Schlesingers Rücktritt, Trollforum “Kiwi Farms”, Klimajournalismus

1. Schlesinger tritt als RBB-Intendantin zurück
(tagesspiegel.de, Kurt Sagatz & Alexander Fröhlich & Benjamin Lassiwe)
Nachdem Patricia Schlesinger am Donnerstag bereits von ihrem Posten als ARD-Vorsitzende zurückgetreten ist, legte sie gestern auch ihr Amt als RBB-Intendantin nieder. Zuvor hatte es neue Vorwürfe gegeben, welche sich auf allerlei Extra-Zuwendungen sowie die Kosten für den Umbau von Schlesingers Büro bezogen. In einem Kommentar schreibt Kurt Sagatz: “Noch größer, wenn nicht sogar irreparabel ist allerdings der Schaden für das Ansehen des RBB und die Reputation des gesamten öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland. Nicht nur den erklärten Gegner von ARD, ZDF und Deutschlandfunk steht nun ein gewaltiges Arsenal von Beispielen zur Verfügung, was bei den Öffentlich-Rechtlichen im Argen liegt und warum dieses System nicht zu retten ist.”

2. Das Troll-Forum “Kiwi Farms”
(belltower.news)
“Belltower.News”, das Internetportal der Amadeu Antonio Stiftung, analysiert “ein rechtsradikales Trollforum” namens “Kiwi Farm”, dessen User und Userinnen mehrere Menschen in den Suizid getrieben haben sollen: “Den Nutzer*innen wird unter der hohngrinsend vorgetragenen Behauptung, es würde um die Verteidigung von free speech gehen, jegliche Menschenverachtung durchgewunken. Die Plattform bietet eine Möglichkeit zur Vernetzung, zur gemeinsamen Suche nach neuen Opfern, und zum Austausch von Material zur weiteren Radikalisierung.”

3. Parteiisch, aber unabhängig
(taz.de, Christopher Wimmer)
Im Vergleich zum Rest Syriens herrscht im Nordosten Pressefreiheit mit einer hoch politisierten Medienladschaft. Ein entscheidender medialer Akteur sei dabei das “Rojava Information Center”, berichtet Christopher Wimmer: “Die unabhängige Medienorganisation mit Sitz in der Großstadt Qamişlo koordiniert die Arbeit internationaler Jour­na­lis­t*in­nen und veröffentlicht auch eigene Inhalte. Seit seiner Gründung 2018 hat sich das Center zu einem bedeutenden Akteur der lokalen Presselandschaft entwickelt.”

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4. Wie der Kreml die Pressefreiheit in Russland immer weiter einschränkt
(de.ejo-online.eu, Christopher Baczyk)
Die journalistische Berichterstattung in Russland war bereits vor dem Krieg gegen die Ukraine eingeschränkt, jetzt ist sie fast unmöglich. Christopher Baczyk fragt sich, wie es so weit kommen konnte, und wie die Russinnen und Russen noch an unabhängige Informationen kommen. Sein Fazit: “Es gibt kleine Hoffnungsschimmer. Doch die russische Medienlandschaft ist fest in der Hand des Kremls.”

5. Ich rede mit, also bin ich
(tagesspiegel.de)
Beim “Tagesspiegel” blickt “tip”-Chefredakteurin Stefanie Dörre auf die vergangene Medienwoche zurück: Worüber hat sie sich am meisten geärgert? Worüber am meisten gefreut? Und was empfiehlt sie gerade aus dem Internet?

6. Klimajournalismus
(sr.de, Isabel Sonnabend & Thomas Bimesdörfer, Audio: 19:04 Minuten)
Bei “Medien – Cross und Quer” sprechen und diskutieren Isabel Sonnabend und Thomas Bimesdörfer mit Raphael Thelen vom Netzwerk Klimajournalismus. Ihre Themen: Wie sieht eine angemessene Klimaberichterstattung aus? Wo ist die Linie zwischen Journalismus und Aktivismus? Werden Klimathemen genug abgebildet? Und wie kann Klimajournalismus in einer neuen Form in Redaktionen integriert werden?

KW 31/22: Hör- und Gucktipps zum Wochenende

Hurra, endlich Wochenende – und damit mehr Zeit zum Hören und Sehen! In unserer Samstagsausgabe präsentieren wir Euch eine Auswahl empfehlenswerter Filme und Podcasts mit Medienbezug. Viel Spaß bei Erkenntnisgewinn und Unterhaltung!

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1. Dienstwagen-Vorwurf und Compliance-Aufklärung im rbb
(ardaudiothek.de, Jörg Wagner, Audio: 1:20:14 Stunden)
Im radioeins-Medienmagazin beschäftigt sich Jörg Wagner mit den Vorwürfen, die gegenüber der rbb-Intendantin Patricia Schlesinger erhoben werden, darunter die strittige Zurverfügungstellung eines Dienstwagens der Luxusklasse. Obwohl es das eigene Haus betrifft, stellt Wagner unbeeindruckt die richtigen Fragen.

2. Nähe oder Distanz? Podcast zum pikanten Verhältnis zwischen Journalisten und Politik
(rnd.de, Steven Geyer & Andreas Niesmann, Audio: 38:08 Minuten)
In einer Sonderausgabe widmen sich die “RND”-Hauptstadtkorrespondenten Steven Geyer und Andreas Niesmann der Frage: Wie viel Nähe darf und wie viel Distanz muss man als Journalist oder Journalistin zum Politikbetrieb pflegen? Zu Gast sind zwei ehemalige Bundespräsidentensprecherinnen: Anna Engelke, heute wieder Journalistin beim NDR, und die Journalistin Ferdos Forudastan, inzwischen unter anderem für den WDR tätig.

