Spenden, Schwangerschaft, Burger

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Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “‘Bild macht schmutzigen Boulevard'”
(derstandard.at, Birgit Baumann)
Birgit Baumann befragt Stefan Niggemeier zu “Bild”: “Viele meinen ja, sie wollten sich durch die Lektüre der Zeitung einfach nur unterhalten lassen. Aber das funktioniert bei dieser Art von Journalismus nicht. Besser wäre es, Bild überhaupt nicht zu lesen.”

2. “Wenn Spenden versickern”
(derpodcast.de, Martin Kissel)
Deutschlandfunk-Sendungen von 2006 und 2009 erinnern daran, wohin Spenden von “Bild hilft – Ein Herz für Kinder” tatsächlich geflossen sind.

3. “Beweis es, du Bisamratte!”
(blog.tagesanzeiger.ch, Constantin Seibt)
“Zitiert, zitiert, zitiert!”, rät Constantin Seibt. “Auf wörtliche Zitate zu verzichten, ist einer der grössten Sünden im Journalismus – seltsamerweise nicht nur von Anfängern, sondern auch von Profis. (…) Zitate stützen jede Kritik. Viel stärker als Lob oder Tadel ist, die Sache zu zeigen: nackt, zwischen zwei Anführungszeichen.”

4. “Wehe, du entspannst dich nicht!”
(freitag.de, Kathrin Zinkant)
Die “Spiegel”-Titelgeschichte “Die Geburt des Ich: Neun Monate, die unser ganzes Leben prägen”. “Am Ende freuen sich insbesondere Leserinnen über die Mitteilung, dass niemand den Frauen ein schlechtes Gewissen machen wolle – und dass sich all diese höchst bedenklichen Erkenntnisse leider auch noch nicht in Verhaltenstipps für Mütter umsetzen ließen. Außer: Frische Luft. Vollkornbrot. Und bloß keinen Stress!”

5. “PR: Blogs vs. Print (mal wieder)”
(racingcarz.com, Don Dahlmann)
Ein Vergleich zwischen der Reichweite einer Regionalzeitung und eines Blogs.

6. “Behind the scenes at a McDonald’s photo shoot”
(youtube.com, Video, 3:27 Minuten)
McDonald’s Kanada beantwortet die Frage, warum der gekaufte Burger nicht so aussieht wie der Burger in der Werbung.

Tagesaktualität, Taktik, Nachtstudio

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1. “Ein Brief an die Bild”
(jetzt.sueddeutsche.de, Kristina Machalke)
Kristina Machalke spricht mit Hannah, die von “Bild” fälschlicherweise für tot erklärt wurde (BILDblog berichtete): “Meine Mutter wurde am Montag in der Arbeit ganz erschrocken angeguckt und gefragt, warum sie denn da sei. Meinem Mitbewohner wurde kondoliert und er wurde gefragt, wie es ihm denn gehe. Das war schon ziemlich absurd.”

2. “Tagesaktualität ist doof”
(scienceblogs.de, Florian Aigner)
Zufällige tagesaktuelle Ereignisse sollten nicht künstlich überhöht werden, findet Physiker Florian Aigner. Doch genau das geschieht: “Anstatt komplizierte Entwicklungen abzuwarten, bis sich der Nebel lichtet und journalistisch sauber darüber berichtet werden kann, zieht man ziemlich blind einzelne Nachrichtenfetzen aus dem Nebel hervor und erklärt sie zu brandheißen Breaking News.”

3. “SPIEGEL vs. ALDI: Eine billige Polemik – Nachtrag”
(wortvogel.de, Torsten Dewi)
Die “Spiegel”-Autoren Susanne Amann und Janko Tietz melden sich nach der Kritik an ihrer Aldi-Titelgeschichte (1/2) zu Wort: “Jede aufgestellte Behauptung wurde von unserer hausinternen Dokumentation und unserer Rechtsabteilung auf Plausibilität und Wahrheitsgehalt geprüft, bis heute hat Aldi keine dieser Behauptung juristisch angegriffen.”

4. “Talkendes Fußballexpertentum”
(heise.de/tp, Rudolf Maresch)
Fußball: Rudolf Maresch fragt nach dem Verbleib der Taktikanalyse im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. “Immer noch, so scheint es, ist das Interesse an taktischen Fragen hierzulande unterentwickelt, sind lustvoll geführte Debatten über die Vor- und Nachteile von Spielweisen und Spielsystemen obsolet und müssen Mannschaftsgeist und Kampfesmut, richtige Einstellung und unbeugsamer Einsatzwillen ein mangelhaftes taktisches Verständnis ersetzen.”

