Bild.de falscher als “Wiki-Fehlia”

In einen aktuellen Artikel über die “von Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee geforderte Verdoppelung der Bußgelder” hat Bild.de auch einen “Mehr zum Thema: Alle Infos zum Klimawandel”-Kasten eingebaut, der sich zunächst mit der Frage befasst:

“Was ist CO2 und woher kommt es?”

Erstaunlicherweise gleicht die Bild.de-Antwort in großen Teilen einem entsprechenden Eintrag im Online-Lexikon Wikipedia, das von “Bild” und Bild.de unlängst mehrere Tage “Wiki-Fehlia” genannt und als “unzuverlässig” dargestellt wurde. Genauer gesagt, weicht die Bild.de-Erklärung nur an einer einzigen Stelle vom Wikipedia-Text ab. Aber sehen Sie selbst:

Bild.de Wikipedia
Kohlenstoffdioxid (CO2) ist eine chemische Verbindung von Kohlenstoff und Wasserstoff. Es ist ein natürlicher Bestandteil der Luft (Anteil: etwa 0,04 Prozent). CO2 entsteht beim Verbrennen von kohlenstoffhaltigen Substanzen unter ausreichendem Sauerstoff, aber auch im Organismus von Lebewesen als Produkt der Zellatmung. Kohlenstoffdioxid (…) ist eine chemische Verbindung aus Kohlenstoff und Sauerstoff (…). Es ist mit einer Konzentration von ca. 0,04 % (…) ein natürlicher Bestandteil der Luft und entsteht sowohl bei der vollständigen Verbrennung von kohlenstoffhaltigen Substanzen unter ausreichendem Sauerstoff als auch im Organismus von Lebewesen als Kuppelprodukt der Zellatmung.
Technisch gewinnt man Kohlendioxid durch Verbrennen von Koks mit überschüssiger Luft oder als Nebenprodukt beim Kalkbrennen. Kohlendioxid kommt in Feuerlöschern und Klimaanlagen zum Einsatz. (…) Technisch gewinnt man Kohlendioxid durch Verbrennen von Koks mit überschüssiger Luft oder als Nebenprodukt beim Kalkbrennen (…). Kohlendioxid kommt auch in Feuerlöschern zum Einsatz (…) In zunehmendem Maße kommt Kohlendioxid (…) in Klimaanlagen zum Einsatz. (…)

(Hervorhebungen von uns.)

Mit Dank auch an Ralf S, Alexander F. und Jörg N.

Nachtrag, 6.12.2006. Auch ‘ne Lösung: Bild.de hat den “Mehr zum Thema”-Kasten im Artikel durch ein “Auto-Bild”-Video von der “Essen Motor Show 2006” ersetzt, den “Mehr zum Thema”-Kasten selbst aber so belassen, wie er ist.

6 vor 9

Kerners Jahr der deutschen Einheit
(faz.net, Jörg Thomann)
Ein Jahr ohne Krieg, ohne Papstreden und ohne Islamismus-Gefahr: Als erster Fernsehsender hat das ZDF 2006 für beendet erklärt und Johannes B. Kerner Bilanz ziehen lassen. Ein Abend mit Rotwein, Fußball – und gespenstischen Momenten.

Gerd Manthey: “Weblogger sind Journalisten – Willkommen in der dju”
(typo.twoday.net)
Gerhard Manthey, Mediensekretär verdi Stuttgart, Eröffnungsrede zum Journalisten-Tag Baden-Württemberg.

Der Groberhauser
(extradienst.at, Josef Neumayr)
Mit 1. Jänner 2007 wird Elmar Oberhauser zum wichtigsten News-Maker des Landes: als Informations-Direktor des ORF. ExtraDienst hat dem Bären beim beharrlichen Aufstieg auf die Pranken geschaut.

Der Blasse
(tagesspiegel.de, Bernd Gäbler)
?Tagesthemen?: Tom Buhrow weckte Erwartungen – erfüllt hat er sie noch nicht.

Ein bisschen Spass muss sein
(weltwoche.typepad.com, Güzin Kar)
Heute früh landet eine mail mit Interviewfragen bei mir. Noch bevor ich das File öffne, weiss ich, was die erste Frage ist: «Sie sind in der Türkei geboren. Wie verträgt sich Ihr Humor mit Ihrem kulturellen Hintergrund?». Ich öffne das File. Bingo.

“Ich bin wieder ein richtiger Patriot”
(zeit.de, Christoph Ruf und Daniel Theweleit)
Der Bosnier Sergej Barbarez spielt seit 15 Jahren in Deutschland Fußball. Seither scheiden sich an ihm die Geister: Ist er ein unheilbarer Querulant oder ein Mann mit starkem Rückgrat? Der 35-jährige Angreifer von Bayer Leverkusen über die Religionskriege in seiner Heimat, den Rücktritt aus der Nationalelf und seinen Wunsch, Trainer zu werden.

Wird passend gemacht

“Es ist die Pop-Sensation des Jahres!”

Das waren die Worte der “Bild”-Zeitung vom 20. November, als das Blatt ankündigte, dass “Deutschlands angesagteste Band” anderthalb Wochen später “exklusiv nur für BILD-Leser” ein Gratis-Konzert in Neubrandenburg geben werde.

