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Nicht mal die Hälfte der Energie geht ins Recherchieren

Die “Bild”-Redaktion glaubt, mal wieder was entdeckt zu haben:

Ausriss Bild-Zeitung - Nicht mal die Hälfte des Etats geht ins Programm

Gemeint ist das Programm des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. “Bild” schreibt dazu:

ARD, ZDF und Deutschlandradio verwenden weniger als die Häflte ihres Budgets fürs Programm. Das geht aus dem jüngsten KEF-Bericht (“Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten”) vom Februar 2022 hervor. Demnach beläuft sich der Gesamtaufwand über den Vierjahreszeitraum 2021 bis 2024 auf 38,3 Milliarden Euro. Davon gehen 16,65 Milliarden Euro (43,5 %) ins Programm.

Die Zahlen, die die Redaktion am Ende nennt, sind richtig – sie stehen so im erwähnten KEF-Bericht. Alles andere ist falsch.

Zweifel an der Behauptung, dass die Öffentlich-Rechlichten “weniger als die Hälfte ihres Budgets fürs Programm” verwenden, hätte “Bild” spätestens beim Erstellen dieser Grafik kommen müssen, die heute neben dem Artikel in der Zeitung zu finden ist:

Ausriss Bild-Zeitung - zu sehen ist ein Diagramm, in dem die verschiedenen Ausgabenbereiche der öffentlich-rechtlichen Sender zu sehen sind, darunter Programmaufwand, Personal ohne Altersvorsorge, Sachaufwand, Altersvorsorge, Investitionen/Sonstiges, Programmverbreitung

“Bild” meint zu wissen, dass lediglich Gelder aus dem Bereich “Programmaufwand” für das Programm von ARD, ZDF und Deutschlandradio verwendet werden, eben 43,5 Prozent des Gesamtbudgets. Aber was ist zum Beispiel mit dem Bereich “Personal ohne Altersversorgung”? Sind das die Pförtnerinnen, die Hausmeister, das Kantinenpersonal – also all jene, die mit dem Programm nichts zu tun haben?

Im 23. Bericht der KEF, auf den sich die “Bild”-Redaktion bei ihrem Vorwurf bezieht, steht extra zu Beginn des Abschnitts “Programmaufwand” (PDF, Seite 92):

Die Kommission erfasst als Programmaufwand insbesondere Kosten für Produktionen, die außerhalb der Anstalten entstehen. Die Erläuterungen dazu sowie das methodische Vorgehen der Kommission sind im 22. Bericht ausführlich beschrieben (vgl. dort Tzn. 72 f.).

Also mal schnell in den 22. Bericht der KEF geschaut (PDF, Seite 80):

Die Kommission erfasst als Programmaufwand insbesondere Kosten für Produktionen, die außerhalb der Anstalten entstehen. Dazu gehören:

  • Ankauf fertiger Produktionen von Dritten,
  • Erstellung von Koproduktionen und Auftragsproduktionen,
  • Erwerb von Sende-­ und Übertragungsrechten, namentlich Sportrechten,
  • Leistungsvergütungen für freie Mitarbeiter,
  • Vergütungen für Urheberrechts­- und Leistungsschutzberechtigte.

Kosten von Eigenproduktionen sind nur zum Teil im Programmaufwand enthalten. Sie werden daneben auch aus dem Personalaufwand und dem Sachaufwand finanziert.

Das heißt: Die vielen festangestellten Redakteurinnen und Redakteure zum Beispiel, die jeden Tag dazu beitragen, dass es im Fernsehen, im Radio und online Programm geben kann, oder die Korrespondetinnen und Korrespondenten, die selbst Beiträge erstellen, oder die Nachrichtensendungen, Politmagazine und Dokumentationen, die in den Häusern entstehen und nicht von außen eingekauft werden, oder selbstproduzierte fiktionale Serien – die dafür anfallenden Kosten fehlen in der “Bild”-Rechnung.

Es gibt zweifelsohne eine Menge zu kritisieren am öffentlich-rechtlichen System. Man kann den Anstalten gern alles mögliche vorwerfen: die träge Behördenhaftigkeit, die Programmgestaltung oder eben einen falschen Einsatz des vielen Geldes. Aber dann wäre es doch keine schlechte Idee, vorher wenigstens einmal ordentlich in den dafür maßgeblichen Bericht zu schauen.

Gesehen bei @daniel_bouhs.

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Angriff auf BR-Reporter, Feinheiten der Kündigung, Hubschrauber-Foto

1. Angriff auf BR-Reporter am Rande von Corona-Pressekonferenz
(br.de, BR24-Redaktion & Henning Pfeifer & Simon Emmerlich)
Nach einer Pressekonferenz zur Corona-Pandemie des bayerischen Gesundheitsministers führte ein Reporter des Bayerischen Rundfunks (BR) Interviews, als ein Mann erschien und den Journalisten von der Seite mit mehreren Faustschlägen angriff. Später lauerte derselbe Mann dem BR-Mitarbeiter auf dem Weg zum Auto auf und attackierte ihn erneut. Der Täter sei nach BR-Recherchen dem äußeren rechten Spektrum zuzuordnen.

