Neuigkeiten vom Mond

Gertrud Höhler (67), Unternehmensberaterin, CDU-Politikerin und u.a. Ex-Beraterin von Kai Diekmanns Trauzeugen sowie ehemalige Professorin für Literatur an der Universität Paderborn (oder auch, wie “Bild” vor knapp drei Wochen schrieb, “Deutschlands bekannteste Management-Beraterin”), stand der “Bild”-Zeitung gestern für deren Aktion “öffentliche Blattkritik” zur Verfügung. Ihre Kritik war… wie sagen wir’s… überraschend. Wir dokumentieren einige Höhepunkte:

  • Wer “Bild” nicht liest, gibt Auskunft darüber, dass er politisch unreif ist.
  • Herr Seehofer hat offenbar in dieser Redaktion viele Feinde. Warum haben Sie den denn drei Mal plattmachen lassen in dem Blatt, in der heutigen Ausgabe? Warum? Also das hat eine Tendenz, die man sonst bei “Bild” nicht findet. Einseitigkeit.
  • Die Frage mit der Menschenwürde… Ich muss Ihnen sagen: Wenn man blättert und sucht und sich fragt, warum stellen die [die Kritiker] diese Frage überhaupt, dann wird einem folgendes Prinzip deutlich: Wenn da Dinge die Würde der Menschen antasten, dann macht “Bild” das über Zitate der Betroffenen – die verletzen selber ihre Menschwürde. Und da kann man dann nur noch fragen (…): Müssen wir jetzt darüber nachdenken, was die Menschwürde der Leser verletzt? Aber ich finde es vom Journalistischen her beispiellos und sehr virtuos, wie diese Zeitung es schafft, Dinge, die Grenzen überschreiten, zu zitieren, von anderen sagen zu lassen, tun zu lassen und entsprechend zu bebildern, sodass das Thema Menschenwürde eigentlich nicht eins ist, was man Ihnen vorhalten kann. Also ich müsste lange suchen. Ich hab’ hier nichts gefunden.
  • Ich finde eine gewisse Balance-Störung, weil Sie natürlich das Monströse, das Grausame, das Negativ-Außerordentliche, das Schaurige, das Böse besonders ausführlich zeigen. Ich komme jetzt nicht mit einem Plädoyer dafür, dass Sie die erfreulichen Dinge zeigen sollen, sondern ich sage: Einen Neben-Effekt hat das – dass der Normalo (…) endlich begreift, welchen Vorsprünge er vor den Leuten hat, die auf besonderen Plätzen sind. Das ist ungeheuer wichtig. Das ist ein alltägllicher Tugendvorsprung, den der Normal-Mensch vor denen hat, die in höheren Positionen sind oder eben durch Publizität großen Versuchungen ausgesetzt sind. Ich glaube, dass bei der Affinität der Zeitung das eine große Rolle spielt – dass man sie für diese Bestätigung sich besorgt, weil man ja oft im Alltagsleben häufig gedemütigt und eingeschüchtert wird. Und da spürt man, wo man Vorsprünge hat.
  • Und gleichzeitig bin ich ja, wenn ich die Zeitung habe, ein Voyeur; ich bin einer, der Bescheid weiß (…); ich bin jemand, der mit den großen Themen jeden Tag so bekannt gemacht wurde, dass ich die Vokabeln auch wieder ausspucken kann, die ich da kriege. Darum geht’s ja: (…) Wenn ich das Ding gelesen hab, dann kann ich von den Sachen sprechen. Und gleichzeitig wird das ja nicht weggeschluckt. Sie finden das halt in den anderen Blättern nicht, und deshalb finde ich das so großartig.
  • Und zur Vielfalt noch mal: Wir haben ja heute wieder von der Frau mit dem Beil gehört. Das ist natürlich auch ‘n toller Frauen-Auftritt, dass sie dem Alten da das Leben… nicht ausbläst, sondern weghaut – mit’m Beil. Und gleichzeitig blätterst du ein Stückchen weiter: “Wie mache ich meinen Garten winterfest?” Das ist die Welt, in der wir leben. Das ist wunderbar. Diese Vielfalt. Das nenn’ ich auch Meinungsfreudigkeit. Und andere Zeitungen schreiben das über sich und bieten es eigentlich nicht.
  • Und dann noch was ganz allgemeines zu Schluss: Was ist diese Zeitung? Man denkt darüber so oft nach. Ich glaube, (…) was ihren Erfolg verursacht, ist es vor allem: Sie ertappt uns jeden Tag bei Wünschen, die wir nicht zugeben (…); bei Neugierden, für die wir uns schämen; bei Sehnsüchten nach ganz einfachen Antworten – zum Beispiel, dass gut gut und böse böse sein soll. Und sie sorgt für ganz starke Gefühle, die wir sonst nirgendwo mehr kriegen. Das heißt: Es ist im allerbesten Sinne eine Spiegelung der Welt, in der wir leben – aber jeden Tag mit Erklärungen, wie wir damit umgehen, um unsere Ängste zu bannen. (…) Das Kuriose ist: “Bild” berichtet täglich über außerordentliche, unheimliche Dinge. Aber: “Bild” bannt Ängste. Das heißt: Die Anhänglichkeit von Millionen Lesern hat sehr viel seriösere Gründe als allgemein gesagt wird. Vielen Dank.

