer und Moritz Tschermak
(scilogs.spektrum.de, Markus Pössel)
Ausnahmsweise ein siebter Link, da in eigener Sache: Bei den “SciLogs” stellt Markus Pössel das “Bild”-kritische Buch meiner BILDblog-Kollege Moritz Tschermak und Mats Schönauer vor: “Wer sowieso schon nach dem Max-Goldt-Zitat von BILD als ‘Organ der Niedertracht’ gehandelt hat, wird sich durch die von den Autoren zusammengetragenen und dokumentierten Beispiele bestätigt sehen.”

Blättern:  1 ... 132 133 134 ... 510