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Schuldig in allen Anklagepunkten
(faz.net, Jörg Thomann)
Wo Lafontaine auf Dieter Bohlen trifft: In ?Menschen bei Maischberger? ließ die ARD gestern abend eine ?Deutschland-Jury? über die Lage im Lande diskutieren. Die skurrile Runde wäre ihrerseits ein Fall fürs Fernsehgericht gewesen.

Schumihudelei bei der “Süddeutschen”
(blog.handelsblatt.de, Thomas Knüwer)
“Natürlich wollte ich immer geliebt werden”, ist ein Interview mit Michael Schumacher im Magazin der “Süddeutschen Zeitung” vom vergangenen Samstag überschrieben. Ich frage mich allerdings, ob der Liebesdienst der “SZ” nicht etwas weit geht.

“Presserat läuft Slalom”
(taz.de, Peter Nowak)
Eine “merkwürdige Kultur der Nichtverantwortung” bescheinigt Journalistik-Professor Michael Haller deutschen Redaktionen. Er fordert mehr Selbstkontrolle beim grassierenden “PR-Journalismus”.

Ein Hauch von Schmerz
(tagesspiegel.de, Adolf Theobald)
Mit der Jugend tun sich Zeitschriften schwer. Bei ?Neon? aber steigt die Auflage – weil es da weiter macht, wo ?jetzt? aufgehört hat.

Teletubbies unter Verdacht
(nzz.ch, Theres Lüthi)
Macht Fernsehen dick, dumm oder asozial? Eine Studie in den USA, welche die Zunahme von Autismus auf kleinkindlichen TV-Konsum zurückführt, sorgt für Aufregung. Aber auch Schweizer Kinderärzte warnen vor allzuviel Fernsehkonsum für die Kleinen.

“Bild”-Leser-Reporter sehen alles!
(bildblog.de, lupo)
Sogar den Boxkampf am TV!

“Bild”-Leser-Reporter sehen alles!

In der Rubrik “Die besten Promi-Fotos” zeigt Bild.de eine Einsendung von “Leser-Reporter” Peter Schröder, dem ein wirklich sehenswerter Schnappschuss gelungen ist. Er hielt mit seiner Kamera, wie Bild.de staunt, “genau den Moment fest”, in dem der Kampf von Axel Schulz abgebrochen wurde.

Das muss ihm erst einmal jemand nachmachen.

Obwohl: Je länger wir den Schnappschuss ansehen, desto hartnäckiger meldet sich ein unbestimmtes Gefühl, der Schriftzug “RTL” links oben und die Einblendung der Rundenzahl und -zeit links unten im Foto wollten uns irgendetwas mitteilen.

Danke an Thomas L.!

Nachtrag, 22.10 Uhr. Na sowas: Das Foto ist plötzlich verschwunden und taucht nur noch klein in den Fotogalerien auf.

Wo kriegt man eigentlich diesen Baller-Schund?

Um vielleicht doch noch einmal kurz auf “Counter-Strike” zurückzukommen, jenes “Baller-Spiel”, das auch der Amokläufer von Emsdetten spielte, und von dem “Bild” irrigerweise annimmt, man spiele es mit dem Joystick, hantiere darin mit Raketenwerfern und in der ab 16 Jahren freigegebenen deutschen Version spritze Blut.

Vielleicht wäre es hilfreich, wenn die “Bild”-Redakteure sich vor dem nächsten “Counter-Strike”-Artikel das Spiel einfach mal kaufen. Sie müssen sich dafür nicht einmal in düsteren Ecken im Bahnhofsviertel mit irgendwelchen dubiosen Spiele-Dealern einlassen. Den “Baller-Schund” (“Bild”), von dem sich die Zeitung fragt, warum er nicht endlich verboten wird, findet man gleich um die Ecke.

Im Bild.de-Shopping-Portal.

Danke an Jens D.!

