“Bild”-Redakteurin kommt vor Gericht

Die “Bild”-Redakteurin Angela Wittig wird sich demnächst wegen des Vorwurfs der Üblen Nachrede vor Gericht verantworten müssen.

Der Brief in “Bild”:

"Abrechnung mit der Justiz-Mafia"Der Leipziger Justiz-Sumpf – er wird immer tiefer… BILD wurde jetzt der Brief eines gewissenhaften Juristen (…) zugespielt. Schon 2001 beklagte der Briefschreiber die Existenz einer Immobilien- und Justiz-Mafia sowie die merkwürdige Rechtsprechung [von] Günther Sch. (…) “Nur leider die Großen der Politik und bei den Robenträgern können in Leipzig schalten und walten wie sie wollen. Da wird sich bereichert und die günstigen Immobilien (…) hin und her geschoben.”
(“Bild”, 30.6.2007)

Wittig hatte im Sommer 2007 unter der Überschrift “Wie ein gewissenhafter Richter schon 2001 gegen Kollegen protestierte – Abrechnung mit der Justiz-Mafia” in einem “Bild”-Artikel über einen Brief an den früheren Präsidenten des Leipziger Landgerichts berichtet. In dem Brief hatte ein namentlich nicht genannter vermeintlicher “gewissenhafter Jurist” schwere Vorwürfe gegen die Leipziger Justiz und insbesondere den Richter “Günther Sch.” des Landgerichts erhoben. Wittig zitierte damals ausführlich aus dem in holprigem Deutsch verfassten Schreiben (siehe Kasten).

Wegen dieser Berichterstattung erließ das Amtsgericht Leipzig Ende vergangenen Jahres auf Antrag der Staatsanwaltschaft Strafbefehl gegen Angela Wittig, wie uns eine Gerichtssprecherin jetzt auf Anfrage sagt. Wittig habe Einspruch gegen den Strafbefehl eingelegt, weshalb es demnächst zur Hauptverhandlung kommen werde. Ein Termin dafür stehe noch nicht fest, so die Sprecherin.

  • Mehr über die “Bild”-Redakteurin auch hier und hier.

Modelle, Wissenschaft, Pressefreiheit

1. Pressefreiheit in Italien
(tagesschau.de, Stefan Troendle)
“In einer Demokratie sollten Medien eigentlich unabhängig von der Politik sein. In Italien kann davon keine Rede sein: Die wichtigsten Fernsehsender kontrolliert Regierungschef Berlusconi ohnehin selbst. Und gegen unliebsame Konkurrenz erlässt er notfalls Gesetze.”

2. Pressefreiheit in der Türkei
(faz.net, Karen Krüger)
“Ministerpräsident Erdogans Kampf gegen die Medien: Besonders unlieb sind ihm die Zeitungen der Dogan-Gruppe. Dem mächtigen Konzern droht eine gewaltige Steuerstrafe, die seine Existenz gefährdet. Die Pressefreiheit der Türkei steht auf dem Spiel.”

3. “Die Zukunft journalistischer Produkte: Wer finanziert wen woraus?”
(zeitungsperspektiven.de, Christopher Buschow)
Zeitungsperspektiven.de macht eine Tabelle mit 5 Modellen, die den Journalismus (zukünftig) finanzieren könnten: 1. Das Kuppelprodukt, 2. Paid Content, 3. Die Lizenzierung, 4. Crowdfunding / Mäzenentum, 5. Die Querfinanzierung.

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“Topmodel” Tessa wehrt sich gegen “Bild”-Video

Manche Dinge lassen sich ganz schnell erzählen.

In der Nacht zum 19. Februar veröffentlichte “Bild” im Internet ein Video, das die 19-jährige Tessa Bergmeier (momentan Kandidatin der Pro7-Show “Germany’s next Topmodel”) zeigte. Es war ein wackeliges Privatvideo, aufgenommen von Bekannten – und zeigte Tessa im Spätsommer 2008, wie sie nachts am Rande eines Kornfelds im Scheinwerferlicht eines Autos posierte und anzügliche Bewegungen machte. Sie war kaum bekleidet und offensichtlich stark angetrunken. Besonders freizügige Sequenzen wiederholte “Bild” in Zeitlupe und textete:

Wer tanzt da betrunken durch Nacht und Wind? Es ist Tessa, das betrunkene Kind. Sie torkelt rum, sie fällt fast um, das “Topmodel” von Heido Klum. (…) Ja, ‘ne echt geile Show. Das wird bestimmt Heidi Klum genauso sehen…

Inzwischen ist das Video auf Bild.de verschwunden.

