Bild  

Diekmanns irre Pipi-Schlagzeile

Eine an seiner Brille befestigte Kamera filmte für einen Tag die Aktivitäten des “Bild”-Chefredakteurs Kai Diekmann mit. Das Resultat dieses “Kai-Diekmann-Experiments” wurde den Lesern von kaidiekmann.de in drei Teilen an den Weihnachtstagen dargebracht.

Bemerkenswert ist, dass Diekmann offenbar einen ganzen Tag durchsteht, ohne einmal aufs Klo zu gehen. Das dürfte zwar kaum der Wahrheit entsprechen, ist aber näher dran an korrekter Wahrnehmung als das, was “Bild” über die “Pipi-Pause” von Jens Lehmann, dem Torwart des VfB Stuttgart, schreibt.

Während die “Bild”-Redaktion darüber berät, was genau Lehmann in einer vom Fernsehen eingefangenen Szene tut, ist Diekmann noch skeptisch (Teil 1, ab 34:30 Minuten):

Der pinkelt doch nicht gegen einen Kamerakarton dort in die Ecke! Bei aller Liebe: Das glaub ich nicht!

Zu einer Titel-Schlagzeile wollen die “Bild”-Leute die unklare Situation aber dennoch machen. Diekmann sinniert über die Ideen im Raum nach: “Pipi-Rätsel”? Doch das ist nicht gut genug. Weitere Ideen werden formuliert. Dann sagt Diekmann (Teil 2, ab 5:30 Minuten):

“Lehmanns lustige Pipi-Pause”

Und kommt schon im nächsten Satz auf:

“Lehmanns irre Pipi-Pause”

Dabei bleibt es auch.

Lehmanns irre Pipi-Pause

Total irre. So irre wie viele andere “Bild”-Schlagzeilen auch.

Was Lehmann da gemacht hat, wollte vermutlich eh nie jemand so ganz genau wissen. Dem Johannes B. Kerner aber, der gerne aufklärt, was niemand wissen will, erzählte Lehmann gut eine Woche später, er habe lediglich den verrutschten Tiefschutz neu gerichtet.

Schweinegrippe, Newsroom, Wehensingen

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Die WHO ist schuld, die Medien nicht”
(der-postillon.com)
“Merke: Wer Gutes tun will, sollte es sich wohl überlegen und nicht Hysterie schüren” steht in einem Artikel von Elke Bodderas auf welt.de, der die Kosten der “Schweinegrippe-Panik” auflistet und reihum Schuldzuweisungen verteilt (nur nicht an die Medien). Der Postillion hat dazu einige Screenshots gemacht von Artikeln, die auf welt.de zur Schweinegrippe erschienen.

2. “Eine Antwort an Ernst Elitz”
(opalkatze.wordpress.com)
“Bei allem ehrlichen Respekt vor der Lebensleistung von Ernst Elitz: die Zwölf Thesen für einen besseren Journalismus ‘Gegen Lüge und Dummheit’ stammen geradewegs aus dem Elfenbeinturm des Qualitätsjournalismus.”

3. “Der Journalist am Fliessband”
(nzz.ch, Norbert Neininger)
Norbert Neininger schreibt über den Newsroom: “Es gibt, beispielsweise im Springer-Newsroom, keine private Ecke mehr, keine eigene Büroschublade und auch keinen Platz, um die Ferienkarten der Kolleginnen und Kollegen zu befestigen. Für Besprechungen setzt man sich auf die Rollcontainer, welche beliebig umgruppiert werden können.”

4. Interview mit Ulrich Meyer
(dwdl.de, Jochen Voß)
Ulrich Meyer von der Sat.1-Sendung “Akte” zur Entwicklung in der Branche: “Wir befinden uns schon seit Jahren in der Entwicklung von der Goldgräberbranche zur Tellerwäscherindustrie. Die Ressourcen werden immer enger. Wir müssen uns längst nicht mehr nur fragen, wie eine Geschichte möglichst gut und wasserdicht zu erzählen ist, sondern inzwischen vor allem, wie sie sich möglichst günstig produzieren lässt.”

