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Der Tod der Heuschrecke
(taz.de, Steffen Grimberg)
“Zeitungssammler Montgomery, verschrien als böser Investor, präsentiert sich auf der Berliner Medienwoche als Verleger neuen Typs. Er glaube ‘an die Zukunft der Zeitung’.”

Das Internet und die öffentlich-rechtlichen Sender
(Digitaler Film, Bertram Gugel)
“Es ist schlicht die (falsche) Annahme, das Internet sei nur ein weiterer Abspielkanal und es bedürfe keiner Anpassung der Inhalte außer einer Formatwandlung und – wenn es hoch kommt – das Anbieten eines Podcast-Feeds.”

Der Schawinksi-Hype
(JakBlog, Christian Jakubetz)
“Der Herr Schawinski ist ein richtig begnadeter Selbstdarsteller. Und kluges Marketing macht er zudem.”

9Live wird 6
(Turbozapper.de, Martin Hillmann)
“Turbozapper blickt zurück auf 6 Jahre mehr oder weniger erfolgreiche Geschichte”.

Jugendmagazin “Spiesser” will Westen erobern
(horizont.net)
“Nach der Ausweitung seines Vertriebs auf die westdeutschen Bundesländer denkt das Dresdner Gratis-Jugendmagazin “Spiesser” über weitere Wachstumsoptionen nach.”

Holtzbrinck verabschiedet sich vom (Online-)Journalismus
(sixtus.net, Mario Sixtus)
“‘Losgelöst vom Stammgeschäft’ kann eigenlich nur heißen: Mit Journalismus haben wir im Netz nichts am Hut.”

Serbokroaten für Eintracht Frankfurt

Fast im Maßstab 1:5 zeigt die Frankfurter Ausgabe der “Bild”-Zeitung heute den 21-jährigen kroatischen Stürmer Ante Rukavina von Hajduk Split, an dem Eintracht Frankfurt angeblich Interesse hat. Oder, genauer: zeigt jemanden, den “Bild” für den 21-jährigen kroatischen Stürmer Ante Rukavina von Hajduk Split hält.

Nicht nur Kroaten werden sich darüber wundern, dass ihr angeblicher Landsmann das Trikot der serbischen Fußballnationalmannschaft trägt — dank der Größe des Fotos deutlich am Wappen auf Brust und Hosenbein zu erkennen. Kein Wunder: Der abgebildete Mann heißt zwar so ähnlich (Antonio Rukavina), ist aber Serbe und spielt bei Partizan Belgrad.

Wär’ als Abwehrspieler aber vermutlich auch keine gute Verstärkung für Frankfurts Sturm.

Mit Dank an Sebastian, Lars W. und Daniel M.!

Allgemein  

Das alte Vorurteil, “Bild” würde lügen

“Das ist ein gut gemachter Spot, natürlich haben wir auch darüber gelacht. Er lebt aber von dem alten Vorurteil, BILD würde lügen — was durch eine witzige Wiederholung jedoch auch nicht wahrer wird.”

(“Bild”-Sprecher Dirk Meyer-Bosse über den BILDblog-Werbefilm)

Ein altes Vorurteil, soso.

Als Service für Herrn Meyer-Bosse (und unsere Leser) haben wir eine kleine, unvollständige Auswahl von “Bild”-Lügen aus den vergangenen zwei Jahren zusammengestellt, der Übersicht halber grob in zehn Kategorien unterteilt:

Lügen mit Fotos

Lügen mit Toten und Verletzten

Lügen mit Zitaten

Lügen mit Tieren

Lügen zur Verteidigung

Lügen mit Wissenschaftlern

Lügen mit Terroristen

Lügen mit Politik

Lügen mit Gewalttaten

Lügen mit Zeitangaben

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Skepsis in Russland
(sueddeutsche.de)
“Im Fall der Journalistin Politkowskaja feiert die russische Staatsanwaltschaft die Aufklärung des Verbrechens – die russische Presse hat Zweifel.”

Feindbild Google
(faz.net-Blog, Holger Schmidt)
“Deutsche Medienmanager prügeln auf Google ein. ?In zehn Jahren ist Google tot”, behauptet Verleger Christian DuMont Schütte, ohne allerdings seine Aussage zu begründen. […] Ohne Googles Marktmacht herunterreden zu wollen, sollten ein paar Aussagen mit den Fakten konfrontiert werden”.

