Die Exklusivitäts-Versprechen von Bild.de werden immer lauter — undimmergrotesker. Aktuell verspricht die Seite, als erstes das Video zu Madonnas neuer Single “4 Minutes” mit Justin Timberlake zu zeigen: heute um 17 Uhr.
Nun kann natürlich, wer will, bis 17 Uhr warten, bevor er sich das Video ansieht. Und es kann, wer will, glauben, dass das, “was wir sehen werden, noch ein großes Geheimnis ist”, wie Bild.de schreibt.
Alternativ könnte man sich das Video aber auch einfach jetzt schon ansehen. Zum Beispiel auf der MyVideo-Seite des Sat.1-Frühstücksfernsehens, wo es der Entertainment-Beauftragte Torgen schon am vergangenen Freitag veröffentlicht hat. Oder, seit Donnerstag, bei iTunes.
Und wem das zu naheliegend ist, der schaltet einfach die ehemaligen Musiksender MTV oder Viva ein. Dort hat das neue Video heute offiziell Premiere. Um 16 Uhr.
Mit Dank an Gerrit C., Malte L., Niels D. und Stefan W.!
Nachtrag, 15:10 Uhr. Bild.de hat die “exklusive” “Premiere” kurzerhand vorgezogen, bleibt aber dabei, dass es sich um eine solche handelt.
Morgen gefällt Ihnen das auch! (faz.net, Peer Schader)
Es wird geschunkelt, gebusselt und gekuschelt. Die Quoten sind hoch, das Niveau eher nicht. Über nichts im Fernsehen wird so sehr geschimpft wie über Volksmusiksendungen – doch woher kommt das eigentlich?
Martin Riemer im Interview (schulblogs.blogspot.com, Video, 8:04 Minuten)
Martin Riemer, der an einer Berliner Grundschule Schüler zum bloggen bringt, im Gespräch.
Henryk und ich (volkerstruebing.wordpress.com)
Lesebühnenautor Volker Strübing trifft Anfang 2000 auf Journalist Henryk M. Broder.
Seid umschlungen, Milliarden (zeit.de, Matthias Schönebäumer)
Berühmte Künstler verlassen ihre Plattenfirmen und schließen stattdessen Verträge mit Konzertagenturen ab. Nun verdienen sie mehr Geld, aber zu welchem Preis?
«Geld verdienen mit Blogs, reloaded» und mein Statement (blogwerk.com, Peter Hogenkamp)
“Ja, es ist die nackte Wahrheit: Wir arbeiten tatsächlich noch nicht kostendeckend aus Online-Werbung, und wir sehen uns auch nach knapp zwei Jahren Blogwerk immer noch in der Aufbauphase.”
Die “Bild am Sonntag” hat ein Foto von der verhungerten fünfjährigen Lea-Sophie, wie sie nackt und tot auf dem Obduktionstisch liegt. Und weil sie dieses Foto hat, zeigt sie es. Und sie zeigt es, weil sie es hat. Eine Großaufnahme ihres Gesichtes. Bild.de wirbt zusätzlich noch mit einem Bild von der ganzen abgemagerten Leiche.
Es war der “Bild am Sonntag” aber nicht genug, dieses erschütternde Foto zu zeigen. Sie musste diese Entscheidung auch noch als einen selbstlosen Akt verbrämen. Als eine Veröffentlichung, die gut ist. Gut nicht nur für die “Bild am Sonntag” und die Klickzahlen von Bild.de (und den “Bild”-Fotografen, der dieses Foto besorgt hat). Sondern gut für die Gesellschaft. Gut für uns alle. Gut für die von ihren Eltern vernachlässigten und misshandelten Kinder in Deutschland. Die sind dadurch, dass die “Bild am Sonntag” die tote Lea-Sophie millionenfach zur Schau stellt, offenbar weniger bedroht.
Es ist ein Schock-Foto. Und wir haben lange diskutiert, ob es richtig ist, eines dieser schrecklichen Obduktionsfotos zu zeigen. Nach Abwägung aller Argumente haben wir uns dazu entschlossen, es zu tun.
Denn wir wollen, dass so etwas nie wieder in Deutschland passiert!
Kritische Masse, digitale Elite, Markus Bleckebach.
Unter dem Motto “die kritische Masse” fand zum zweiten Mal in Berlin die Konferenz re:publica statt. Nicht nur der Ort war der Gleiche, sondern auch auf den Podien sassen oft die gleichen Leute wie im Jahr zuvor, die dann auch oft noch die gleichen Themen wie im Jahr zuvor behandelten. Für Benedikt Köhler beispielsweise war vieles selbstgefällig, ihm fehlte die Kontroverse und der Blick in die Zukunft: “Es ist schon etwas merkwürdig: Einerseits neigen die Blogger dazu, sich als Gegenveranstaltung darzustellen. Andererseits ist aber jeder zur PR in eigener Sache unterwegs.” Über die kritische Masse vermochte immerhin dieser per SMS verschickte und an der SMS-Wand hinter dem Podium im grossen Saal publizierte Beitrag aufzuklären. Read On…
Ist aber auch, wenn man sich das Foto ansieht, kein Wunder. Dieses Hochhaus, rechts hinter dem Dogenpalast, verschandelt in Venedig echt ganz schön das historische Stadtbild.
