Dummer August

Man kennt das von billigen Pullovern: Erst entdeckt man, dass irgendwo ein kleiner Faden raushängt, aber wenn man dran zieht, ribbelt sich das Ding komplett auf.

In Deutschland haben sie schon alles abgeräumt (u. a. Platin, Bambi), jetzt wollen sie die USA erobern: die deutsche Popband Juli ("Die perfekte Welle") mit Sängerin Eva Briegel (Foto). Zusammen mit der US-Band "Dashboard Confessional" brachte Juli ihre 1. Single "Stolen" (Deutsch: gestohlen) in den Staaten raus – und kam von 0 auf Platz 44 in die US-Charts. BILD meint: Rock the USA!Ungefähr so verhält es sich auch mit der heutigen “Gewinner des Tages”-Kür durch “Bild”. Angeblich ist die Sängerin der deutschen Band Juli mit der amerikanischen Band Dashboard Confessional und der Single “Stolen” von 0 auf 44 in die US-Charts eingestiegen. Das lässt sich leicht durch einen Blick auf die US-Charts widerlegen. Aber Juli ist nicht nur nicht auf Platz 44 in die US-Charts eingestiegen, sondern gar nicht. Und sie ist nicht nur gar nicht in die US-Charts eingestiegen, sondern konnte gar nicht in die US-Charts einsteigen: Die Single mit Juli wurde, wie uns die Plattenfirma Universal bestätigt, nur in Deutschland veröffentlicht. Weshalb auch die Aussage, Juli wollten jetzt die USA erobern, und der “Bild”-Schlachtruf “Rock the USA”… also, sagen wir so: Es geht nicht um die US-Karriere von Juli, sondern die Deutschland-Karriere von Dashboard Confessional.

Und wie kommt “Bild” auf den Platz 44? Man weiß es nicht. In Deutschland ist die Single erst am Freitag erschienen, deshalb gibt es noch keine endgültige Chart-Platzierung. In den USA aber haben Dashboard Confessional “Stolen” schon vor Monaten (und ohne Juli!) herausgebracht. Die Single stieg im April auf Platz 65 in die US-Charts ein, erreichte aber als Spitzenposition, ta-daa: Platz 44.

Vielen Dank an Mumu M. für den sachdienlichen Hinweis!

Nachtrag, 2.8.2007: “Bild” behauptet heute, dass ihr “in der Rubrik ‘Gewinner’ ein Fehler unterlaufen” sei. So kann man das natürlich auch formulieren.

Die Simpsons noch unbeliebter als Harry Potter

Offenbar spielt “Bild” heute auf der letzten Seite ein lustiges Spiel: Für wie dumm kann man den Leser verkaufen? Oder, um es mit “Bild” zu sagen:

Die Überschrift ist… groß — die dazugehörige Meldung wenig spektakulär: “Die Simpsons – der Film” war nach dem Start am vergangenen Donnerstag der meistgesehene Film in den deutschen Kinos der Kinokette Cinemaxx.

Knapp 200 000 Zuschauer meldet Kino-Gigant “CinemaxX” allein am ersten Wochenende nach dem Filmstart am Donnerstag.

Harry Potter sahen dagegen knapp 80 000 Fans.

Der Vergleich ist so unsinnig wie falsch: “Harry Potter und der Orden des Phönix” läuft bereits in der dritten Woche — vor tatsächlich 80.000 Cinemaxx-Zuschauern. In der Vorwoche sahen ihn dort 128.000 und zum Filmstart immerhin 201.000. Und weil das z.Zt. die einzig vergleichbare Zahl zum “Simpsons”-Film ist, muss man sagen: “Die Simpsons” sahen laut Cinemaxx 194.000 Zuschauer — also 7000 weniger als “Harry Potter”.

Aber immerhin hat es “Bild” geschafft, dass wir die Simpsons und Harry Potter in ein und derselben Überschrift unterbringen konnten!

Mit Dank an Martin G. und Martin K. für den Hinweis.

