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Die Wortverdreher vom Dienst
(sonntagszeitung.ch, Michael Soukup)
Konzerne und Prominente ändern oft Wikipedia-Einträge über sich – so auch der «Weltwoche»-Chef.

Die Königsmacherin
(tagesspiegel.de, Matthias B. Krause)
Niemand beeinflusst seine Zuschauer mehr als US-Talkerin Oprah Winfrey. Jetzt will sie Barack Obama ins Weiße Haus bringen.

“Wollen Sie jeden Blogger kontrollieren?”
(dradio.de, Jürgen König)
Der Chefredakteur von “Spiegel Online”, Matthias Müller von Blumencron, lehnt eine zentralisierte Medienaufsicht für das Internet ab. “Im Printbereich gibt es eine sehr gute Selbstregulierung, und etwas Ähnliches muss sich auch im Onlinebereich entwickeln”, sagte der Journalist. Missbrauch gebe es überall, doch “die Ermittlungsbehörden kümmern sich natürlich glücklicherweise mittlerweile auch um das Feld Online sehr intensiv”.

Das Gewissensmagazin
(taz.de, Stefan Reinecke)
Sie war Studentenblatt, APO-Sprachrohr und Politsex-Magazin. Die Zeitschrift “Konkret” wird 50 – und ist im Alter Zentralorgan der Antideutschen.

Spiegel verkehrt?
(sz-magazin.sueddeutsche.de, Robin Meyer-Lucht)
Früher sahen wir Tagesschau, heute gehen wir ins Internet und klicken auf Spiegel Online. Die Internetseite ist zur neuen Medienmacht geworden: bunt, modern und ein ständiges Spektakel.

Die harte Arbeit im Bergwerk des Humors
(faz.net, David Klaubert)
Roland Koch als Schweinchen Babe und Helmut Kohl als Birne: nichts und niemand ist sicher vor den derben Späßen des Satiremagazins ?Titanic?. Ein Besuch der Redaktion im Frankfurter Stadtteil Bockenheim.

medienlese – der Wochenrückblick

Kaum dachte der Verband Schweizer Presse (aktuelle Kampagne: Wa du wolle? Du finde!) öffentlich darüber nach, wie man auch so etwas Erfolgreiches wie Google News machen könnte, gab Google bekannt, keine Umwege mehr über Online-Portale machen zu wollen, sondern direkt auf Informationen von Nachrichtenagenturen zuzugreifen. VSP-Präsidiumsmitglied Norbert Neininger sagte persoenlich.com: “Wir sind der Meinung, dass Google mit seinem Newsdienst das Urheberrecht verletzt und unlauteren Wettbewerb betreibt”. Es gäbe “einen harten und einen weichen Weg”, dagegen vorzugehen, also Klage oder der Versuch einer Kopie. Google dagegen gibt an, diesen Schritt zu machen, da viele Online-Portale so oder so nur Agenturmeldungen umformulieren und sieht diesen Schritt als einen in Richtung “original content“. Wie es in einem Verlegerverband zu und her gehen kann, enthüllte Andreas Göldi. Ein bekannter Verlagsmanager sagte ihm, als er auf Details einer möglichen Internet-Plattform und den damit verbundenen Kundennutzen zu sprechen kommen wollte: “Herr Göldi, hier geht es nicht um Kunden.“.

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BILDblog erklärt “Bild” den Uefa-Cup

Zugegeben, er ist ein bisschen unübersichtlich, der Modus, nach dem seit drei Jahren im Uefa-Cup gespielt wird. Aber wenn man so großkotzig titelt…

BILD erklärt Bayern den Uefa-Cup

…wär’s natürlich schon schön, wenn man ihn wenigstens selbst verstanden hätte.

“Bild” “erklärt” den Bayern den “Cup der Verlierer” im Kindergartenton (“Liebe Bayern, da ihr ja sooooo lange nicht dabei wart, erklärt BILD euch noch mal…”) unter anderem wie folgt:

Aber Achtung! Die 2. Runde besteht aus einer Gruppenphase: Dort spielt nicht jeder gegen jeden in der 5er-Gruppe. Es gibt nur zwei Heim- und zwei Auswärtsspiele.

