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Wie ich zum Blick-Fotografen wurde – Epilog
(blogs.radio24.ch/christoph)
Christoph kriegt auf Anfrage für sein Bild auf der Titelseite des Blicks ein Honorar von 200 Franken.

Die Zeit läuft
(handelsblatt.de, Oliver Stock)
Beim Ringier Verlag ist nach dem gescheiterten Versuch, mit dem Axel Springer Verlag eine Fusion unter Gleichen einzugehen, kein Stein mehr auf dem anderen geblieben. Im Wochentakt kündigt das größte Schweizer Medienunternehmen derzeit einschneidende Änderungen an. Macht Michael Ringier, für dessen Lebenswerk kein geborener Nachfolger bereitsteht, die Braut hübsch für den Verkauf?

Hans-Jürgen Jakobs und der ?Journalismus in Gefahr? – ein Nachdenkstück zum Mitklicken
(onlinejournalismus.de, Thomas Mrazek)
Ein Auszug aus dem lesenswerten Text ?Medienstandort Deutschland: Journalismus in Gefahr? von Sueddeutsche.de-Chefredakteur Hans-Jürgen Jakobs, ebendort und in der ?SZ? veröffentlicht. Ich habe mir die Mühe gemacht, den Textauszug mit einigen ?Höhepunkten? aus dem Angebot von Sueddeutsche.de zu garnieren.

Kommunikation über Bande: Warum das Internet uns fertig macht
(jetzt.sueddeutsche.de, Penni Dreyer)
Obwohl ich seit über einem Jahr nicht mehr mit ihm gesprochen habe und obwohl er vor einem halben Jahr in eine andere Stadt gezogen ist, weiß ich ziemlich genau, was mein Exfreund so macht. Ich gestehe, ich stalke ihn – Cyberstalking nennt man das und es ist eine der schwierigsten Nebenwirkungen, die uns das Internet bisher beschert hat.

Für Murdochs MySpace wird es enger
(tagesschau.de, Fiete Stegers)
580 Millionen Dollar ließ sich Medienunternehmer Murdoch vor zwei Jahren den Einstieg in Web 2.0 kosten. Eine schlaue Entscheidung: Denn die Zahl der MySpace-Nutzer ist seither gestiegen. Mehr als 100 Millionen Nutzer hat die Plattform laut eigenen Angaben inzwischen. Doch die Konkurrenz schläft nicht. Partner Google fordert den Medienmogul heraus – und auch neue Plattformen wachsen heran.

Fernsehen in Algerien (2/3, 3/3)
(youtube.com, Video, 9:16 Minuten)

Die größten Wiederentdecker seit Kolumbus

"BILD-Leser-Reporter sind die Besten!"Ja, “BILD-Leser-Reporter” seien “die Besten”, behauptete “Bild” vorgestern unter einem Foto mit “1414”-Logo, weil darauf zu sehen sei, “was Sie noch gar nicht sehen dürften: den streng geheimen Drehort für den neuen Tom-Cruise-Film ‘Valkyrie’ bei Klein Köris (Dahme-Spreewald)”.

Und gestern zeigte “Bild” das Leser-Foto noch einmal, denn:

Ein Leser-Reporter entdeckte die Filmkulisse in einem Waldstück bei Berlin.

Schwer gefallen sein dürfte dem (nicht namentlich genannten) “Leser-Reporter” seine Entdeckung nicht.

In der “Märkischen Allgemeinen” stand bereits am 7. Juli, also anderthalb Wochen zuvor, dass die Kulisse in Hermsdorf-Mühle, “wenige Meter neben einer alten Panzerstraße” und “ein bisschen versteckt im Unterholz” zu finden sei. Der “Berliner Kurier” erwähnte am 11. Juli ebenfalls die “alte holprige Panzerstraße, die für die Film-Stars notdürftig mit Asphalt geflickt wurde” im “Wald bei Märkisch Buchholz”. Und eine Art ausführliche Wegbeschreibung stand am 13. Juli in der “Berliner Zeitung”:

Schon zweieinhalb Kilometer vor Hitlers Papp-Quartier ist die alte Panzerstraße, die durch den Wald führt, gesperrt. Ein junger Typ bewacht eine Sperrschranke (…). Hin und wieder patrouillieren Schutzpolizisten (…). Dahinter geht es dann auf der an streckenweise eigens frisch geteerten Panzerstraße weiter bis zu jenem Kieferwald, der weiträumig mit schwarz-gelbem Flatterband abgesperrt ist. Hier verwehren Wachschützer der Firma WSG Security den Zutritt. Mitten im Wald sind einige Bäume gefällt worden, werkeln (…) Handwerker an der “Wolfsschanze”.