6 vor 9

Gute-Laune-Fahrt mit der Hamas (+ Video)
(tagesschau.de, Richard C. Schneider)
Es sollte vor allem eins deutlich machen: Die Hamas sorgt entgegen aller Vorurteile für Sicherheit und Stabilität im Gaza-Streifen. 90 Journalisten wurde der Gaza-Streifen deshalb so präsentiert, wie ihn die Hamas gerne sehen möchte.

Herausforderung Media 3.0
(boersenblatt.net)
Wie sich Verlage im Zeitalter der Digitalisierung aufstellen müssen, beschreibt die akutelle Deloitte-Studie “Herausforderung Media 3.0? (pdf, 548 kb). Die Befragung von 40 Entscheidungsträgern führender Verlagshäuser hat ergeben, dass nahezu jeder Verlag über eine digitale Strategie verfügt. Umfang und Reifegrad unterscheiden sich jedoch erheblich.

Wie geht es weiter im Internet? Professor Klaus Meier im Gespräch
(wcm2006.blogspot.com)
Klaus Meier ist als Autor des Buches “Internet-Journalismus” und Dozent des Studiengangs “Online-Journalismus” der richtige Ansprechpartner für Kristin Gogolok, die mehr über das Heute und Morgen des Internets wissen möchte.

Die unlustigen Musikanten
(taz.de, Klaus Raab)
Das ZDF will mal wieder jünger werden und entrümpelt zu diesem Zweck das Schlagerprogramm – dessen Helden wehren sich mit Händen und Füßen.

Paris, Osaka
(tagesspiegel.de, Pablo Silalahi)
Die ARD schickt ihre Doping-Redaktion nach der Tour zur Leichtathletik-WM nach Japan – obwohl die Sportarten laut ZDF-Chefredakteur Brender nicht vergleichbar sind.

“Die linke Meinungshegemonie ist am Zusammenfallen.” (Teil 2)
(schweizerzeit.ch, Patrick Freudiger)
Roger Köppel (Chefredaktor und Verleger der “Weltwoche”) äussert sich in einem Exklusiv-Interview für die “Schweizerzeit” zur Eigenverantwortung, zur Klimahysterie, zu Integrationsproblemen und über seine Faszination für die Schweiz.

Kurz korrigiert (443)

Bestimmt ist es eine gezielte Provokation, dass der Fußballtrainer von Schalke 04 auf Bild.de heute "Vize-Trainer: Mirko Slomka"als “Vize-Trainer” bezeichnet wird (siehe Ausriss), obwohl er doch seit 2006 Chef-Trainer ist. Schließlich wissen die Sportexperten Mitarbeiter von Bild.de doch ganz bestimmt, dass der ehemalige Schalke-Torwart Frank Rost im November 2006 angeblich von Slomka aus der Startelf genommen wurde, weil er ihn als “Co-Trainer” bezeichnet haben soll. Klar wissen die das, stand ja auch bei Bild.de.

Mit Dank an Katy H. für den sachdienlichen Hinweis.

Nachtrag, 22.07 Uhr: Möglicherweise meint Bild.de mit “Vize-Trainer” gar nicht “Co-Trainer”, sondern “Vizemeister-Trainer”. Das wäre Mirko Slomka natürlich.

Nachtrag, 31.07.07: Muss wohl doch der “Co-Trainer” gemeint gewesen sein. Jetzt ist Slomka bei Bild.de jedenfalls nur noch “Trainer”.

neu  

“Bild” erfindet Verbraucherschutz-Warnung

"Verbraucherschutz warnt! -- So nutzt Pfarrer Fliege hilfesuchende Zuschauer aus"

Flieges neuer Job als “Seelsorger” im Spartensender “Help TV” soll ein Abzock-Format sein. Der Vorwurf: Fliege lockt (…) Hilfesuchende in die Telefonkostenfalle!

Soweit “Bild” am vergangenen Samstag. “Bild” berief sich dabei auf Theo Wolsing, Sprecher der Verbraucherzentrale NRW, und zitierte ihn mit den Worten:

“Anbieter wie Fliege nutzen kostenpflichtige Hotlines, bei denen nicht nachvollziehbar ist, ob die Anrufer auch wirklich Kontakt zu den gewünschten Gesprächspartnern erhalten. Wir beobachten die Sendung, warnen vor der Schuldenfalle.”