“Bild”-Chef Kai Diekmann bedankte sich seinerseits für Höhlers 13-minütige Kritik mit den Worten: “Jetzt mag ich eigentlich gar nix mehr sagen (…).” Wir schließen uns an.

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1. “Taugt die ‘Flip’ für redaktionelle Arbeit?”
(onlinejournalismus.de, Roman Mischel)
Taugt die Videokamera Flip, die etwas über 100 Euro kostet, auch für eine seriöse journalistische Online-Videoberichterstattung?

2. “Ab dem Jahr 2000 kam alles anders”
(medienspiegel.ch, Rolf Hürzeler)
Rolf Hürzeler analysiert den rasanten Wandel der konsumierten Medien im Pendlerzug zwischen St. Gallen und Zürich.

3. Dmitri Medwedew, neuer Videoblogger
(krusenstern.ch, Jürg Vollmer)
“Der russische Präsident Dmitri Medwedew hat seinen ersten Video-Blog ins Internet gestellt. Im Video-Blog auf der Website des Kreml spricht Medwedew über die heute beginnende World Policy Conference.” Gebloggt wird auf kremlin.ru, der Website des Kreml, wo auch gleich eine Übersetzung seiner Worte auf englisch bereit steht.

4. “Presse ist Vergangenheit”
(sueddeutsche.de, Leif Kramp)
Interview mit Jeff Jarvis: “Heutzutage gerieren sich zu viele Redakteure und Verleger als Opfer des Schicksals, die hilflos mit ansehen müssen, wie ihre Leser online gehen und entweder informative Alternativen finden oder ihre Nachrichten gleich selbst generieren. Sie verharren einfach nur ängstlich, bis die Budgetaxt auf sie niedersaust, obwohl sie eigentlich darüber nachdenken sollten, wie sie Redaktionen und Geschäftsmodelle neu erfinden können.”

5. “The many lives of Arianna Huffington”
(newyorker.com, Lauren Collins)
Der New Yorker mit einem laaangen Portrait von Arianna Huffington, Gründerin der Huffington Post.

6. “Papa schreibt das so oder so auf”
(faz.net, Johanna Adorján)
Zu Besuch bei der sympathischen Familie Kaminer. “Wladimir: ‘Literatur muss das Leben schildern, so wie das Leben ist. Publizistik schildert es so, wie es sein soll. Publizisten müssen vorher fragen, ob es okay ist, etwas zu veröffentlichen.’ Sebastian: ‘Stimmt gar nicht.'”

Das verräterische Hartz

Und wie lautet das Wort, das wir aus dem Bild.de-Teaser ausgeschnitten haben? Genau:

 

Mit Dank an Gereon H., Erich D. und Dieter S.

6 vor 9

1. “Sturm im ­Blätterwald”
(nzzfolio.ch, Karl Lüönd)
In einem langen, lesenswerten Stück arbeitet Karl Lüönd die Geschichte der Gratiszeitungen auf. Warum sich Gratiszeitungen in Deutschland nicht etabliert haben? “Dafür gibt es zwei mögliche Erklärungen: Die eine ist, dass sich die mächtigen deutschen Lokalverleger freigekauft haben. Die andere, dass der Erfolg im grossen deutschen Markt nur zu haben gewesen wäre, wenn man auf mindestens acht grossen Märkten vertreten gewesen wäre, was eine Investition von 450 bis 500 Millionen Euro bedeutet hätte.”