Im Achtelfinale warten alte Bekannte auf euch. Da kommen nämlich die Gruppen-Dritten aus der Champions League dazu.

Das ist gleich doppelt falsch. Erstens spielt in der Gruppenphase sehr wohl jeder gegen jeden — es gibt nur keine Rückspiele*. Und zweitens kommen die Gruppen-Dritten aus der Champions League nicht erst im Achtelfinale, sondern schon in der Zwischenrunde dazu. Dieses sogenannte “Sechzehntelfinale” unterschlägt “Bild” aber komplett.

*) In einigen Ausgaben der gedruckten “Bild” ist dieser Fehler korrigiert und das Wort “nicht” gestrichen.

Danke an Jojo und die vielen anderen Hinweisgeber!

Machen Tortendiagramme eigentlich dick?

Fast eine ganze Seite hat “Bild” heute freigeräumt, um für eine Kampagne des Deutschen Turnerbundes zu werben, die Eltern und Kindern verdeutlichen soll, wie wichtig Sport ist. Die Aktion sei dringend nötig, erklärt “Bild”:

Denn mittlerweile ist jedes sechste Kind in Deutschland zu dick! Mitte der 90er-Jahre war es nur jedes dritte.

Unbekannt ist, ob die “Bild”-Formulierung bereits den Auftakt für eine weitere Kampagne darstellt, die Eltern und Kindern verdeutlichen soll, wie wichtig Mathematik ist.

Danke an H. und Demian K.!

Nachtrag, 1. September: Bei Bild.de ist der ganze Absatz gestrichen worden.

Verbesserungen bei der Pflege — “Bild” geschockt

Noch bevor heute um elf Uhr der Prüfbericht des Medizinischen Dienstes der Spitzenverbände der Krankenkassen (MDS) offiziell vorgestellt wurde, hatte “Bild” schon in ihm, nun ja: geblättert und eine riesige Titelgeschichte daraus gemacht (siehe Ausriss).

Die Zeitung zitiert einige schockierende Fakten aus dem 212 Seiten langen Bericht. Genauer: von den Seiten 66 und 67. Zum Beispiel diese:

  • In Heimen wird jeder dritte Patient (35,5 %) nicht häufig genug umgebettet. Folge: Er liegt sich wund (Dekubitus). (…)
  • Jeder dritte Pflegefall (…) bekommt nicht genug zu essen und zu trinken! Grund: Zeitnot. Dass die Pflegebedürftigen rapide an Gewicht verlieren, stellt das Pflegepersonal angeblich nicht fest.

Um mit der guten Nachricht anzufangen (die für alle Betroffenen eine schlechte ist): die Zahlen stimmen. Aber eben nur die Zahlen an sich.

Zum Dekubitus heißt es im Bericht des MDS ausdrücklich:

Bei 35,5 % der Personen bestanden Defizite. Dies bedeutet nicht zwangsläufig, dass ein Dekubitus entstanden sein muss. Gemeint ist vielmehr u.a., dass ein Dekubitusrisiko nicht ermittelt oder nicht erkannt worden ist, dass keine prophylaktischen Maßnahmen geplant oder keine entsprechenden Hilfsmittel eingesetzt worden sind.

(Alle Hervorhebungen von uns)

Der Anteil der Patienten, bei denen solche Defiziten bei der Prophylaxe gegen das Wundliegen bestanden, ist sicherlich schockierend hoch. “Bild” unterschlägt aber, dass diese Anteil gegenüber der letzten Studie deutlich gesunken ist: um über sieben Prozentpunkte.