“In den Mund gelegt”
Das mir in den Mund gelegte Zitat stellt das Gespräch mit Ihrem Mitarbeiter am letzten Freitag auf den Kopf. (…) In Bezug auf Help TV habe ich (…) mehrfach darauf hingewiesen, dass uns derzeit keine Beschwerden vorliegen und ich die zuvor beschriebene Gefahr dort auch nicht sehe – nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Tatsache, dass der Sender quasi unter Auschluss der Öffentlichkeit ausgestrahlt wird. Insofern distanziere ich mich ausdrücklich von der in dem o. g. Artikel vorgenommenen Zuspitzung.
(Aus einer Mail von Theo Wolsing an die “Bild”-Redaktion)

Fragt man bei Verbraucherschützer nach, erfährt man allerdings Erstaunliches: “Bild” habe sich zwar bei ihm gemeldet und im Gespräch immer wieder “auf Fliege festlegen” wollen. Er habe jedoch seinerseits wiederholt deutlich gemacht, dass man Help TV zwar beobachte, aber wenig Anlass zur Besorgnis sehe: Es lägen “keine Verbraucherbeschwerden gegen Help TV” vor, habe Wolsing dem “Bild”-Mitarbeiter gesagt — und vor der “Schuldenfalle” habe er “ausdrücklich nicht im Zusammenhang mit Fliege” gewarnt (sondern in Bezug auf andere Call-In-Sendungen). Wolsing hat sich inzwischen auch bei “Bild” beschwert (siehe Kasten).

Aber “Bild” hatte ja noch eine zweite Meinung zur “Telefonkostenfalle” eingeholt und zitierte “Medien-Anwalt” Burkhard Benecken mit den Worten: “Eine Schadenersatzklage hätte für Opfer eine große Aussicht auf Erfolg.” Auf Nachfrage sieht sich Benecken zwar korrekt wiedergegeben, sagt uns aber auch, seine Einschätzung beruhe darauf, wie “Bild” ihm den Fall schilderte — er selbst kenne Help TV nicht.

Und tatsächlich ist der Vorwurf der “Abzocke” bei Help TV weit hergeholt. Die Kosten für den Zuschauer halten sich dort nämlich in Grenzen: Wer für 50 Cent anruft, wird gebeten, Name und Telefonnummer zu hinterlassen, und kostenlos zurückgerufen.

Nicht ganz glücklich war daher auch Help TV mit dem “Bild”-Bericht vom Samstag. Der Sender wies in einer Pressemitteilung nicht nur darauf hin, dass, was in “Bild” stand, “grob irreführend” sei und es “seit Sendestart (…) keine einzige Beschwerde von Zuschauern, Anrufern oder Verbraucherschutzorganisationen” gegeben habe. Nein, Help TV stieß sich vor allem an einer weiteren “Bild”-Aussage:

BILD machte während der Woche mehrere Testanrufe. Einen Rückruf von Fliege oder seinen Mitarbeitern gab es nicht.

Help-TV bestätigt das, wird aber deutlich konkreter: Am vergangenen Mittwochmittag sei tatsächlich ein Anruf von einer “Bild”-Telefonnummer eingegangen. Allerdings habe der Anrufer keine Rückrufnummer o.ä. angegeben, sondern nach gerade mal 1,8 Sekunden wieder aufgelegt. Und am Freitagnachmittag, wenige Stunden vor Redaktionsschluss, habe es innerhalb kürzester Zeit noch zwei weitere solcher Anrufe gegeben (3,3 Sekunden, 2,5 Sekunden) sowie einen, bei dem tatsächlich eine Rufnummer hinterlassen worden sei (11,7 Sekunden). Wie uns Help-TV-Vorstand Peter Pohl sagt, habe sein Sender heute wie üblich zurückgerufen. (Beratungsbedarf bestand offenbar nicht.)