2. “Sacha Wigdorovits steigt bei ‘.ch’ aus”
(persoenlich.com)
Der Krieg auf dem schweizer Gratiszeitungsmarkt fördert derweil Opfer: “Die Gratiszeitung wird nur noch über Boxen auf öffentlichem Grund verteilt. Die Hauszustellung wird eingestellt. Der bisherige Delegierte des Verwaltungsrates, Sacha Wigdorovits, tritt von seinen Funktionen zurück und scheidet aus dem Verwaltungsrat aus.”

3. “Chinesischer Fernsehsender kopiert ProSieben-Design”
(dwdl.de, Thomas Lückerath)
“ProSieben prüft derzeit juristische Schritte gegen den chinesischen Fernsehsender CQTV. Dies bestätigte ProSieben-Sprecherin Tina Land am Montagabend gegenüber DWDL.de. Es geht um ein offensichtliches Plagiat eines früheren Openers der ProSieben-Nachrichten ‘Newstime’. DWDL.de zeigt zum Vergleich beide Opener.”

4. “Blogs im US-Wahlkampf”
(tagesschau.de, Klaus Kastan)
“Aus dem Präsidentschaftswahlkampf in den USA sind Internet-Tagebücher längst nicht mehr wegzudenken. Davon profitiere vor allem Barack Obama, meinen US-Medien. Medienwissenschaftler behaupten dagegen: Der tatsächliche Einfluss der Blogger auf die Wahl wird überschätzt.”

5. “Kopieren oder Zitieren: Vier Regeln für ‘freundliche Übernahmen'”
(meedia.de, Georg Altrogge)
Der Spiegel kopiert eine Titelgeschichte des Atlantic, das Süddeutsche Zeitung Magazin kopiert eine Titelgeschichte des New York Magazine, Dummy kopiert ein Titelblatt der Vanity Fair. Wie weit sollen diese “Adaptionen” gehen?

6. “Aktuelle Leseempfehlung”
(approx.antville.org)
Zur Finanzkrise eine Seite aus dem Lustigen Taschenbuch 205: Onkel Dagobert prüft die Geschäfte eines Kaugummiautomaten-Konzerns.

Die Maß ist voll

"Tolle Bilanz für Oktoberfest–Chefin Gabriele Weishäupl (61). 2008 kamen trotz schlechten Wetters und hoher Bierpreise (bis zu 8,30 Euro/Maß) wieder mehr als sechs Mio. Besucher auf das größte Volksfest der Welt. Der Bierverkauf hat sogar leicht zugelegt."Tolle Bilanz für Oktoberfest-Chefin Gabriele Weishäupl (61): Die “Bild”-Zeitung hat das “größte Volksfest der Welt” im KlatschRessort aufopferungsvoll und minutiös begleitet – und macht Weishäupl heute sogar zur “Gewinnerin” (siehe Ausriss).

Allerdings scheint man bei “Bild” noch etwas bierselig zu sein. Zwar kamen offenbar tatsächlich “wieder” rund sechs Millionen Besucher. Aber 2007 waren es 200.000 mehr. Und der Bierverkauf hat nicht “leicht zugelegt”, sondern abgenommen. Statt 6,9 Millionen Maß wie noch 2007 wurden dieses Jahr 300.000 Maß weniger verkauft. Und auch sonst lief es überwiegend nicht so toll – außer eben in “Bild”.

Mit Dank an Manuel B. für den sachdienlichen Hinweis.

6 vor 9

1. “Zum Relaunch-Jahrestag der FAZ”
(umblaetterer.de, Marcuccio)
Der Umblätterer feiert den ersten Jahrestag des Relaunchs der Frankfurter Allgemeinen mit einer Typologie der darauf reagierenden Leser, geschmückt mit Zitaten aus Leserbriefen. Gesammelt wurden 10 Lesertypen vom “Abbesteller” über den “Beschwerdeopportunist” bis zum “Mythenfortschreiber”.

2. Kurt W. Zimmermann im Interview
(persoenlich.com, Matthias Ackeret)
Kurt W. Zimmermann erzählt im Interview vom Südtiroler Wochenmagazin ff, bei dem er als “Verleger und verantwortlicher Direktor” agiert: “Bei uns ist die Mediaplanung ja eine Art Computerwissenschaft, in der nüchterne Reichweiten und TKPs eine entscheidende Rolle spielen. In Italien gibt es viel mehr Beziehungsdelikte, man muss also mit den Kunden andauernd Kaffee trinken gehen.”