5. “Aus fürs ZDF-‘Nachtstudio'”
(tagesspiegel.de, Joachim Huber und Thomas Eckert)
Die neben “Volle Kanne” “preisgünstigste Sendung im Programm des ZDF” wird eingestellt, das “Nachtstudio” mit Volker Panzer: “Von meinen insgesamt 2500 Gästen waren nur drei oder vier nach dem Gespräch der Meinung, wir hätten Blödsinn geredet. Wir haben versucht, Gespräche zu führen. Nicht mehr. Aber auch nicht weniger.”

6. “Chinesisch zwitschern”
(blog.zeit.de/china, Felix Lee)
In keinem Land werde so viel gemikrobloggt wie in China, schreibt Felix Lee: “Neulich bin ich in Peking mit ein paar chinesischen Freunden unterwegs gewesen. Als ich kurze Zeit später nach Hause kam und meinen Rechner hochfuhr, fand ich einen Teil unserer Gespräche im Netz wieder. Auf einem Weibo – dem chinesischen Pendant zu Twitter.”

BILDblog sprach als erstes mit der Toten

Es ist eine Sache, wenn Boulevardjournalisten glauben, die neuesten Mord-und-Totschlag-Meldungen mit geklauten Fotos aus dem Internet bebildern zu müssen. Eine schlimme Sache.

Es ist aber noch mal etwas ganz anderes, wenn Boulevardjournalisten blind vor Sensationsgeilheit die falschen Fotos aus dem Internet klauen.

Am Samstag berichtete “Bild” über ein “blutiges Drama in der Studenten-WG”: Im Berliner Stadtteil Wedding soll ein Mann zunächst seine Mitbewohnerin getötet haben, ehe er selbst aus dem Fenster sprang. Und weil es den Leuten von “Bild” nicht reichte, Fotos zu zeigen, auf denen der schwer verletzte Mann und die tote Frau abtransportiert werden, haben sie sich ein bisschen im Internet umgesehen und ein Foto einer jungen Frau gefunden.

Angehörige und Bekannte der Abgebildeten waren schockiert, als sie die Frau auf der Startseite von Bild.de und in der Berliner Regionalausgabe von “Bild” als vermeintliches Mordopfer sahen. Doch Hannah W. lebt, das Mordopfer heißt Hanna K.

Im Eifer des Gefechts hatten die Fachleute für Leichenfledderei den Blog von Hannah W. aus Bremen gefunden und sich dort an einem Foto der jungen Frau bedient. Aus dem Impressum übernahmen sie Hannah W.s Studienfach und dichteten es der Toten an, obwohl aus dem selben Impressum klar hervorgeht, dass Hannah W. nicht Hanna K. heißt und 1985 geboren ist — das Mordopfer war 21.

Im Laufe des Samstags muss den Leuten bei Bild.de die Verwechslung dann doch irgendwie aufgefallen sein, jedenfalls nahmen sie das Foto von Hannah W. aus ihrer Bildergalerie und von der Startseite.

Heute nun erschien in “Bild” und auf Bild.de jeweils eine “Richtigstellung”:

Richtigstellung: In der BILD Berlin-Brandenburg vom 16.06.2012 haben wir unter der Überschrift "Mann tötet Mitbewohnerin und springt aus dem Fenster" ein Foto des angeblichen Mordopfers "Hannah K." veröffentlicht. Tatsächlich ist die Abgebildete nicht das Mordopfer. Wir bedauern die Fotoverwechslung. Die Redaktion

Hannah W. erklärte uns auf Anfrage, dass “Bild” bisher keinen persönlichen Kontakt zu ihr aufgenommen habe. Sie hat in ihrem Blog einen offenen Brief an “Bild” veröffentlicht und ihre Anwälte eingeschaltet.

Mit Dank auch an die vielen Hinweisgeber.

Bild  

Cristiano Ronaldos Lutschfinger

Aus dem Kunstunterricht kennen wir die sogenannten Vexierbilder: Bilder, die auf den ersten Blick etwas anderes zeigen als auf den zweiten.

Ein solches Bild ist auch entstanden, als der portugiesische Fußballer Cristiano Ronaldo am Sonntagabend sein Tor gegen die Niederlande bejubelte.