Und “Bild”, äh, “Bild”? Schreibt heute:

"Nach BILD-Bericht -- Fliege senkt die Preise"

Das ging aber schnell! Samstag berichtete BILD, dass Verbraucherschützer vor Jürgen Fliege (61) warnen, weil der TV-Pfarrer mit seiner Beratungs-Hotline (…) die Anrufer abkassiert. (…) Fliege reagierte prompt: Seit dem Wochenende kostet der Anruf nur noch 14 Cent.

Dass Help TV wesentliche Teile des ursprünglichen “Bild”-Berichts vom Samstag dementiert und dazu übers Wochenende auch im direkten Kontakt mit “Bild”-Mitarbeitern stand, erfahren die “Bild”-Leser nicht.

Kurz korrigiert (442)

Manchmal ist das Leben aber auch unverschämt kompliziert. Die fünfte Frau des heute gestorbenen Regisseurs Ingmar Bergman hieß zwar Ingrid. Sie ist aber nicht identisch mit der Schauspielerin Ingrid Bergman, mit der Bergman den Film “Herbstsonate” gedreht hat, und deshalb auch nicht die Frau auf diesem Foto, das Bild.de zeigt:

Vielen Dank an Ilona R. und Katja M. für die Hinweise!

Nachtrag, 19.40 Uhr. Nun ist die Schauspielerin Ingrid Bergman auch bei Bild.de nicht mehr Ingmar Bergmans Frau.

“Bild” macht sich nützlich

Das ist doch mal eine gute Sache. Die “Bild”-Zeitung berichtet seit einigen Tagen groß über den “Mücken-Terror”, der von den zahlreichen, in diesem Jahr angeblich besonders stichfreudigen Mücken ausgehe, und als Service lieferte sie dazu am Samstag einen Anwendungsvorschlag in eigener Sache, den man auch als schlagendes Argument für die Vorteile des Printjournalismus sehen kann:

Wir können diesen Gebrauchshinweis nur unterstützen, würden von kreativen Weiterentwicklungen, zum Beispiel im Einsatz gegen unerwünschte “Bild”-Leser-Reporter, aber abraten.

Vielen Dank für die vielen Hinweise!

6 vor 9

“Der Radsport ist ein bisschen verrückt”
(tour.ard.de, Michael Ostermann)
Die Tour 2007 ist fast vorbei, im entscheidenden Zeitfahren verteidigt Alberto Contador das Gelbe Trikot und rettet 23 Sekunden Vorsprung ins Ziel. Die internationale Presse befragt anschließend den designierten Toursieger. Eine Komödie in einem Akt.

Das Kulturgut Fernsehen ist in Gefahr
(faz.net, Jochen Hieber)
Als rheinland-pfälzischer Ministerpräsident gehörte Bernhard Vogel (CDU) 1984 zu den Gründerfiguren des Privatfernsehens. Die jüngsten Entlassungen und programmatischen Einschnitte bei Pro Sieben Sat.1 lassen ihn jetzt um sein Pionierwerk bangen.

Leben mit der Fatwa
(spiegel.de)
Ein islamkritischer Artikel reichte aus, um zum Todes-Kandidaten zu werden: Der Philosoph Robert Redeker nahm im “Figaro” kein Blatt vor den Mund – und musste abtauchen. Dem Magazin “Gazette” erzählte er die Geschichte seiner Verfolgung.

Frauenmagazine ohne Mode, Kosmetik und Diäten
(jetzt.sueddeutsche.de, Susanne Klingner und Michael Moorstedt)
Petra Fröhlich,33, ist Chefredakteurin von “Play Vanilla“, dem ersten Gaming Magazin für Mädchen. Die 25-jährige Anke Eberhardt ist Chefredakteurin des “Spare Magazins”, einer Snowboard-Zeitschrift für Mädchen. jetzt.de sprach mit ihnen über Rollenbilder.

Virtueller Wahlkampf in den USA
(focus.de, Peter Gruber)
Im Internet präsentieren Amateure selbst gedrehte Wahlwerbespots und sind damit erfolgreicher als die offiziellen Kampagnen der Profis.

Warum man Leserbriefe abschaffen sollte
(blick.ch, Ayse Turcan)
Ohne das Recht auf freie Meinungsäusserung wäre die Demokratie keine Demokratie sondern eine Diktatur, Monarchie oder eine andere Staatsform.