5. “Interviews auf Krücken”
(interviewsfuehren.wordpress.com, Christian Thiele)
Christian Thiele hält nichts von “Regieanweisungen” in gedruckten Interviews wie “(lacht laut)” oder “(gestikuliert mit den Händen)”.

6. Interview mit Luise Kaller
(zeit.de, Tina Hildebrandt und Henning Sußebach)
Sehr langes und spannendes Gespräch mit der 64-jährigen Hebamme Luise Kaller: “Diejenigen Frauen, die sich besonders akribisch vorbereitet haben, bis ins kleinste Detail, die kommen so kopfgesteuert im Kreißsaal an, dass sie kaum loslassen können. Die haben Wehensingen gelernt und sind verunsichert, wenn sie merken, dass sie doch nur schreien. Ich sage dann immer: Singen oder schreien – egal! Hauptsache, laut.”

Kehraus 2009

… und wieder einmal ist es an der Zeit, schnell noch ein wenig Gerümpel wegzuräumen, das während unseres Winterschlafs liegen geblieben ist.

Da wäre zunächst diese (vermeintliche) Antwort auf die Frage “Was sieht man wirklich im Nackt-Scanner?”:

(Angebliche) Nacktscanner-Bilder bei Bild.de

Das, was Bild.de in seiner Klickstrecke als das “milchige Bild eines Nacktscanners” verkaufen will (und seitdem regelmäßig als Symbolbild nutzt), sieht als Negativ so aus:

(Angebliche) Nacktscanner-Bilder bei Bild.de (negativ)

… und hat damit – bis auf die Waffen – verblüffende Ähnlichkeit mit diesen zwei Fotos von einer CD mit 50 Fotos einer nackten Frau:

Stock images einer nackten Frau

Bild.de verschleiert die Herkunft der Bilder genau genommen nicht mal sonderlich und gibt als Quelle für die angeblichen Nacktscanner-Fotos sogar “PhotoAltoF1online” an, die Website, auf der man die CD bestellen oder die Fotos direkt kaufen kann. Dass es sich bei den gezeigten Abbildungen damit aber um Symbolfotos bzw. Fotomontagen handelt, die nicht gerade zur Beantwortung der Frage “Was zeigt der Nackt-Scanner?” taugen, erwähnt Bild.de allerdings nicht.

Dafür gibt es Aufklärung:

Auch Schwangerschaften können nicht erkannt werden.

Oder auch nicht:

• Schwangerschaft • Intim-Schmuck • Geschlechtsteile - Was sieht man wirklich im Nackt-Scanner?

* * *

Wie es eine Geschichte über eine angebliche Schönheitsoperation von Tiger Woods aus einer obskuren Kettenmail in mehrere deutsche Onlinemedien geschafft hat, müssen wir nicht mehr aufdröseln — das hat der Linksgolfer im alten Jahre schon ausführlich getan.

* * *

Und dann war da noch die österreichische “Kronen Zeitung”, die sich an Neujahr irgendwo zwischen Weihnachtstraditionen und der aktuellen Schweinegrippen-Hysterie verheddert hat:

Irrer wollte Grippe auf Petersplatz zerstören. Rom. Große Aufruhr auf dem Petersplatz: Ein verwirrter Mann hatte die Sicherheitsschleusen umgangen und stürmte auf die Grippe im Vatikan zu. Ziel: Er wollte die Figuren zerstören. Die Polizei konnte ihn festnehmen.

* * *
PS: Kein Fall fürs BILDblog ist übrigens die Aktion “12 Tage, 12 Geschenke”, bei der “Bild” seit dem 26. Dezember seinen Lesern täglich ein Produkt aus Apples iTunes-Store schenkt: Zwar kann man diese Sachen auch ganz ohne “Bild” herunterladen — es ist eine schon fast traditionelle iTunes-Aktion. Aber “Bild” ist durchaus Kooperationspartner von Apple, auch wenn der Computerkonzern das aus unbekannten Gründen – anders als bei den Partnern “Frankfurter Allgemeine Zeitung”, “Glamour” und anderen – selbst verschweigt.

Mit Dank an die verschiedenen Hinweisgeber!

