Kniefall vor Sankt Bob (weltwoche.ch, Albert Kuhn)
Wo immer er seine Zelte aufschlägt, ist Mekka. Unerträglicher als Bob Dylans Stimme und Mundharmonika sind nur seine Apologeten.
wie viele deutschsprachige blogs gibt es? (2)(+) (popkulturjunkie.de)
Ein weiteres Mal widme ich mich der Frage, wie viele deutschsprachige Blogs es wohl geben mag. Und das nicht zum letzten Mal – dazu gleich mehr.
Der freundliche Feind (+) (faz.net, Jordan Mejias)
Mit einem großzügigen Übernahmeangebot will Rupert Murdoch den amerikanischen Medienkonzern Dow Jones & Company seinem Imperium einverleiben. Welche Motive verfolgt der australische Medienmogul mit der Übernahme des angesehenen Unternehmens?
Vergangene Woche tat die “Bild”-Zeitung etwas für ihr Karma und rückte in einerdreiteiligenSerie mal einige der angeblich “größten Irrtümer der Allgemeinbildung” (z.B.: “Rot reizt Stiere”, “Eskimos wohnen in Iglus”) zurecht:
Sicherheitshalber hatte sie die Tatsachen nicht selbst zu recherchieren versucht, sondern einem Buch entnommen, das sie mit den Worten “Jetzt räumt ein neues Buch unseren Kopf frei” ankündigte und in jedem Artikel unübersehbar zum Kauf empfahl:
Okay. Kann man machen. Sieht ein bisschen nach Schleichwerbung aus, ist aber vielleicht nur eine Art Vorabdruck.
Bisschen komisch ist natürlich, dass das “jetzt” erschienene “neue” Buch vor über sieben Monaten schon den Online-Ableger von “Bild” dazu inspirierte, seine Leser in zweiTeilen über die “größten Irrtümer der Allgemeinbildung” (z.B.: “Rot reizt Stiere”, “Eskimos wohnen in Iglus”) aufzuklären.
Darin war von “neu” und “jetzt” allerdings keine Rede. Kein Wunder: Das Buch war damals schon über ein Jahr alt.
(Wenn Sie beim Nachlesen auf Bild.de feststellen, dass es der Zeitung nicht gelungen ist, die Irrtümer korrekt abzuschreiben, dürfen Sie sich zur Belohnung einen gesunden Hagebuttentee gönnen.)
Schon möglich, dass Sven Böttcher, Hans-Jürgen Rösner und Dieter Zurwehme sich über den Besuch des Bundespräsidenten freuen würden, wie “Bild” heute behauptet. Ebenso wahrscheinlich ist es jedoch, dass es den drei wegen mehrfachen Mordes Verurteilten völlig egal sein dürfte, ob Horst Köhler bei ihnen vorbeischaut.
Aber der Reihe nach.
“Bild” echauffiert sich heute großflächig auf der Seite 2 (siehe Ausriss) darüber, dass Horst Köhler sich mit dem Ex-RAF-Terroristen Christian Klar getroffen hat, um sich persönlich ein Bild von ihm zu machen, bevor er über dessen Begnadigung entscheidet. “Bild” schreibt:
Dass sich unser Staatsoberhaupt mit einem neunfachen Mörder getroffen hat, dass er ihn besuchte ist für viele Bürger und Politiker eine unerträgliche Vorstellung!
“Bild” zitiert den bayrischen CSU-Wirtschaftsminister Erwin Huber (“Eine Privilegierung der RAF-Mörder dient nicht dem Rechtsfrieden in Deutschland.”), Bayerns CSU-Ministerpräsident Edmund Stoiber (“Es könnte von manchen wie ein später Sieg der Terroristen gedeutet werden, wenn der Staat so tut, als wären RAF-Mörder die besseren Mörder!”) und CSU-Generalsekretär Markus Söder, der “intern deutlich” gemacht habe, dass eine Begnadigung Klars für Köhler “eine schwere Hypothek” für eine Wiederwahl als Bundespräsident wäre. Außerdem zitiert “Bild” Joachim Zeller (CDU), der Köhler “in diesem Punkt” nicht verstehe — und übrigens angeblich “Bezirksbürgermeister von Berlin-Mitte” sei, in Wahrheit aber seit 2006 bloß noch stellvertretender Bezirksbürgermeister ist.
“Bild” zitiert nicht Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und nicht Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU), die beidegesternalsReaktionaufdieKritik an Köhler mehr Zurückhaltung in der Debatte und “Respekt” vor dem Amt, der Person und dem Urteilsvermögen des Bundespräsidenten gefordert hatten.
