Das Anti-Google des Wikipedia-Gründers
(welt.de, Oliver Haustein-Teßmer)
Jimmy Wales findet die marktbeherrschende Suchmaschine großenteils nutzlos. Mit seinem neuen Projekt will der 40-Jährige die Nutzer entscheiden lassen, wie Inhalte im Web gefunden werden. Geld dafür hat er von Amazon erhalten.
Youtube ist Aufsteiger des Jahres
(faz.net, Holger Schmidt)
In der ganzen Welt ist Youtube die am schnellsten wachsende Internetseite – nur nicht in Deutschland. Hier haben zwei Außenseiter die Nase vorn.
Wenig Interesse am Open Peer Review
(telepolis.de, Florian Rötzer)
Das Wissenschaftsmagazin Nature hat in einem Experiment Artikel vor der offiziellen Veröffentlichung zur Kommentierung online gestellt – mit mäßigem Erfolg.
Es muss nicht immer Google sein
(heute.de, Alfred Krüger)
Wie sich deutsche Suchmaschinen gegen die Übermacht von Google & Co. behaupten wollen.
Gratis-Internet in St. Gallen
(sf.tv, Video, leider nur in schweizerdeutscher Sprache verfügbar)
Die Stadt St. Gallen will auf dem ganzen Stadtgebiet drahtlosen Internet-Zugang einrichten – gratis und für alle. Bis Ende Februar läuft in Zusammenarbeit mit der Universität ein Pilotprojekt. Der Stadtrat hat dafür 94’000 Franken bewilligt. Monika Waldburger berichtet.
Der Kiosk
(taz.de, Gabriele Göttle)
Vom Leben einer Kioskfrau aus Fleisch und Blut.
Vor einigen Tagen hatten wir der “Bild”-Zeitung einige Päckchen Verpixelungen geschenkt, damit sie es schafft, Menschen, die anonymisiert werden sollten, tatsächlich zu anonymisieren. Anscheinend ist unser Präsent noch nicht angekommen.
Aber eigentlich gibt es keinen Grund zum Scherzen. “Bild”-Düsseldorf berichtet heute groß über den Prozess gegen einen Fahrer, dessen Bus in Kevelaer mit einem LKW kollidierte — bei dem Unfall waren 30 Menschen verletzt und einer getötet worden. Das Gericht verurteilte den Fahrer zu einer Bewährungsstrafe.
“Bild” zeigt ein großes Foto von dem Mann und hat ihn darauf durch Verpixelungen anonymisiert. Eine Mühe, die sich die Zeitung hätte sparen können: Direkt darunter zeigt sie ihn auf einem weiteren Foto völlig unverfremdet.
Und wir wissen immer noch nicht, ob es bloße Unfähigkeit oder irgendein böses Kalkül ist, dass “Bild” so etwas immer wieder passiert. Wir wissen aber auch nicht, was beunruhigender wäre.
“Frechste Bescherung aller Zeiten” nennt die “Bild”-Zeitung ihre Idee, einer Reihe von Prominenten das zu schenken, was sie angeblich verdient haben.
Weil der Modeschöpfer Karl Lagerfeld so “gern beim Alter schummelt”, bekommt er von “Bild” ein “Klassenfoto (datiert)”. Lustig. Und welches Alter gibt “Bild” in diesem Zusammenhang für Lagerfeld an? “(68)”.
Tja. Also, wenn wir die “frechste Bescherung aller Zeiten” veranstalteten, würden wir “Bild” ein Archiv schenken. Darin könnte die Zeitung dann diesen drei Jahre alten Artikel aus der “Bild am Sonntag” finden:
Man könnte meinen, eine Korrekturspalte sei dazu da, Fehler zu korrigieren. Außer bei “Bild” natürlich. Denn bei “Bild” ist die Korrekturspalte auch dazu da, Fehler zu wiederholen.
Vor zwei Wochen hatte “Bild” Jürgen Rüttgers (CDU) zum “Gewinner” des Tages gemacht, weil er in einer von der SPD bezahlten Umfrage von der Mehrheit der Nordrhein-Westfalen als beliebtester SPD-Politiker genannt worden sei.