Slow Media, Dummy, Kaffeekartelle

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Das Slow Media Manifest”
(slow-media.net)
14 Gründe, warum es ab 2010 nicht immer “noch leichter, schneller und kostengünstiger” geht. “Analog zu Slow Food geht es bei Slow Media nicht um schnelle Konsumierbarkeit, sondern um Aufmerksamkeit bei der Wahl der Zutaten und um Konzentration in der Zubereitung.”

2. Interview mit Oliver Gehrs
(meedia.de, Christine Lübbers)
Der Chefredakteur von “Dummy” glaubt, dass Werber das Ziel haben sollten, “ihr qualitätsvolles Produkt in einem anderen qualitätsvollen Produkt zu lancieren. Warum sollte ich als Modelabel in ein Heft gehen, wo man die Werbung kaum noch vom Redaktionellen unterscheiden kann – das also niemand ernst nimmt. Die machen ihre Fotoshootings ja auch nicht im Puff.”

3. “Die Kaffeemädchenrechnung im Nachrichtenkartell”
(multipunkt.blog.de)
Multipunkt zweifelt an, dass der Schaden durch Kartelle von deutschen Kaffeeröstern 4.8 Milliarden Euro beträgt, wie “auf den Webseiten der Welt, der Bild, des Hamburger Abendblatts, des Spiegels und überhaupt überall im Internet” zu lesen ist, und rechnet nach.

4. “NDR geht gegen GEZ-kritischen Blogger vor”
(internet-law.de, Thomas Stadler)
Gegen den Blogger und Buchautor Bernd Höcker wird vor dem Landgericht Hamburg auf Unterlassung geklagt: “Was der NDR und der von ihm vorgeschickte Justitiar vor dem Landgericht Hamburg veranstalten, ist nicht nur meinungsfeindlich, sondern steht auch in Widerspruch zum Programmauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.”

5. “Marcel Reich-Ranicki: Frühwerk vs. Spätwerk”
(umblaetterer.de, Marcuccio)
Marcel Reich-Ranicki, Literaturkolumnist der “Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung”, wird bei “Fragen Sie Reich-Ranicki” eine Frage eines Lesers vorgelegt, die er 2005 bereits beantwortete. Während er damals ausführlich Auskunft gab, bleibt er diesmal wortkarg.

6. “The Shady Mainstream Media Payday of Flight 253 Hero Jasper Schuringa”
(gawker.com, Foster Kamer, englisch)
“Jasper Schuringa probably didn’t think twice before dismantling Northwest Airlines Flight 253’s would-be bomber. But before telling his story, he wanted money, and he got it. From major news outlets who pay up and lie about it.”

BILDblog hält Winterschlaf (4)

Die BILDblogger suchen zwischen den Jahren Orte auf, an denen sie vor der strengen Kälte geschützt sind (hohle Baumstämme, Erdhöhlen und dergleichen) und polstern sie mit Heu, Stroh, Blättern, Haaren, Wolle und anderen Materialien aus… Aber das wissen Sie ja längst. Wie in den vergangenen Jahren versetzen wir uns über die Feiertage in einen kurzen Topor (energetischer Schlafzustand). Falls Sie in der Zwischenzeit Entzugserscheinungen planen, empfehlen wir das Stöbern im unverändert aktuellen BILDblog-Vorläufer, den die Zeitschrift “Pardon” 1970 veröffentlicht hat und mit dem wir die Winterpause im vergangenen Jahr überbrückten: BILDblog vor 40 Jahren.

Wir danken für die Aufmerksamkeit, die Mitarbeit und das Interesse und wünschen allen Lesern ein frohes Weihnachtsfest und ein gutes neues Jahr!

Wir sehen uns im Januar 2010.