Zur Ernährung steht im Bericht:

Bei 65,6 % der im 1. HJ 2006 in die Prüfung eingezogenen Bewohner lagen bei der Ernährung und Flüssigkeitsversorgung keine Qualitätsprobleme vor. Bei 34,4 % der Personen wurden Mängel festgestellt. Auch hier sind diese Mängel nicht unbedingt gleichbedeutend mit einer eingetretenen Unterernährung oder einer Dehydratation.

Eine Einschränkung, die “Bild” ebenso unterschlägt wie den Hinweis, dass sich der Anteil der Defizite sowohl in der stationären als auch in der ambulanten Pflege verringert hat. Und das gilt (wenn auch in einem Fall nur um 0,1 Prozentpunkte) für jede einzelne Zahl, die “Bild” heute präsentiert. “Bild” schreibt:

Ihren letzten Pflege-Prüfbericht hatten die Krankenkassen 2004 vorgelegt. Schon damals eine Bilanz des Grauens!

Geändert hat sich wenig.

Nun könnte man über die Bedeutung des Wörtchens “wenig” sicherlich lange diskutieren und beim Thema Pflege ist wohl jedes “Defizit” eines zuviel. Allein: “Bild” reduziert die durchaus vorhandene Verbesserung der Situation auf einen Satz mit vier Wörtern.

Entsprechend verärgert war man beim MDS über die eigenwillige Interpretation der “Bild”-Zeitung seines Berichts, die von fast allen Nachrichtenagenturen unter Überschriften wie “‘Bild’: Neuer Prüfbericht der Krankenkassen deckt Pflege-Skandal auf” verbreitet wurden, bevor der MDS widersprechen konnte. “Spiegel Online” zitiert den MDS-Geschäftsführer Peter Pick mit den Worten:

“Im Vergleich zum ersten Bericht vor drei Jahren gibt es bei allen Versorgungskriterien Verbesserungen.”

“Bild”-Leser können das nicht einmal ahnen.

Danke an Michael R., Florian S., Jenny R., Benjamin S. und Susann für die sachdienlichen Hinweise.

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Der Eingriff
(jungewelt.de, Georg Fülberth)
“Wie sich die Schatzmeisterin der SPD über die »uninformierte« Linkspartei-Berichterstattung der Frankfurter Rundschau beschwert – und am Ende der Chefredakteur gehen muß”.

“Wollen Sie jeden Blogger kontrollieren?”
(dradio.de, Jürgen König)
“Der Chefredakteur von “Spiegel Online”, Matthias Müller von Blumencron, lehnt eine zentralisierte Medienaufsicht für das Internet ab. “Im Printbereich gibt es eine sehr gute Selbstregulierung, und etwas Ähnliches muss sich auch im Onlinebereich entwickeln”, sagte der Journalist.”

Requiem für die klassischen Medien
(werbeblogger.de, Patrick Breitenbach)
“Im folgenden möchte ich erklären, wieso die klassischen Medien für eine echte Informationsgesellschaft mehr oder weniger überflüssig geworden sind”.

Happy Birthday, DPA!
(Was mit Medien, Daniel Fiene)
“Morgen vor 58 Jahren ist die erste dpa-Meldung an die Redaktionen verschickt worden. Da lohnt es sich heute schon die Glückwunsch-Kärtchen aus der Schublade zu holen.”.

Getrübte Sicht
(sueddeutsche.de, Ingo Arzt)
“Nur 40 Prozent aller deutschen Haushalte haben – theoretisch – Zugang zu digitalem Fernsehen. Qualitätsprobleme sind nur ein Grund für die schleppende Einführung.”

Jetzt aber mal im Ernst: Kriegt Euch wieder ein!
(graubrot.blogspot.com, Björn Grau)
“‘Hört endlich auf, die Blogosphäre zu beschwören! Was auch immer Ihr Zuerstgekommenen da so unter Euch gruppengekuschelt oder ganz besonders wüst gepöbelt habt, ist vorbei. Blogs sind, was sie eigentlich waren: Eine bestimmte Form von Publikationssoftware. Aber keine Religion oder Subkultur. Ich weiß nicht, ob es ohne E-Gitarren Punk gegeben hätte. Aber es hat E-Gitarren ohne Punk gegeben, versteht ihr?”