Nach unseren Informationen war Tessa nicht einverstanden, dass “Bild” die “echt geile Show” privaten Szenen ohne ihr Wissen mit der Öffentlichkeit teilte (in der sich das Video unter Berufung auf “Bild” weiter- und weiterverbreitete) – und hat mit Unterstützung eines Anwalts dafür gesorgt, dass “Bild” das Video aus dem Online-Angebot entfernt. Dort heißt es jetzt nur noch, dass das Video “BILD vorliegt”.

  • Mehr zu “Bild” und GNTM hier.

Also, was diese Behörden bloß immer haben…

Es ist ungewöhnlich freundlich von der “Bild”-Zeitung, dass sie heute (direkt neben die nebenstehende Frage) ein großes Foto aus der Küche eines Berliner Restaurants abdruckt, in der alles pikobello aussieht. Und das, obwohl dort doch Berliner Lebensmittelkontrolleure “u.a. Rattenbefall, verdreckte Küchengeräte und faulige Lebensmittel” festgestellt haben wollen – weshalb das Restaurant von einer “Berliner Behörde” am Montag zusammen mit weiteren gastronomischen Betrieben “an den Internet-Pranger” gestellt werde:

Nach BILD-Informationen soll das [Restaurant] auf der Ekel-Liste stehen.

Woher “Bild” ihre “Informationen” hat, wissen wir nicht. Wir wissen nur, dass die “Berliner Zeitung” bereits einen Tag vor “Bild” über die geplante (und umstrittene) Negativ-Liste der Pankower Veterinär- und Lebensmittelaufsicht und über den Rattenbefall in obigem Restaurant berichtete, den die Behörde dort offenbar erst vor gut einer Woche festgestellt hatte. In der “Berliner Zeitung” hieß es dazu:

Das Restaurant musste kurzzeitig schließen. Jetzt hat es wieder geöffnet.

Diese (letztlich vielleicht erfreuliche, aber nicht unerhebliche) Info sucht man in “Bild” vergeblich.

Mit Dank auch an Stefan K.

Hier schwimmt ein Monster durch den Blätterwald

Kuala Lumpur - Wir blicken durch die Kamera eines Überwachungshelikopters auf den Fluss Rajang auf der Insel Borneo (Malaysia). Was wir darin sehen, versetzt die Flussanwohner in panische Angst: Hier schwimmt eine über 30 Meter lange Schlange! Oder ist dies eine Fälschung?

Selbst, wenn “Bild” die Antwort auf die Frage “Schwimmt hier ein Monster durch den Urwald?” (Nein, natürlich nicht!) schuldig bleibt:

Auch der Rest des “Bild”-Artikels vom vergangenen Freitag zeugt von einer gewissen Rechercheunlust bei “Bild”.

Denn laut Urheber des Fotos (über das in den vergangenen Tagen beileibe nicht nur bei “Bild” spekuliert wurde) zeigt es nicht den malayischen Fluss Rajang, sondern den Kongo. Veröffentlicht wurde es zudem bereits 2002* – und zwar auf einer Website, über die “Bild” und Bild.de in den vergangenen Jahren schon häufiger berichtet hatten. Dann allerdings nannte man bei “Bild” die Betreiber der Website meist:

Die Grafikexperten von worth1000.com…

Die Photoshop-Künstler von worth1000.com…

Die Bildmonteure von worth1000.com…

Andernorts (bzw. hier, aber auch hier und hier) findet sich das “Monster”-Foto daher auch unter der Überschrift:

"Die verrücktesten Photoshop-Bilder"

*) Veröffentlicht wurde die mittelmäßige Fotomontage (die “Bild” in schlechter Qualität und ohne Quellenangabe zeigte) auf worth1000.com am 25.2.2002 im Rahmen eines “advanced photoshop contest” zu “Tieren, die angeblich existieren”.