2. Feinheiten der Kündigung
(taz.de, Christian Rath)
Der Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) habe am Montag der nunmehr ehemaligen rbb-Intendantin Patricia Schlesinger “vorsorglich außerordentlich fristlos” gekündigt. In der Pressemitteilung des rbb sei das Wort “vorsorglich” sogar unterstrichen gewesen. Christian Rath, rechtspolitischer Korrespondent der “taz”, erklärt, welche juristischen Gründe hinter dieser Formulierung stecken.

3. Aufklärung aus eigener Kraft
(tagesspiegel.de, Joachim Huber)
In einer dem “Tagesspiegel” vorliegenden Resolution verlangen rbb-Beschäftigte eine Mitsprache bei der Besetzung des Interims-Intendanten und des künftigen Senderchefs. Eine neu einzurichtende Kommission solle darüber aufklären, “wie die Missstände in der Geschäftsleitung über einen so langen Zeitraum toleriert werden konnten, wie allen hehren Unternehmenszielen zum Trotz eine Unternehmenskultur gedeihen konnte, in der selbst offenkundige Verfehlungen und fragwürdige Führungsentscheidungen hingenommen werden konnten.”

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4. Lambrecht muss Fragen zu Hubschrauber-Foto beantworten
(faz.net)
Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht muss einem Urteil des Verwaltungsgerichts Köln zufolge einem Journalisten Fragen zu einem Hubschrauber-Flug mit ihrem Sohn beantworten – zumindest zu den Aspekten, die einen dienstlichen Bezug zur Bundeswehr aufweisen.

5. Praxistipps für den Lokaljournalismus
(fachjournalist.de, Ralf Falbe)
Ralf Falbe berichtet von interessanten Karrierechancen im Lokaljournalismus: “Auch für Einsteiger ist es möglich, mit dem Lokaljournalismus Geld zu verdienen. Aufgrund der hohen Fluktuation und der manchmal schwierigen Lebensbedingungen in abgelegenen Provinzstädten werden neue Kolleginnen und Kollegen auch in Festanstellung händeringend gesucht. Selbst branchenfremde Redakteure werden aufgrund des Fachkräftemangels im ländlichen Raum eingestellt.” Außerdem verrät er einige bewährte Praxistipps für die Arbeit im Lokaljournalismus.

6. Deutschlandradio startet Dlf-Podcastfinder.de
(flurfunk-dresden.de)
Mit dem “Dlf Podcastfinder” bietet der Deutschlandfunk eine neue Möglichkeit, sich in der Podcastwelt von Deutschlandfunk, Deutschlandfunk Kultur und Deutschlandfunk Nova zurechtzufinden. Ein paar Klicks auf Lieblingsthemen, gewünschte Eigenschaften und Länge reichen, und das Tool macht drei Vorschläge aus insgesamt 60 Inhalten.

Weigelts Welt, Journalisten freigesprochen, Videotheken-Dinos

1. Weigelts Welt
(sueddeutsche.de, Ulrike Nimz)
Ein Bürgermeister, der einen Journalisten schubst, wie es in der thüringischen Kleinstadt Bad Lobenstein passiert ist, sei keine Provinzposse, sondern das Resultat wachsender Demokratieverachtung, kommentiert Ulrike Nimz. Die nachgeschobene Stellungnahme des Bürgermeisters sei “der Versuch, das Geschehen umzudeuten, alternative Fakten zu schaffen. Es ist, im ganz Kleinen, die Strategie eines Donald Trump, es ist die Strategie eines Wladimir Putin, eine Strategie, die dazu führt, dass niemand mehr seinen Augen und Ohren glauben mag. Aber die Wahrheit ist nichts Verhandelbares, nichts, das man nach Belieben interpretieren kann.”
Weiterer Lesehinweis: Der Deutsche Journalisten-Verband Thüringen fordert den Rücktritt des Bürgermeisters: “Wer Journalist:innen angreift, greift die Demokratie an. Er tritt Grundrechte wie die Pressefreiheit mit Füßen.” (djv-thueringen.de)

2. Journalisten in Fulda freigesprochen
(verdi.de, Peter Nowak)
“Das Fuldaer Amtsgericht hat am 22. August zwei Journalist*innen freigesprochen, die sich auf der Online-Plattform ‘Belltower-News’ kritisch mit einem Polizeieinsatz in Fulda auseinandergesetzt hatten, bei dem ein afghanischer Geflüchteter ums Leben kam. Damit obsiegte die Pressefreiheit.” Peter Nowak fasst den Fall zusammen, bei dem laut “Belltower.News” selbst die Staatsanwaltschaft auf Freispruch plädiert habe.