“Bild” erwischt Xavier Naidoo beim Speed-Dating

Angefangen hat die “Bunte”. Sie berichtet in ihrer aktuellen Ausgabe, Xavier Naidoo habe sich “heimlich” von seiner Lebensgefährtin getrennt.

Warum diese Information für einen ganzseitigen Artikel taugt, wird nicht ganz klar, denn die “Bunte” selbst bemerkt, dass der Sänger von seiner Partnerin “bereits seit Längerem getrennt” sei. Das Magazin müsste sogar grob wissen, was “seit Längerem” bedeutet, denn es zitiert aus einem Interview, in dem sich Naidoo über die Trennung äußert. Es ist (was die “Bunte” verschweigt) vom November 2005. Der ORF gab damals die Meldung heraus: “Xavier Naidoo trennt sich von Freundin / ‘Ja, ich habe mich nach 11 Jahren von meiner Freundin Steffi getrennt'” — soviel zum Thema “heimlich”.

Eine irreführende, alte, groß aufgeblasene Meldung über das Privatleben eines Prominenten, der eigentlich nicht über sein Privatleben reden will? Das ist doch unser Spezialgebiet, mag man sich bei der “Bild”-Zeitung gedacht haben, legt heute nach und lenkt von der dicken Schicht Staub auf der Nachricht durch die hübsche Formulierung ab:

Jetzt wurde bekannt: …

“Bild” verkürzt (aus unbekannten Gründen) die frühere Beziehung von mindestens elf auf fünf Jahre und suggeriert (aus naheliegenden Gründen), dass die Trennung nicht lange her sein kann, denn:

Lange allein war Xavier Naidoo nicht — er hat schon eine neue Freundin!

“Schon” hier also im Sinne von “nach nicht einmal zwei Jahren”. (Die “Bunte” hatte “längst” geschrieben.)

Danke an Annabell, Nicole, Ollewa B., Adrian J., Sascha G. und Michaela B. für die sachdienlichen Hinweise!

No Logo

Man kennt das. Kommt nach Hause, guckt sich die gemachten Fotos an und merkt, dass gerade die schönsten Aufnahmen nicht zu gebrauchen sind. Auf dem einzigen scharfen Portrait von Monika war vor ihrem Gesicht ein Insekt, das nun wie ein Pickel aussieht. Ins Gruppenfoto mit Brautpaar hat sich rechts die blöde Tante Ulla gequetscht. Und beim Fotografieren des herrlichen Bergpanoramas hatte man die fiese Werbetafel übersehen. Aber zum Glück lässt sich so etwas heutzutage ja leicht retuschieren.

Solche Pannen passieren nicht nur uns, sondern auch den Profis von der “Bild”-Zeitung. Die hatte für ihren heutigen Bericht über Senioren, die im Internet einkaufen, unter anderem einen ehemaligen Werkzeugmacher aus Leipzig fotografiert. Der Mann schwärmt davon, wie gut man im Internet Preise vergleichen kann:

Aber was ist das für eine Seite, mit er so gerne Preise vergleicht? Offenbar eine, die eigentlich so aussieht:

Jede Wette, dass jemand in der “Bild”-Redaktion einen “Oh Gott, da ist ja Tante Ulla im Bild”-Moment hatte, als er das ursprüngliche Foto von dem Internet-Senioren vor seiner mutmaßlichen Lieblingspreisvergleichsseite sah. Denn seit gut einem Jahr besitzt der Verlag Axel Springer die Mehrheit am Preisvergleich Idealo, und das ist ein direkter Konkurrent von guenstiger.de, dessen Schriftzug groß auf dem Bildschirm des Internet-Senioren geprangt haben muss.

Aber zum Glück lässt sich so etwas heutzutage ja leicht retuschieren.

Vielen Dank an Marius M. und D.L.!

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