3. Podcasts im Kampf für die gute Sache
(deutschlandfunkkultur.de, Carina Schroeder, Audio: 35:15 Minuten)
In der aktuellen Folge “Über Podcast” geht es um die Frage: Was macht es mit einem Medium, wenn die Grenzen zwischen Journalismus und Aktivismus verschwimmen? Carina Schroeder spricht darüber unter anderem mit Sara Schurmann vom Politik-Podcast “Pod steh uns bei” sowie mit der Podcast-Expertin Arielle Nissenblatt.

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4. Medien im Gefängnis
(podcast.hans-bredow-institut.de, Audio: 44:28 Minuten)
Anne Kaun, Professorin an der schwedischen Universität Södertörn und Gastforscherin am Hans-Bredow-Institut, erforscht, wie Medien im Gefängnis funktionieren: Welche Formen der Kommunikation existieren in Gefängnissen? Wozu werden Medien im Gefängnis benutzt? Und welche Medien werden zu welchen Zwecken ins Gefängnis geschmuggelt?

5. Tatjana Ohm über Kriegs- und Krisenberichterstattung
(youtube.com, Markus Trantow & Pauline Stahl, Audio: 45:08 Minuten)
Im “turi2 clubraum” sprechen Markus Trantow und Pauline Stahl mit Welt-TV-Chefmoderatorin Tatjana Ohm, die vor Kurzem von ihrem Einsatz in der Ukraine zurückgekehrt ist. Wie ist es ihr dort ergangen? Wie sieht Kriegs- und Krisenberichterstattung in der Realität aus? Und wie hat sie die Erlebnisse verarbeitet?
Weiterer Hörtipp, jedoch in englischer Sprache: Journalismus im Krieg: “Die Journalistin Olga Tokariuk berichtet für internationale Medien aus der Ukraine. Sie beschreibt die Rolle der Oligarchen in der ukrainischen Medienwelt, warum es so viele arbeitslose Reporter gibt und wie objektiver Journalismus unter den Bedingungen der russischen Aggression funktioniert.” (youtube.com, Falter, Tessa Szyszkowitz, Audio: 33:10 Minuten)

6. “Nah dran, aber trotzdem kritisch” – Berichterstattung über Männer- und Frauenfußball
(br.de, Ingo Lierheimer, Audio: 22:13 Minuten)
Im Medienmagazin des Bayerischen Rundfunks geht es um die Berichterstattung über Männer- und Frauenfußball: Warum bekommt Frauenfußball immer noch deutlich weniger Aufmerksamkeit als der von Männern? Wie steht es um kritische Berichterstattung, um Nähe und kritische Distanz zwischen Reportern und Sportlern? Und wie viele Reporterinnen arbeiten inzwischen hinter dem Mikrofon?

Geleakter Jones, Documenta, Schlesingers (Teil)Rückzug

1. Geleakte Textnachrichten bringen Alex Jones in Bedrängnis
(spiegel.de)
Der rechte US-Moderator und Verschwörungsvermarkter Alex Jones ist anscheinend Opfer seiner eigenen Anwälte geworden. Die haben in einer juristischen Auseinandersetzung der Gegenseite offenbar eine vollständige digitale Kopie seines Handys samt aller Nachrichten zukommen lassen. Die Informationen gäben interessante Interna über das Geschäftsmodell aus Hass und Hetze preis, stünden aber auch im Widerspruch zu vorherigen Aussagen von Jones vor Gericht.
Weiterer Lesetipp: “Urteilsspruch gegen Amerikas obersten Verschwörungsideologen: Alex Jones muss den Eltern eines der Opfer des Sandy-Hook-Massakers eine Millionenentschädigung zahlen. Weitere Strafen dürften folgen.” Alex Jones muss mindestens vier Millionen Dollar Schadensersatz zahlen (spiegel.de).

2. Documenta-Bericht beim “Spiegel”: “Jagdtrieb wie ‘Bild’, ‘Welt’ und AfD”
(meedia.de)
“Spiegel”-Redakteur Alexander Neubacher hat in einem Meinungsbeitrag die Documenta wegen des Skandals um antisemetische Bilder als “Horrorshow” bezeichnet. Bei “Meedia” antwortet Peter-Matthias Gaede, langjähriger Chef der Gruner-Zeitschrift “Geo”, mit einem offenen Brief: “Der Jagdtrieb, den ‘Bild’ und ‘Welt’ und in einer besonderen Volte sogar die AfD auf vermeintlich in allen Gremien der Documenta 15 verwurzelte Antisemiten entfalten, ist deren Sache. Wie aber auch Sie und weitere Kolleg*innen vom ‘Spiegel’, ebenso wie manche von der ‘SZ’, derart hyperventilieren, einen derartigen Furor gegenüber der gesamten Documenta 15 entwickeln, halte ich für eine Form von Erregungsjournalismus, die fassungslos machen kann.”

3. Aufklärung in München
(sueddeutsche.de, Aurelie von Blazekovic)
Der Bertelsmann-Konzern hat das Institut für Zeitgeschichte in München mit der unabhängigen Aufarbeitung der Geschichte des “Stern” und dessen Gründers Henri Nannen beauftragt. Dabei werde auch die Bildsprache des “Stern” gescannt und ausgewertet. Es gehe um die Frage, wie “Topoi, Klischees, Charakterisierungen, Perspektiven, die schon im Nationalsozialismus zur Repräsentation von Personen und Kulturen in Bildern und Texten genutzt wurden, auch nach 1945 wieder auftauchen”.