Schweizer Medienhäuser planen Konkurrenz zu Google News
(persoenlich.com)
“Unabhängig vom Ausgang der Verhandlungen mit Google Schweiz plant ein Verbund von sieben deutschschweizer Medienhäusern, eine Konkurrenz-Website zu google.news zu lancieren”.

10 Questions with Rafat Ali
(thepomoblog.com, Terry Heaton)
Ein E-Mail-Interview mit Rafat Ali, dem Betreiber von paidcontent.org. “PaidContent.org is the premier aggregator of news about where the money?s going in media.”

Report recherchiert offen
(notes.computernotizen.de, Torsten Kleinz)
“Eben hab ich es auf der Webseite von Report Mainz gesehen: Die Redaktion stellt im Internet zusätzliche Originaldokumente bereit. Spannend.”

Blogstats revisited – Bestandsaufnahme nach 40 Monaten
(wortfeld.de, Alexander Svensson)
“Wie viele von den damals unter den Blogstats.de Top 50 geführten Bloggern sind mittlerweile clean und wie viele bloggen auch heute noch?”

Drei Streifen für ein Halleluja

Adidas-Boss: DFB-Vertrag sichert 3000 Arbeitsplätze

Holla, wie viele Mitglieder hat denn heutzutage so eine Nationalmannschaft? Wie viele Fußballspieler, Trainer, Betreuer in diversen Mannschaften des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) müssen da mit dreistreifigen Trikots, Schuhen und Taschen ausgestattet werden, dass 3000 Adidas-Mitarbeitern davon ein Auskommen haben? Oder sind die 3000 Leute dafür zuständig, all die Fans zu versorgen, die sich Ausrüstungen im Stil der Deutschen Fußballnationalmannschaft, also auch ab 2011 weiterhin von Adidas kaufen werden? Aber wären das nicht im Zweifelsfall eher Arbeitsplätze in China oder Indonesien als in Deutschland?

Bekannt ist das Gerücht, dass jeder siebte Arbeitsplatz in Deutschland vom Auto abhängt. Kann es sein, dass jeder zehntausendste von der Ausrüstung der Deutschen Fußballnationalmannschaft abhängt?

Kaum. Denn “Adidas-Boss” Herber Hainer hat im “Bild”-Interview über den DFB-Vertrag bloß gesagt:

“Das steigert unsere Umsätze, unseren Börsenkurs und hilft dabei, unsere mehr als 3000 Arbeitsplätze in Deutschland zu sichern.”

Mehr Arbeitsplätze als die genannten 3000 hat Adidas in Deutschland gar nicht, und im Sinne des Unternehmens ist zu hoffen, dass sie nicht sämtlich davon abhängen, dass die Firma den DFB ausstattet.

Für “Bild” hat es trotzdem gereicht, Hainer den Titel “Gewinner” des Tages zu verleihen. Denn:

[…] der Millionenvertrag mit dem DFB sichert mehr als 3000 Arbeitsplätze in Deutschland.

Ganz sicher nicht.

Danke an Christian H.!

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Das Ende der Sofakartoffel
(faz.net, Marcus Theurer)
Lässt sich mit Journalismus in Zukunft noch Geld verdienen? Der Großteil der Werbeinvestitionen fließt noch in die ?alten? Medien. Doch Verlage und Fernsehsender investieren ins Internet, um das Publikum nicht zu verlieren.

Warum lokale Tageszeitungen eigentlich wie Weblogs sind
(upload-magazin.de)
Weblogs sind noch immer ein missverstandenes Phänomen. Von manchen werden sie mit Foren verwechselt, von anderen mit Online-Tagebüchern gleichgesetzt. Dabei sind Weblogs Internetseiten mit einigen besonderen Eigenschaften. Und diese besonderen Eigenschaften sollten vor allem Tageszeitungsverlage hellhörig werden lassen. Blogs wären die logische Plattform für eine Online-Lokalzeitung.

Kein Satz mehr für den Arschficker
(taz.de, Waltraud Schwab)
Bushidos auftritt in Berlin sollte der letzte gewesen sein über den die Medien berichten. Andere Skandale sind wichtiger.