Du sollst dich nicht an den Simpsons vergehen

Vermutlich war es schwer genug, überhaupt einen “Freiwilligen” in der Bild.de-Redaktion zu finden, um die 100-teilige Klickparade mit den “lustigsten Simpsons-Sprüchen” zu befüllen. Dass sich dann kein zweiter auftreiben ließ, der Lust hatte, das ganze Zeugs noch zu kontrollieren, kann man fast verstehen.

Dabei hätte es ein flüchtiger Blick getan.

Auf den Teil 76 von 100 zum Beispiel:

Die erste Verbesserung berücksichtigt nicht rülpsen.

Hö?

Das soll wohl einer der Sätze sein, die Bart im Vorspann fast jeder Folge an die Tafel schreibt. Im Original lautet er: “The First Amendment does not cover burping”. Und nun ist die Synchronisation der “Simpsons” zwar berüchtigt für Übersetzungsfehler, aber so schlimm ist es dann doch nicht. Auf deutsch sagt Bart: “Der erste Zusatzparagraph zur Verfassung beinhaltet nicht rülpsen.” (Der erste Zusatz zur US-Verfassung garantiert die freie Meinungsäußerung.)

Der nächste Spruch bei Bild.de geht so:

Die ganze Arbeit und ohne spielen macht aus Bart einen trüben Jungen.

Das klingt, als hätte jemand, der weder der englischen noch der deutschen Sprache mächtig ist, den Originalsatz “All work and no play makes Bart a dull boy” durch eine dieser unzuverlässigen Übersetzungsmaschinen geschickt. Tatsächlich sagt Bart auf deutsch: “Nur arbeiten und nie spielen macht Bart stumpfsinnig.”

Das hier ist auch schön:

Das hinzufügen von "nur ein Kind" rechtfertigt es nicht, den Direktor zu beleidigen.

Versuchen Sie mal zu erraten, was damit gemeint sein könnte.

Na?

Also: “Nur ein Kind” ist die falsche Übersetzung von “just kidding”. Der Originalspruch lautete “Adding ‘just kidding’ doesn’t make it okay to insult the principal” (“Der Zusatz ‘war nur ein Scherz’ macht eine Beleidigung des Rektors nicht ungeschehen”).

So geht das dutzendfach. Nur mit viel Glück lässt sich der ursprüngliche Sinn manchmal wenigstens erahnen. Bild.de schreibt: “Nicht brennbar ist keine Aufforderung!”, dabei heißt der Spruch natürlich: “Die Aufschrift ‘nicht brennbar’ ist keine Herausforderung”. Laut Bild.de verspricht Bart: “Ich werde mich nicht hinter dem 5. Gebot verstecken.” Das 5. Gebot lautet “Du sollst nicht töten” und eignet sich nur sehr bedingt als Versteck. Im Original geht es um den 5. Zusatzartikel zur amerikanischen Verfassung, der die Rechte von Angeklagten garantiert, und auf deutsch sagt Bart: “Ich darf mich nicht hinter dem 5. Verfassungszusatz verstecken.”

Bild.de hat all diesen Unfug offenkundig gedankenlos von zweifelhaften Quellen abgeschrieben. Wie gedankenlos? So gedankenlos:

Ein Schwamm ist kein Empfähngnissverhütungsmittel.

Die fiesen Schreibfehler hat Bild.de nämlich schätzungsweise nicht selbst gemacht, sondern fröhlich kopiert.

Auch dass der Satz “Frauen sind wie Toiletten: entweder beschissen oder besetzt” aus den “Simpsons” stammen soll, erscheint doch sehr abwegig — ein Großteil der 100 “lustigsten Simpsons-Sprüche” von Bild.de ist in irgendeiner Form falsch. So falsch wie die Bild.de-Behauptung, dass die “Simpsons” inzwischen “als langlebigsten [sic] TV-Serie aller Zeiten” gelten. Das ist die Seifenoper “Guiding Light”, die seit 1952 im amerikanischen Fernsehen läuft.