In der Montagsausgabe sah “Bild” darin einen “peinlichen Ego-Jubel”:

Ronaldo lutscht Holland weg — Tolle Tore, aber peinlicher Ego-Jubel

Die Kunsthistoriker aus der Sportredaktion hatten sich sogar an eine ausführliche Bildanalyse gewagt:

Portugal packt es als Gruppenzweiter ins Viertelfinale am Donnerstag gegen Tschechien. Dank Cristiano Ronaldo (27). Der trifft zweimal toll – aber jubelt wie ein Proll mit einer peinlichen Ego-Show. […]

28. Minute: Ronaldo frei vorm Tor. Diese Chancen hatte “CR7” bisher bei der EM versiebt. Diesmal nicht! Eiskalt knallt er rechts rein – 1:1! Sein Jubel sieht arrogant aus: Kühl winkt er alle zum Jubeln ran, schenkt seinen Kritikern mit Daumen im Mund die “Lutscher”-Geste direkt in die TV-Kamera.

So ein Jubel macht ihn nicht sympathischer…

Am heutigen Dienstag nun zeigt das Foto etwas ganz anderes:

Lutscher-Jubel für den Sohn (2): Millionen sahen am Sonntag den Lutscher-Jubel von Cristiano Ronalod (27) gegen Holland. Der Portugal-Star nuckelte nach seinem Tor zum 1:1 am Daumen. Der Grund ist sein Sohn! Cristiano Ronaldo junior wurde am Spieltag zwei Jahre alt! Ronaldo: "Ich widme dieses Tor meinem Sohn." Auf seinem T-Shirt stand: "Junior, Papa liebt dich! Glückwunsch!" Ronaldos Mama Dolores kümmert sich um den Mini-Ronaldo. Ronaldo selbst hält die Identität der Mutter geheim, soll für die Vormundschaft knapp 12 Mio gezahlt haben.

Mit Dank an Shahnawaz M., Shahzaib M., Pia B. und Florian P.

Skandale, Nordkorea, Negermami

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1. “Wie man sich mit dem Leistungsschutzrecht eine Google-Melkmaschine baut”
(sixtus.cc)
Mario Sixtus macht sich Gedanken, wie das nun im Entwurf vorliegende Leistungsschutzrecht für Presseverleger genützt werden könnte: “Die Verleger sind zwar die Initiatoren der auf uns alle zurollenden bizarren Situation, was aber nicht heißt, dass sie diese im Griff haben.”

2. “Bis zum Platzen aufgeblasen”
(tagesspiegel.de, Hans Mathias Kepplinger)
Man könne “weder von der Zahl der Skandale auf die Größe der Missstände schließen, noch von der Größe der Missstände auf die Zahl der Skandale”, schreibt Hans Mathias Kepplinger: “Die größten Umweltschäden gab es in Deutschland in den fünfziger und sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Zum Skandal wurden das jährliche Fischsterben im Rhein und die Verpestung der Luft im Ruhrgebiet aber nicht. Größere Umweltskandale gab es erst in den siebziger und achtziger Jahren, als in Folge der Gesetzgebung der sozial-liberalen Koalition die Umweltschäden bereits zurückgingen.”

3. “Die WELT ärgert sich über ‘Rätselhaftigkeit’ Nordkoreas. Ich ärgere mich mit!”
(nordkoreainfo.wordpress.com, tobid001)
Eine Analyse eines Artikels von Torsten Krauel in der “Welt am Sonntag” über Nordkorea.

4. “‘Schämen Sie sich nicht, Herr Dr. Döpfner?'”
(dwdl.de, Uwe Mantel)
Mitarbeiter der “ComputerBild”-Gruppe schreiben einen offenen Brief an Mathias Döpfner, den Vorstandsvorsitzenden des Axel Springer Verlags: “Es geht nicht darum, einen Absturz zu verhindern. Es geht Ihnen und Ihren Taschenrechner-Boys und -Girls darum, den Gewinn zu maximieren.”

5. “Zeitung hielt Scheuch für ‘Negermami’: keine Entschädigung”
(diepresse.com, Philipp Aichinger)
Eine gerichtliche Auseinandersetzung zwischen dem stv. Landeshauptmann von Kärnten, Uwe Scheuch, und der Tageszeitung “Österreich”: “Scheuch forderte, dass die Zeitung die Behauptung unterlassen soll, wonach er auf dem Foto abgebildet sei. Zudem soll sie ihn nicht als ‘Negermami’ bezeichnen. Überdies verlangte der Vize-Landeshauptmann tausend Euro Entschädigung. Schließlich habe er ‘in seiner politischen Stellung Würde und Ansehen zu wahren’. Er habe aber durch das Foto, auf das er mehrfach angesprochen wurde, immaterielle Nachteile erlitten.”