Vielen Dank an Gabi für den sachdienlichen Hinweis!
*) Korrektur: Wir selbst hatten Macao zunächst für Las Vegas gehalten.
Es sind aufregende Tage für “Bild”-Reporter Sebastian Rösener und seine Kollegen aus Bremen. Nicht nur die Polizei, auch “Bild” sucht diejenigen, die vor zwei Wochen durch den Wurf eines Holzklotzes von einer Autobahnbrücke eine Frau töteten. Einen kleinen Einblick in die Arbeitsweise der “Bild”-Leute gibt der folgende Bericht, den uns Manuela, eine Mutter, geschickt hat:
Tja, das “Hilfe, ich bin in ‘Bild'” habe ich ein klitzekleines bisschen zu spät gelesen… da hatte sich “Hallo, hier ist Sebastian…” schon wieder bei meiner Tochter gemeldet.
Gegriffen hat er sich das Mädel am Tag nach dem Holzklotzwurf auf der A29, als sie mit unseren Hunden unterwegs war — wir wohnen dort. Nicht auf der A 29, aber daneben und ungefähr 500 Meter Fluglinie vom ursprünglichen Einschlagsort entfernt…
Marie kam nach Hause an dem Tag: “Ich muss unbedingt sofort Fynn anrufen…” Ich habe gefragt, wieso, und sie erzählte mir, dass Reporter sie ausgequetscht hatten. Erst wusste sie nicht mal, von welcher Zeitung (oder mochte mir das nicht sagen, kann auch sein). War aber schon zu spät, weil sie nämlich auf Jens [Name von uns geändert] hingewiesen hatte. Nach einer Erklärung, was ich davon halte und dass gerade die Blödzeitung nicht grad zur Aufklärung beiträgt, hat sie das auch schnell verstanden, Fynn wurde nicht angerufen.
Am nächsten Tag hat Marie (15 und blond) die Zeitung gekauft und sich den Artikel durchgelesen… Fand sie erst nicht schlimm, aber als ich ihr dann ein paar Sachen erklärt habe, hat sie es so langsam begriffen, das da ziemlich viel verkehrt läuft.
Jens, mittlerweile auch Telefonopfer von “Sebastian von der ‘Bild’-Zeitung”, hat recht schnell die Nase voll gehabt und beschlossen, nichts mehr mit “Bild” zu tun haben zu wollen.
Tja, dann kam das Fahndungsfoto raus — und sofort klingelte abends um kurz vor zehn nicht nur das Handy meiner Tochter, nein, auch Jens wurde wieder belästigt. “Bist du noch ein ganz kleines bisschen wach? Dann würde ich vorbei kommen und dir das Bild zeigen!” Jens gab an, Kopfschmerzen zu haben, und so wurde ihm das Fahndungsbild am Telefon geschildert. Jens hat aber dazu nichts mehr gesagt.
Als Marie von “Sebastian” angerufen wurde, hat sie ihn an mich verwiesen und mir das Handy gegeben. Und es war echt ein klasse Gespräch, ich wusste gar nicht, das Reporter so dermaßen arme Socken sein können, zu blöd, um zu kapieren, dass die Aufklärung der Straftat eine Sache der Polizei ist und sachdienliche Hinweise viel besser bei Herrn Weiß oder Herrn Krüder, dem Kontaktpolizisten von Maries Schule aufgehoben sind. Dann wollte man mir sachliche und faire Berichterstattung weis machen — und mit Herrn Wagner nichts zu tun haben. “Der sitzt in Berlin, mit dem haben wir nichts zu tun, WIR sind sachlich und objektiv!” Soso, warum dann die gezielte Wortwahl im Artikel, konnte er mir auch nicht erklären. Dumm gelaufen.