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4. Digitaler Wandel „gewinnt an Tempo“
(verdi.de, Günter Herkel)
Der Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger hat einen Report “Zur wirtschaftlichen Lage der deutschen Zeitungen” (PDF) herausgebracht. Günter Herkel hat sich den Bericht im Auftrag einer Journalistengewerkschaft angeschaut und fasst die seiner Meinung nach entscheidenden Erkenntnisse zusammen.

5. Resilienter Journalismus
(journalist.de)
“Wie können Medienschaffende und Mediennutzer mit dem permanenten Ausnahmezustand umgehen? Wie werden die Menschen resilienter in ihrer digitalen Mediennutzung? Und was muss getan werden, damit der Journalismus selbst robuster durch die vielfältigen Krisen kommen kann?” 40 Medienprofis beschäftigen sich im Sammelband “Resilienter Journalismus” mit den Herausforderungen des Journalismus in Zeiten des permanenten Ausnahmezustands.

6. Auch RBB-Intendantin kann Schlesinger nicht bleiben
(tagesspiegel.de, Kurt Sagatz)
Die umstrittene rbb-Intendantin Patricia Schlesinger hat den ARD-Vorsitz abgegeben. Nun sei ein weiterer Schritt fällig, findet Kurt Sagatz: “Sie sollte darum ebenso wie Verwaltungsratschef Wolf-Dieter Wolf ihr Amt als RBB-Intendantin bis zum Abschluss der Untersuchungen ruhen lassen. Dieser Schritt ist ebenso unausweichlich wie ihre ARD-Entscheidung von Donnerstag.”
Weiterer Lesetipp: Der Deutsche Journalisten-Verband begrüßt die Entscheidung von rbb-Intendantin Patricia Schlesinger, von ihrem Amt als ARD-Vorsitzende zurückzutreten (djv.de).

Diversität in Aufsichtsgremien, Absturz bei Jüngeren, Rolf Kauka

1. Wen vertreten eigentlich die Rundfunkräte von ARD und ZDF?
(uebermedien.de, Fabian Goldmann)
Die Neuen deutschen Medienmacher*innen haben eine Untersuchung über Diversität in Aufsichtsgremien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks veröffentlicht (PDF). Es gehr dabei um die Fragen: Welche gesellschaftlichen Gruppen sind in den Gremien vertreten? Welche Stimmen bleiben ungehört? Welche informellen Faktoren wie Zugang zu Ressourcen oder politische Loyalitäten beeinflussen die Machtverhältnisse in den Gremien? Fabian Goldmann war für die Untersuchung als Autor verantwortlich. Bei “Übermedien” stellt er die wichtigsten Ergebnisse vor.
Kritik an der Auswertung kommt von “DWDL”-Chef Thomas Lückerath bei Twitter – wiederum mit Widerspruch zur Kritik in den Antworten.

2. “Mein Postfach muss nicht jede Beleidigung der Welt schlucken”
(mdr.de, Marc Zimmer)
Nach sieben Jahren nahezu täglicher Twitter-Präsenz hat die Ärztin und Autorin Natalie Grams-Nobmann ihren Account gelöscht. Im Interview mit dem MDR hat sie über ihre Beweggründe gesprochen, die mit dem Tod ihrer österreichischen Kollegin Lisa-Maria Kellermayr zu tun haben: “Ich ertrage es nicht mehr, in diese Hölle zu blicken, wo Menschen den Tod eines anderen Menschen, den Suizid eines anderen Menschen regelrecht feiern – und das als Schuldeingeständnis dieser wirklich bedrohten und verfolgten Ärztin sehen und sich so darüber erheben.”

3. Weiblicher Auslandsjournalismus weltweit: Berichterstattung aus dem Libanon
(fachjournalist.de, Julia Neumann)
Julia Neumann berichtet als Auslandskorrespondentin aus dem Libanon. In ihrem Beitrag für den “Fachjournalist” geht es um die Vorurteile hinsichtlich Gefahrenpotenzial und Diskriminierung. Neumann kann die gängigen Klischees nicht bestätigen. Das Gegenteil sei der Fall: “Tatsächlich erfahre ich im Libanon, aber auch in Jordanien oder in den Emiraten kaum Diskriminierung als Reporterin. Im Gegenteil: Ich kann unverblümt mit aus Syrien geflüchteten Frauen in einem Zelt sitzen und zuhören, wie sie über Genitalhygiene oder die Periode reden. Auch im Iran habe ich viele Frauen zu ihrer politischen Meinung bei den Wahlen befragen können. Als Reporterin habe ich einen direkten Zugang, vor allem zu Frauen in ländlichen Gegenden.”

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4. Absturz bei Jüngeren: So schnell altert das lineare Fernsehen
(dwdl.de, Uwe Mantel)
Mit 59 Jahren habe das Durchschnittsalter des deutschen TV-Publikums im ersten Halbjahr 2022 einen neuen Höchststand erreicht, berichtet Uwe Mantel bei “DWDL”. Dies hänge mit der allgemeinen demografischen Entwicklung, mit dem Wandel der Mediennutzung und mit dem Umstand zusammen, dass TV-Geräte bei den Älteren immer länger laufen würden.

5. Neue Narrative für den Krieg
(taz.de, Barbara Oertel)
Zwei Handreichungen aus der russischen Präsidialverwaltung von Mitte Juli würden festlegen, wie staatstreue Medien über den Krieg, der so offiziell nicht heißen darf, berichten sollen. Barbara Oertel fasst zusammen, mit welchen Argumenten die Medien der Bevölkerung den Krieg mitsamt seiner Folgen erklären sollen.