6. “Forscher rätseln über plötzlich auftretendes Verkehrsaufkommen mit aggressivem Hupen”
(eine-zeitung.net)

Ahmadinedschad, Tugendterror, Spiegel

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1. “Das Leistungsschutzrecht: Selten war es so tot wie heute”
(stefan-niggemeier.de)
Stefan Niggemeier schätzt den nun vorliegenden Gesetzentwurf zum Leistungsschutzrecht für Presseverleger ein: “Wie die Verleger glauben können, dass es ihnen nützen wird und nicht schaden, Hinweise auf ihre Artikel zu erschweren, ist eines der zentralen Rätsel dieser ganzen Angelegenheit und Ausweis des Irrsinns, in den sich die Branche in ihrem Überlebenskampf geflüchtet hat.” Und Alexander Svensson malt sich vier Szenarien aus, wie es nun weitergeht (wortfeld.de).

2. “Die Wut kommt immer zu spät”
(faz.net, Christiane Hoffmann)
Nach einem Interview mit mit Mahmud Ahmadinedschad erwägt FAS-Journalistin Christiane Hoffmann die Frage, ob sie sich vielleicht doch blamiert habe. “Ich solle den Präsidenten mit ‘Herr Präsident’ anreden. Ich solle die Beine nicht übereinanderschlagen, weil der Präsident das auch nicht tut. Herr Scheichan ist sehr unzufrieden mit meinem Hedschab: Die Leinenbluse sei zu hell und zu durchsichtig, die Ärmel zu kurz, das Kopftuch rutsche. Herr Scheichan blickt sich suchend um, als hoffe er, irgendeinen Tschador zu finden, den er mir überstülpen kann.”

3. “Freie Journalisten: Arm, aber verblüffend glücklich”
(spiegel.de, Tobias Lill)
Freier Journalismus in Deutschland spielt sich zunehmend im Niedriglohnsektor ab: “Besonders mies zahlen private Hörfunksender, aber auch Zeitungen. Zeilengelder von 35 Cent oder noch weniger sind bei Lokalblättern verbreitet. So müssen sich manche Reporter auf dem Land mit 30 Euro pro Artikel begnügen – mitunter deckt das Honorar gerade die Spritkosten.”

4. “Die Regie spielt falsch”
(faz.net, Jürgen Kaube)
Jürgen Kaube kritisiert die Programmpolitik von ARD und ZDF anlässlich der Fußball-Europameisterschaft. “Medienhistoriker werden eventuell einst festhalten dürfen, dass knapp die Hälfte der deutschen Wahlberechtigten im geistigen Urlaub war, als Europa zerbrach.” Siehe dazu auch “Trauerspiel Berichterstattung zu Griechenland” (datenjournalist.de, Lorenz Matzat) und “Reporter gratulieren, Fußballer antworten – ein EM-Nachbericht vom ‘Fußball-Strand'” (faz-community.faz.net, Peer Schader).

5. “Der Preis der Missgunst”
(welt.de, Hans Ulrich Gumbrecht)
Hans Ulrich Gumbrecht schreibt über die “Spiegel”-Titelgeschichte “Schade. Obamas missglückte Präsidentschaft”.

6. “Der Terror der Tugend”
(zeit.de, Harald Martenstein)
Ein langer Text von Harald Martenstein beschäftigt sich mit Tugendwächtern aller Art: “Der Schauspieler Fritz Wepper hat nie so getan, als sei er ein Heiliger. Wer sich für solche Dinge interessiert, weiß, dass seine Ehe von schweren Stürmen gezaust wird und dass er mit seiner, naturgemäß jungen, Geliebten ein Kind hat. Aber das genügt nicht. Paparazzi schossen Fotos, die Wepper beim Betreten und beim Verlassen der Wohnung seiner Freundin zeigen, mit Uhrzeit. Auf dem ersten Foto trägt er ein weißes Hemd, auf dem zweiten ein blaues. Die Reporter verrieten, dass es Weppers Ehefrau war, die sie auf die Pirsch geschickt hat.”

Giro sucht Zero

Im Zuge der aktuellen Wirtschaftskrise ist das Ansehen von Banken noch einmal merklich gesunken: Lag es früher irgendwo zwischen dem von Auftragskillern und Hütchenspielern, haben die meisten Leute heute mehr Respekt vor dem komischen Schleim, der sich immer am Boden einer Mülltonne absetzt, als vor Banken.