Mit Dank auch an die Hinweisgeber.

Hyper Hyper!

Wir unterbrechen das BILDblog für einen kleinen Exkurs in den Grenzbereich zwischen nützlichem und unnützem Wissen:

Wussten Sie, dass das Wort “hypoallergen” eigentlich gar kein medizinischer Begriff ist?

“Hypoallergen” ist eine Zusammensetzung aus dem griechischstämmigen Präfix hypo- (“unter”, “darunter”) und dem griechischstämmigen Wort Allergen (ein Stoff, der allergische Reaktionen hervorruft). Geprägt wurde “hypoallergen” offenbar in einer Werbekampagne für Kosmetikartikel in den 50er Jahren.

Inzwischen werden Produkte aus so ziemlich allen Bereichen mit dem Merkmal “hypoallergen” gekennzeichnet – von Babynahrung über Hygieneartikel bis zur Kleidung. Sogar bestimmte Katzen- oder Hunderassen gelten als “hypoallergen”, was man spätestens weiß, seitdem bekannt ist, dass der US-Präsident Barack Obama seinen Töchtern einen Hund versprochen hat, und dass der “hypoallergen” sein solle, weil eine seiner Töchter Allergikerin sei. Dabei scheint übrigens wissenschaftlich noch nicht mal geklärt zu sein, ob es überhaupt so etwas wie “hypoallergene” Hunderassen gibt.

Aus medizinischer oder wissenschaftlicher Sicht hat das Wort “hypoallergen” jedenfalls keine Bedeutung. Es gibt nicht mal einen anerkannten Standard dafür, was “hypoallergen” ist. So kann ein mit “hypoallergen” gekennzeichnetes Produkt durchaus allergische Reaktionen hervorrufen, denn jeder reagiert nunmal auf etwas anderes allergisch.

Und damit zurück zum BILDblog:

Die “Bild”-Zeitung berichtet heute, dass die US-amerikanische Präsidentenfamilie sich für einen Portugiesischen Wasserhund als “First Dog” entschieden habe, weil das Fell dieser Rasse “sehr verträglich für Allergiker” sei. “Bild” schreibt:

"Fachbegriff für solche Hunde: hyperallergen."

Das wird zwar gerne mal verwechselt, ist aber Quatsch. Einen hyperallergenen Hund wollen die Obamas bestimmt nicht haben.

Mit Dank an Stefan K. für den sachdienlichen Hinweis.

Debatte über die Zukunft der Zeitung

1. Alle Medien sind Internetmedien
(vorwaerts.de, Thierry Chervel)
Thierry Chervel macht darauf aufmerksam, dass sämtliche Medieninhalte digital vorhanden und damit auch Online-Inhalte sind. Medienbeobachter preisen dennoch gerne die Langsamkeit der ausgedruckten Zeitungen als Vorteil: “Ausgerechnet der Journalismus, der Inbegriff zynischer Rasanz, rühmt sich seiner Langsamkeit. Dahinter steckt weniger die Suche nach Erkenntnis als der Phantomschmerz der verlorenen Torwächterfunktion: Seit es das Netz gibt, braucht die Öffentlichkeit nicht mehr die Filter der Medien, um sich zu artikulieren – für die Demokratie eine Bereicherung, für die Journalisten ein Verlust der Priesterfunktion.”

2. “Den Bannwald der Demokratie schützen”
(nzz.ch, Norbert Neininger)
“Der Ruf nach Artenschutz” (Zitat aus dem erstverlinkten Text) erschallt sogleich. Norbert Neininger fragt sich, ob “wir (auch staatliche) Massnahmen veranlassen” müssen, die den “Bannwald der Demokratie” am Leben erhalten. Dazu stellt er einen Katalog zusammen, der die Printpresse entlasten könnte, so zum Beispiel eine “Verbilligung der Zeitungszustellung”, die “Abschaffung der Mehrwertsteuer für Medienerzeugnisse” und einen “Rabattverzicht bei staatlichen oder öffentlichrechtlichen Kampagnen”.