6. Fix & Foxi als ewige Pimpfe
(kreuzer-leipzig.de, Stefan Pannor)
In seinem Buch “Fürst der Füchse” beschäftigt sich der Historiker Bodo Hechelhammer mit dem Leben des Comic-Verlegers Rolf Kauka (unter anderem “Fix & Foxi” und “Bussi Bär”), dessen Verstrickungen mit dem Bundesnachrichtendienst und Kaukas rechter Gesinnung. Für den Journalisten und Comic-Spezialisten Stefan Pannor ergibt sich nach Lektüre des Buchs folgendes Bild: “Kauka wie seine Comics waren Produkte bundesdeutscher Kontinuitäten über den NS-Staat zur Adenauer-Republik bis zur Kohl-Kanzlerschaft. Der Finanzminister Klaus Kinkel, ebenfalls Wessel-Intimus, besorgte Kauka das Bundesverdienstkreuz. Erster Klasse, natürlich. In Kaukas Lebensgeschichte, wie der vieler, die nach der NS-Zeit zu Ruhm und Geld gelangten, zeigt sich das Bild eines Menschen, der gleichzeitig unfassbar reich und mächtig war, der sich aber dennoch nach zwei verlorenen Weltkriegen als zu kurz gekommen sah, als ‘Herrenmensch’, der keiner sein durfte.”

Reichelts Apokalypse, Schutzkonzepte für Herbst nötig, Das Bier der Polizei

1. Aufmerksamkeitssuche mit Apokalypse
(belltower.news, de:hate)
“Belltower.News”, das Internetportal der Amadeu Antonio Stiftung, analysiert, mit welchen Mitteln Ex-“Bild”-Chefredakteur Julian Reichelt auf Youtube operiert. Bei Reichelts Videos handele es sich um “geistige Brandstiftung mit aggressiver Rhetorik”, wie man sie aus den USA kenne: “Sein neues YouTube-Format ‘Achtung, Reichelt!’ ist dabei nicht innovativ, sondern stark am rechtspopulistischen Meinungsjournalismus des amerikanischen Nachrichtensenders Fox News angelehnt. Insbesondere die rhetorischen Mittel des verrufenen Fox News Talkers Tucker Carlson scheinen den Ex-BILD-Chef überzeugt zu haben.”

2. Frankreich schafft Rundfunkgebühren ab
(tagesschau.de)
In Frankreich rücke das Ende der Rundfunkgebühren näher: Nach der französischen Nationalversammlung habe nun der Senat für die Abschaffung der Rundfunkgebühren gestimmt. Künftig solle der öffentlich-rechtliche Rundfunk durch den Staat finanziert werden. Der Deutsche Journalisten-Verband kritisiert die Entwicklung: “Zum einen ist die Höhe der staatlichen Finanzierung unklar, zum anderen gerät die journalistische Unabhängigkeit unter die Räder, wenn der Staat die Finanzierung übernimmt.”

3. Deshalb habe ich meinen Twitter Account deaktiviert
(youtube.com, Anwalt Jun, Video: 20:55 Minuten)
Nach dem Tod der österreichischen Ärztin Lisa-Maria Kellermayr, der im Netz viel Hass entgegengeschlagen war (BILDblog berichtete), haben sich einige prominente Stimmen von Twitter verabschiedet, darunter der Anwalt Chan-jo Jun. Auf Youtube erklärt Jun noch einmal ausführlich die Beweggründe für seine Entscheidung.
Weiterer Lesehinweis: Nach dem Tod von Lisa-Maria Kellermayr “stehen Polizei, Justiz und die Plattformen in der Pflicht”, findet Tanja Tricarico in der “taz”.

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4. DJV fordert Schutzkonzepte
(djv.de, Hendrik Zörner)
Der Deutsche Journalisten-Verband fordert von den Polizeibehörden des Bundes und der Länder Schutzkonzepte für Medienschaffende, die über Protestkundgebungen berichten: “Es ist höchste Zeit, dass die Polizeiführungen festlegen, wie sie uns schützen wollen.” Wenn der von Impfgegnern und “Querdenkern” angekündigte heiße Herbst erst begonnen habe, sei es für vorausschauende Maßnahmen zu spät.

5. Dem Kreml glaubt fast niemand
(faz.net, Lara Kirschbaum)
Gemäß einer repräsentativen Umfrage des Digitalverbands Bitkom verfange die russische Staatspropaganda in Deutschland nicht: “Von den 1004 befragten Bürgern ab 16 Jahren, die Teil der Studie waren, gab die Mehrheit von 87 Prozent zum Thema an, sie misstraue der russischen Regierung, 80 Prozent sagten dies mit Blick auf die russischen Medien. Nur vier Prozent gaben an, sie mäßen russischen Medien Wahrheitsgehalt zu, der Rest der Befragten enthielt sich.”

6. Polizei Essen bittet nach Twitter-Panne um Entschuldigung
(spiegel.de)
“Fürs Biertasting am Freitag im Café Kram in Bottrop sind noch Plätze frei”, verkündete die Polizei Essen auf Twitter und sorgte damit für größere Verwirrung, offenbar auch in den eigenen Reihen: “Wir können uns nicht erklären, wie dieser Beitrag in unser Profil gelangen konnte, Nachforschungen diesbezüglich laufen.” Mittlerweile sind diese “Nachforschungen” abgeschlossen, die Polizei konnte den Täter ermitteln.

Letzte Dienstfahrt, Zu viel Hass im Netz, Nannens Story

1. Letzte Dienstfahrt für Patricia Schlesinger
(uebermedien.de, Stefan Niggemeier)
Stefan Niggemeier kommentiert die Aufarbeitung der Vorwürfe gegen die rbb-Intendantin Patricia Schlesinger: “Die komplexe Frage, wer wann welchen mit wem bekannten Berater unter welchen Bedingungen engagierte, werden die Untersuchungen möglicherweise irgendwann klären. Aber akut schädlicher für Schlesinger und damit auch den rbb und die ARD insgesamt ist der Eindruck, der durch viele in diesem Zusammenhang geschilderte Vorgänge entsteht: Dass sich hier jemand persönlich bereichert und mitnimmt, was geht – ohne ein Gespür, was unanständig ist, selbst wenn es rechtlich zulässig ist.”