Und was das Leser-Foto selbst angeht, das die “Bild”-Zeitung ihren Lesern so stolz präsentierte:

Am 11. Juli waren Fotos der “Wolfsschanze”-Kulisse dem “Berliner Kurier” sogar eine Titelschlagzeile wert (“KURIER exklusiv — Entdeckt! Tom Cruise — Seine ‘Wolfsschanze’ in einem Wald bei Berlin (…) KURIER zeigt erste Fotos der Geheim-Kulisse. (…) Der KURIER spürte den geheimen Ort auf”). Und schon am 7. Juli, also vier Tage vorm “Kurier” und zehn Tage vor “Bild”, dafür aber womöglich wirklich exklusiv, zeigte der “Dahme-Kurier” Fotos der Kulisse.

Mit anderen Worten: “BILD-Leser-Reporter” sind nicht “die Besten”, sie sind bestenfalls die Drittbesten.

Mit Dank an Robert T.!

Asiatisches Land mit T

Ein Teil der Videos, die man sich auf Bild.de ansehen kann, wird fertig von Agenturen zugeliefert. Dieses Video zum Beispiel, das mit dem Satz beginnt: “Japanischen Aal mögen diese Zuchtkrokodile im Süden Taiwans gerne” und auch anderswo zu sehen ist, kommt von Reuters:

Mit solchen Filmen können die Praktikanten bei Bild.de also nichts falsch machen. Sie müssen sie nur noch beschriften.

Danke an Georg H. für den sachdienlichen Hinweis!

Nachtrag, 17.20 Uhr. Bild.de hat sich an einer Korrektur versucht, man könnte sagen: einem Kompromiss, der das Reuters- Video einfach in zwei verschiedenen Ländern spielen lässt:

Netter Versuch, aber falsch: Die Krokodile müssen nicht quer übers Südchinesische Meer reisen, sondern werden, wie man bei Reuters nachlesen kann, in der taiwanesischen Stadt Kaohsiung sowohl gezüchtet, als auch angerichtet.

Nachtrag, 20.30 Uhr. Bild.de hat den Versuch aufgegeben, sich auf ein Land festzulegen — sei es das richtige oder falsche:

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Die Tour vermasselt
(sueddeutsche.de, Hans Leydendecker)
Warum der Ausstieg der öffentlich-rechtlichen Sender für viele Sportarten eine Existenzbedrohung ist – vor allem im Hinblick auf die Olympischen Spiele 2008 in Peking.

“Strafen für Falschmeldungen”
(taz.de, Michael Backmund)
Seriöse Presseagenturen haben das Ausmaß der Gewalt falsch wiedergegeben. Das muss Konsequenzen haben, so dju-Vorstandsmitglied Michael Backmund.

Moderne Sklavenhalter (+)
(zeit.de, Carolin Ströbele)
Die Resonanz auf Günter Wallraffs Callcenter-Reportage im ZEITmagazin LEBEN war enorm. Was ihm Betroffene über ihre unwürdigen Arbeitsbedingungen und die betrügerischen Machenschaften ihrer Arbeitgeber berichteten, erzählt Wallraff im Interview mit ZEIT online.

Der Zitronenfalter stürzt ab
(weltwoche.ch, Urs Paul Engeler)
Die Frau an der Spitze des Schweizer Fernsehens denkt nicht in Inhalten, sondern in Einschaltquoten. Und die sinken und sinken. Der Sender war schon beim Amtsantritt Ingrid Deltenres kein Vorzeigestück der Nation – nun hat er mit der Chefin die Orientierung und das Publikum verloren.

Was gibts Neues, Grossmutter Kall?
(woz.ch, Rachel Vogt)
Das Zürcher Verlagshaus Tamedia bleibt in Aufruhr. Auf der Agenda stehen: Beerdigung von «Tagi-Kompakt» und Expansion nach Basel – sowie ins Ausland.

“Wir wollen bei den grossen Themen vorne dabei sein”
(persoenlich.com, David Vonplon)
Mit “Sonntag” erscheint Mitte September erstmals eine siebte Ausgabe der Mittelland Zeitung. Die etablierten Sonntagsblätter will “Sonntag”-Chefredaktor Patrik Müller herausfordern, indem er Geschichten von nationaler Bedeutung thematisiert, welche vom Zürcher Mainstream-Journalismus vernachlässigt werden.