Mit Dank für die sachdienlichen Hinweise des Jahres 2009 an Achim S., Alex G., Alex, Alexander, Alicja, Andre E., André G., Andre S., Andreas B., Andreas E., Andreas F., Andreas G., Andreas G., Andreas H., Andreas K., Andreas N., Andreas S., Andreas W., Andreas, Angus S., Annika H., Armin E., Arne H., Arnt B., Attila S., Axel S., B., B.W., Basti, Bene F., Benedict L., Benjamin B., Benjamin F., Benjamin N., Benjamin Z., Bernd K., Bernd O., Bernhard H., Bernhard W., Birgit H., Birgit S., Björn K., C., C.W., Cabronsito, Camillo W., Can K., Carl E., Carmo C., Carsten F., Carsten V., Christian F., Christian G., Christian H., Christian I., Christian S., Christian S., Christiane R., Christoph M., Christoph von G.,Christoph, Christopher I., Clarissa von A., Claus H., Clem, Clemens W., Daniel B., Daniel E., Daniel K., Daniel L., Daniel N., Daniel P., Daniel S., Daniel S., Daniel V., Daniel W., Daniel, Daniela F., David B., David Jonathan S., David K., David M., Diana S., Dieter, Dirk M., Dirk O., Dominik L., Dominik M., Dorin P., E.S., Edelbert F., Ellen L., Eta C., Eva R., Fabian L., Fabian P., Falk E., Falk H., Felix F., Felix W., Flo F., Florian B., Florian G., Florian M., Frank B., Georg G., Georg H., Gerald, Gerd K., Gerhard V., Gerrit L., Götz N., Gunar, Gunnar M., Gunther S., Hanno B., Hans F., Hans K., Hansi, Hartmut M., Hauke R., Hauke S., Heiko J., Heiko T., Helgo O., Henning B., Henryk G., Holger M., Höpp, Horst M., Ingo H., Ivo B., Jahan D., jaimitoCV, Jakob, Jan B., Jan D., Jan G., Jan K., Jan M., Jan W., Jan-Dirk S., JB, Jebbe E., Jenny, Jens M., Joachim M., Joachim W., Jochen K., Johannes B., Johannes G., Jörg K., Jörn R., Julian G., Kai B., Kalle B., Katharina B., Katharina, Kathrin P., Katrin G., Kilian G., Klaus B., Klaus, Lars C., Lars F., Lars S., Lars, Laszlo J., lennet, Leonard E., Linus G., Lisa A., Luc B., Lukas K., Lukio, Maja I., Malte L., Manuel H., Marcel S., Marco B., Marco S., Marcus F., Marcus K., Maria, Mario G., Mario S., Mario S., Mario Z., Mario, Mark F., Marko B., Markus F., Markus M., Markus S., Martin B., Martin E., Martin R., Martin S., Martina D., Mathias H., Mathias S., Mathias, Matthias F., Matthias H., Matthias K., Matthias N., Matthias S., Matthias S., Matthias W., Max L., Max M., Max O., Max S., Melvin B., Micha B., Michael D., Michael H., Michael K., Michael M., Michael R., Michael, Michi, Michu B., Mike S., Moritz D., Natalie R., Nicole K., Niklas, Nikolaus K., Nils H., Nils, Nina, Noire, Norbert J., Norbert M., Norbert W., O.S., Oliver S., Pascal W., Patti, Peer S., Pete, Peter B., Peter G., Philipp E., Philipp W., Philippe J., Pia B., R.A., Raimo W., Rainer S., Ralf A., Ralf B., Ralph F., Reinhard K., Robert K., Robert P., Robert, Robin K., rod66, Roger, Rouven R., Rüdiger S., Rüdiger T., Samuel D., Sarah K., Sascha G., Sascha L., Schorsch, Sebastian C., Sebastian F., Sebastian G., Sebastian H., Sebastian O., Sebastian S., Sibylle B., Sigrid N., Simone B., Soe, Stefan A., Stefan B., Stefan B., Stefan D., Stefan H., Stefan K., Stefan S., Stefan W., Stefan, Steffen P., Steffen S., Steffen, Stephan F., Stephan, Sven, Th.K., Theo W., Thomas F., Thomas L., Thomas M., Thomas O., Thomas P., Thomas S., Thomas S., Thomas U., Thomas W., Thomas, Thorsten F., Thorsten K., Thorsten L., Thorsten M., Thorsten, Tilman D., Tim S., Timo L., Tobi H., Tobi, Tobias D., Tobias H., Tobias H., Tom K., Tom S., Tommy, Torben F., Torsten B., Torsten G., treets, Tronx, Twipsy, Udo V., Ulli V., Uwe H., Uwe M., Vera S., Volkmar D., Walter K., Wolfgang L., Wolle — und alle anderen, auch die vielen, deren sachdienliche Hinweise wir nicht berücksichtigen konnten!