2. “Hatern nicht das Feld überlassen”
(taz.de, Tanja Tricarico)
Weil ihnen der Hass, der ihnen entgegenschlug, zu viel wurde, haben sich in den vergangenen Tagen einige prominente Stimmen von Twitter verabschiedet, darunter der Anwalt Chan-jo Jun und die Ärztin Natalie Grams-Nobmann. Netzexpertin Katharina Nocun, selbst betroffen von Beschimpfungen und Bedrohungen, kann diese Entscheidung nachvollziehen: “Wenn irgendwann der Hass zu viel wird, dann steht das in keinem Verhältnis zu all dem schönen Austausch, den Kontakten auf den Plattformen. Als Expertin kann man ja auch Einfluss auf die Berichterstattung nehmen, auch zum Thema verschwörungsideologisches Milieu. Eigentlich wäre es ja wichtig, dass wir dem etwas entgegensetzen. Ich kann es aber auch verstehen, wenn Leute sagen: Ich habe keine Kraft mehr. Ich will den Hatern aber nicht das Feld überlassen.”
Hörtipp: Zu viel Hass im Netz: Immer mehr Stimmen ziehen sich zurück – Interview mit Chan-jo Jun (deutschlandfunk.de, Michael Borgers, Audio: 8:31 Minuten).

3. Historiker prüfen Henri Nannens Story
(faz.net)
Der Bertelsmann-Konzern hat das Münchner Institut für Zeitgeschichte damit beauftragt, die Zeit von der Gründung des Magazins “Stern” durch Henri Nannen bis zum Jahr 1983, dem Ausscheiden Nannens, aufzuarbeiten. Dem vorausgegangen waren Recherchen des NDR-Magazins “Strg_F”, das sich mit Nannens Rolle während der Nazi-Zeit beschäftigte.

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4. Was verboten ist, muss auch geahndet werden
(tagesspiegel.de, Malte Lehming)
“Menschen machen virtuell Jagd auf andere Menschen. Die Dynamik, die das auslöst, ist unberechenbar. Es ist höchste Zeit für eine Grenzziehung.” Malte Lehming erinnert daran, dass die Sozialen Medien kein rechtsfreier Raum sind: “Nicht zuletzt aus eigener Betroffenheit ist bei vielen Politikern die Einsicht gewachsen, dass die Kausalkette vom Wort zur Tat, von der Agitation zur Aktion, frühzeitig durchbrochen werden muss. Das gilt im nationalen wie im internationalen Rahmen.”

5. Ich traue meinen Augen nicht – Deepfakes oder wie wir einer drohenden Infokalypse begegnen können
(algorithmenethik.de, Stefanie Valdés-Scott)
Bei Deepfakes handelt es sich um “realistisch wirkende Medieninhalte, die durch Techniken der künstlichen Intelligenz abgeändert und verfälscht worden sind” (Wikipedia). Stefanie Valdés-Scott, Leiterin der Abteilung Politik und Regierungsbeziehungen bei einem großen Softwareunternehmen, erklärt in einem Blogbeitrag, warum aus ihrer Sicht die KI uns in vielen Bereichen das Leben erleichtert, aber auch Risiken birgt. Ihr Appell: “In einer immer komplexer werdenden Welt, in der Deepfakes und Desinformation feste Bestandteile unseres Alltags sind, ist das gesamte Ökosystem aus Verbraucher:innen, Industrie, Politik und Wissenschaft gefragt und gefordert, gemeinsam das Vertrauen in Medien und Politik zu erhalten bzw. wiederherzustellen.”

6. Elon Musk klagt zurück
(zeit.de)
Der reichste Mann der Erde Elon Musk und das Unternehmen Twitter streiten sich über die einst geplante Übernahme des Kurznachrichtendienstes. Ursprünglich wollte Musk nach eigener Aussage Twitter für einen Preis von 44 Milliarden US-Dollar kaufen, war davon aber im späteren Verlauf abgerückt. Nachdem Twitter den Fall vor Gericht gebracht hat, habe Musk nun mit einer Gegenklage reagiert.

Lisa-Maria Kellermayr, Klima-Quiz, BBC-Meteorologen im Hass-Sturm

1. Dr. Lisa-Maria Kellermayr: Eine Würdigung
(puls24.at, Corinna Milborn & Magdalena Punz)
Die Redaktion des österreichischen Fernsehsenders Puls 24 ist erschüttert vom Tod der Ärztin Lisa-Maria Kellermayr: “Es steht uns nicht zu, über die Umstände ihres Todes zu spekulieren, aber wir dürfen uns davon nicht abhalten lassen, über ihr Leben zu sprechen: wie viel sie im Kampf gegen Covid leistete, wie sie zum Ziel rechtsextremen Terrors wurde – und wie Behörden und Politik sie in einem beispiellosen Versagen alleine ließen.”
Weitere Lesehinweise: Beim “Standard” ist einem lesenswerten Nachruf eine Chronologie der Ereignisse angehängt, und im “Falter” konnte man bereits Anfang Juli über die verfahrene Situation lesen.
(Solltest Du Suizid-Gedanken haben, dann gibt es Menschen, die Dir helfen können, aus dieser Krise herauszufinden. Eine erste schnelle und unkomplizierte Hilfe bekommst Du etwa bei der “TelefonSeelsorge”, die Du kostenlos per Mail, Chat oder Telefon (0800 – 111 0 111 und 0800 – 111 0 222) erreichen kannst.)