Ob ich denn die letzten Tage die “Bild”-Zeitung gekauft hätte — nein habe ich nicht. “Wie schade! Da hätten Sie mal sehen können, wie sachlich wir berichtet haben!” Jupp…
Gestern musste ich dann Marie wegen Kopfschmerzen von der Schule abholen, und nachdem ich wegen eines Fernsehteams vor der Schule quasi eine Vollbremsung hingelegt habe, um denen nicht durchs Bild zu fahren, stand an der Bushaltestelle ein rotbrauner alter Kombi, Ford oder so mit Bremer Kennzeichen. Meine Tochter: “Das sind die ‘Bild’-Reporter!”, und man sah auch einige sehr glückliche Mädels mit irgendwelchen Blättern vom Auto weggehen…
Hm, irgendwie war ich etwas schusselig, ich hätte den Wagen fotografieren sollen. Da der sicherlich nicht das letzte Mal dort auftaucht, werde ich Marie und friends bitten, das zu tun. Die nächste Schülerzeitung kommt bestimmt — und dann könnte man ja in “Bild”-Manier über die “Bild” berichten… ich schreibe auch gerne einen Gastkommentar…
Im vergangenen Jahr klagte “Bild”-Chefredakteur Kai Diekmann in der evangelischen Zeitschrift “Chrismon” über den Niedergang der deutschen Sprache. Der “Variantenreichtum des Deutschen” sei dahin — “und damit auch Nuancierungen, Redefiguren, Subtext”. Die “voranschreitende Analphabetisierung der deutschen Gesellschaft” führe dazu, dass “selbst einfachste Kommentare oder Meldungen” missverstanden würden — was seine Zeitung vor “grundsätzliche Darstellungsfragen” stelle.
Nun wissen wir nicht, ob dieser Artikel von gestern aus dem Online-Angebot von “Bild”, dessen “Content-Vorstand” Diekmann ist, schon eine Antwort auf diese “grundsätzlichen Darstellungsfragen” ist. Oder eher ein Beleg für den Anteil von “Bild” an der angeblichen Analphabetisierung. Jedenfalls verzichtet er weitgehend auf die in der deutschen Sprache vorhandenen Nuancierungsmöglichkeiten, um den Zeitpunkt und die Abfolge von Ereignisses deutlich zu machen. Er geht so:
Diese Berliner Promis demonstrieren nackt
Nippel-Attacke gestern vor der britischen Botschaft in Berlin: Aktivisten einer Tierschutzorganisation demonstrierten nackt gegen die Bärenjagd (BILD.de berichtete). Auch Berliner Promis setzen sich für den Schutz von Tieren ein — und zwar mit vollem Körpereinsatz!
Für die Organisation Peta (…) ziehen unter anderem die Schauspieler von “GZSZ”, Sänger Ben und viele andere Stars und Sternchen aus der Hauptstadt blank! (…)
Testfrage: Wann haben sich die “GZSZ”-Darsteller, Ben und die anderen (“Diese Berliner lassen nackte Haut sprechen”) ausgezogen? Vor, während oder nach der “Nippel-Attacke” vom Donnerstag?
Sie werden es nie lernen (Stefan Niggemeier)
Die Berliner Zeitung hat eine neue Webseite und Online-Chefin Ahlrichs bittet um Kommentare. “Seit fünf Stunden füllt Leser um Leser, wie gewünscht, seinen Frust und seine Fragen in das Kommentarfeld am Ende des Artikels. Seit fünf Stunden gibt es keine Reaktion von Frau Ahlrichs.”
Zeitungen sind keine Schuhfabriken (Süddeutsche, Hans-Jörg Heims)
“Die Glaubwürdigkeit der Berliner Zeitung ist durch das Schweigen ehemaliger Stasi-Zuträger beschädigt. Aber wegen der unbewältigten Vergangenheit muss sich das Blatt keine Sorgen um die Zukunft machen. Gefährlicher ist, dass renditesüchtige Manager die Zeitung auch heute wie eine Schuhfabrik behandeln.”
Ebay Would Be Nuts to Sell Skype (Wired.com, Betsy Schiffmann)
Ein Gerücht geht um in der Mediendienst-Schnippselverwerter-Klatschpresse: Google. Skype. Wired.com hält dagegen: “If we’re to believe the rumors, Google is considering a Skype acquisition. Or partnership. Or something big! And while we don’t doubt Skype would make a hot little trophy for Google, we’re not sure what eBay would get out of a deal right now.”
Bloß kein Happy End (Der Umblätterer, Andreas Vogel)
Das neue amerikanische Kino spielt mit Formen, besetzt Filme gegen alle Erwartungen und produziert packende, gute Filme – ohne Happy End und mit Ecken und Kanten. Andreas Vogel listet in seinem Essay derart viele herausragende aktuelle Beispiel auf, dass ich gleich ins Kino verschwinden möchte. (via Mail)
Re:publica in der Presse: Fett, dich gibt’s real (Welt Online, Jan C. Wehmeyer)
“Sie lesen viel voneinander, doch wissen meist kaum, wer auf der anderen Seite des Internetkabels sitzt: Hunderte Web-Akteure treffen sich deswegen wieder auf der re:publica in Berlin, um zu reden und sich kennezulernen. Im Mittelpunkt stehen mal wieder Blogs und soziale Netzwerke.”