Doch das ist offenbar ein schreckliches Missverständnis!

Wie muss ein modernes Girokonto aussehen, das zuvorkommenden Service und nachhaltige Beratung mit höchster Sicherheit, maximalem Komfort und exklusiven Vorzugsleistungen miteinander vereint? Die Nassauische Sparkasse bietet mit Naspa Giro Komfort Antworten auf diese Frage. Mit einem Premiumkonto, das Ihr Leben günstiger, sicherer und schöner macht – sowohl im Alltag als auch im Urlaub.

“Gut”, hätte man da dem neuen Mitarbeiter in der Werbeagentur gesagt, “bisschen bieder, vielleicht, aber mit ein bisschen Mühe kriegen wir daraus noch einen schönen Text für die Werbebroschüre.”

Aber der Text, der so beginnt, steht nicht in einem Entwurf einer Werbeagentur, er stand in verschiedenen Internetangeboten der Verlagsgruppe Rhein Main: etwa bei der “Main-Spitze”, der “Allgemeinen Zeitung”, der “Oberhessischen Zeitung”, dem “Wiesbadener Kurier”, dem “Gießener Anzeiger” und dem “Gelnhäuser Tageblatt” .

Und er sah ganz nach redaktionellem Inhalt aus:

Geld und Recht: Naspa Giro Komfort: Das Konto, mit dem Sie günstiger, sicherer und schöner leben.

Alles, ja wirklich alles am “Naspa Giro Komfort” ist toll:

Wer günstiger in den Traumurlaub möchte, hat mit Naspa Giro Komfort das richtige Konto. Bei Buchung im Naspa Reise-Center wählen Sie aus dem breitgefächerten Angebot aller namhaften Reiseveranstalter und bekommen 5 % des Reisepreises zurück. Schon bei einer Reise für 3.000 Euro füllt sich Ihre Urlaubskasse um 150 Euro!

Leider lauern ja bekanntlich “auch im schönsten Urlaub Gefahren”:

Wenn Reiseunterlagen, Kreditkarten und Ausweise plötzlich abhanden kommen, ist die Erholung vorbei – es sei denn, Sie haben ein Naspa Giro Komfort-Konto. Dank dem Karten- und Dokumentenschutzprogramm genügt ein Anruf beim Service-Center und die Kopien der Reiseunterlagen werden Ihnen an jeden Ort der Welt zugesandt. Im Fall der Fälle hilft zusätzlich ein unbürokratisch verfügbares Notfallbargeld in Höhe von bis zu 1.500 Euro.

Doch nicht nur bei Reisebuchung und bösen Überraschungen am Urlaubsort ist das “Naspa Giro Komfort” genau das Richtige für Sie, Sie und Sie — Nein!

Auch für Unternehmungen in Ihrer Region haben Sie mit Naspa Giro Komfort das ideale Girokonto. Denn Sie profitieren von exklusiven Vergünstigungen auf viele Kultur- und Freizeitangebote in der Region und im Internet.

Wer jetzt immer noch nicht überzeugt ist, für den hält die “Rhein Main Presse” noch mal ein paar nüchterne Fakten bereit:

Das Premiumkonto der Naspa überzeugt im Alltag mit attraktiver Verzinsung ab dem ersten Euro und ec-Karten, mit denen Sie rund um die Uhr an über 25.000 Geldautomaten in Deutschland kostenfrei Geld abheben können. Sogar wenn Sie sich etwas Neues kaufen möchten, wie einen neuen Fernseher, hilft Ihnen Naspa Giro Komfort weiter: mit der deutschlandweiten Preisrecherche.

Und wenn Sie sich jetzt – was nur verständlich und beabsichtigt wäre – sagen: “Was bin ich nur für ein verdammter Idiot, dass ich mein Geld immer noch beim Mülltonnenschleim lagere und nicht bei der günstigeren, sichereren und schöneren Naspa”, dann hat die “Rhein Main Presse” da natürlich schon mal etwas vorbereitet:

Sichern Sie sich das Girokonto, das Ihr Leben günstiger, sicherer schöner macht. Fragen Sie jetzt Ihren Naspa-Berater nach Naspa Giro Komfort. Alle Infos zum komfortablen Premiumkonto finden Sie auch auf www.naspa.de

(Die URL stand da nicht nur, da lag sogar ein Link auf naspa.de drunter. Aber das kriegen Sie bei echtem Interesse sicher auch noch alleine geregelt.)