2. BBC-Meteorologen wurden während Hitzewelle für Berichterstattung beschimpft
(derstandard.de)
Als die BBC-Meteorologen über die jüngste Hitzewelle in Großbritannien berichteten, seien sie in noch nie dagewesenem Ausmaß mit Hass und Hetze konfrontiert gewesen. Das Team habe Hunderte von beleidigenden Tweets beziehungsweise E-Mails erhalten, in denen sie beschimpft und ihre Berichte infrage gestellt wurden. Das vermeintliche Vergehen der Wetter-Experten: Sie hatten bei der Präsentation der Rekordtemperaturen auf das Thema Klimawandel hingewiesen.

3. Angriffe aufs System
(tagesspiegel.de, Matthias Meisner)
Die Medienlandschaft ist im Wandel. Mit erheblichem Einsatz versuchen immer mehr verschwörungsideologische Portale, ihre Ansichten unter die Leute zu bringen. Matthias Meisner fasst die jüngsten Entwicklungen zusammen und erklärt, was an den sogenannten Parallelmedien so gefährlich ist.

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4. “Gut wird es erst, wenn wir die Veränderungen annehmen”
(journalist.de, Joachim Braun)
Der freie Journalist Sebastian Dalkowski kritisierte im April dieses Jahres in einem persönlichen Beitrag die Arbeitsbedingungen im Lokaljournalismus und erklärte, warum er gerade zum ersten Mal ans Aufhören denke. Nun greift Joachim Braun, Chefredakteur der “Ostfriesen-Zeitung”, Dalkowskis Beitrag auf: Ist wirklich alles so schlimm?

5. Die “FAZ” war 2021 so profitabel wie seit den 90ern nicht
(dwdl.de, Uwe Mantel)
Trotz rückläufiger Werbeeinnahmen habe die “FAZ” im vergangenen Jahr ihren Gewinn erheblich steigern können. Sie sei nach eigenen Angaben so profitabel wie seit den 90er-Jahren nicht mehr. Uwe Mantel hat die kompletten Zahlen.

6. Ist TikTok oder Facebook schlechter für das Klima?
(spiegel.de, Max Hoppenstedt)
“Das Netz braucht ungefähr so viel Strom wie ganz Indien. Aber was ist problematischer: Downloaden oder Streamen, Scrollen oder Posten? Und wie viel sparen Sie mit abgeschalteter Kamera im Videoanruf?” Max Hoppenstedt hat ein Quiz mit einigen Schätzfragen zusammengestellt. Die korrekten Antworten sind im einen oder anderen Fall durchaus überraschend.

KW 30/22: Hör- und Gucktipps zum Wochenende

Hurra, endlich Wochenende – und damit mehr Zeit zum Hören und Sehen! In unserer Samstagsausgabe präsentieren wir Euch eine Auswahl empfehlenswerter Filme und Podcasts mit Medienbezug. Viel Spaß bei Erkenntnisgewinn und Unterhaltung!

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1. Breaking News – Medien in Krisenzeiten
(youtube.com, Diemut Roether, Video: 1:00:08 Stunden)
Auf den Medientagen Mitteldeutschland wurde unter anderem über “Medien in Krisenzeiten” diskutiert: Welche gesellschaftliche Verantwortung haben Medien? Wie funktioniert das Konzept des konstruktiven Journalismus in Krisen? Welche inhaltlichen und technologischen Lösungsansätze gibt es, um Informationen zügig zu verbreiten und dennoch einzuordnen? Darüber sprechen Tom Buhrow (WDR), Meinolf Ellers (dpa), Ellen Heinrichs (Bonn Institute), Natalie Müller-Elmau (3sat) sowie Moderatorin Diemut Roether.
Weiterer Sehtipp: Das ebenfalls auf den Medientagen stattgefundene Gespräch mit Marina Weisband über “Putins Krieg und die Medien” (youtube.com, Phoenix, Helge Fuhst, Video: 35:56 Minuten).

2. ARD und ZDF – Im Bann der Algorithmen?
(sr.de, Kai Schmieding & Michael Meyer, Audio: 16:58 Minuten)
Kai Schmieding und Michael Meyer sprechen mit dem Medienwissenschaftler Henning Eichler über dessen Studie zur Abhängigkeit von ARD und ZDF von den Plattformen in Sozialen Medien: Werden die Beiträge an die Erwartungen von kommerziellen Betreibern angepasst? Und haben die Algorithmen der Plattformen die öffentlich-rechtlichen Sender wirklich fest in der Hand?

3. Warum ein Riesengeschäft unter dem Medienradar läuft
(deutschlandfunk.de, Bettina Schmieding, Audio: 43:42 Minuten)
Es gebe nur wenige Journalistinnen und Journalisten, die sich inhaltlich mit der Pornoindustrie auseinandersetzen. Das liege daran, dass das Thema immer noch tabuisiert sei, und die Branche sehr verschlossen und intransparent. Inwieweit profitiert das Pornobusiness davon? Und inwiefern spielen Vorurteile der Medien hier eine Rolle? Darüber diskutiert eine Deutschlandfunk-Hörerin mit Janne Knödler vom “Spiegel”, Sebastian Meineck von netzpolitik.org und Bettina Schmieding aus der Dlf-Medienredaktion.

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4. Wie machen Lesungen wieder Spaß?
(deutschlandfunkkultur.de, Christine Watty & Berit Glanz & Tilman Winterling, Audio: 41:46 Minuten)
Bei “Lakonisch Elegant” von Deutschlandfunk Kultur geht es um einen speziellen Teilaspekt des Medienbetriebs: die literarischen Lesungen. Christine Watty (Deutschlandfunk Kultur), Berit Glanz (Autorin) und Tilman Winterling (Gründer “54books”) unterhalten sich mit der Hamburger Literaturreferentin Antje Flemming: Warum sind derartige Veranstaltungen manchmal zäh? Und wie geht es besser?