Kluge, Degeto, Pullover

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. Interview mit Alexander Kluge
(freitag.de)
Teile der “Freitag”-Redaktion sprechen mit Alexander Kluge über das Feuilleton-Thema der Stunde, die Verarbeitung der Datenmasse. Das per Skype geführte Gespräch wurde aus mehreren Blickwinkeln gefilmt und auf dem Haussender von Kluge zusammengeschnitten (dctp.tv, Video, 55:45 Minuten)

2. “Schützt meine Leistung!”
(print-wuergt.de, Michalis Pantelouris)
Michalis Pantelouris zur Verankerung des Leistungsschutzrechts im Koalitionsvertrag: “Dass die Verlage – mit der kleinen Ausnahme des Heise-Verlages – das Thema in ihren eigenen Blättern totschweigen hat meiner Meinung nach viel damit zu tun, dass ihre Position argumentativ einfach nicht vertretbar ist, wenn man das Geschwurbel weglässt.”

3. “Da fehlt dann nur noch das Baströckchen”
(sueddeutsche.de, Michael Bitala)
Eine Kritik an einer Degeto-Produktion der ARD, die “verstörend niveaulos”, “schlechter als Privatfernsehen”, “ein Albtraum” ist: “Da landet Christine Neubauer, die erfahren hat, dass ihr Vater viel länger in Namibia lebte, als es ihr die Mutter gesagt hat, auf einem verstaubten Flughafen. Sie blickt auf die Landebahn und sagt: Hier hat mein Vater gelebt. Ob er glücklich war? Ob ihr Vater hier, auf dem Asphalt, glücklich war? Wer lebt schon gerne auf einer heißen Flughafenpiste?”

4. “Wie Kenia online geht”
(youtube.com, Video, 3:06 Minuten)
Ein mit Satellitentechnik und Solarenergie betriebener “rural internet kiosk” soll der Landbevölkerung von Kenia Internetzugang bringen.

5. “Schnapp Dir den luxuriösen 10-vor-10-Pullover”
(bloggingtom.ch)
Blogging Tom erntet nach einem Auftritt in der Nachrichtensendung “10 vor 10” Kritik für seinen Pullover. Der “luxuriöse Pullover mit V-Ausschnitt” wird nun bei Ebay versteigert.

6. “… as every year”
(coffeeandtv.de, Lukas)
Wie jedes Jahr werden uns die Medien in den nächsten Tagen mit vorhersehbaren Beiträgen beglücken.

Dreckschweine muss man zeigen dürfen

“Bild” hat ein eklatantes Problem zu akzeptieren, dass auch Menschen, die schlimme Verbrechen begangen haben, Menschen bleiben und die Menschenrechte somit auch weiterhin für sie gelten.

Im August hatte das Bundeskriminalamt in verschiedenen Medien nach einem Mann gefahndet, dem mehrfacher schwerer sexueller Missbrauch von Kindern vorgeworfen wurde. Aufgrund der öffentlichen Aufmerksamkeit stellte sich der mutmaßliche Täter nach einem Tag und das BKA bat, die zur Fahndung veröffentlichten Fotos nicht weiter zu verwenden und aus dem Internet zu entfernen. “Bild” ignorierte diese Bitte ebenso wie etliche als seriös geltende Medien (BILDblog berichtete).

Im Oktober nutzte “Bild” die Anklageerhebung der Staatsanwaltschaft Trier als willkommenen Anlass, die Fotos erneut zu veröffentlichen und den mutmaßlichen Täter unter anderem als “Deutschlands schlimmsten Kinderschänder”, “Sex-Bestie” und “Dreckschwein” zu bezeichnen (BILDblog berichtete auch da).

Weil wir in der Berichterstattung von “Bild” einen Verstoß gegen den Pressekodex sahen, haben wir uns beim Deutschen Presserat beschwert und waren damit nicht allein.

Ziffer 1 Pressekodex

Die Achtung vor der Wahrheit, die Wahrung der Menschenwürde und die wahrhaftige Unterrichtung der Öffentlichkeit sind oberste Gebote der Presse.