Wir haben bei der Verlagsgruppe Rhein Main nachgefragt, ob es sich bei dem Text um eine Anzeige oder um redaktionellen Inhalt handelt. Die Chefredaktion Online bedankte sich, dass wir sie auf einen Fehler aufmerksam gemacht hätten, und erklärte, der PR-Artikel sei “von der verantwortlichen Abteilung in den falschen web-Knoten gehängt” worden. Die ursprünglichen Artikel sind inzwischen alle offline.

Mit Dank an Kristian G.

Nachtrag, 22.20 Uhr: Die Artikel sind (offenbar schon vor unserem Eintrag) als “Herstellerinformation” wiederveröffentlicht worden — mit dem Zusatz “Anzeige”.

Nichts besonderes

Studenten sind ein faules Pack. Das hat man bei Bild.de schon immer gewusst. Und was gibt es Schlimmeres als faule Studenten? Genau: Die von diesen amerikanischen Elite-Unis. Die sind nämlich nicht nur faul und dumm, sondern auch noch verwöhnt.

Alles nur Klischees, denken Sie? Mag sein. Aber bei Bild.de gehört das Aufwärmen und anschließende Rausposaunen solch abgedroschener Vorstellungen immer noch zum Tagesgeschäft. Und Meldungen wie diese kommen da wie gerufen:

Elite-Studenten kriegen eins auf den Deckel

So freute sich Bild.de gestern. Im Text heißt es:

Eigentlich sollte es eine Lobrede auf den Absolventenjahrgang einer US-Elite- Uni werden: Englisch-Lehrer David McCullough nutzte jedoch die Gelegenheit, um gegen seine verwöhnten Ex-Studenten noch mal ordentlich vom Leder zu ziehen!

“Ihr wurdet verhätschelt, verwöhnt, umschwärmt, geschützt und in Luftpolsterfolie gesteckt”, polterte Englisch-Lehrer McCullough gleich zu Beginn seiner zwölfminütigen Brand-Rede. Sein knallhartes Fazit über die Elite-Studenten: “Ihr seid nichts Besonderes!”

Endlich sagt also mal jemand die Wahrheit über die Bengels von der Elite-Uni. Und zwar kein geringerer als ihr eigener Dozent. Was für eine Steilvorlage für die Klischeeaufwärmer von Bild.de.

Allerdings: Bei den “Studenten” handelt es sich in Wahrheit gar nicht um Studenten, sondern um Schüler. Genau genommen um “Seniors” einer High School, die gerade ihren Abschluss (vergleichbar dem Abitur) gemacht haben. Der Lehrer hatte die ungewöhnliche Rede Anfang Juni bei der Abschlussfeier seiner Schule gehalten, um den Schülern ihren privilegierten Start ins Leben klarzumachen. (Warum jemand, der an einer Elite-Uni unterrichtet und Abschlussreden hält, ein “Lehrer” sein soll, weiß vermutlich auch nur Bild.de.)

Viele Medien berichteten schon vor einigen Tagen darüber. Auch ABC News hat darüber in einem Artikel berichtet, auf den Bild.de verlinkt.

Dort heißt es im ersten Satz:

Kritiker waren schockiert, als David McCullough einer Abschlussklasse von High School Seniors erzählte, dass sie “nicht besonders” seien, aber die Schüler und Eltern der Schule in Wellesley, Massachusetts stellen sich hinter ihren Lieblingslehrer.

(Übersetzung und Hervorhebung von uns.)

Die Redakteure von Bild.de hätten die Quellen, auf die sie sich berufen, also nur genau lesen müssen. Haben sie aber nicht. Endlich mal ein Klischee, das stimmt.

Mit Dank an Thomas G., Stefan und AachenFalko.

Nachtrag, 15.55 Uhr: Bild.de hat aus den “Elite-Studenten” unauffällig “Elite-Schüler” und aus der “US-Elite-Uni” eine “US-Elite-Schule” gemacht.

Leistungsschutzrecht, SEO, DJV

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1. “Digital kastriert”
(lawblog.de, Udo Vetter)
Der (der “Süddeutschen Zeitung” vorliegende!) Referentenentwurf zum Leistungsschutzrecht für Presseverlage (PDF-Datei) bestätigt für Udo Vetter die schlimmsten Befürchtungen: “Das Papier ist ein Konjunkturprogramm für Rechtsanwälte. Gleichzeitig ist es ein Kniefall vor der Verlegerlobby. (…) Fast überflüssig zu erwähnen, dass das Leistungsschutzrecht die neue Meinungsfreiheit bedroht.” Gegenteilig sieht das natürlich der prominenteste Verfechter dieses Verlegerrechts, Christoph Keese von Axel Springer, im Beitrag “Vier Gründe, warum Blogger das Leistungsschutzrecht nicht fürchten sollten”. Siehe dazu auch “Von Pressetexten sollten künftig besser alle die Finger lassen” (zeit.de, Kai Biermann).