5. Alltag in China: Totale Überwachung wegen Corona
(ardaudiothek.de, Philipp Abresch, Audio: 30:52 Minuten)
Ende Juni haben wir an dieser Stelle einen “Weltspiegel”-Beitrag des ARD-Korrespondenten Daniel Satra empfohlen, der eindrucksvoll zeigte, wie eine Drehreise aufgrund von Chinas Zero-Covid-Politik zum Höllentrip für Satra und dessen Team wurde. Im “Weltspiegel”-Podcast geht es noch einmal um diesen Spießrutenlauf zwischen Überwachung und Willkür, der einen erahnen lässt, wie es sein muss, unter derartigen Regulierungen als Inländer zu leben.

6. Deutsche Urlauber in den Auslands-Medien
(wdr.de, Annika Witzel, Audio: 5:47 Minuten)
Im WDR5-Medienmagazin beschäftigt sich Annika Witzel mit der medialen Wahrnehmung von urlaubenden Deutschen im Ausland: Wie sehen wir aus, wenn die anderen über uns berichten? Was schreiben Medien in unseren Lieblingsurlaubsländern über uns? Und sind wir wirklich so?

Untauglicher Schutz, Weg von Sendeplätzen, Verkaufte Globes

1. Untaugliche Pläne für Whistleblower-Schutz
(verdi.de, Daniel Moßbrucker)
Daniel Moßbrucker erläutert kenntnis- und detailreich, warum der neue Gesetzentwurf zum Umgang mit Whistleblowern aus seiner Sicht enttäuschend ist. Sein bitteres Fazit: “Die letzten Hoffnungen, doch noch eine bessere gesetzliche Regelung für Whistleblower zu schaffen, ruht nun auf den Bundestagsfraktionen, die den Beschluss der Bundesregierung hoffentlich ausgiebig diskutieren werden.”
Weitere Lesehinweise: Der bereits gestern in den “6 vor 9” verlinkte Beitrag “Entwurf lässt Hinweisgebende im Stich” (netzpolitik.org, Tomas Rudl) sowie die Stellungnahme des Deutschen Journalisten-Verbands.

2. “Wir müssen weg von Sendeplätzen denken”
(journalist.de, Catalina Schröder)
Florian Hager ist seit Anfang März Intendant des Hessischen Rundfunks. Im “journalist”-Interview erläutert Hager, der zuvor das öffentlich-rechtliche Jugendangebot “Funk” mitaufgebaut hat, seine Pläne für die Umstrukturierung des Senders. Das betrifft immerhin etwa 1.700 Festangestellte und mehr als 900 freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Zum Schluss geht es noch um die Frage, was Hager aus seinem früheren Job als Kneipenwirt in Portugal für seine heutige Position mitnehmen konnte.

3. “The Atlantic” wird 165
(deutschlandfunk.de, Brigitte Baetz, Audio: 6:11 Minuten)
Brigitte Baetz blickt im Deutschlandfunk auf die 165-jährige Geschichte des Magazins “The Atlantic” zurück, eine der wichtigsten Publikationen in den USA. Die Existenz des Magazins sei in den vergangenen Jahren immer wieder gefährdet gewesen. Als rettend hätte sich das sogenannten metered model erwiesen, bei dem die Nutzerinnen und Nutzer kostenlosen Zugriff auf eine bestimmte Anzahl eigentlich kostenpflichtiger Inhalte haben, aber auch die verstärkte Aufmerksamkeit während der Trump-Jahre.

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4. Neue Galgenfrist für den Werbe-Cookie
(spiegel.de)
Im Markt für Onlinewerbung gibt es heftiges Gerangel um die Existenz der Werbe-Cookies. Verschiedene Player mit unterschiedlichen Interessen versuchen, alternative Modelle durchzusetzen. Das gestalte sich jedoch auch für einen Internet-Giganten wie Google schwierig. Dort habe man den geplanten Umbau der Onlinewerbung von 2023 auf das Jahr 2024 verschoben.

5. “Es lohnt sich, in Geschichten zu investieren”
(blog.medientage.de, Cathrin Hegner)
Als Betreiberin eines Marktforschungsunternehmens beschäftigt sich Ines Imdahl unter anderem mit den Motiven für die Mediennutzung und mit Werbewahrnehmung. Im Interview mit dem Blog der Medientage München wird klar, wie schnell im Videozeitlalter eine “emotionale Reaktion” hergestellt werden müsse: “Ein Tutorial auf YouTube anzuschauen, kann heute schon als intensive Auseinandersetzung mit einem Thema gelten. Die Onlinevideos werden immer kürzer. Bei Instagram findet man noch einminütige Reels, bei TikTok sind die Top-viralen Videos gerade mal sieben Sekunden lang.” Was davon beim jungen Zielpublikum hängen bleibt, scheint jedoch eine andere Frage zu sein: “Wenn wir heute Probanden eine halbe Stunde TikTok oder Instagram gucken lassen, können sie sich hinterher an kaum etwas erinnern, unabhängig davon, ob es um Werbung oder andere Inhalte geht.”