3. Wer soll den RBB retten?
(tagesspiegel.de, Joachim Huber & Kurt Sagatz)
Bei der Suche nach einem Interims-Intendanten beziehungsweise einer -Intendantin für den öffentlich-rechtlichen rbb würden erste Namen die Runde machen: Roland Jahn, letzter Leiter der Stasiunterlagenbehörde, der ehemalige SWR-Intendant Peter Boudgoust, der ehemalige BR-Intendant Ulrich Wilhelm sowie Ulrich Deppendorf, ehemaliger Studioleiter und Chefredakteur Fernsehen im ARD-Hauptstadtstudio.

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4. Keine Mas­kenpf­licht im Regie­rungs­f­lie­ger?
(lto.de)
Wer von einem deutschen Flughafen aus startet, muss an Bord in der Regel eine Corona-Maske tragen. Für den Regierungsflieger, der mit Olaf Scholz und Robert Habeck am Sonntag von Berlin aus nach Montreal gestartet ist, scheint diese Regel nicht zu gelten. Dort trugen die mehr als 80 Passagiere, darunter 25 Medienvertreter, keinen Mund-Nasen-Schutz. Ein Regierungssprecher wies darauf hin, dass die Reiseteilnehmer und -teilnehmerinnen einen aktuellen negativen PCR-Test vorgelegt hätten. Dennoch ist in den Sozialen Netzwerken und auch in der Berichterstattung mancher Medien die Empörung groß. “Legal Tribune Online” beleuchtet die Rechtslage genauer.

5. Ex-Sicherheitschef wirft Twitter “schockierende Schwachstellen” vor
(zeit.de)
Peiter Zatko, ehemaliger Sicherheitschef des Onlinedienstes Twitter, wirft seinem früheren Arbeitgeber gravierende Sicherheitslücken vor. Berichten von “Washington Post” und CNN zufolge habe er eine Beschwerde als Whistleblower bei der US-Börsenaufsicht SEC eingereicht. Darin berichte Zatko von “schweren und schockierenden Schwachstellen” und einer Bedrohung der “nationalen Sicherheit und der Demokratie”.

6. Dinosaurier im Streamingzeitalter? Die Situation von Videotheken in Deutschland
(deutschlandfunkkultur.de, Jörg Taszman, Audio: 5:25 Minuten)
Jörg Taszman hat für Deutschlandfunk Kultur recherchiert, wie es um die Situation der Videotheken bestellt ist: Wie schlagen sie die Läden angesichts der Streaming-Übermacht? Taszman hat eine der nur noch 50 in Deutschland existierenden Videotheken besucht.

“BILD ist mitgelaufen”, leider

“Wir betreiben hier keinen Elends-Tourismus, Drogenkranke werden nicht vorgeführt.”

Das sagen die zwei Männer, die in Frankfurt am Main für Interessierte eine Führung durch das Bahnhofsviertel anbieten, durch jene Gegend also, die auch und vor allem für ihre offene Drogenszene bekannt ist. Der Titel der Tour: “Crack, Koks, Heroin im Bahnhofsviertel – Warum Frankfurt auch ‘Crack-City’ heißt”.

Das Zitat der beiden stammt aus einem großen Artikel, der am vergangenen Freitag in der Frankfurt-Ausgabe der “Bild”-Zeitung und bei Bild.de erschienen ist. Der Ansatz, vorhandene Probleme sichtbar zu machen und die üble Situation der Drogenkranken zu thematisieren, dabei aber keinen Elends-Tourismus fördern und niemanden vorführen zu wollen, ist sehr lobenswert. Ob die “Bild”-Redaktion den gleichen Ansatz verfolgt, da haben wir allerdings Zweifel.

Bereits in der Überschrift klingt es stark nach Elends-Tourismus:

Ausriss Bild-Zeitung - Neue Tour führt in den Drogensumpf im Bahnhofsviertel - Ausflug ins Elend
Screenshot Bild.de - Neue Tour in den Frankfurter Drogensumpf - Crack, Koks, Heroin! 25-Euro-Ausflug ins Elend - Bild ist mitgelaufen

Im Artikel gibt es mehrere Fotos, auf denen Süchtige entweder gerade Drogen konsumieren oder anscheinend kürzlich konsumiert haben und nun benommen auf der Straße sitzen. Was gut ist: Die “Bild”-Redaktion hat alle Gesichter verpixelt oder so fotografiert, dass sie verdeckt sind (wobei wir vermuten, dass das nähere Umfeld der Personen sie durch andere, nicht verpixelte Merkmale trotzdem identifizieren können dürfte). Was hingegen schlecht ist und doch stark nach Vorführen von Drogenkranken aussieht: die dazugehörigen Bildunterschriften. Zu einem Foto eines Mannes, der in einem Hauseingang liegt, schreibt Bild.de beispielsweise:

Das Frankfurter Bahnhofsviertel: Elends-Gestalten, wo man hinblickt

Und noch etwas hämischer zu einem Foto eines Mannes, der offenbar zugedröhnt auf einer Treppe liegt:

Crack-Süchtiger am Ziel seiner Träume…

Einer der zwei Tour-Guides sagt gegenüber “Bild” noch: “Wir wollen eine Lanze für diese Leute brechen.” Auch das ist sehr lobenswert. Aber vielleicht sollte man dann beim nächsten Mal nicht “Bild” mit auf Tour nehmen.