2. “Ich breche eine Lanze für dieses Leistungsschutzrecht”
(ralfschwartz.typepad.com)
“Der deutschen Blogosphäre kann nichts Besseres passieren als das neue Leistungsschutzrecht. Hut ab vor den Verlagen und der Politik, die uns endlich zwingen, wenn wir es schon nicht freiwillig tun, innovativ, relevant, distinktiv und einzigartig zu werden.”

3. “Weit weit oben”
(journalist.de, K. Antonia Schäfer)
Wie viele Presseverlage mit hohem Aufwand und Tricks wie Republishing Suchmaschinenoptimierung betreiben, um noch mehr Besucher von Websites wie Google News erhalten. “Werden Journalisten beim Thema SEO an sich schon wortkarg, schließen sie, wenn die Rede aufs Republishing kommt, komplett die Schotten. Denn wer vorgibt, einen neuen Artikel vorweisen und ins Netz stellen zu können, tatsächlich aber nur altes Zeug aufwärmt, kann sich kritischen Fragen nach der Qualität nicht entziehen.”

4. “Oli Kahn, kein Twitter-Titan”
(stern.de, Christoph Fröhlich)
Im ZDF versucht man, zu twittern: “Jeannine Michaelsen erklärte das Prinzip Twitter so: ‘Wir folgen Harald Schmidt. Und deswegen kann Harald Schmidt jetzt auch lesen, was wir schreiben.’ Das ist doppelt falsch: Erstens können Leute, denen man folgt, die eigenen Postings nicht lesen. Und was noch viel peinlicher ist: Hinter dem angeblichen Harald Schmidt steckt nicht der ehemalige Sat1-Comedian, sondern der Internet-Showmaster Rob Vegas.” Siehe dazu auch “Der Twitter-Vorfall im ZDF deckt viel mehr auf als eine Accounteinrichtung” (kaithrun.de) und “Oli Kahns erstes Mal” (blog.zeit.de/sport-blog).

5. “Bite the hand that feeds you”
(juliane-wiedemeier.de)
Der Deutsche Journalistenverband DJV lädt ein nach Brüssel: “Zwei Nächte im Hotel, inklusive Frühstück, Transfers und ein lekker Mittagessen werden also bezahlt, und zwar, man ahnt es schon, nicht von einem der Verbände, die brauchen ihr Geld schließlich für wichtigere Dinge, sondern, das wird netter Weise immerhin dazugesagt: Von der EU-Kommission. Was sicherlich hervorragend mit dem Ziel der Reise einhergeht, ‘Sprechern oder Vertretern der Kommissare auf den Zahn (zu) fühlen’.”

6. “Uefa-Fehler führt Millionen in die Irre”
(stern.de, Katharina Miklis und Felix Haas)
Fußball: Eine vor dem EM-Spiel Niederlande gegen Deutschland aufgezeichnete und ins live übertragene Spiel hineingeschnittene Szene “beeinflusst die Wahrnehmung und verfälscht den Eindruck”.

Die Tote aus der Tiefkühltruhe

Ende Februar fand die Polizei in Spenge in Ostwestfalen durch Zufall eine Frauenleiche, die in einen Koffer gezwängt in einer Tiefkühltruhe lag. Ein Tatverdächtiger war schnell gefunden: Ein 42-Jähriger, gegen den bereits wegen Menschenhandels ermittelt wurde, und der die Garage angemietet hatte, in der die Tiefkühltruhe stand.

Die Identität des Opfers blieb jedoch zunächst unklar, weswegen sich die Polizei ein paar Tage später an die Presse wandte und Fotos der Leiche und ihrer Kleidungsstrücke veröffentlichte. Die Fotos erschienen in regionalen und überregionalen Medien, Zeugen identifizierten die Tote als Angestellte eines Herforder Bordells.

Noch bevor Polizei und Staatsanwaltschaft ihre gemeinsame Pressemitteilung veröffentlichten, konnten sie in “Bild” folgende Sätzen lesen:

Sie lag erdrosselt in einer Tiefkühltruhe. Weil niemand die Tote vermisste, suchte die Polizei mit Fotos der Leiche nach Zeugen. Jetzt die spektakuläre Wende in dem Fall.