6. Gehalt statt Geschenke
(sueddeutsche.de, Jürgen Schmieder)
Die Hollywood Foreign Press Association (HFPA) verkauft die Rechte an den Golden Globes an einen Milliardär. Jürgen Schmieder erklärt, mit wem man es auf Seiten des Verkäufers zu tun hat: “Die HFPA, die seit 1944 die Golden Globes vergibt und damit ihre Relevanz festigt, ist eine Vereinigung, deren Mitglieder sich bis an die Grenze der Bestechlichkeit (vielleicht auch darüber hinaus) einladen und beschenken lassen, journalistische Standards für eher nervig halten und offenbar kein Problem damit haben, dass keines der damals 87 Mitglieder schwarz ist.”

Autoritäre EU-Signale, Hinweisgeber-Schutz unzureichend, Horrorszenario

1. Autoritäre Signale schwächen die EU
(taz.de, Christian Rath)
Die EU darf einem Urteil des Europäische Gerichtshofs zufolge die Ausstrahlung russischer Staatsmedien wie RT France, RT Deutsch und Sputnik weiter verbieten. Christian Rath, rechtspolitischer Korrespondent der “taz”, hält diese Entwicklung in mehrfacher Hinsicht für bedenklich. Es beginne mit der Frage, ob es sich bei den Sendeverboten um Sanktionen handele, die man dem EU-Sanktionspaket zurechnen könne: “Ärgerlich ist aber weniger die Kompetenzanmaßung, sondern vor allem das falsche innenpolitische Signal. Hier werden präventiv Sender stillgelegt, statt wie üblich auf die Kraft des Diskurses zu vertrauen und Verbote auf konkrete Straftaten und Verletzungen von Persönlichkeitsrechten zu beschränken.”
Weiterer Lesehinweis: Wie der “Tagesspiegel” berichtet, hat der Kreml in Reaktion auf die Verbote Druck gegen westliche Medien angedroht: “Natürlich ergreifen wir ebenbürtige Maßnahmen des Drucks gegen westliche Massenmedien, die bei uns im Land arbeiten”, so Kremlsprecher Peskow: “Wir werden sie auch nicht in unserem Land arbeiten lassen, und hier wird es keine weiche Haltung geben.”

2. “Entwurf lässt Hinweisgebende im Stich”
(netzpolitik.org, Tomas Rudl)
Der aktuell vom Bundeskabinett beschlossene Entwurf des Hinweisgeberschutzgesetzes soll Whistleblower und Whistleblowerinnen helfen, ohne Angst vor Repressalien, Missstände zu melden. Er bleibe jedoch hinter den Erwartungen zurück: “Wer auf ein umfassendes Schutzgesetz für Whistleblowerinnen und Whistleblower gehofft hat, wird enttäuscht”, so David Werdermann von der Gesellschaft für Freiheitsrechte: “Der Entwurf lässt viele Hinweisgebende im Stich und legt ihnen Steine in den Weg.”
Weiterer Lesehinweis: Auch der Deutsche Journalisten-Verband hält den beschlossenen Gesetzentwurf für unzureichend (djv.de, Hendrik Zörner).

3. Hälfte der Bevölkerung liest täglich Zeitung
(tagesspiegel.de, Kurt Sagatz)
Laut der neuesten Media Analyse für den Tageszeitungsbereich sei die Reichweite weiter rückläufig, regionale Abo-Titel würden jedoch wieder etwas mehr gelesen, berichtet Kurt Sagatz: “Auf die Gründe für die Entwicklung geht die Media Analyse nicht ein, jedoch ergibt sich aus anderen Erhebungen, dass Sonderentwicklungen wie die Corona-Pandemie oder der Krieg in der Ukraine das Informationsbedürfnis erheblich beeinflussen.”

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4. An Horrorszenarien kann man sich nicht wärmen
(uebermedien.de, René Martens)
“Die Heizung fällt aus, alle frieren. Wie damals nach dem Krieg. Mit solchen Szenarien schüren manche Journalisten Angst vor dem kommenden Winter, aber das ist eher einer Gruselfaszination geschuldet als einer echten Analyse.” Medienjournalist René Martens schreibt über “Vergleiche, die dem Kreml dienen, und Möglichkeiten, medial besser mit der Krise umzugehen.”

5. Natalie Amiri erhält Publizistikpreis der Stadt München
(bjv.de, Thomas Witzgall)
Die Journalistin Natalie Amiri ist für ihre Berichterstattung aus Ländern wie Afghanistan, dem Irak und dem Iran mit dem Publizistikpreis der Stadt München ausgezeichnet worden. Die Laudatio übernahm die langjährige Russlandkorrespondentin und Leiterin des ARD-Studios in Moskau, Gabriele Krone-Schmalz, was auf Twitter für Kritik sorgte. In einem “wütenden Thread” machte beispielsweise die Geschichtswissenschaftlerin und Osteuropa-Kennerin Franziska Davies ihrem Ärger Luft: “Frau Krone-Schmalz war sich offenbar nicht zu schade, bei dieser Gelegenheit über das hohe Gut des kritischen Journalismus zu sprechen. Dabei ist sie in Deutschland die erfolgreichste Fürsprecherin des Putin-Regimes gewesen, die ihre Propaganda geschickt als Analyse tarnt.”

6. Keine Zeit mehr für Posen
(tagesschau.de, Sabine Henkel)
Sabine Henkel aus dem ARD-Hauptstadtstudio setzt sich mit der medialen Wirkung von Robert Habeck auseinander: “Vizekanzler Habeck füllt gerade die Kommunikationslücke, die Kanzler Scholz hinterlassen hat. Seine Beliebtheitswerte steigen – doch es bringt ihm auch den Vorwurf der Selbstinszenierung und Schwarzmalerei.”
Weiterer Lesehinweis: Wie wichtig es für Politikerinnen und Politiker ist, bei ihren Auftritten die visuelle Wirkung mitzudenken, beweist die Diskussion um das Sektfoto aus dem Krieg (faz.de, Melanie Mühl).

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