Tatsache aber ist: Rüttgers war in einer nicht von der SPD bezahlten Umfrage von einer Minderheit der Nordrhein-Westfalen am dritthäufigsten als SPD-Politiker genannt worden.*
Zwei Wochen später ist es “Bild” nun gelungen, eine “Berichtigung” zum Thema abzudrucken:
Man mag sich nicht vorstellen, welches juristische Hin und Her hinter den Kulissen der Formulierung “hat sich als unzutreffend erwiesen” vorangegangen ist, damit nun endlich, zwei Wochen später, auch in “Bild” steht, was sich doch eigentlich bereits am Tag der Veröffentlichung als unzutreffend erwiesen hatte. Die SPD jedenfalls möchte sich dazu nicht mehr äußern.
Und dass die heutige “Berichtigung” den dritt(!)bekanntesten(!) “SPD-Politiker” weiterhin fälschlicherweise als Beliebtheits(!)sieger(!) dastehen lässt, korrigiert “Bild” garantiert morgennach Weihnachtenim nächsten Jahr nie.
*) Ein Teil der “Bild”-Fehler stammte aus der “FAZ”. Zufälligerweise fand sich dort an Tag vor dem heutigen “Bild”-“Berichtigung” folgende “Richtigstellung”:
“Am 5. Dezember hat diese Zeitung (…) über eine Meinungsumfrage aus dem vergangenen Sommer berichtet, die den Bekanntheitsgrad nordrhein-westfälischer SPD-Politiker untersucht. Dabei war behauptet worden, die SPD selbst habe die Umfrage in Auftrag gegeben. Dies hat sich als unzutreffend erwiesen. (F.A.Z.)”
Mit dem vielversprechenden Satz “TV-Großmaul Stefan Raab (40) — er will es noch einmal von einer Frau besorgt bekommen…” beginnt die “Bild”-Zeitung heute einen Artikel über einen möglichen neuen Boxkampf Raabs gegen Regina Halmich. Und weiter:
7,35 Mio Zuschauer sahen 2001 fasziniert zu, wie Box-Königin Regina Halmich (30) Raab in einem fünf-Runden-Kampf übel verprügelte (…).
Raab-Sender Pro7 erreichte mit dem Show-Fight am 22. März 2001 seine bisherige Rekord-Quote.
Das ist natürlich Unfug. Als Pro Sieben am 7. März 2004 den Film “Der Schuh des Manitu” zeigte, saßen über 12 Millionen Menschen vor dem Bildschirm. Und auch vor dem Boxkampf 2001 hatte es schon Sendungen auf ProSieben gegeben, die höhere Quoten erreichten: “Forrest Gump” sahen am 1. November 1997 über 8 Millionen Zuschauer, “Jurassic Park” am 12. Januar 1997 fast 10 Millionen Zuschauer.
Danke an Frederic M. und Jens S.!
Nachtrag, 16.15 Uhr. Allerdings hatte der Boxkampf, weil er spät am Abend lief, einen besonders hohen Marktanteil. Vielleicht nannte “Bild” das ja irreführenderweise die “Rekord-Quote”. Oder gar den Marktanteil bei 14- bis 49-Jährigen, der für die Privatsender entscheidend ist. Man weiß es nicht.
Brauchen Europas Blogger einen Irakkrieg? (Blogpiloten.de, Igor Schwarzmann) Interview mit Jan Schmidt über dessen Studie “Wie ich blogge?!”. Fazit: Politisches Blogging ist im deutschsprachigen Raum noch nicht gleich weit wie in den USA.
Vom Wahnsinn umzingelt (taz.de, Ralf Niemczyk) Der Neuanfang des Traditions-Musikblatts “Spex” in Berlin: NAch dem grossen Krach ist klar, wer was wo macht. Bleibt die Frage “warum”.
Geldsegen für Blogger? (telepolis.de, Peter Mühlbauer) In wenigen Tagen beginnt die “Verwertungsgesellschaft Wort” (in der Schweiz heisst die gleiche Institution, die Kopiergebühren an Urheber verteilt, “Pro Litteris”) mit der Abgeltung der Urheberrechte auch an Blogger. Der Aufwand zur Erfassung der Werke ist enorm.