3. “Gratis und doch nicht gratis”
(blick.ch, Bernhard Weissberg)
In seinem Scheff-Blog dankt Bernhard Weissberg allen Zeitungskäufern: “Das Netz suggeriert, dass Information und Vertiefung gratis ist. Ist es aber in Wahrheit nicht. Ob auf dem Internet genügend zu verdienen ist, um journalistische Arbeit finanzieren zu können, muss sich erst noch zeigen. Deshalb sind wir weiterhin froh um jeden Zeitungskäufer. In dem Sinne: Danke, liebe Nicht-Gratis-Leser!”

4. Interview mit Jürgen Todenhöfer
(sueddeutsche.de, Caspar Busse und Hans-Jürgen Jakobs)
Jürgen Todenhöfer macht zu seinem Abschied bei Burda Voraussagen: “Mit gut gemachten Zeitungen und Zeitschriften kann man noch mindestens 50 Jahre richtig gut Geld verdienen.”

5. “Falsche Opferrolle”
(blogmedien.de)
“Anmerkungen zur Reaktion des hr-Intendaten Helmut Reitze auf das Urteil gegen seinen früheren Sportchef Jürgen Emig.”

6. Österreich wiederverwertet Interview
(ots.at)
“Der Pressedienst der Grünen hält fest, dass das heute in der Tageszeitung ‘Österreich’ veröffentlichte Interview mit Eva Glawischnig in dieser Form niemals stattgefunden hat.”

Wochenrückblick Nr. 40

Hunde statt Aktien, Nahles statt Palin, Standart statt Standard und silsicheres Deutsch in unserem Rückblick auf die 40. Kalenderwoche des Jahres.

Sarah Nales und Andrea Palin. Oder so. (Bilder Keystone)

In unserer abgekupferten Serie “schlecht geklont” präsentieren wir nach Roger Köppel und Roland Nef diesmal: Andrea Nahles und Sarah Palin. Auch das ist nicht unsere Idee, wenn man diesem Flickr-Bild glauben schenken darf, stammt der grandiose Einfall die Verwechslung von der Online-Redaktion der FAZ.

Ein Mitarbeiter der vom Tamedia-Verlag diese Woche offiziell übernommenen Suchmaschine search.ch schrieb in einem Blogeintrag über die aus seiner Sicht nicht optimale Aufnahme in den Konzern: “Ich habe den Informationsanlass frustriert verlassen und bin auch nicht zum anschliessenden Apero geblieben.” Obwohl im Impressum des Blogs der Inhaber des Blogs, für alle einsehbar, zu lesen ist, schrieb der Kleinreport von einem “anonymen Blogger”. Etwas weiter oben im Text spricht der ältliche Branchendienst, der offenbar noch immer nicht das Geheimnis des Verlinkens entdeckt hat, es sei der “Name der Redaktion bekannt”. Was bleibt dem Kleinreport-Leser in Erinnerung? Anonyme Blogger mit mieser Stimmung. Nachprüfen kann er die Meldung nicht.

Read On…

6 vor 9

1. Oscar Bronner im Interview
(falter.at, Armin Thurnher)
“Er hat Österreich mit den Magazinen ‘trend’ und ‘profil’ verändert. Jetzt wird sein ‘Standard’ zwanzig. Der Journalist, Maler und Zeitungsgründer Oscar Bronner über sein Wirken und Schaffen in Wien und New York.”

2. “Die Gefährdung der Öffentlichkeit durch entbettete Medien”
(nzz.ch, Kurt Imhof)
“Erst im neoliberalen Gesellschaftsmodell erfolgte im Rahmen der Globalisierung der Wirtschaft und des Zerfalls der Parteimilieus die Entbettung der Medien von ihren sozialen Bindungen. Diese Entwicklung wird zum entscheidenden Faktor der Zerstörung der Balance zwischen Öffentlichkeit und Privatheit. Die Entbettung der Medien machte sie zu reinen Renditeunternehmen.”

3. “Der Fall Jürgen Emig”
(faz.net, Michael Hanfeld)
Grosses Dossier von faz.net zum Bestechungsskandal um den ehemaligen Sportchef des Hessischen Rundfunks: “Emig muss wegen Untreue und Bestechlichkeit für zwei Jahre und acht Monate ins Gefängnis. Über einen Zeitraum von fünf Jahren hinweg hatte er, wie das Gericht festhält, 440.000 Euro in die eigene Tasche gewirtschaftet, dabei sei ein Schaden von mindestens 285.000 Euro für den HR entstanden.”