Am 22. November dann meldete “Bild”:

“Schon nach wenigen Stunden haben sich gestern zigtausend Fans für die Verlosung der 5000 Karten angemeldet.”

Und heute nun, drei Tage nach der “Pop-Sensation des Jahres”, meldet “Bild” Vollzug (siehe Ausriss): “Super Stimmung und viele strahlende Gesichter” haben die “Bild”-Reporter am Freitagabend in Neubrandenburg entdeckt: “Kein Weg war den kleinen Anhängern zu weit, um ihre Idole im ‘Jahn Sport Forum’ live zu erleben (…).”

Merkwürdig nur, dass “Bild” nun “3000 Kinder” glücklich gemacht haben will, wiewohl doch, wir erinnern uns, “zigtausend Fans” für die “5000 Karten” angemeldet waren. Ein Tippfehler?

Eher nicht. Schon am Morgen nach dem Konzert meldete die Nachrichtenagentur dpa:

“Das Benefizkonzert der Pop-Band ‘Tokio Hotel’ ist am Freitagabend ohne das befürchtete Chaos in Neubrandenburg über die Bühne gegangen. Statt der erwarteten 5000 Fans kamen nur rund 2500 meist 10 bis 14 Jahre alte Mädchen in elterlicher Begleitung in die Stadt (…), teilte die Polizei am Samstag mit.”

“Tokio Hotel: Fans, wo wart ihr?” überschreibt denn auch Viva.tv einen Bericht über die vermeintliche “Pop-Sensation”. Und Bild.de? Feiert den bedauerlichen Charity-Flop mit einem großen “Seite 1”-Teaser unbeirrt als:

Apropos Fauxpas

Kurz vor Ende der Bewerbungsfrist haben wir dann doch noch einen neuen Favoriten für den Preis der peinlichsten Zurschaustellung eigener Ahnungslosigkeit in einem Online-Artikel 2006.

Country-Sängerin Dolly Parton ist mit den Kennedy Center Honors ausgezeichnet worden, und Bild.de ist ehrlich erschüttert:

Pardon, Frau Parton! Aber wie sehen Sie denn aus?

Ganz schlimmer Mode-Fehlgriff bei Dolly Parton (60). (…) Im bauchnabeltief ausgeschnittenen, weißen Flitter-Fummel sah der scheinbar alterslose Star aus wie sein eigenes Püppchen (…). Nicht zu vergessen das Regenbogen-Band, das ihre zwei Doppel-Dollys dezent in Szene setzte.

Alles in Allem: Schreeecklich! Ein kleiner Tipp: Liebe Frau Parton, eine Auszeichnung fürs Lebenswerk bekommt man nur einmal. Und darum sollte man sich auch wenigstens einmal dem Anlass entsprechend kleiden!

Ein kleiner Tipp, liebe Bild.de-Redaktion: Das peinliche Regenbogenband, das Frau Parton sich scheinbar zur Betonung ihres Bauchnabels ihrer Brüste umgehängt hat, ist dem Anlass der Preisverleihung ganz außerordentlich entsprechend.

Öhm, wie bringen wir Ihnen das jetzt schonend bei?

DAS BAND IST DER VERDAMMTE PREIS!

Danke an Bernhard W. für den Hinweis!

Wozu Beamte taugen

Vielleicht dachten die “Bild”-Leute am vergangenen Donnerstag, dass diese Schlagzeile ihre Leser noch nicht genug aufregen würde:

Beschlossen! Rente erst ab 67

Zum Glück wussten sie aber einen einfachen Trick, um das Empörungspotential dieser Schlagzeile locker zu verdoppeln:

Aber für Politiker und Beamte gilt das nicht...

Denn das weiß der “Bild”-Leser: Beamte haben es immer besser. Ihre Zeitung bestätigte ihnen das noch am selben Tag durch zwei Tabellen, die den “RENTE MIT 67”-Artikel einrahmten:

So lange arbeiten Beamte wirklich* / Wie viel länger müssen wir künftig arbeiten?

Was ein ziemlich eindrucksvoller Vergleich ist. Denn während Beamte je nach Berufsgruppe schon in einem Alter zwischen 48,1 und 63,4 Jahre in den Ruhestand gehen, müssen “wir” (!) zwischen 65 und 67 Jahre alt werden, um eine volle Rente zu bekommen.

Das eine ist die reale Arbeitszeit, das andere die nominale. In diesem Sinne könnte “Bild” auch beweisen, dass Schokolade in der Nähe von Beamten weniger lange hält, indem die Zeitung einfach die tatsächliche Zeit, bis eine Tafel Schokolade in einem Beamtenhaushalt aufgegessen wurde, mit dem Haltbarkeitsdatum einer Tafel Schokolade in “unseren” Haushalten vergleicht.

Aber wie sieht es jetzt aus mit der Rente ab 67, die “für Politiker und Beamte nicht gilt”? Dass die Schlagzeile falsch war, konnte schon ahnen, wer den zugehörigen Artikel zu Ende las. “Die Bundesregierung will die Rente mit 67 auch auf Beamte im Bund übertragen”, stand dort — das sei nur “noch nicht beschlossen”.