In Deutschland hieß sie lustigerweise “Springfield-Story”.

Mit Dank an Steffen B.!

Im Solidarpakt mit dem Steuerzahlerbund

Der Bund der Steuerzahler hat da mal was ausgerechnet. Und zwar folgendes:

"Die Soli-Sauerei! Wir zahlen 32 Milliarden mehr, als der Osten braucht"

Na ja, so sieht jedenfalls die Übersetzung dessen, was der Bund der Steuerzahler (BdSt) sich zusammenreimt, in der heutigen “Bild”-Titelschlagzeile aus. Konkret zitiert “Bild” den BdSt-Präsidenten Karl-Heinz Däke mit den Worten:

“Wenn man unterstellt, dass die Einnahmen aus dem Soli auf jährlich 13 Milliarden Euro steigen, dann kommen wir auf Gesamteinnahmen von 189,1 Milliarden zwischen 2005 und 2019. Dagegen beläuft sich der Solidarpakt II, das ist die Summe, die gebraucht wird, nur auf 156,5 Milliarden Euro.”

Logisch, könnte man meinen. Wenn “der Osten” laut Solidarpakt II 156,5 Milliarden braucht, “wir” aber 189,1 Milliarden an Solidaritätszuschlag zahlen, dann zahlen “wir” über 32 Milliarden mehr, als “der Osten” braucht. Oder auch, “32 Milliarden Euro zu viel”, wie “Bild” auf Seite 2 schreibt.

Zuschlag vs. Pakt

Der Solidaritätszuschlag wurde eingeführt, um zu helfen, die Kosten der Wiedervereinigung zu decken. Allerdings ist er eine Steuer (die übrigens sowohl in West- als auch in Ostdeutschland erhoben wird), die allein dem Bund zusteht und nicht zweckgebunden eingesetzt werden muss. Der Solidarpakt II hingegen ist eine Vereinbarung, nach der der Bund sich schlicht verpflichtet, den neuen Bundesländern von 2005 bis 2019 insgesamt 156,5 Milliarden Euro zukommen zu lassen.

Eine lehrreiche Darstellung dazu findet sich im Magazin “brand eins” (09/04, pdf).

Nur haben, anders als “Bild” und der BdSt-Präsident den Eindruck erwecken wollen, Solidaritätszuschlag und Solidarpakt II nichts miteinander zu tun (siehe Kasten).

Entsprechend lehnte der Petitionsausschuss des Bundestags im Februar eine Petition auf Abschaffung des Solidaritätszuschlags mit fast entwaffnender Deutlichkeit ab (pdf):

Der Solidaritätszuschlag wird zusammen mit der Einkommensteuer erhoben und dient allgemein der Verbesserung der Steuereinnahmen des Bundes. (…) Es besteht somit weder eine explizite Zweckbindung, noch sind alle Mittel aus dem Solidaritätszuschlag zwingend für Aufgaben in den neuen Bundesländern bestimmt. (…) Insofern ist auch eine (…) Gegenüberstellung von Solidaritätszuschlag und Verwendung der Mittel aus dem Solidarpakt II nicht möglich.

Das muss einem nicht gefallen. Und man kann an Solidaritätszuschlag und Solidarpakt sicher berechtigte Kritik üben. Man kann die Abschaffung des Solis fordern, oder dessen Reduzierung, wie der heutige “Bild”-Kommentar — allerdings nicht mit irreführenden Rechenbeispielen. Insofern scheint es nicht ganz abwegig, wenn ein Sprecher des Finanzministeriums die heutige “Bild”-Rechnung des BdSt-Präsidenten als “populistisch” und an der Grenze zur “Volksverdummung” kritisiert.

Mit Dank an Holger R. für den sachdienlichen Hinweis.

Nachtrag, 29. Juli: Die “Bild”-Zeitung bleibt bei ihrer unsinnigen Rechnung. In ihrer Samstags-Ausgabe wiederholte sie:

Bis 2019 zahlen wir alle nach Berechnungen des Steuerzahler-Bundes voraussichtlich über 32 Milliarden Euro mehr an Soli, als wir für den Aufbau Ost wirklich brauchen.

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