Jede in der Presse tätige Person wahrt auf dieser Grundlage das Ansehen und die Glaubwürdigkeit der Medien.

In seiner Stellungnahme an den Presserat erklärte die Rechtsvertretung der Axel Springer AG, dass sie die Bezeichnungen “Sexbestie”, “Perverser” oder “Dreckschwein” für zulässig halte. (Über das besondere Verhältnis von “Bild” zur Bezeichnung “Schwein” hatten wir auch schon mal berichtet.) Ausschlaggebend seien hierfür die besonderen Umstände des Falls. Erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik habe das Bundeskriminalamt öffentlich nach einem Mann gefahndet, dem mehrfacher schwerer sexueller Missbrauch von Kindern vorgeworfen werde.

“Bild” möchte den Mann also gerne als “Dreckschwein” bezeichnen dürfen, weil öffentlich nach ihm gefahndet worden war, und erklärt weiterhin, dass es sich “nicht nur um Wertungen der Tat durch die Redaktion” handele, sondern mit der Wortwahl “auch ausgedrückt werde, was der weitaus überwiegende Teil der Bevölkerung über den Mann denke”.

Der Beschwerdeausschuss sieht in der Bezeichnung “Dreckschwein” hingegen eine Beleidigung, die die Menschenwürde verletze. Die Bezeichnung “Sex-Bestie” hält der Ausschuss dagegen für vereinbar mit dem Pressekodex.

Auch bei der Veröffentlichung der Fotos beruft sich das Springer-Justitiariat auf das große öffentliche Interesse an dem Fall. Außerdem habe der Presserat schon öfter entschieden, dass bei einem vorliegenden Geständnis auch identifizierend über Tatverdächtige berichtet werden dürfe. Etwas unglücklich für diese Argumentationsführung ist freilich der Umstand, dass der Angeklagte bisher noch gar kein Geständnis abgelegt hat, was dann sogar dem Presserat auffiel.

Er hält die erneute Veröffentlichung der Fotos für unzulässig und verweist ausdrücklich darauf, dass das BKA die Aufnahmen offiziell zurückgezogen habe.

Wegen Verstoßes gegen Ziffer 8, Richtlinie 8.1 und Verletzung der Ziffer 1 des Pressekodex sprach der Beschwerdeausschuss eine “Missbilligung” gegen “Bild” und Bild.de aus. Es besteht keine Pflicht, eine solche “Missbilligung” zu veröffentlichen, “als Ausdruck fairer Berichterstattung” empfiehlt der Beschwerdeausschuss jedoch eine Veröffentlichung.

Es ist unwahrscheinlich, dass “Bild” und Bild.de gewillt sind, faire Berichterstattung ausdrücken zu wollen. Die Bilder, die der Presserat beanstandete, sind immer noch online. Aber um deren Entfernung hatte ja schon das BKA vor Monaten vergeblich gebeten. Und im Gegensatz zum Presserat sind die Leute beim BKA sogar bewaffnet.

Michaelus Lignum*

Damit sich Papst Benedikt XVI. vor seinem traditionellen Segen am 1. Weihnachtstag besser erholen kann, hat der Vatikan die Christmesse im Petersdom am Heiligen Abend auf 22 Uhr vorverlegt.

Anlass genug für die “Hamburger Morgenpost”, heute diese Frage zu stellen:

Christmesse verlegt - Wie krank ist der Papst?

Wenn man dem Foto, mit dem die “MoPo” ihre Meldung illustriert hat, Glauben schenken darf, dann ist der Papst sehr, sehr krank — bzw. seit fast fünf Jahren tot:

Papst Johannes Paul II (1920-2005)

*) Holzmichel (lat.)

Mit Dank an Christian L.

Ringier, Meinungen, Hersh

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Ringier wird Unterhaltungskonzern”
(handelszeitung.ch, Gret Heer)
Der Schweizer Verlag Ringier (“Blick”) will in zehn Jahren nur noch einen Drittel des Umsatzes mit klassischen Medien machen. Die anderen zwei Drittel sollen von “transaktionsbasierten Internetseiten wie Geschenkideen und Scout24” und dem Bereich “Entertainment, Electronic Media & Events” erwirtschaftet werden.