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Schlesinger fristlos entlassen, Reichelts Youtube-Welt, Maaßen

1. DJV begrüßt fristlose Kündigung
(djv.de)
Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) begrüßt den gestrigen Schritt des rbb-Verwaltungsrats, den Vertrag der ehemaligen Intendantin Patricia Schlesinger außerordentlich und fristlos zu kündigen: “Das war überfällig. Die fristlose Kündigung von Patricia Schlesinger ist ein erster Schritt, um Schaden von der gesamten ARD abzuwenden”, so der DJV-Bundesvorsitzender Frank Überall: “Damit stellt der Verwaltungsrat eine wichtige Weiche bei der Aufarbeitung des Skandals und wendet hoffentlich weiteren finanziellen Schaden vom RBB ab.”
Schlesinger selbst sieht sich hingegen als politisches Opfer und “Sündenbock”.
Weiterer Lesehinweis: “Nach dem Rücktritt von Patricia Schlesinger hat Hagen Brandstäter die Leitung des RBB übernommen. Nun ist er für mehrere Woche krankgeschrieben.” – Schulte-Kellinghaus vertritt Brandstäter (tagesspiegel.de, Kurt Sagatz).

2. So unterschiedlich arbeiten die Gremien bei ARD & Co.
(deutschlandfunk.de, Christoph Sterz, Audio: 8:34 Minuten)
Für die Aufsichtsgremien der neun ARD-Anstalten, des ZDF und des Deutschlandradios gälten laut einer Deutschlandfunk-Recherche jeweils sehr unterschiedliche Regeln. Die Gremienbüros seien zum Teil mit wenig Personal besetzt, und bei der Überwachung der Finanzen gebe es Auffälligkeiten, befindet Christoph Sterz, der sich mit einem Fragenkatalog an die zuständigen Gremien gewandt hatte.

3. Rechtspopulistisches Comeback auf YouTube?
(tagesschau.de, Carla Reveland & Pascal Siggelkow)
Carla Reveland und Pascal Siggelkow haben sich angeschaut, was der frühere “Bild”-Chefredakteur Julian Reichelt auf Youtube so treibt. Die Frage sei: “Kann Reichelt mit seinem im Juli gestarteten Kanal die für sich auserkorene Lücke zwischen boulevardistischen oder konservativen Medien und den sogenannten Alternativen Medien schließen und erfolgreich bedienen?”

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4. Beck-Verlag soll die Zusam­men­ar­beit mit Hans-Georg Maaßen auf­kün­digen
(lto.de, Hasso Suliak)
Der erzkonservative CDU-Rechtsaußen und Ex-Verfassungsschützer Hans-Georg Maaßen arbeitet am Grundgesetz-Kommentar des renommierten Verlags C. H. Beck mit und bearbeitet dort ausgerechnet das Asylgrundrecht. Das sorgt für heftige Kritik bei Autoren, Juristinnen und Anwaltsverbänden. Der Co-Bundessprecher der Neuen Richtervereinigung wird beispielsweise mit folgenden Worten zitiert: “Der Beck Verlag zeigt damit abermals mangelnde Reflexion über die Verantwortung, die gerade der deutschen Rechtswissenschaft im Kampf gegen Rechtsextremismus und Faschismus zukommt.”

5. Das Ende der ersten Nachkriegszeitung
(verdi.de)
Die “Aachener Nachrichten” gelten als erste freie und demokratische Zeitung in Deutschland, doch heute stehen sie vor dem Aus beziehungsweise vor der Verschmelzung mit der “Aachener Zeitung” – mit unangenehmen Folgen für die Beschäftigten: “Wie aus dem Haus zu hören ist, haben die neuen Besitzer bereits angekündigt, sich der Tarifbindung entziehen zu wollen.”

6. Ein großer Zeitungsmacher mit Witz und Esprit
(tagesspiegel.de, Hermann Rudolph)
Theo Sommer, Publizist, langjähriger Chefredakeur und später Herausgeber der “Zeit”, ist im Alter von 92 Jahren gestorben. In seinem Nachruf erinnert Hermann Rudolph an das Leben und Wirken des großen Zeitungsmachers.

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Ja, wie nur?

Heute vor 30 Jahren begannen die rassistisch und fremdenfeindlich motivierten Angriffe in Rostock-Lichtenhagen. Die Attacken richteten sich damals gegen die Zentrale Aufnahmestelle für Asylbewerber sowie ein Wohnheim für frühere vietnamesische DDR-Vertragsarbeiter.