4. “Ausreden fürs Ausziehen”
(einestages.spiegel.de, Benjamin Maack)
“Einfach blank ziehen ging gar nicht: Weil sexuelle Stimulation lange Zeit als Vorstufe zur Geisteskrankheit galt, mussten die Männermagazin-Pioniere erfinderisch sein. Als Kunstmagazin oder FKK-Postille getarnt, brachten sie ihre Hefte an den Mann – dabei ging es auch vor über hundert Jahren nur um eines.”

5. “Artisten im Wirklichkeitszirkus”
(freitag.de, Katrin Schuster)
“Sarah Kuttner, Charlotte Roche und Stefan Raab heißen drei von denen, die keine Journalisten sind, aber oftmals die interessanteren Fragen stellen; die auch keine Schauspieler sind, obwohl der Umgang mit der Kamera ein durchweg lockerer, gleichsam unbewusster ist.”

6. “Warum ich nicht mehr Lehrer bin”
(dasmagazin.ch, Martin Beglinger)
“An dieser Stelle soll nur ein einziger Lehrer zu Wort kommen: ein 35-jähriger Sekundarlehrer, den wir hier Bernhard Lorenz nennen. Der Mann will anonym bleiben. Aber umso offener redet er darüber, warum er seinen Beruf, den er im Grunde so liebt, nach sechs Jahren aufgegeben hat. Und warum so viele seiner Kolleginnen und Kollegen frustriert in der Schule zurückbleiben.”

Symbolfoto LV

Ein britisches Service-Unternehmen, das bei Autounfällen hilft, hat offenbar die Ergebnisse einer Studie veröffentlicht, die einen Zusammenhang zwischen der Häufigkeit von Verkehrsunfällen und dem Sternzeichen der Unfallbeteiligten herstellt. (In den vergangenen Jahren haben dasselbe u.a. auch schon ein britisches Fuhrparkverwaltungsunternehmen, ein australischer Finanzdienst und sonstwer gemacht; ein Online-Versichungsmakler bietet sogar ein Buch und eine Website zum Thema an.) Aber natürlich — obwohl wahrscheinlich wissenschaftlicher Mumpitz — wird die PR-Meldung auch diesmal von zahlreichen Medien weiterverbreitet. Auch von Bild.de. Ist doch witzig!

Und nun zu etwas ganz anderem, weniger witzigem:

Am Nachmittag des 9. Juni dieses Jahres, also vor ca. vier Monaten, bog ein blauer Opel Astra in Scharbeutz bei Lübeck in eine Bundesstraße. Die 25-jährige Fahrerin übersah dabei einen von links kommenden Lastwagen, der den PKW auf der Fahrerseite rammte und quer über die Fahrbahn schleuderte. Das Auto stürzte eine fünf Meter tiefe Böschung hinunter und überschlug sich; die Fahrerin wurde im Auto eingeklemmt, erlitt lebensgefährliche Verletzungen, musste mit dem Rettungshubschrauber ins Krankenhaus geflogen und dort in ein künstliches Koma versetzt werden. Zwei Wochen später berichtete die “B.Z.”, die junge Frau liege weiterhin im Koma, die Ärzte seien aber zuversichtlich, dass sie überlebe…

Der tragische Unfall ist deshalb so gut dokumentiert, weil auf dem Beifahrersitz des Wagens ein populärer Schriftsteller saß, der weniger schwer verletzt wurde, und viele Medien berichteten (“Bild” schrieb damals “Horror-Crash”) — nur: Was hat das jetzt alles mit der “Unfall-Astrologie”-Meldung auf Bild.de zu tun?

Nun. Die Bild.de-Redaktion hat sich entschieden, die alberne Meldung nicht mit irgendeinem harmlosen Auffahrunfall o.ä. zu bebildern und anzuteasern, sondern dafür (vermutlich auch zur Freude der Betroffenen oder Freude und Verwandten) kurzerhand ein Foto des total zerbeulten Autowracks vom “Horror-Crash” in Scharbeutz aus dem Archiv geholt.

Mit Dank an Stefanie für den Hinweis.

Dr. House schockt Bild.de

Und was meinen die Leute von Bild.de, wenn sie von einem “Schock-Geständnis” sprechen? Dass der britische Schauspieler zum Beispiel sechs Jahre nach dem Londoner “Evening Standard” drei Jahre nach der britischen “Times” und ein Jahr nach dem australischen “Daily Telegraph” nun auch der “Bild”-Schwesterzeitschrift “Bild der Frau” verriet, was seit elf Monaten auch in der deutschen Wikipedia steht: dass er an Depressionen leidet.

Mit Dank an Jens D., Moritz S. und Balin.

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