2. SZ-Magazin vs. Bundeswehr
(meedia.de, ga)
Das Magazin der “Süddeutschen Zeitung” beklagt fehlende Kooperation der Bundeswehr für die Geschichte “Briefe von der Front”: “Für die Dokumentation hatten etliche Soldaten, vom Gefreiten bis zum Oberstleutnant, ihre Briefe und Unterlagen zur Verfügung gestellt. Die Folge: Wochenlang verschickte die Bundeswehr Mails, mit denen das Erscheinen der Titelgeschichte verhindert werden sollte.”

3. “Die Kunst, anderer Meinung zu sein”
(zeit.de, Harald Martenstein)
Harald Martenstein denkt über Meinungen nach: “Die meisten Meinungen werden vertreten, weil es eh alle sagen, weil man sich davon einen Vorteil verspricht, weil man nicht unangenehm auffallen oder weil man einfach nur gemocht werden will, ein Grund so fragwürdig wie der andere.”

4. “Liebe Brigitte-Redaktion”
(maedchenmannschaft.net, Susanne)
Susanne fragt sich anlässlich von Abnehm-Tipps zu den Weihnachtstagen, wie ernst es Brigitte.de mit der Aktion “Ohne Models” meint.

5. Besuch bei Seymour Hersh
(nzz.ch, Michael Marek)
Ein Besuch bei der lebenden Journalistenlegende Seymour M. Hersh, der in einem alten Büro ohne Sekretärin arbeitet und unter anderem von dort aus “die Schattenseiten US-amerikanischer Politik” untersucht. Seine Theorie: “Wer nicht liest, der kann auch nicht schreiben.”

6. “Klang-Supermarkt zum Nulltarif”
(spiegel.de)
Da der Link zur “Spiegel”-Kritik gestern mehrere kritische Mails nach sich gezogen hat (und das zurecht, sie war tatsächlich überzogen), linken wir heute auf einen lesenswerten Text aus dem “Spiegel”-Archiv von 1977, in dem die Musikbranche davor gewarnt wird, an der Schallplatte festzuhalten; Parallelen zu anderen Zeiten und Branchen sind nicht zu übersehen. “Schon einmal, bei der Umstellung von der zerbrechlichen Schellack-Scheibe mit 78 Umdrehungen pro Minute auf die unzerbrechliche 33er PVC-Longplay, leistete die notorisch konservative Musikindustrie verbissen Widerstand.”

AFP, AP, Bild  etc.

Journalistische Kurzzeitgedächtnisarbeiter

Diese Schlagzeile ist aus der “Bild” vom 20. Mai 2009:

Und diese aus der “Bild” von heute:

Und wenn Sie jetzt meinen, dass dieser Herr Schäfer von der “Bild”-Zeitung entweder sehr leicht zu schockieren ist oder ein sehr schlechtes Gedächtnis hat (oder beides), dann haben Sie natürlich Recht.

Allerdings ist er damit nicht allein. Weil die alte Geschichte, dass auf viele Kurzarbeiter Steuer-Nachzahlungen zukommen, heute noch einmal auf der Titelseite der “Bild”-Zeitung steht, halten sie diverse andere Medien reflexartig für eine Neuigkeit. Die Nachrichtenagentur AFP meldete eilig noch mitten in der Nacht: “‘Bild’: Hunderttausende Kurzarbeiter müssen Steuern nachzahlen”. Die Konkurrenz von AP, die schon im Mai unter Berufung auf “Bild” berichtet hatte: “Hunderttausende Kurzarbeiter erwartet höhere Steuerlast”, titelte diesmal: “Finanzamt bittet Hunderttausende Kurzarbeiter zur Kasse”.

“Focus Online”, “Spiegel Online” — sie alle trotten kopflos hinterher und meldeten unter Bezug auf “Bild” aufgeregt, was lange bekannt ist und in den vergangenen Monaten vielfach aufgeschrieben wurde.

Und wetten? Sie würden es jederzeit wieder tun.

Mit großem Dank an das Finblog!

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