Natascha Kampusch wehrt sich gegen Schwulst

Nachdem “Bild” gestern (wie berichtet) u.a. auf der Titelseite ein paar Paparazzifotos von Natascha Kampusch nachdruckte, die tags zuvor in der österreichischen Gratiszeitung “heute” erschienen waren, berichtet die Nachrichtenagentur APA, Kampuschs Anwalt halte die Veröffentlichungen für “völlig unzulässig”. Er erkenne darin einen “Eingriff in den höchstpersönlichen Lebensbereich von Frau Kampusch”; es würden “die notwendigen rechtlichen Schritte überlegt und eingeleitet, um den Medien und anderen, die Ähnliches beabsichtigen, die Grenzen deutlich aufzuzeigen”.

Der Anwalt zu APA:

Wir sind der Ansicht, dass die Berichterstattung in einigen Medien eine Grenzüberschreitung ist. Auch Frau Kampusch hat das Recht auf Privatsphäre (…). In der Privatsphäre haben Medien wirklich nichts verloren, schon gar nicht ist es rechtens schwülstige Texte und eigenartige Interpretationen zu erfinden und zu verbreiten (…).

Ach ja, die “Bild”-Zeitung berichtet übrigens in ihrer aktuellen Ausgabe unter der merkwürdigen Überschrift “Natascha Kampusch — So gut tut ihr die Liebe” ebenfalls über die Kampusch-Fotos (und zeigt auch wieder eins). Allerdings weist “Bild” heute — anders als gestern — unmissverständlich darauf hin, dass die österreichische Zeitung “heute” die Fotos “zuerst veröffentlicht” hatte.* Vor allem aber lässt sich “Bild” ihre schwülstigen Texte und eigenartigen Interpretationen von gestern dadurch bestätigen, dass der (nicht namentlich genannte) Fotograf “in BILD erzählt (…), wie er am vergangenen Wochenende in der Wiener In-Disco (…) das turtelnde Pärchen erlebte”.

*) Nachtrag, 17 Uhr: Der “heute”-Chefredakteur Richard Schmitt, der die Fotoveröffentlichungen nach wie vor für zulässig hält, sagte uns übrigens, dass die Nicht-Nennung seiner Zeitung in der gestrigen “Bild” wohl auf den “Fehler eines ‘Bild’-Redakteurs” zurückzuführen sei. Offenbar habe der nämlich im Gespräch mit Schmitt “gedacht, er telefoniere mit der ‘Krone'”…

Nichtkriegenkönnen-Traummann der Damenwelt

Der Schauspieler Rupert Everett wolle nach Berlin ziehen, berichtet “Bild” heute großflächig in der Rubrik “Berlins schärfster Klatsch!” von Iris Rosendahl, Bea Peters und Esther Hofmann:

"Rupert Everett zieht nach Berlin"

Deshalb zeigt “Bild” fünf Fotos von ihm, auf denen er mit fünf verschiedenen Frauen zu sehen ist: Auf einem gibt er “Busenfreundin” Jerry Hall ein “Bussi”, ein anderes zeigt ihn als “Sexy Partygespann” mit Liz Hurley, auf einem weiteren “strahlt” er mit Claudia Schiffer “um die Wette”. Auf einem Film-Foto ist er mit Julia Roberts in “Die Hochzeit meines besten Freundes” zu sehen und auf einem anderen mit Madonna in “Ein Freund zum Verlieben”. In der Zeile unter einem großen Foto von Everett heißt es:

Er ist umwerfend charmant. Habenwollen-Traummann der Damenwelt: Hollywoodstar Rupert Everett

Nun mag Everett zwar tatsächlich der “Habenwollen-Traummann der Damenwelt” sein. Allerdings gibt’s da eine Kleinigkeit, die von der diensthabenden Klatsch-Reporterin offenbar übersehen (oder verdrängt?) wurde: Everett ist bekanntlich schwul.

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Wie ich zum Blick-Fotografen wurde
(blogs.radio24.ch/christoph)
Christoph erkennt ein von der Boulevardzeitung Blick abgedrucktes Bild als sein eigenes.

Der besondere Radio-Hattrick
(blogmedien.de)
Was ist das Schönste an der Media-Analyse? Klar, die Pressemitteilungen der Verlierer.

Blätter haben?s schwer
(axel-springer-akademie.de, Thomas Wanhoff)
Tageszeitungen haben es nicht leicht: Die Leser werden nicht nur älter, sie schwinden auch. Sei es aus biologischen Gründen, weil das Geld knapp ist oder die Schrift zu klein zum Lesen. Und die jungen Menschen informieren sich – wenn sie es denn tun – übers Fernsehen und Internet. Warum also nicht dorthin gehen, wo die Leser (oder besser: Kunden) der Zukunft sind und selbst Fernsehen im Internet anbieten?