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Öffnet die Archive! Ein Pamphlet.
(blattkritik.ch, Michael Staub)
Der Blattkritiker wünscht sich Zeitungen, die ihre Auffassung von Qualitätsjournalismus nicht auf populäre Forderungen wie «Mehr Geschichten» oder «Mehr Lokales» beschränken, sondern sich mutig und selbstbewusst verkaufen. Und zwar nicht über die Hintertür der Publireportagen, «Partnerschaften» und kiloschweren Werbebeilagen. Sondern indem sie ihre Hauptleistung, ihre Texte nämlich, in die Freiheit des Internets entlassen.

StudiVZ: Interview mit Martin Weber, Holtzbrinck Ventures
(spreeblick.de, Johnny Haeusler)
Für ein Live-Interview reichte es leider nicht, immerhin aber konnte ich für die letzte Ausgabe von TRACKBACK ein E-Mail-Interview mit Martin Weber führen, einem der Geschäftsführer von Holtzbrinck Ventures, die zu den StudiVZ-Investoren gehören.

“Der Sender hat sich erpressen lassen”
(persoenlich.com, Stefan Wyss)
Mark van Huisseling ist nicht mehr Juror der Musik-Casting-Show “Superstar”. 3+ hat den Weltwoche-Kolumnisten nach einem Ultimatum der Kandidaten, die sich unfair bewertet fühlten, freigestellt. Van Huisseling gesteht zwar Fehler ein, hätte vom Sender aber mehr Rückendeckung erwartet: “3+ hat gewusst, wen sie eingekauft haben.” Für Ihn gab es keinen Grund für eine Entlassung.

Fernsehen ist von gestern, der echte Trendsetter liest nach
(jetzt.sueddeutsche.de, Christina Kretschmer)
Niemand muss mehr fernsehen, denn im Internet kann man ja alles nachlesen. Und: das ist meist sehr viel unterhaltsamer, als die neueste Folge der Lieblingsserie.

Redaktionelle Unabhängigkeit
(telepolis.de, Peter Nowak)
Eine Tagung der Deutschen Journalisten Union in der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di untersucht neue Zensurmechanismen.

Top-Liste der Blog-Skandale
(basicthinking.de, Robert Basic)
1. Jamba, 2. StudiVZ, 3. Heidi Klum, 4. Transparency International, 5. Klowand, 6. Du Bist Deutschland, 7. Euroweb, 8. Opel-Test, 9. Sozialgericht Bremen.

Mandys Geheimnisverrat

Da zeigt sich natürlich die Qualität einer guten Boulevardzeitung: Die Siegerinnen der Castingshow “Popstars” stehen erst seit ein paar Tagen fest, und schon kann “Bild” so viele Geheimnisse lüften, dass es für eine ganze Serie reicht. Titel:

"Monrose" intim! Die Geheimnisse der POPSTARS-Siegerinnen

In Teil 1 geht es heute um Mandy. Mandy ist erst 16, hat es aber schon faustdick hinter den Ohren:

Mandy hat Geheimnisse, die sie BILD verrät.

Na, da sind wir aber gespannt.

Geheimnis 1: Ihr Freund Nicolai (19, Azubi)

Das wusste echt noch keiner. Also, außer den über drei Millionen Menschen, die am 26. Oktober “Popstars” gesehen haben. Damals gaben die Kandidatinnen ein Konzert in Mandys Heimatstadt Bürstadt, übernachteten bei ihrer Mutter — und wer überraschte Mandy mit Blumen? Richtig, Mandys Freund Nicolai:

Screenshot "Popstars", Quelle: ProSieben

Wenn die “Bild”-Zeitung also heute schreibt:

Mandy. Sie zeigt zum ersten Mal ihren Freund.

…dann meint sie vermutlich: “Sie zeigt zum ersten Mal in ‘Bild’ ihren Freund.”

Aber Mandy hat ja noch mehr Geheimnisse.