Bild.de fragt heute:

Screenshot Bild.de - Rechtsextreme Ausschreitungen starteten heute vor 30 Jahren - Wie konnte es zu den Krawallen in Lichtenhagen kommen?

Die wichtigste Frage bei der Aufarbeitung der schrecklichen Ereignisse von 1992 bleibt bis heute: Wie konnte es damals überhaupt so weit kommen?

Als Antwort präsentiert der Artikel gleich mehrere Gründe beziehungsweise Schuldige:

  • die verlorene Arbeit, “Verunsicherung, Perspektivlosigkeit und auch Frust” der Menschen in Rostock-Lichtenhagen
  • die Landesregierung aus CDU und FDP
  • Rostocks Oberbürgermeister Klaus Kilimann
  • Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lothar Kupfer
  • Schlepper, die “auf LKW immer neue Ausländer nach Lichtenhagen” “karrten”
  • “die Politik”
  • die “überforderte Polizei”

Und irgendwie klingt es auch so, als hätten “die mittellosen Asylanten”, die damals in Rostock kampierten, eine Mitschuld am “Frust der Anwohner”:

Die mittellosen Asylanten schliefen unter Decken und Planen auf Wiesen und in Vorgärten. Ihre Notdurft verrichteten sie – aufgrund fehlender Toiletten – im Freien. Der Frust der Anwohner verstärkte sich. Mit ihren Problemen wurden sie alleingelassen.

Was in dem Bild.de-Artikel jedenfalls an keiner Stelle erwähnt wird: die Rolle der Medien damals, speziell die von “Bild”. Daher hier ein kleiner Ausschnitt aus der “Bild”-Berichterstattung im Jahr 1992:

Ausriss Bild-Zeitung - Der Schreckens-Asylant
(Alle Unkenntlichmachungen in diesem Beitrag durch uns.)

Die “Bild”-Redaktion schrieb damals auf der Titelseite:

Wir haben uns lange gefragt, ob wir Ihnen diese Geschichte schildern. Es geht um beispiellosen Mißbrauch des Asylrechts. Aber dieser Fall – er wurde uns von einer deutschen Behörde offziell mitgeteilt – ist kein Einzelfall, sondern ein Dokument. Es beweist, daß der Streit der Politiker um die Asylproblematik jetzt ganz schnell aufhören muß – es muß gehandelt werden. Der Mann, der im Mittelpunkt dieser Geschichte steht, heißt Henry […]. Er ist 41, stammt aus Ghana. Sein Foto zeigen wir aus naheliegenden Gründen nicht – zu aufgeheizt ist die Asyldiskussion. […] Zweimal wurde er ausgewiesen – er kam wieder. Auch jetzt lebt [Henry] wahrscheinlich wieder illegal unter uns. Der Schreckens-Asylant.

Und so ging es weiter bei “Bild”:

Ausriss Bild-Zeitung - Miet-Hai ekelt Deutsche raus - für Asylanten
Ausriss Bild-Zeitung - Die Flut steigt - wann sinkt das Boot? Fast jede Minute ein neues Asylant
Ausriss Bild-Zeitung - Motiv Sex - Falscher Asylant erschlug neun Frauen
Ausriss Bild-Zeitung - Deutsches Essen schlecht - Asylanten im Hungerstreik

Auch nach den Ereignissen in Rostock-Lichtenhagen setzte die “Bild”-Redaktion ihre Art der Berichterstattung fort:

Ausriss Bild-Zeitung - Asylanten jetzt auf Schulhöfe - Neue Welle - und bis Weihnachten kommen noch 400000
Ausriss Bild-Zeitung - Asylanten jetzt auch in Büros
Ausriss Bild-Zeitung - Neue Asylantenschwemme - Kommen zwei Millionen Russen?

Keine drei Wochen, nachdem in Rostock-Lichtenhagen das Wohnheim der Vietnamesen mit Molotowcocktails in Brand gesteckt wurde, am 8. September, brachte die “Bild”-Redaktion diese Titelstory:

Ausriss Bild-Zeitung - Wohnraum beschlagnahmt - Familie muss Asylanten aufnehmen

Zwei Tage später löste die “taz” die “Bild”-Geschichte auf:

Was wirklich geschah: Familie Stegmann, Vater, Mutter und drei erwachsene Kinder, lebten in Lemförde bei Bremen in einer Sieben-Zimmer-Wohnung für 515 Mark kalt. Wegen Eigenbedarf mußten sie ausziehen. Die Gemeinde wies ihnen vorübergehend Räume in einem Obdachlosenhaus in der Pommernstraße zu. Obdachlose haben keine Mietverträge und müssen zweimal monatlich Wohnungssuche nachweisen. Stegmanns leben von drei Einkommen und einer Arbeitslosenunterstüzung. “Wir konnten uns bisher zu keiner neuen Wohnung entschließen”, so Frau Stegmann zur taz, “da uns 1.000 bis 1.200 Mark Miete zuviel sind.”