Wuchtige Schönheit
(blogs.radio24.ch/christoph)
Tagtäglich erhält die Radio24-Redaktion per E-Mail Meldungen von den Polizeikorps aus der ganzen Schweiz. Meldungen über Unglücksfälle, Verbrechen und vor allem Unfälle. Oft ist noch ein Bild beigefügt – und manche dieser Fotos haben eine poetische Schönheit.

Interview mit Stefan Niggemeier an der “9 to 5”
(spreeblick.com, mp3-Audiodatei, 16,4 mb, 35:07 Minuten)

Tagebuch im Internet (engl.)?
(acheta.de)
Ein Begriff ist angekommen.

Allgemein  

“Bild” am Tatort, Staatsanwalt ermittelt

Mittwochvormittag. In Worms wird ein Mann in seiner Wohnung erschossen, offenbar von einem Polizisten.

Mittwochabend. Das Siegel an der Wohnungstür, mit dem die Polizei den Tatort gesichert hat, wird von Unbekannten gebrochen.

Donnerstag. In der “Bild”-Zeitung erscheint ein großes Foto aus dem Inneren der Wohnung, das den blutverschmierten Tatort zeigt (siehe Ausriss).

Soweit die Chronologie.

Die “Wormser Zeitung” und andere Medien berichten, dass die zuständige Staatsanwaltschaft in Mainz ein Ermittlungsverfahren wegen Siegelbruch eingeleitet habe.

Auf Nachfrage erklärt uns der Leitende Oberstaatsanwalt Klaus Puderbach heute, dass er natürlich nicht sagen könne, ob die “Bild”-Zeitung etwas mit dem unbefugten Eindringen in die Wohnung zu tun habe. Es sei aber “bemerkenswert”, dass sich die Zeitung ein Foto vom Tatort verschafft habe. “Es hätte eigentlich keine legale Möglichkeit gegeben, ein solches Foto aufzunehmen”, sagte Puderbach. Juristische Grenzen interessierten die “Bild”-Zeitung seiner Einschätzung nach bei ihrer Arbeit aber auch nicht:

“Für sie ist das, was sie machen will, Recht und Gesetz.”

Auf Anfragen bei der “Bild”-Pressestelle sowie dem “Bild”-Fotografen Gerd Nahke, wie die Zeitung in den Besitz eines Foto vom Tatort kam, das nach Ansicht der Ermittlungsbehörden praktisch nur unter illegalen Umständen entstanden sein kann, haben wir bislang keine Antworten bekommen.

Vielen Dank an Christian B.!

Nachtrag, 31. August. Nach vier Tagen und drei Anfragen haben wir eine Antwort von “Bild”-Sprecher Tobias Fröhlich erhalten. Er sagt, der Verdacht, “Bild” habe sich illegal Zutritt verschafft oder ein unter illegalen Umständen enstandenes Foto veröffentlicht, sei falsch und fügt hinzu: “Bitte haben Sie Verständnis, dass wir unsere Foto- und sonstigen Informationsquellen nicht offen legen.”

Verstrahlt

Am Samstag war die Meldung noch vergleichsweise klein (siehe Ausriss): Im anstehenden “Tatort”, so “Bild”, gehe es unter anderem um ein Mädchen, für dessen Leukämie-Tod “die Strahlen der Sendemasten einer Mobilfunk-Firma (…) verantwortlich sein” sollten. Die “Bild”-Zeitung berichtete deshalb von einem “Wirbel um den ersten ‘Tatort’ nach der Sommerpause” — zitierte dann aber eigentlich doch nur den Mobilfunk-Lobbyisten Uwe Kullnick mit den Worten:

“Die Mobilfunk-Branche erleidet einen erheblichen Image-Schaden. Es ist unnötig, eine diffuse Angst vor Strahlen zu schüren. Keine Studie belegt, dass die Funk-Einheiten Leukämie oder andere tödliche Krankheiten verursachen!”