Dogs ist noch kein Superhund (Werben & Verkaufen) Das fehlte noch: Die Lifestyle-Zeitschrift ist auf den Hund gekommen. Gruner und Jahr bringt demnächst die zweite von drei Testausgaben des Magazins auf den Markt.
“Alltag Überwachung” (Tagesschau.de, Fiete Stegers und Roman Mischel) Kameras überall: Teil eins einer Video-Serie über die totale Überwachung.
Der Beste (Blattkritik.ch, Grabowsky)
Roger Köppel ist der beste Journalist der “Welt” – äh, Schweiz. Und was hat der neue Allleinbesitzer der Weltwoche dieses Jahr so alles geschrieben?
Dirk Hoeren ist bei “Bild” ein vielbeschäftigter Mann. Am selben Tag, an dem er mit einem großen Interview seine Falschmeldung von letzter Woche wiedergutmachen muss, schreibt er (zusammen mit einer Kollegin) schon wieder einen neuen “Bild”-Aufmacher, an dessen Fehlern er sich die nächsten Tage abarbeiten kann.
Dieser “Schock” ist vielleicht für Menschen, die sich auch aus anderen Quellen als die “Bild”-Zeitung informieren, nicht gar so groß. Denn die Erhöhung der Beitragssätze der Krankenkassen zeichnete sich schon ab. Am 15. Dezember titelte die “Financial Times Deutschland”:
Krankenkassen wollen Beiträge stark erhöhen
Die Spitzenverbände hätten eine Erhöhung um 0,7 Prozentpunkte angekündigt, schrieb die “FTD”. Das “kostet Arbeitgeber und Arbeitnehmer zusammen knapp 7 Mrd. Euro”.
Eine knappe Woche später hat die Schock-Welle endlich die “Bild”-Zeitung erreicht, und sie staunt auf der Seite 1:
Bis zu 7 Milliarden Euro kassieren [die gesetzlichen Kassen] 2007 von Arbeitgebern und Arbeitnehmern mehr ab.
Nun wäre Dirk Hoeren aber nicht Dirk Hoeren, wenn seine Artikel nur spät wären und nicht auch fehlerhaft. Er schreibt:
Die höchsten Steigerungen haben die Versicherten der AOK Rheinland zu tragen: (…).
Nun wäre Dirk Hoeren aber nicht Dirk Hoeren, wenn seine Artikel nur spät und fehlerhaft wären und nicht auch grob irreführend. Er schreibt über die Erhöhung vieler Allgemeiner Ortskrankenkassen (AOK):
Damit liegen die Beiträge dann teilweise schon über 16 Prozent. Absoluter Rekord! Trauriger Spitzenreiter ist die AOK Saarland mit 16,7 Prozent.
“Bild” hat einfach auf alle Beitragssätze 0,9 Prozentpunkte aufgeschlagen. Das ist der Sonderbeitrag, den die Arbeitnehmer zusätzlich zum Regelsatz bezahlen müssen, den Arbeitgeber und Arbeitnehmer paritätisch zahlen. Die höhere Zahl gilt zwar eigentlich nicht als “allgemeiner Beitragssatz”; sie zu nennen wäre aber nicht falsch — würde “Bild” nur einmal erklären, dass ihre Zahlen eben inklusive dieses Sonderbeitrags gemeint sind, und nicht mehrmals den Eindruck erwecken, die Arbeitgeber müssten den gleichen Satz zahlen.
Vollends unzulässig wird die Rechnung aber an der Stelle, an der “Bild” die so erhöhten Beitragssätze mit dem Beitragssatz vergleicht, den Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt einmal als Ziel ausgegeben hatte. Auf die von Schmidt genannten “12,15 Prozent” hat “Bild” nämlich “vergessen”, ebenfalls die 0,9 Prozentpunkte aufzuschlagen — um die Diskrepanz zwischen Ziel und Realität noch größer wirken zu lassen als sie ohnehin schon ist.