Nach BILD-Informationen heißt die Tote Olga P., stammt aus der Ukraine und arbeitete in Deutschland als Prostituierte. Das erklärte ein Zeuge gestern beim Staatsanwalt.

(Inwiefern es eine “spektakuläre Wende” sein kann, wenn die Polizei eine erste Spur hat, weiß wohl auch nur “Bild” allein.)

Die mutmaßliche Identifizierung der Toten hielt “Bild” und Bild.de nicht davon ab, weiterhin das Foto der Leiche zu verbreiten, mit dem die Polizei nach Zeugen gesucht hatte. Mehr noch: Bild.de konnte das Foto jetzt (mehrfach) gemeinsam mit Bildern zeigen, die noch zu Lebzeiten der Frau entstanden waren:

Die Tote aus der Tiefkühltruhe: Der Bruder des Killers gab den entscheidenden Tipp.

Ein Leser beschwerte sich über diese Berichterstattung beim Deutschen Presserat, weil er darin eine unangemessen sensationelle Darstellung und einen Verstoß gegen die Menschenwürde der Toten sah.

Die “Maßnahmen” des Presserates:

Hat eine Zeitung, eine Zeitschrift oder ein dazugehöriger Internetauftritt gegen den Pressekodex verstoßen, kann der Presserat aussprechen:

  • einen Hinweis
  • eine Missbilligung
  • eine Rüge.

Eine “Missbilligung” ist schlimmer als ein “Hinweis”, aber genauso folgenlos. Die schärfste Sanktion ist die “Rüge”. Gerügte Presseorgane werden in der Regel vom Presserat öffentlich gemacht. Rügen müssen in der Regel von den jeweiligen Medien veröffentlicht werden. Tun sie es nicht, dann tun sie es nicht.

Die Rechtsabteilung von Bild.de sah das wie üblich anders. In ihrer Stellungnahme erklärte sie, bei der Aufnahme der Leiche handele es sich um ein offizielles Foto, das Polizei und Staatsanwaltschaft zu Fahndungs- bzw. Ermittlungszwecken veröffentlicht hätten. Die Aufnahme sei in allen regionalen und überregionalen Zeitungen und Newsportalen erschienen. Sie sei presserechtlich und presseethisch zulässig.

Die Berichterstattung habe sich mit den laufenden Ermittlungen beschäftigt und über eine möglicherweise gelungene Identifizierung der Toten und einen ersten Verdacht bezüglich eines Täters berichtet. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung sei der Ausnahmetatbestand, der die Veröffentlichung des Fahndungs- und Ermittlungsfotos rechtfertige, noch in vollem Umfang gegeben gewesen, denn die Fotoveröffentlichung habe weiterhin der Suche nach weiteren Hinweisen aus der Bevölkerung gedient.

Der Beschwerdeausschuss des Presserats mochte sich dieser Einschätzung nicht anschließen:

Die Abbildung, insbesondere die Kombination des Fotos einer Lebenden mit dem Foto einer Leiche, berührt das Privatleben der Abgebildeten und ihrer Angehörigen in einem Maße, das nicht mehr vom öffentlichen Interesse gedeckt ist. Für das Verständnis der Tat ist das Wissen um die Identität des Opfers unerheblich. Besondere Begleitumstände, die eine Identifizierung rechtfertigen könnten, liegen hier ebenfalls nicht vor. Die Argumentation von BILD Online, das Foto diene zur abschließenden Aufklärung des Verbrechens, trägt nicht. Die Berichterstattung erweckt den Eindruck einer nahezu abgeschlossenen Ermittlung. Hierfür sprechen die Überschrift, sowie die ausführliche Beschreibung des Täters und der Ermittlungsergebnisse. Damit hat sich der Fahndungszweck, zu dem das Foto der Toten ursprünglich veröffentlicht wurde, erledigt.

Der Beschwerdeausschuss sah in der Berichterstattung einen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Toten und damit einen Verstoß gegen Ziffer 8 des Pressekodex und sprach eine sogenannte “Missbilligung” aus.

Die Fotos der inzwischen zweifelsfrei identifizierten Leiche, die ja selbst laut Bild.de-Juristen nur “der Suche nach weiteren Hinweisen aus der Bevölkerung” dienen sollten, sind bei Bild.de indes immer noch zu sehen. Dass “Bild” anschließend die Mutter der Toten in der Ukraine besucht und ihr eine ganze Reihe privater Fotos aus den Rippen geleiert hatte, ist eine andere Geschichte.

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