Am Tag drauf, als “Bild” erneut über die “Rente mit 67” berichtete, fand sich in dem Artikel sogar folgender Satz:

Regierungssprecher Wilhelm stellte klar: Die Verlängerung der Lebensarbeitszeit solle künftig auch für Bundesbeamte und Minister gelten: “Das wird so schnell wie möglich umgesetzt.”

Für eine Schlagzeile im Sinne von: “AUCH BEAMTE UND POLITIKER SOLLEN LÄNGER ARBEITEN” hatte “Bild” an diesem Tag allerdings keinen Platz. Stattdessen lautete die Überschrift:

RIESEN-WUT auf Rente mit 67

Danke an Werner S. für den sachdienlichen Hinweis!

6 vor 9

New Blogs On The Kids
(jetzt.sueddeutsche.de, Tobias Moorstedt)
Neun Thesen zur Blogosphäre: jetzt.de durchleuchtet die Zukunft des Zukunftmediums.

Die eigentliche Zuschauer-Beschimpfung
(welt.de, Torsten Thissen)
Sabine Christiansen flimmerte wie immer über den Schirm. Unser Autor blickt in die Tiefe dahinter und schreibt, wie Christiansen gestern ihre Zuschauer begrüßt hätte, wenn sie ehrlich wäre.

Von George W. Bush zu Tode informiert
(diepresse.com, Norbert Rief)
In den USA dürfen Zeitungen fast alles drucken. Dafür hat man die Manipulation perfektioniert.

Der Königsmacher
(sonntagszeitung.ch, Martin Suter)
Walter Mossberg ist der gefürchtetste Technikjournalist der USA.

Von “Popcorn” bis “Sugar”
(standard.at, Judith Hecht)
Jugendmagazine: Sie werden von Teenies geliebt und von Eltern oftmals gehasst – Ein Überblick.

Mensch, Jochen!
(taz.de, Thomas Feix)
Er ist jetzt 53, Entsetzen überfällt ihn bei dem Gedanken. Die Tage, die Nächte verbringt er in einem Sessel vor dem Fernseher oder Radio. Seit Jahren schon. Sein Leben kommt nicht von der Stelle. Die toten Eltern wollen es so.

Gibt’s das auch für Chile?

Heute nachmittag gegen 17.04 Uhr schickte uns BILDblog-Leser Lars B. folgenden Screenshot der Bild.de-Startseite zur Kenntnisnahme:

Aber okay: Sowas kann passieren. Außerdem hat Bild.de die neben der Anzeige (links) vielleicht wirklich etwas deplaziert wirkende Meldung (rechts) längst ausgetauscht. Aber ja. Um 19.49 Uhr schickte uns BILDblog-Leser Niklas F. einen Screenshot, der zeigt, dass nun etwas ganz anderes neben der Anzeige steht. Aber sehen Sie selbst:

Mit Dank an Lars B. und Niklas F.

“BILD-Vatikan-Experte” kein Moslem-Experte

"17.49 Uhr"

“17.49 Uhr” ist eine super Uhrzeit: auf die Minute genau quasi.

Sie stand am Freitag in “Bild”, weil Papst Benedikt XVI. in Istanbul war und “BILD-Vatikan-Experte”, “BILD-Vatikan-Korrespondent” bzw. “BILD-Vatikan-Sonder-Korrespondent” Andreas Englisch darüber berichtete. Hinter die Uhrzeit schrieb Englisch:

Benedikts Besuch wird zur Sensation. In sich versunken steht er mit Ali Bardakoglu, dem Chef der türkischen Religionsbehörde, in der Moschee, richtet seine Gedanken zu Gott. (…) “Alle Muslime”, sagt Bardakoglu, “sind glücklich, dass Sie unser Land besucht haben.”

Möglicherweise aber hat Herr Englisch beim Berichterstatten über die “Sensation” ein bisschen zuviel auf die Uhr geschaut. Denn der Mann, der in dem Moment neben dem Papst versunken in der Moschee stand, als dessen Besuch “zur Sensation” wurde, war nicht Ali Bardakoglu, Chef der türkischen Religionsbehörde, mit dem sich der Papst (wie doch auch Englisch selbst am Mittwoch in “Bild” zu berichten wusste) bereits Tage zuvor getoffen hatte, sondern der Mufti von Istanbul, Mustafa Cagrici.

Aber was soll’s*: Beide hatten so weiße Hüte auf, als sie neben dem Papst standen — und die Uhrzeit stimmte bestimmt.

Mit Dank an Daniel K. Für den Hinweis.

*) In der Samstagsausgabe findet sich dort, wo “Bild” sonst häufiger die Korrekturspalte platziert, ein Papstfoto. Und in dem dazugehörigen Artikel kommt dann auch noch kurz “Istanbuls Mufti Mustafa Cagrici” vor. Hier allerdings ist Cagrici überraschenderweise der Mann, “mit dem Benedikt in der Blauen Moschee gebetet hatte”.

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