Was das Schüren der diffusen Angst vor Strahlen anbelangt, dürfte Kullnick auch mit der heutigen “Bild”-Schlagzeile (siehe Ausriss) nicht glücklich sein. Zu Wort kommt der Lobbyist heute gar nicht mehr, dafür aber Jiri Silny. Zur einer “Bild”-Frage nach der Schädlichkeit von Sendemasten heißt es nämlich:

Sie strahlen deutlich weniger als Handys. “Die meisten Menschen wissen nicht, dass die abgestrahlten Energien von Mobiltelefonen im Vergleich zu Sendemasten um den Faktor 1000 bis 10000 höher liegen”, sagt Professor Dr. Jiri Silny vom Universitätsklinikum der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen. “Das Telefonieren mit dem Handy birgt somit ein größeres potenzielles Gesundheitsrisiko als ein Sendemast in der Nachbarschaft.” (…)

Roman Wienert, ein Kollege Silnys am Aachener Forschungszentrum für Elektro-Magnetische Umweltverträglichkeit, hält das Zitat im “Bild”-Kontext für irreführend: “Gemeint ist die Strahlung, die beim Nutzer ankommt.” Die Sendeleistung einer Basisstation betrage maximal 20 Watt. “Dass die Sendeleistung eines Handys höher ist,” so Wienert auf Nachfrage von uns, “stimmt natürlich nicht.”

Wienert hält es zudem für unwahrscheinlich, dass “Bild” mit seinem Kollegen gesprochen hat. Schließlich sei Silny gerade im Urlaub. Und überraschenderweise finden sich die Silny-Zitate aus der heutigen “Bild” nahezu wortgleich (und genau so irreführend) in einem Artikel der “Berliner Zeitung” vom 14. Mai 2003. Genauer gesagt, hieß es da vor vier Jahren:

“Viele Menschen wissen nicht, dass die abgestrahlten Energien von Mobiltelefonen im Vergleich zu den Sendemasten um den Faktor 1 000 bis 10 000 höher liegen”, sagte Jiri Silny vom Forschungszentrum für Elektro-Magnetische Umweltverträglichkeit des Universitätsklinikums der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen am Montag auf dem Deutschen Ärztekongress in Berlin. “Das Telefonieren mit dem Handy birgt somit ein größeres potenzielles Gesundheitsrisiko als ein Sendemast in der Nachbarschaft.” (…)

“Bild” schreibt heute:

“Millionen fragen sich jetzt: Wie gefährlich sind Handys und Sendemasten wirklich? BILD beantwortet die wichtigsten Fragen.”

Da wäre es natürlich schön gewesen, wenn “Bild” zur Beantwortung tatsächlich recherchiert und nicht einfach irgendwo irgendwas ungeprüft abgeschrieben hätte.

Mit Dank an die vielen Hinweisgeber für die Anregung.

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Faria, faria ho (+)
(spiegel.de, Helmut Merschmann)
Lustig ist das Zigeunerleben: Berlins digitale Bohème feiert sich auf dem Festival “9to5. Wir nennen es Arbeit” und hält die Selbstvermarktungs-Riesenmaschine in Schwung. Die Größen von Blogistan geben sich ein Stelldichein, eigentlich aber bewegt sich gar nichts.

Am siebten Tag sollst du lesen
(stern.de, Uwe Felgenhauer)
Gedrängel am heiligen Sonntag: Die “FAS” liegt aus, die “WamS”, die “BamS”, “Der Spiegel” kommt, die “Süddeutsche” will auch. Für Verlage ist der Sonntag sexy. So sexy, dass sich einige schon die Finger verbrannt haben.

“In zehn Jahren ist Google tot”
(faz.net, Georg Meck)
Ein Kölner Verlagshaus expandiert: Im Interview spricht Verleger Christian DuMont Schütte über das kurze Leben von Internetfirmen, junge Zeitungsverweigerer und sein Interesse an der ?Süddeutschen Zeitung?.

Vorsicht, Paparazzi!
(tagesspiegel.de, Sonja Pohlmann)
Mit den Foto-Handys kamen die Leserreporter. Bilanz einer umstrittenen Medienpraxis.

?Ich sehe mich auf der Seite der Schwächeren?
(fuldaerzeitung.de, Klaus H. Orth)
Der Autor Günter Wallraff über Heinrich Böll, Rollen, Recherche und den Kampf gegen Ungerechtigkeit.

Germans in Springfield
(youtube.com, Video, 2:18 Minuten)
Added: July 21, 2006

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