3. 8 Thesen von Tim Renner
(carta.info, Robin Meyer-Lucht)
Tim Renner stellt acht Thesen zur Zukunft der Journalismusindustrie zusammen. These 2: “Kein Zweig der Medienindustrie sollte den Fehler machen, die Vorteile der analogen Medienträger zu überschätzen. Dies hat die Musikindustrie getan. Und dem gleichen Irrtum erliegen derzeit noch Zeitungs- und Buchindustrie.”

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Unionsunion

Heute auf Seite 1 der “Bild”-Zeitung:

"FDP hält 18 Prozent --- Hamburg - Die FDP bleibt zum dritten Mal in Folge bei einer wöchentlichen Forsa-Umfrage im Auftrag des Stern auf 18 %. Die Union hat weiterhin eine Mehrheit von 52 %."

Und wir hätten drei kurze Fragen zu den Umfrageergebnissen:

  • Auf wieviel Prozent kommt die FDP?
  • Wieviel Prozent hat die Union?
  • Wer hat die Mehrheit?

Antwort: Beim "Stern" heißt es zur aktuellen "Sonntagsfrage": "Die Union hängt bei müden 34 Prozent (...). Die FDP kommt zum dritten Mal in Folge auf 18 Prozent. (...) Damit hat das bürgerliche Lager wieder eine klare Mehrheit."

Armeechefs, Parteibücher, Cleese

1. “Peinliche Details – Journalisten liefern Informationen an BND”
(ndr.de, Video, 7:28 Minuten)
Als prominente Politiker vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestags aussagen mussten, drängten sich die Journalisten in den Sälen. Nun, da es um die Rolle der Journalisten geht, die zum Teil bereitwillig mit dem BND zusammenarbeiteten – gähnende Leere auf den Rängen, kaum Berichte in den Medien. Aktuelle Entwicklungen dazu kann man auf bundestag.de nachlesen.

2. “Darf es Journalisten mit Parteibuch geben?”
(axel-springer-akademie.de/blog, Jan-Eric Peters)
“Ich halte es für eine zwingende Voraussetzung unseres Berufes, größtmögliche Unabhängigkeit zu wahren. Journalisten brauchen Haltung und Grundüberzeugungen, aber keine Mitgliedschaft in Initiativen und Verbänden oder die Nähe zu institutionalisierten Interessen. Im Gegenteil: Journalismus und Parteien – das kann nur nach dem Ausschlussprinzip funktionieren.”

3. “Nachrichten-Revolution”
(oko-bloko.blogspot.com)
“In meinen 32 Jahren des Nachrichtenkonsums (na gut, realistisch sind es ein paar Jahre weniger) gab es bisher zwei Phasen: Prä-CNN und CNN. Ich glaube, die nächste Phase, Post-CNN, hat begonnen.”

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Fraport, Rüdiger, Torjubel

1. “Unser Gott, die Quote”
(zeit.de, Stephan Lebert und Stefan Willeke)
Die Zeit-Titelgeschichte über ARD und ZDF ist nun online. Mit dabei, trotz Kritik unkorrigiert: Rüdiger Schawinski.

2. “Reporter heimlich gefilmt”
(hr-online.de)
“Der Frankfurter Flughafenbetreiber Fraport hat Journalisten bei ihrer Arbeit gefilmt”: “Die Kamera am Helm eines Fraport-Mitarbeiters war kaum zu erkennen, auf den ersten Blick sah sie aus wie eine kleine Lampe. Gerichtet war sie zumindest zeitweise auf Journalisten, die in der vergangenen Woche im Kelsterbacher Wald die Räumung des Protestcamps beobachteten.”

3. “So eine Arschkriecherei begeistert mich”
(spiegel.de)
“Kleiner Satz mit großer Wirkung: In China hat ein genervter Korrektor eine sarkastische Notiz hinterlassen – in einem Artikel über kommunistische Funktionäre. Keiner merkte es, der Text wurde gedruckt.”

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