Wir müssen gestehen, wir sind ein wenig ratlos. Wir wissen nicht, wie man bei “Bild” auf die Idee gekommen ist, heute diese Geschichte auf die Titelseite (!) zu bringen:
Vielleicht war es so: Der “Bild”-Mitarbeiter, der für den gestrigen Artikel über die Entdeckung des größten Schwarzen Lochs im Weltall zuständig war, hat irgendwann bei seinen — sicherlich umfangreichen — Recherchen auch mal “black hole” auf der englischsprachigen Google-News-Seite eingegeben und erhielt als zweiten Treffer eine Geschichte von “Scientific American” mit der Überschrift:
Strange but True: Black Holes Sing
Diese Geschichte hat der “Bild”-Mitarbeiter gelesen, sodann kurz, knackig und leicht verständlich aufgeschrieben und ein paar kleinere Fehler eingebaut, und irgendwer hat dann entschieden, dass diese tolle Story glatt einen Platz auf der Titelseite verdient hat. Das ist natürlich reine Spekulation.*
Fakt ist: Die “Bild”-Titelgeschichte kommt volle vier Jahre zu spät. Bereits im Jahr 2002 hat der “US-Röntgensatellit ‘Chandra'”, von dem “Bild” schreibt, “die Schallwellen in der Perseus-Galaxie aufgeschnappt” (und 2006 übrigens auch von einem anderen Schwarzen Loch). Im September 2003 wurden entsprechende Pressemitteilungen veröffentlicht, und in der Folge berichteten diverse Medien darüber. Neuigkeiten gibt es offenbar keine — jedenfalls nicht, seit auch “Bild” im September 2003 über dasselbe Phänomen schrieb: “NASA entdeckt Musikplanet” und sich fragte:
Musik im Universum? Tanzen auf fernen Planeten feingliedrige Aliens im 3/4-Takt? Hipp-Hopp? Techno? (…) Streicht jemand im All den Kontrabass? Wer haut auf die Pauke? (…) Oder ist es eine Hipp-Hopp-Boygroup von Außerirdischen? (…) Singt ein einsamer Alien in Moll?
*) Der Artikel auf “Scientific American” vom 18.10.07 ist eher allgemeiner Natur. Er beschäftigt sich mit der Frage, wie man im Vakuum des Alls überhaupt Schallwellen nachweisen kann. Das “singende” Schwarze Loch dient nur als Aufhänger. Dass es schon 2003 entdeckt wurde, wird nicht erwähnt, dafür wird seine Entfernung aber, wie in “Bild”, mit “300 Millionen Lichtjahren” angegeben. In den ursprünglichen Meldungen aus dem Jahr 2003 ist hingegen durchweg von 250 Millionen Lichtjahren die Rede. Anders als “Bild” schreibt “Scientific American” allerdings korrekt, dass es sich bei dem Ton nicht um eine “tiefes C”, sondern um B handelt, und dass er 57 Oktaven unter dem mittleren und nicht “57 Oktaven unter dem tiefen C” liegt. Außerdem weiß man beim “Scientific American” natürlich, dass es sich dabei nicht um ein “Pfeifen” handelt und dass der Ton zu tief für das menschliche Gehör ist. Bei “Bild” meint man hingegen, “wir bekommen das Pfeifen aus dem Schwarzen Loch nie zu hören”, weil “am Ende des Nebels” Schluss sei für die Schallwellen. Das stimmt immerhin auch.
Mit Dank an ihlkawimsns und Peter K. für den Hinweis.