Aber zurück zu den mehrfachen Mördern, zu deren Besuch “Bild” den Bundespräsidenten quasi auffordert. “Bild” schreibt:
IM KLARTEXT: Muss sich der Bundespräsident auch auf den Weg zu anderen verurteilten Mördern machen, wenn sie um ein Gespräch bitten? Könnten sich Killer wie der Gladbecker Geiselgangster Hans-Jürgen Rösner, der 1988 mit seinem Komplizen Degowski einen Bus kaperte (2 Tote), dann wohl auch über einen präsidialen Besuchsdienst freuen?
“Bild” lässt diese Fragen offen. Aber wir können sie beantworten. Und zwar mit einem schlichten “nein”. Denn weder Rösner noch Böttcher oder Zurwehme hätten besonders viel mit dem Bundespräsidenten zu besprechen. Jedenfalls nicht, was eine mögliche Begnadigung angeht. In Paragraph 452 der Strafprozessordnung steht:
In Sachen, in denen im ersten Rechtszug in Ausübung von Gerichtsbarkeit des Bundes entschieden worden ist, steht das Begnadigungsrecht dem Bund zu. In allen anderen Sachen steht es den Ländern zu.
IM KLARTEXT: Der Bundespräsident wäre für Begnadigungen von Böttcher, Rösner und Zurwehme gar nicht zuständig. (was übrigens in einem lehrreichen Text von Heribert Prantl in der “Süddeutschen Zeitung” von heute recht deutlich wird). Sie alle wurden von Landgerichten verurteilt und damit nicht “in Ausübung von Gerichtsbarkeit des Bundes”. Um es mit Prantl zu sagen: “Als ‘Gnadenherr’, wie es so schön heißt, betätigt sich der Bundespräsident nur für Agenten und Terroristen (…).”
Insofern hätte “Bild” ihre Seite 2 heute ebensogut mit einem schönen Foto bestücken können.
Mit Dank an Thomas M., Christian A., Moritz A., Moritz E. und Hariolf B. für die sachdienlichen Hinweise.
Vielleicht ist gestern bei “Bild” jemand ganz aufgeregt zum diensthabenden Redakteur gelaufen und hat mit sich überschlagender Stimme gerufen: “Chef! Chef! Ich hab sie! Ich hab die genauen Abstimmungsergebnisse von ‘Deutschland sucht den Superstar’! Die total geheimen Abstimmungsergebnisse, von jeder Folge! Das ist die Sensation! Darf ich’s aufschreiben? Bitte?”
Und falls Sie auch gerade ein Déjà-vu haben:
20. März 2006:
Exklusiv in BILD: So haben die Zuschauer abgestimmt
14. März 2004:
BamS liegen die geheimen Abstimmungslisten vor.
10. März 2003:
BILD liegen die geheimen Listen mit den Ergebnissen der Telefonabstimmungen aller “Superstar”-Sendungen vor.
Um also das Wort “geheim” ein bisschen zu erläutern: In vier von vier DSDS-Staffeln hat RTL die “wahren Abstimmungs-Ergebnisse” spätestens am Montag nach dem Finale veröffentlicht, heute zum Beispiel um 10.05 Uhr. Und in vier von vier Staffeln hat RTL die Ergebnisse vorher schnell noch an “Bild” oder “Bild am Sonntag” weitergereicht.
Heute vormittag wurde bekannt, dass Bundespräsident Horst Köhler das Gnadengesuch des ehemaligen RAF-Terroristen Christian Klar abgelehnt hat. Auch Bild.de berichtet darüber und schreibt:
Das Präsidialamt stellte jedoch eine weitere Prüfung in Aussicht: “Der Bundespräsident wird zu gegebener Zeit erneut und von Amts wegen über das Gesuch befinden.
Zugleich mit Klars Gnadengesuch wies Köhler auch das Gesuch der ebenfalls inhaftierten Ex-RAF-Terroristin Birgit Hogefeld (50) ab, einer Leitfigur der dritten RAF-Generation.” (Bild.de, Stand ca. 15.30 Uhr)
Was Bild.de schreibt, findet sich fast wörtlich auch in verschiedenen Agenturmeldungen wieder — dort allerdings in einem völlig anderen, dafür aber korrekten Zusammenhang:
Zugleich wies Köhler auch ein Gnadengesuch des ebenfalls inhaftierten Ex-RAF-Mitglieds Birgit Hogefeld ab. “Der Bundespräsident wird jedoch zu gegebener Zeit erneut und von Amts wegen über das Gesuch befinden”, heißt es weiter. (dpa, ca. 12.54 Uhr)
Zu Hogefeld, deren Urteil zu lebenslanger Freiheitsstrafe am 6. Januar 1999 rechtskräftig wurde, schrieb das Präsidialamt: “Der Bundespräsident wird jedoch zu gegebener Zeit erneut und von Amts wegen über das Gesuch befinden.” (AP, ca. 13.10 Uhr)
Mit Dank an die Hinweisgeber.