Gemeindedirektor Petering hat die Unterbringung der beiden polnischen Asylsuchenden in einem Zimmer der Pommernstraße verfügt. Im Zuge der Unterbringung von Obdachlosen und Flüchtlingen ein völlig üblicher Vorgang. […] Stegmanns bewohnen drei Räume. Allen Bewohnern steht mehr Platz zur Verfügung, als die vom Gesetz knapp bemessene Quadratmeterzahl. Bild weiß das! Zieht es aber vor, unberechtigte Ängste zu schüren und damit die alltägliche Hetze gegen Ausländer fortzusetzen. Dieses Blatt könnte der Fidibus am nächsten Molotowcocktail gegen ein Asylbewerberheim sein.

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Offener Klau

In “Bild am Sonntag” ist gestern unter anderem diese Seite erschienen:

Ausriss Bild am Sonntag - Zu sehen ist die komplette Seite 6 der Bild am Sonntag von gestern - Überschrift des Aufmachers - 7800 Euro netto sind eher wenig für einen Bürgermeister

Rechts ein bisschen was zum rbb, die Wahlumfrage “Sonntagstrend” sowie eine Aussage des Bundesbank-Präsidenten zur Inflation. Den größten Teil der “BamS”-Seite macht aber eine Geschichte über einen Bürgermeister einer ostdeutschen Kreisstadt aus, der anonym von seinem Verdienst im Amt erzählt.

Auf der Website der “Leipziger Volkszeitung” (“LVZ”) ist am Freitag dieser Artikel erschienen (nur mit Abo lesbar):

Sreenshot der Leipziger Volkszeitung - Kassensturz - Bürgermeister verdient 10.000 Euro im Monat - und findet das zu wenig für den Job

Darin erzählt ein Bürgermeister einer ostdeutschen Kreisstadt anonym von seinem Verdienst im Amt. “LVZ”-Reporter Josa Mania-Schlegel hat für seinen Beitrag die journalistische Form des Protokolls gewählt: Man spricht mit einer Person und gießt das daraus entstandene Interview in einen Fließtext in der Ich-Form. Es entsteht also eine lange zusammenhängende Aussage des Protagonisten. Meist folgt dann noch eine Autorisierung durch die Person, mit der man gesprochen hat. Es ist einiges an Arbeit, ein journalistisches Protokoll zu schreiben.

“Bild am Sonntag” hat das Protokoll, das zuvor online bei der “LVZ” erschienen ist, einfach zu einem “offenen Brief” des Kommunalpolitikers umgewidmet und sich daran bedient. Und das nicht nur punktuell mit ein paar Zitatfetzen, die die Redaktion in einem eigenen Fließtext eingebettet hat; der “BamS”-Artikel besteht zu über 80 Prozent aus dem “LVZ”-Protokoll. Dutzende Zeilen hat die Redaktion wortwörtlich übernommen. Bei den von uns gelb eingefärbten Stellen handelt es sich um die Aussage des Bürgermeisters, die ursprünglich bei der “LVZ” erschienen ist:

Ausriss Bild am Sonntag - Zu sehen ist erneut die komplette Seite 6 der Bild am Sonntag von gestern dieses Mal mit Markeirung der von der LVZ übernommenen Stellen

Das “BamS”-Team hat lediglich eine kurze Einleitung verfasst (darin auch ein Verweis auf die “Leipziger Volkszeitung”), zwei knappe Anmerkungen eingefügt und das Protokoll an manchen Stellen etwas gekürzt. Das war’s. “LVZ”-Chefredakteurin Hannah Suppa sieht im Vorgehen der “BamS”-Redaktion einen “Klau unserer Protokoll-Form”:

Sreenshot eines Tweets von Hannah Suppa - So kriegt man Seiten in der Bild am Sonntag auch voll: Einfach mal den Text von Josa Mania-Schlegel von der Leipziger Volkszeitung wörtlich kopieren und so tun als sei der Klau unserer Protokoll-Form ein Zitat. Aber freut uns, dass der Text anscheinend gefallen hat.

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rbb honoriert Nichtstun, ARD ohne Vertrauen, Bürgermeister attackiert

1. Freigestellter Manager kostet den RBB über 700.000 Euro
(dwdl.de, Alexander Krei)
Beim rbb will einfach keine Ruhe einkehren. Nach den zahlreichen Vorwürfen gegen Ex-Intendantin Patricia Schlesinger und andere Personen aus der Leitungsetage, stellt sich nun heraus, dass der ehemalige Chef von rbb Media noch bis zum Renteneintritt und anscheinend ohne Gegenleistung Gelder kassiert. 300.000 Euro habe er bislang schon fürs Nichtstun bekommen, von noch ausstehenden 400.000 Euro ist die Rede. Alexander Krei erklärt, was es mit den ominösen Zahlungen auf sich hat, und berichtet von einer Fragen aufwerfenden Liebesbeziehung.

2. ARD ohne Vertrauen in RBB-Führung
(taz.de)
Die restliche ARD entzieht der rbb-Geschäftsleitung ihr Vertrauen. “Wir, die Intendantinnen und Intendanten der ARD, haben kein Vertrauen mehr, dass der geschäftsführenden Leitung des Senders die Aufarbeitung der diversen Vorfälle zügig genug gelingt”, so ARD-Chef Tom Buhrow am Samstag. Damit wachse der Druck auf das rbb-Führungsteam rund um den geschäftsführenden Intendanten Hagen Brandstäter, die Ämter niederzulegen. Die Vorsitzende des rbb-Rundfunkrats, Friederike von Kirchbach, ist bereits zurückgetreten.

3. Thüringer Bürgermeister attackiert Journalist heftig
(morgenpost.de, Marius Koity & Elmar Otto & Christian Unger)
Ein Reporter der zur Funke Mediengruppe gehörenden “Ostthüringer Zeitung” ist beim öffentlichen Empfang auf einem Stadtfest vom dortigen Bürgermeister an der Arbeit gehindert und körperlich attackiert worden. Dem Journalisten sei aufgefallen, dass die Stadt auch einen bekannten Reichsbürger eingeladen hatte. Anscheinend störte sich der Bürgermeister, der in der Vergangenheit Corona als “Lüge” der Regierung bezeichnet habe und unlängst nur knapp der Abwahl entgangen sei, an entsprechenden Nachfragen und ging zum Angriff über.

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4. Fact Checking bei Investigativ-Recherchen: Ein Guide
(netzwerkrecherche.org, Nils Hanson)
Das Netzwerk Recherche veröffentlicht einen übersetzten Beitrag des preisgekrönten schwedischen Investigativreporters Nils Hanson zum Thema Faktencheck bei Investigativ-Recherchen. Hanson nennt zunächst drei unumgänglichen Checkpoints und verrät dann seine zehn Tipps zum Faktencheck. Sein Fazit: “Investigativ-Beiträge Zeile für Zeile zu redigieren, ist mühsam, aber es lohnt sich. Denn du wirst vermutlich nicht mitten in der Nacht schweißgebadet aufwachen, weil du fürchtest, falsch berichtet zu haben. Stattdessen kannst du ruhig schlafen in dem Wissen, alles getan zu haben, um das Risiko eines Fehlers zu minimieren.”

5. Worin liegt der Reiz des Podcasts für einen Textverliebten, Nils Minkmar?
(turi2.de)
Beim Medienportal “turi2” finden derzeit die Podcast-Wochen statt mit vielen Beiträgen rund um das boomende Medium. Aktuell erklärt der Journalist und Podcaster Nils Minkmar, worin für ihn der Reiz des Formats liegt: “Podcasten macht nur Spaß, wenn man es in guter Gesellschaft tut, mit der man auch mal anderer Meinung sein kann. Und ohne allzu enge Vorgaben, jede Vorsicht oder Vorgabe verdirbt die Sache. Denn Podcasten ist eine Ausübung unserer Freiheit. Und die gibt es nicht ohne Risiko.”

6. Wie wir betrogen wurden (-45.000€)
(youtube.com, Simplicissimus, Video: 9:41 Minuten)
Die Macher des ehemals zum öffentlich-rechtlichen “Funk”-Kosmos gehörenden Youtube-Kanals “Simplicissimus” berichten, wie Betrüger ihre Mail-Kommunikation abgefangen, dessen Ausdrucksweise imitiert und sich rund 45.000 Euro erschwindelt haben. Ein spannender Betrugsfall, der zeigt, wie angreifbar elektronischer Schriftverkehr ist.

KW 33/22: Hör- und Gucktipps zum Wochenende

Hurra, endlich Wochenende – und damit mehr Zeit zum Hören und Sehen! In unserer Samstagsausgabe präsentieren wir Euch eine Auswahl empfehlenswerter Filme und Podcasts mit Medienbezug. Viel Spaß bei Erkenntnisgewinn und Unterhaltung!

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1. Ist der rbb noch zu retten?
(uebermedien.de, Holger Klein, Audio: 37:45 Minuten)
Holger Klein unterhält sich im “Übermedien”-Podcast mit Medienkritiker Stefan Niggemeier über die Causa Schlesinger: “Was ist seit dem Rücktritt der rbb-Intendantin passiert? Wie sehr rückt jetzt die ganze Geschäftsführung ins Visier? Hat man in der Leitung immer noch nicht erkannt, wie groß das Problem ist? Wie geht der rbb mit den Vorwürfen um? Und welche Konsequenzen müssen aus dem Debakel gezogen werden?”

2. Recherchen gegen den eigenen Sender – Journalismus in der ARD-Krise
(ardaudiothek.de, Bettina Schmieding, Audio: 35:46 Minuten)
Auch beim Deutschlandfunk geht es um die entlassene rbb-Intendantin Patricia Schlesinger: Welche Antworten muss der öffentlich-rechtliche Journalismus auf diese Krise finden? Und wie ist das, gegen das eigene Haus zu recherchieren? Jo Goll vom rbb-Rechercheteam, Jochen Becker vom NDR-Medienmagazin “Zapp” sowe Brigitte Baetz und Bettina Schmieding aus der Deutschlandfunk-Medienredaktion diskutieren darüber.

3. Annette Dittert, Auslandskorrespondentin und Leiterin ARD-Studio London
(medienmacherin.podigee.io, Freddie Schürheck, Audio: 33:20 Minuten)
“Wie ist es, als Auslandskorrespondentin 24/7 erreichbar sein zu müssen? Warum ist London für Journalist*innen spannender als New York? Und warum schläft Annette Dittert im Winter mit Handschuhen und Mütze im Bett?” Diese und weitere Fragen bespricht Freddie Schürheck mit Auslandskorrespondentin Annette Dittert, die das ARD-Studio in London leitet.

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4. Der Spiegel mit Stefan Ottlitz und Torben Sieb
(youtube.com, Alexander Graf, Video: 1:16:45 Stunden)
“Was treibt die Entwicklung beim Spiegel? Wie funktioniert das Geschäftsmodell? Wie soll man umgehen mit false balance? Wie bewährt sich das Spiegel+ Modell?” Alexander Graf spricht darüber mit Stefan Ottlitz, Geschäftsführer, und Torben Sieb, Vertriebsleiter des “Spiegel”-Verlags.

5. Michel Abdollahi – “Ich wusste bis vor einigen Jahren nicht, dass ich nicht weiß bin.”
(aufsteigerinnen.podigee.io, Tijen Onaran, Audio: 32:54 Minuten)
Michel Abdollahi wurde einem größeren Publikum bekannt, als er für den Dokumentarfilm “Im Nazidorf” für einen Monat in das nordwestmecklenburgische Jamel zog und in “eine Welt zwischen Volkszorn und Freundlichkeit” eintauchte. Im Podcast “Aufsteiger*innen” erzählt er von seinem Werdegang, von seinen ersten Schritten auf die Bühnen und in die Studios und er verrät, was seine Eltern von seiner beruflichen Entwicklung halten.

6. Überall Krimi – Der True Crime-Boom in den Medien
(sr-mediathek.de, Isabel Sonnabend & Michael Meyer, Audio: 18:13 Minuten)
Bei “Medien – Cross und Quer” sprechen Isabel Sonnabend und Michael Meyer mit der Fernsehkritikerin Jenni Zylka über den anhaltenden True-Crime-Boom: “Woher kommt dieser Hype, was macht eigentlich einen guten Krimi und True-Crime-Podcast aus, und wie entwickelt er sich?”

Balken für den Verdächtigen, Pixel für das Kind, nichts für das Opfer

In Hamburg läuft seit Donnerstag ein Prozess gegen einen Mann, der im Februar dieses Jahres seine damalige Lebensgefährtin erstochen haben soll. Ob der Tatverdächtige überhaupt voll schuldfähig ist, ist wegen einer möglichen posttraumatischen Belastungsstörung bislang nicht sicher.

Bild.de und die Hamburg-Ausgabe der “Bild”-Zeitung berichten heute größer über den Prozessauftakt. Während im Text mehrere “soll”s noch die Unschuldsvermutung garantieren, gibt es auf der Bild.de-Startseite schon einen Schuldspruch:

Screenshot Bild.de - Mutter (25) seiner Tochter mit acht Stichen getötet! - Plötzlich rammte M. (35) ihr das Messer in den Hals

Sowohl online als auch in der gedruckten Zeitung zeigen die “Bild”-Medien das Gesicht des Opfers ohne irgendeine Verpixelung. Der Tatverdächtige hat einen Augenbalken verpasst bekommen. Beim Kind der beiden wurde das Gesicht von “Bild” verpixelt. Alle weiteren Unkenntlichmachungen im Screenshot oben stammen von uns.

Als Quelle des Fotos, das Bild.de auch schon im Februar verwendet hat (auch damals mit Augenbalken für den Verdächtigen, Verpixelung für das Kind, nichts für das Opfer), gibt die Redaktion “Foto: Repro:” sowie den Namen des “Bild”-Reporters an. Das ist in solchen Fällen häufig ein Hinweis darauf, dass der jeweilige Fotograf ein von Trauernden in der Öffentlichkeit aufgestelltes Bild abfotografiert hat. In einem ähnlichen Fall, nachdem “Bild” Fotos von Opfern des Germanwings-Unglücks auf einem Marktplatz abfotografiert und veröffentlicht hatte, erkannte der Deutsche Presserat darin einen Verstoß gegen den Pressekodex: Die “Bild”-Redaktion erhielt eine Rüge, weil das Aufstellen der Fotos, auch wenn es an einem öffentlichen Ort passierte, “nicht für die Medienöffentlichkeit und ohne Zustimmung der Abgebildeten oder Angehörigen” geschah.

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