Geheimnis 2: Ihre Eltern sind getrennt

Okay, das ist wirklich neu. Also, außer für die fast vier Millionen Leute, die zufällig die “Popstars”-Folge vom 9. November gesehen haben. Darin sollten die Kandidatinnen eine emotionale Geschichte aus ihrem Leben erzählen. Mandy dankte ihrer Mutter, dass sie immer für sie da war, und sagte: “Meine Eltern haben sich im März getrennt.”

Ein letztes Geheimnis hat “Bild” noch in petto, das ist sicher der Kracher:

Geheimnis 3: Sie war schon vor "Popstars" eine Siegerin!
“2001, mit elf Jahren, gewann sie den ‘Kiddy-Contest’ von ZDF und ORF, eine Talentshow für Kinder.”

Ja, das stand wirklich noch nirgends. Also, außer seit Monaten in Mandys offiziellem Fragebogen auf den offiziellen “Popstars”-Seiten von ProSieben.

Morgen in BILD: Die frechen Geheimnisse von Senna (26)

Wir halten die Spannung kaum aus.

Danke an Peer S. für alles!

Pack’ die Badehose ein! (2)

Nein, “Bild” bleibt dabei: Eine Reise von Abgeordneten des Europaparlamentes in die
Karibik
muss eine Lustreise sein. Was denn sonst?

Ein Kamerateam von RTL hat zwei deutsche Politiker gefilmt, wie sie in Barbados in Badehose am Strand liegen, und wenn das nicht Beweis genug ist, dass die Reise zur parlamentarischen Versammlung von EU und afrikanischen, karibischen und pazifischen Staaten (AKP-EU) nur eine Ausrede für einen lustigen Badeurlaub ist, was dann?

“Bild”-Zahlenexperte Dirk Hoeren hat sich trotzdem Mühe gegeben, noch weitere Beweise über den wahren Charakter der Reise (“Eine Woche Reden, Reggae und Rum”) zusammenzutragen.

“Schon freitags”, schreibt er, sei “ein Großteil der insgesamt acht deutschen Teilnehmer” angereist. “Erster offizieller Punkt” der Tagesordnung sei aber erst am Sonntag gewesen. Das ist falsch. Erster offizieller Punkt war laut “Tagesordnung und Arbeitsprogramm” das “Frauenforum” am Samstag um 10.30 Uhr. Und dann waren da noch die Sitzungen von drei Komitees am Samstagnachmittag. Rolf Berend, einer der von RTL und “Bild” unter Palmen gezeigten Politiker, ist zum Beispiel Mitglied eines Komitees, das am Samstag um 14.30 Uhr tagte.

Am Dienstagnachmittag, staunt “Bild”, “besuchte eine Arbeitsgruppe die örtliche Rum-Industrie”. Und, zugegeben: Wir wissen nicht, wieviel Gratisproben bei der Gelegenheit ausgeschenkt wurden. Wir wissen nur, dass die Teilnehmer sich als Preis dafür mindestens diesen vergleichsweise trockenen Vortrag [pdf] über die Probleme bei der Liberalisierung des EU-Rum-Marktes anhören mussten. Dass andere Arbeitsgruppen sich zu dieser Zeit über die Probleme bei der Bekämpfung von HIV und Aids und den Umweltschutz informierten, fand “Bild” übrigens nicht berichtenswert.

Schließlich rechnet “Bild” vor:

“Ganze 19 Stunden tagte die AKP-EU-Versammlung laut offiziellen Protokollen und Tagesordnungen — in fünf Tagen”.

Das ist, wenn man davon absieht, dass es nur vier Tage waren, nicht komplett falsch. Aber “Bild” zählt hier anscheinend ausschließlich die Tagungen des Plenums — sämtliche Präsidiums- und Kommitteesitzungen, Projektbesuche und Workshops, die ungefähr die Hälfte des Arbeitsprogramms ausmachten, rechnet “Bild” einfach nicht mit.

Wobei sich die Frage stellt, warum Herr Hoeren überhaupt noch mit Gewalt Beweise für den lotterhaften Charakter der Dienstreise herbeirechnen musste. Wir sagen nur:
Karibik

Danke an Wolfgang W. für den sachdienlichen Hinweis!

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