Nachtrag, 16.25 Uhr: Plötzlich hat’s auch Bild.de gemerkt und einfach die Reihenfolge der beiden, oben zitierten Absätze geändert.
Im Raum Bremen berichtet “Bild” heute über ein Basketballspiel der Eisbären Bremerhaven gegen die Oldenburger EWE Baskets und zitiert “Baskets-Coach Beck (Foto)” mit den Worten: “Ich bin sehr traurig.” Und angesichts der gewählten Bebilderung sind wir es auch:
Wobei …
… eigentlich könnten wir auch froh sein, dass die Meldung nicht noch ganz anders bebildert wurde.
Mit Dank an Guido F., Andy S. und Daniel O. für Hinweis und Scans.
Nachtrag, 8. Mai(Mit Dank an Guido F.!): Alle Achtung! “Bild”-Bremen bittet heute “vielmals um Entschuldigung” für den falschen Beck.
Heidi Klum (stefan-niggemeier.de) Dann geht sie rüber zu den Mädchen, die gerade noch Rouge und Mascara vor ihr geheult haben, junge, hübsche, hoffnungsvolle, ehrgeizige, emotionale Wracks, die sie allesamt wieder bis kurz vor den totalen Zusammenbruch gebracht hat, zwängt sich zwischen sie aufs Sofa, als wäre sie ihre Freundin, und fragt: ?Und? Seid ihr alle superhappy? Dass ihr alle noch hier seid? Dass keine Tränen geflossen sind??
Die Aufhübscher (taz.de, Martin Langeder)
Seit Jahresanfang leiten Matthias Ehlert und Michael Angele die “Netzeitung”. Durch die Online-Offensive von “Welt” und Co. steht die Internetzeitung unter Druck. Und verkauft werden soll sie auch.
Die Spin-Doktoren (faz.net, Georg Meck)
Sie stricken Legenden, verbreiten Gerüchte und fördern Karrieren: PR-Profis haben es selten so bunt getrieben wie heute. Spin-Doktoren tauchen dort auf, wo es kracht. Das beste Beispiel dafür ist der Siemens-Skandal.
Familie Oberson auf Entzug (sonntagszeitung.ch, Simone Luchetta)
Sieben Tage ohne infotechnischen Krimskrams – ein Härtetest.
Statistischer Beweis für No-Go-Areas (sebew.wordpress.com)
Gestern wurde der Bericht des Statistischen Bundesamtes (Link) über die Migranten 2005 veröffentlicht. Einige Medien geben den kurzen Überblick.
Da freuen wir uns aber. Was für eine Verstärkung. In einer Stadt, in der so viele von staatlichen Alimenten leben, kommen uns 700 Menschen zur Hilfe, die auch vor wirklich schmutziger Arbeit nicht zurückschrecken. Sie werden sich hier wohl fühlen, die Bild-Kollegen. (…)
“Es ist wichtig, dass wir dort sind, wo die Nachrichten entstehen”, hat Kai Diekmann gesagt.
Wir können uns auf ein spannendes Experiment freuen. Was ist stärker? Die Meldung über tatsächliche Ereignisse in der politischen Hauptstadt? Oder die Falschmeldungen, die Bild-Mitarbeitern ohnehin einfallen, gleichgültig wo sie arbeiten? (…)
Gut, gut: Die gestrige Falschmeldung der “Bild”-Zeitung über die Popgruppe Tokio Hotel war vielleicht wirklich zu falsch, um sie nur in der blatteigenen “Korrekturspalte” zu berichtigen. Stattdessen steht die “Tokio Hotel”-Berichtigung heute auf Seite 4 und sieht so aus:
Gestern zeigte BILD ein Foto von Tom Kaulitz (17), Gitarrist in Deutschlands erfolgreichster Rockband “Tokio Hotel”, und einer unbekannten Schönheit – beim zärtlichen Küssen.
Jetzt stellt sich heraus: Der junge Mann auf dem Bild ist gar nicht Tom – sondern ein (Kuss)–Doppelgänger. (…)
Und mal abgesehen davon, dass wir im ersten “Bild”-Satz nirgends die Wörter fälschlicherweise und vermeintlich finden können — haben wir wieder was gelernt: Wenn ahnungslose “Bild”-Redakteure in Europas größter Tageszeitung irgendwas veröffentlichen, ohne zu wissen, ob’s stimmt, dann heißt Entschuldigung auf BILDisch: