Die häufigste Todesursache in Deutschland war in den vergangenen Jahren eine Erkrankung des Herz-/Kreislauf-Systems, das hat das statistische Bundesamt heute mitgeteilt.
Insgesamt verstarben 2009 in Deutschland 854 544 Menschen, davon 404 969 Männer und 449 575 Frauen. Im Vergleich zu 2008 stieg die Zahl der Todesfälle um 1,2 Prozent. Das durchschnittliche Sterbealter betrug 55 Jahre bei Männern und 58 Jahre bei Frauen.
Ein durchschnittliches Sterbealter, das um mehr als 20 Jahre von der durchschnittlichen Lebenserwartung abweicht, ist einigermaßen unwahrscheinlich. Dafür bräuchte es in der Regel Kriege oder verheerende Naturkatastrophen. Oder eben Bild.de.
Dabei stehen die zitierten Zahlen wirklich in der Pressemitteilung des Statistischen Bundesamtes. Nur in einem etwas anderen Kontext:
9 571 Personen schieden im Jahr 2009 freiwillig aus dem Leben. (…) Das durchschnittliche Sterbealter betrug hier 55 Jahre bei Männern und 58 Jahre bei Frauen.
Mit Dank an Heitmeier, Mario S., Hannes Sch. und Nicolaj.
Nachtrag, 19. Oktober: Bild.de hat das mit dem Alter vorsichtshalber ganz aus dem Artikel entfernt.
Es gibt viel Kritik an der RTL2-Show “Tatort Internet”, in der gezeigt wird, wie Männer in Chats vermeintlich 13-jährige Mädchen ansprechen, sich mit ihnen verabreden und sie treffen. Die renommierte Medienanwältin Dorothee Bölke wirft dem Sender vor, “die journalististischen Pflichten bei der Verdachtsberichterstattung nicht beachtet” zu haben. Der Presserechtler Carsten Brennecke bezeichnet die Darstellung der angeblichen Täter als “klar rechtswidrig”. Drei Kinderschutzvereine nennen die Show ein “reißerisches und vorurteilsstärkendes” Format, das keinen Beitrag zum Schutz von Mädchen und Jungen vor sexualisierter Gewalt leiste. “Es erfüllt einzig und allein die Aufgabe, potentielle Sexualtäter an den Pranger zu stellen und altbewährte Ressentiments zu verstärken.” Und Clemens Bieber, der Vorsitzende des Würzburger Caritas-Verbandes, fordert die Absetzung der Show.
Einer der Männer, die den Verantwortlichen von “Tatort Internet” in die Falle gingen, war der Leiter eines Kinderdorfes der Caritas. Der 61-jährige war, wie andere potentielle Kinderschänder auch, unzureichend unkenntlich gemacht worden. Am Donnerstag vergangener Woche kündigte ihm die Caritas. Seitdem ist der Mann verschwunden. Am Freitag wurde er als vermisst gemeldet; Vertraute fürchten, er könne sich etwas angetan haben.
Die Aufnahmen mit dem Pädagogen waren bereits im Mai entstanden. Caritas-Chef Bieber wirft dem Sender vor, den Arbeitgeber fünf Monate lang nicht über das Fehlverhalten des Mannes informiert und so weitere Opfer riskiert zu haben. Es stelle sich die Frage, sagte er der “Süddeutsche Zeitung”, “ob es dem Sender wirklich um den Schutz der Kinder geht oder doch nur um die Einschaltquote.”
Und so berichtete am vergangenen Samstag die “Bild”-Zeitung über den Fall:
“Bild”-Chefreporter Hans-Jörg Vehlewald erwähnt in seinem Stück keinen einzigen der Vorwürfe gegen die Sendung. Aber selbst wenn man die ganze Kritik für vernachlässigenswert hält, ist es sehr abwegig, den Artikel mit “Bravo, Stephanie zu Guttenberg” zu überschreiben. Anders als Vehlewald behauptet, gehört Stephanie zu Guttenberg, die Ehefrau des Bundesverteidigungsministers und Präsidentin des Kinderschutzvereins “Innocence in Danger”, nämlich keineswegs zum “Reporterteam” der Sendung. Sie war nur Gast in der ersten Ausgabe der Show — nicht einmal der, in der es um den Kinderdorf-Leiter ging. Nach Angaben des Produzenten der Sendung ist sie nicht in die internen Abläufe der Sendung eingebunden.
Frau zu Guttenberg ist natürlich trotzdem eine der wichtigsten Mitwirkenden. Ohne sie wäre das Format vermutlich nicht prominent auf der Titelseite von “Bild” angekündigt worden.
Der Fall ist ein Paradebeispiel dafür, wie das System von Freundschaften und Abhängigkeiten funktioniert, das unter Chefredakteur Kai Diekmann die Berichterstattung von “Bild” prägt. Das Blatt darf zum Beispiel exklusiv die Klage zu Guttenbergs über die Sexualisierung unserer Welt zwischen seine Tittenbilder drucken und arbeitet dafür an ihrer Heiligsprechung. Es ist eine Win-Win-Situation, von der beide profitieren, nur vielleicht die Wahrheit nicht, oder weniger pathetisch formuliert: die Leser.
Heute erfahren sie zwar immerhin, dass “Presserechtler” der Show “Rechtswidrigkeit” vorwerfen (verpackt in einen Absatz, der damit beginnt, dass “die Ministergattin in Teilen der Öffentlichkeit Hohn und Spott für ihr Engagement gegen Kindesmissbrauch erntet”). Der Artikel ist aber ganz im Sinne zu Guttenbergs verfasst, die sich in ihrer der Zeitung auch selbst zu den Vorwürfen äußert. Gegenüber anderen Medien hatte sie eine Stellungnahme abgelehnt.
PS: Auf Seite 1 macht “Bild” heute einen Mann zum “Verlierer” des Tages, weil er Guttenberg und andere dafür kritisiert, sich “mit dem Thema Kinderpornografie ‘im Internet’ profilieren (zu) wollen” und den Missbrauch von Kindern populistisch zu missbrauchen: den Politiker Jörg Tauss, der ein Buch über die “Kinderporno-Lüge” plant. “Widerlich!” urteilt “Bild”.
Klitzekleines Detail: Tauss ist kein SPD-Mitglied; er ist bereits im Juni 2009 aus der Partei ausgetreten. Aber womöglich war das nur ein Versehen von “Bild”.
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2. “Tom Kummer” (hossli.com, Peter Hossli)
Peter Hossli fragt sich, warum Tom Kummer als “als verhinderter Künstler, der sich in den Journalismus verirrt hatte”, dargestellt wird. “Als ‘Borderline’-Journalisten reden viele Kummer schön, wie wenn solches Grenzgängertum eine Krankheit oder gar ein eigener Stil wäre. Dabei ist es hohle Wortklauberei, mehr nicht. Irgendwie pervers, wie andere Kreationen unserer Branche: ‘Midrisk’, ‘zuspitzen’, ‘kalt schreiben’ – deswegen verlieren wir Leser, nicht wegen der Gratiszeitungen.”
3. “Falschmeldung: Panik wegen Facebook” (kurier.at, Susanne Kohn)
Rund hundert Meldungen nehmen die Polizeistationen im Bezirk Neunkirchen entgegen. Grund ist eine sich in Facebook verbreitende Meldung, es seien zwei Kriminelle unterwegs, die “Kinder ins Auto locken unter dem Vorwand, dass die Eltern im Spital sind”.
4. “Nebenjob Dauerfernsehen” (jetzt.sueddeutsche.de, Andreas Glas)
Sandra Baumann und Nils Rieger sichten für die ZDF-Satiresendung “heute-show” täglich fünf Stunden TV-Sendungen: “Der Bestfall ist, wenn sich ein Politiker zu einem aktuellen Thema verhaspelt oder eine völlig bescheuerte Aussage macht, über die er vorher nicht nachgedacht hat.”
5. Interview mit Hermann Scheer (guenterbartsch.de)
Zum Tod von Hermann Scheer publiziert Günter Bartsch ein 2008 mit ihm geführtes Interview: “Es gibt ja heute ganze Artikel, wo nur noch anonyme Zitate vorkommen. Theoretisch kann man die erfinden – das ist überhaupt nicht mehr nachprüfbar. Über die Kämpfe in der SPD gibt es Artikel, in denen nur noch anonyme Zitate vorkommen. Man kann damit einen politischen Trend erfinden, den es gar nicht gibt. Hier wird die Kultur des Hinterhalts geradezu gepflegt.”
6. “Volksverhetzung wird alltagstauglich” (lawblog.de, Udo Vetter)
Udo Vetter macht sich Gedanken über einen Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des § 130 des Strafgesetzbuchs. “Die Volksverhetzung ist schon jetzt mit Meinungsfreiheit kaum in Einklang zu kriegen. Nun soll die Strafvorschrift also auch noch für das Alltagsgeschäft tauglich gemacht werden.”
“Typisch ‘Bild'”, möchte man angesichts dieser Berichtigung heute sagen, aber das wäre ungerecht. “Typisch Alice Schwarzer” träfe es vielleicht eher.
Die “Emma”-Herausgeberin berichtet bekanntlich für das Blatt über den Vergewaltigungsprozess. Manchmal müsse “man etwas selber erleben und darf sich nicht nur mit Informationen aus zweiter Hand begnügen”, erklärte sie ihr Engagement, bei dem sie sich manchmal mit Informationen aus zweiter Hand begnügt und dabei so tut, als hätte sie etwas selber erlebt.
Munter und frei von juristischem Sachverstand schreibt die Frau, die “Bild” am vergangenen Mittwoch zum “Gewinner” ernannt hatte, gegen Kachelmann und seine vermeintlichen Unterstützer in den Medien an. Freitag klagte sie über die “Spielchen” und “taktischen Manöver” der Verteidigung, weil die empört war, dass das angebliche Opfer als Zeugin nicht vom Gericht über sein Aussageverweigerungsrecht belehrt wurde: Nach Paragraph 55 der Strafprozessordnung hat ein Zeuge das Recht, die Aussage zu verweigern, wenn er sich damit selbst belasten könnte, und muss auf dieses Recht hingewiesen werden.
Der Nebenklägerin, die Kachelmann vergewaltigt haben soll, sind bereits unwahre Aussagen nachgewiesen worden (…). Darüber steht natürlich die weitaus größere Möglichkeit, dass die Nebenklägerin die Vergewaltigung insgesamt erfunden hat. (…)
Jedes Wort, das die Zeugen also sagt, kann für sie strafrechtlichen Ärger bedeuten. Um so wichtiger, dass ihr das Gericht vor der Aussage erklärt, wie sie diesen Ärger vermeiden kann. Um so unverständlicher, wieso das Landgericht Mannheim meint, ausgerechnet bei Kachelmanns Ex-Freundin bestehe für die Belehrung, die vielleicht mal anderthalb Minuten dauert, keine Notwendigkeit. (…)
Die Weigerung, die Zeugin korrekt zu belehren, wirft erneut ein schlechtes Licht auf die Richter. Denn es gibt wenige andere Erklärungsansätze als jenen, dass sie offenbar schon jetzt meinen, die Nebenklägerin lüge keinesfalls.
Alice Schwarzer, die verwirrenderweise formuliert, die Zeugin solle “zusätzlich ‘nach § 55’ vereidigt” werden, sieht in dem Bestehen auf einer rechtlichen Vorschrift aber bloß den Versuch, die Nebenklägerin als Lügnerin hinzustellen. Kachelmanns Verteidiger bezichtige sie “damit indirekt des Vortäuschens einer Straftat”.
Ihr Angriff auf Kachelmanns Verteidigung endet so:
Wir erinnern uns: Kurz nach der Verhaftung des Wetter-Moderators hieß es, Jörg Kachelmann kenne diese Frau gar nicht, sie sei eine Stalkerin. Dann hieß es, es sei “vor allem um Sex” gegangen. Sodann erfuhren wir: Die beiden hatten elf Jahre eine Beziehung, er hatte ihr die Ehe versprochen und mit ihr auch schon das gemeinsame Heim im Schwarzwald besichtigt. Alles schien gut. Bis zu der Nacht vom 9. Februar 2010…
Der (falsche) Vorwurf des Stalkings hat aber eine andere Quelle. Er stammt ironischerweise aus der “Bild”-Zeitung. Die schrieb am 23. März:
Ein enger Geschäftspartner von Kachelmann erklärte gegenüber BILD, Kachelmann habe in Schwetzingen niemals eine langjährige Bekanntschaft gepflegt. Er sprach von “Stalking”.
Weder Bild.de noch Alice Schwarzer noch Emma.de haben Schwarzers Kolumne selbst korrigiert.
Mit Dank auch an Helmut O.
Die (juristische) Fortsetzung der Geschichte steht hier.
Die spektakuläre Rettungsaktion für die chilenischen Bergleute, die 69 Tage in mehr als 600 Metern Tiefe eingeschlossen waren, war auch ein Medienereignis: Seit Monaten wurde das Schicksal der Männer medial begleitet, ihre Rückkehr an die Erdoberfläche wurde weltweit live übertragen, teils rund um die Uhr.
Dennoch sind laut “Spiegel Online” die wichtigsten Fragen immer noch unbeantwortet:
(Wenn Sie auch ernst zu nehmende Antworten auf diese Fragen erwarten, ist “Spiegel Online” allerdings der falsche Ort, danach zu suchen.)
Einer weiteren brennenden Frage hat sich “Welt Kompakt” angenommen: Was waren das eigentlich für geile Sonnenbrillen, die die Kumpels trugen?
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2. “Das ist Freiheitsberaubung” (derwesten.de, Angelika Wölke)
Bei einer Aufzeichnung der ZDF-Quizsendung “Rette die Million” müssen (zwölf Euro für den Eintritt bezahlende) Zuschauer während sieben Stunden ausharren.
3. “Demokratie auch für Rechte” (fr-online.de, Jagoda Marinic) Jagoda Marinic zur Integrationsdebatte: “Die Wirklichkeit dieses Landes, die durch die Medien geformt wird, scheint eine jämmerliche. Weit jämmerlicher, als es im Alltag nachvollziehbar ist. Die Profiteure dieser hysterischen Kultur der Öffentlichkeit sind bekannt. Ohne Rücksicht werden Thesen skandalisiert und wird genbelastetes Schwadronieren auf Bestsellerlisten gehievt.”
4. Interview mit Florian Meimberg (welt.de, Céline Lauer)
Twitterer Florian Meimberg (@tiny_tales) gibt ein Interview in 140 Zeichen. “Eine Tiny Tale fühlt sich an wie eine lange Geschichte. Sie löst ein Kopfkino aus. Und das kann durchaus episch sein.”
5. “From Spoof to Star” (tabloid-watch.blogspot.com, MacGuffin, englisch)
Der “Daily Star” titelt: “Chile Mine To Open As Theme Park”. Und steht mit dieser Information alleine da. Ähnliches meldet nur eine Website namens “The Spoof” (“Always there with the funniest spoof headlines”).
In Leipzig sind heute Morgen zwei Straßenbahnen zusammengestoßen. Die “Leipziger Volkszeitung” hat fleißig fotografiert und eine zwölfteilige Bildergalerie angelegt, damit man mal von allen Seiten sehen kann, wie es so aussieht, wenn eine Straßenbahn auf eine andere auffährt.
Doch trotz einiger kaputter Scheiben und zweier deformierter Bahnen war das alles für Bild.de offenbar nicht spektakulär genug. Die dortige Bildergalerie wird daher mit einem Foto eröffnet, das aus dem Mai 2006 stammt und mit dem aktuellen Unfall nichts zu tun hat:
Mit Dank an Daniel K., Clemens, Oleg W. und Torsten.
Nachtrag, 23.10 Uhr: Bild.de hat das Foto entfernt.
Vor sieben Monaten kam es im rheinland-pfälzischen Betzdorf bei der Essensausgabe in der örtlichen Christophorus-Grundschule zu einer folgenschweren Verwechslung: Eine Lehrerin hatte an muslimische Schüler versehentlich Schweineschnitzel verteilt, die diese aus religiösen Gründen nicht hätten essen dürfen. Der Vorfall sorgte für rund zwei Wochen für etwas Aufregung in der 10.000-Einwohner-Stadt, dann war lange Ruhe.
So lange, bis eine tobende Integrations-Debatte den richtigen Hintergrund bot, die Geschichte medial noch einmal so richtig hoch zu kochen: Diese Woche berichteten dann RTL und “Bild” über den Fall und erklärten, die Lehrerin, die seit dem Vorfall krank geschrieben ist, sei wahlweise “gefeuert”, “suspendiert” oder “beurlaubt” worden (BILDblog berichtete).
Und während sich regionale Medien wie die “Siegener Zeitung” und die “Rhein-Zeitung” um eine angemessene Darstellung der Geschichte bemühen, wird sie im deutschsprachigen Ausland munter weiter gedreht:
Jetzt musste die 59-jährige die Christophorus-Gesamtschule im deutschen Betzdorf verlassen.
Mal davon ab, dass es sich bei der Christophorus-Schule um eine Grundschule handelt, “musste” die Lehrerin die Schule mitnichten verlassen: Der Schulleiter hatte ihr nach der ersten Aufregung lediglich geraten, nach Hause zu gehen, um sich zu erholen — seitdem ist sie krank.
Nicht einmal den vollständigen “Bild”-Artikel, auf den sie sich berufen, haben die “Blick”-Autoren gelesen, wenn sie behaupten:
An der Schule wurde Schweinefleisch daraufhin komplett abgeschafft.
Ja, vorübergehend. Seit Schuljahresbeginn wird den Schülern auch wieder Schweinefleisch zum Mittag angeboten, wenn sie es denn wollen.
Eine ähnliche Ahnungslosigkeit stellt die österreichische Boulevardzeitung “Heute” unter Beweis, die erklärt:
Die Kündigung einer deutschen Lehrerin in Rheinland-Pfalz sorgt bei unseren Nachbarn für Riesenaufregung. Die türkischen Eltern hatten den Rauswurf der Pädagogin verlangt, der Schulleiter gab den Protesten nach.
Und weiter:
Ein paar Tage später standen die erbosten Eltern der Kinder in der Schule, verlangten vom Direktor die Kündigung von Ursula E. (59). Dieser gab den Protesten nach. Mehr noch: Er verhängte an der Schule (von 302 Kindern sind 45 muslimisch) ein Schweinefleischverbot.
Dass bei einer derart gezielten Falschinformation die Leserkommentare besonders derb ausfallen, ist natürlich klar.
Aber auch in Deutschland sind die Medien an den Fakten des Falls nicht interessiert: Zu Beginn seiner gestrigen ZDF-Talkshow berichtete Markus Lanz im Plauderton, die Lehrerin sei “suspendiert” worden.
Lokale Medien über die Folgen der Berichterstattung:
Die Bundesregierung hat gestern einen Gesetzentwurf beschlossen, durch den Polizeibeamte und andere Einsatzkräfte besser vor gewalttätigen Angriffen geschützt werden soll. Unter anderem soll schon der bloße Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte mit drei statt bisher zwei Jahren Gefängnis geahndet werden können.
Zur Illustration zeigte die “heute”-Sendung des ZDF diverses Archivmaterial, das Angriffe auf die Polizei zeigen sollte. Während der Sprecher von Leuten sprach, “die sich gegen das Abführen oder einen Polizeigriff wehren”, waren diese Bilder zu sehen:
Die gezeigten Aufnahmen haben eine gewisse Berühmtheit erlangt. Und tatsächlich wurde dem Mann im blauen T-Shirt vorgeworfen, bei der Demonstration “Freiheit statt Angst” in Berlin vor einem Jahr Polizisten gestört und Widerstand geleistet haben.
Zur Illustration des Themas eignen sich die Aufnahmen dennoch denkbar schlecht. Die Ermittlungen gegen den Mann wurden nämlich eingestellt. Stattdessen wurde gegen zwei Polizisten ermittelt, die ihn zusammengeschlagen haben sollen.
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1. “Aktienbetrug – Journalisten unter Verdacht” (ndr.de, Video, 10:41 Minuten)
Zwei Journalisten von “Börse online” und ein Journalist von “Focus Money” stehen im Verdacht, Teil eines kriminellen Netzwerks zu sein, das durch gezielte positive oder negative Berichterstattung Geld verdiente.
3. “‘Tatort Internet’ wird zum Pranger” (spiegel.de, Konrad Lischka, Hannah Pilarczyk, Christian Stöcker und Alexander Kühn)
Einer der Männer, die in der RTL2-Sendung “Tatort Internet” Kontakt zu Minderjährigen suchten, “wurde unzureichend anonymisiert – und konnte enttarnt werden”. “Bei ihm zu Hause sei ‘die Hölle’ los, schreibt er in einer Mail: ‘Telefonterror, Beschimpfungen’, Facebook-Kontakte würden mit Mails überschüttet. Auch seine Familie werde massiv bedroht.”
5. “Der gute Verrat” (freitag.de, Daniel Domscheit-Berg) Daniel Domscheit-Berg verteidigt das Whistleblowing: “Whistleblowing ist für eine Gesellschaft ein wichtiger Fehlerkorrekturmechanismus, und oftmals auch die Ultima Ratio, das letzte Mittel, um die Zustände zu verbessern. Es geschieht dort, wo Insider und Praktiker erkennen, dass etwas wirklich schief läuft. Und es ist die effizienteste Methode für positive Veränderung – wo man sie zulässt. ”
6. “Truth Lies Here” (theatlantic.com, Michael Hirschhorn, englisch)
Michael Hirschhorn macht sich Gedanken über Fakten in US-amerikanischen Debatten. “What is unique, and uniquely concerning, about digital media is the speed with which properly packaged (dis)information can spread and how hard it is for fact and reason to catch up.”