Der Kreuzretter
(taz.de, Astrid Geisler)
Um die “schleichende Islamisierung” aufzuhalten, will der (Ex-) Journalist Udo Ulfkotte nun eine eigene Partei gründen.

Sat.1 und das Märchen vom Lizenzentzug
(dwdl.de, Thomas Lückerath)
Die Empörung über die Sparmaßnahmen bei Sat.1 ist bei Medienpolitik und Gewerkschaften groß: Schon wird vom Lizenzentzug gesprochen – ein Märchen.

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(youtube.com, Video, 7:24 Minuten)
Heute: TV aus dem fernen Osten.

Heute in “Bild”: Natascha K. (19) ganz tabulos

“Wenn ich etwas mache, was für andere
19-jährige ganz selbstverständlich ist,
muss das nicht gleich in der Zeitung stehen.”
(Natascha Kampusch im März 2007)

Nachdem die österreichische Gratiszeitung “heute” gestern mehrere Paparazzifotos von Natascha Kampusch (aufgenommen auf der Tanzfläche einer Wiener Diskothek) veröffentlicht hatte, schreibt der “Standard”, die Gratiszeitung habe “mit einem Tabu gebrochen”:

Kampuschs Wunsch, keine Privatfotos ohne ihre ausdrückliche Zustimmung veröffentlicht zu sehen nämlich. Ein Wunsch, den die jahrelang eingekerkerte Frau bei Bedarf auch mit anwaltlichem Nachdruck artikuliert.

Der “Standard”-Artikel über die Hintergründe des “heute”-Tabubruchs trägt die Überschrift:

“Das Ende der Schonzeit?”

Auch “Bild” berichtet* heute über die Kampusch-Fotos — oder sagen wir lieber: “Bild” zeigt sie (siehe Ausrisse). Und in der Überschrift ist von einer “Schonzeit” nirgends die Rede. Stattdessen heißt es:

“Nach 8 Jahren Geiselhaft hat sie jetzt richtig ins Leben zurückgefunden”

Richtig ins Leben? Oder auf Seite 1 von Europas größter Tageszeitung?

*) Es ist uns übrigens nicht ganz klar, was die “Bild”-Zeitung (wo die “heute”-Veröffentlichung mit keinem Wort erwähnt wird) eigentlich meint, wenn sie schreibt: “‘Bei dem Auserwählten’, so die Wiener Tageszeitung ‘Krone’, ‘handelt es sich angeblich um den 21-jährigen Sohn von Nataschas Anwalt Gabriel Lansky.'” In der “Krone” heißt es nämlich: “(…) bei dem Auserwählten (…) handelt es sich nach Medienberichten angeblich um…” Die Behauptung selbst stammt ursprünglich aus der Tageszeitung “Österreich”. Die österreichische “Presse” hingegen schreibt zur “Bild”-Titelgeschichte:

Weil sie sich ja alle so für sie freuen, nehmen sich die Boulevardmedien auch großzügige Interpretationen heraus. Nataschas Gesicht, “ist ein einziges seliges Lächeln”. Tatsächlich lacht Kampusch auf keinem einzigen Foto.

Mehr dazu hier.

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Beinahe zurückhaltend

Am Sonntagmorgen riss ein Falschfahrer auf der A 28 bei Oldenburg in Niedersachsen in offensichtlich selbstmörderischer Absicht vier weitere Personen mit in den Tod — das war vielerorts zu lesen.

Der Pressekodex ruft bei Selbsttötung zu “Zurückhaltung” auf (Ziffer 8.5), insbesondere auch was die Identität der Opfer angeht, und tatsächlich hat sich die “Bild”-Zeitung für ihre Verhältnisse viel Mühe gegeben: Obwohl die Pressemitteilung der Polizei den Wohnort des Mannes nennt, spricht “Bild” von “einer Kreisstadt in Niedersachsen”. Der Nachname des Verstorbenen wurde abgekürzt, der Vorname seiner Ehefrau offenbar geändert, bei den Kindern werden gar keine Namen, nur die jeweiligen Alter genannt, und die Berufe des Mannes und seiner Frau sollten auch keine allzu deutlichen Identifikationsmerkmale sein.

Also alles einigermaßen ordentlich gelöst? Ja, beinahe…

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