Mediensucht, Megan Fox, Penisdialoge

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Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Heißer Scheiß”
(wahrheitueberwahrheit.blogspot.de, Thomas)
Das verflossene Jahr gehöre zu “den bis dahin 10 wärmsten jemals gemessenen Jahren”, vermelden Medien jeweils am Jahresende. Keine Überraschung, wenn man sich die Werte mal ansieht: “Deutlich mehr als die Hälfte aller Jahre ‘seit Beginn der Aufzeichnungen’ gehören (…) zu den bis dahin 10 wärmsten jemals gemessenen Jahren! Seit dem Jahr 1986 gehören sogar ausnahmslos alle Jahre dazu.”

2. “Als Journalistin bloggen – ein Luxus mit Risiken und Nebenwirkungen”
(eigenwach.wordpress.com)
Journalistin Eigenwach hat Bedenken, zu bloggen: “Gehen wir davon aus, ich schreibe Blogbeiträge über meine Meinung zur zweiten Gotthardröhre, zur Neat, zum Tourismusresort Andermatt, zur politischen Situation in Uri, zu Gemeindefusionen, Skigebietserweiterungen und zur Schächenspange. Sässe ich dann wenig später an Medienkonferenzen zu eben diesen Themen, läge der Vorwurf der unausgewogenen Berichterstattung nahe. Oder zumindest näher. Egal, wie neutral die Berichterstattung dann auch ausfallen würde – ich wäre auf jeden Fall angreifbar.”

3. “Was man von der Lesesucht-Debatte im 18. Jahrhundert lernen kann”
(schulesocialmedia.com, Philippe Wampfler)
Philippe Wampfler schreibt über Medien und Sucht im historischen Kontext: “Es wäre also leicht, die Diskussion einfach zu verweigern, indem man darauf verweist, dass jeder mediale Wandel von ähnlichen Befürchtungen geprägt war: Sei es das Lesen, der Film oder eben Computerspiele – stets war die Rede von einer ‘gänzlichen Zerrüttung des Gehirns’ oder ‘einem empfindlichen Nervensystem'”.

4. “Besseres Englisch durch Fernsehen”
(sebastian-kuepers.com)
Wie man dazu kommt, Serien und Filme in der englischen Originalversion anzusehen. “Wenn man dem Fernsehen etwas Gutes und Sinnvolles abgewinnen will, dann ist es wirklich die Fähigkeit Fremdsprachen zu vermitteln.”

5. “Esquire’s Interview with Megan Fox Is the Worst Thing Ever Written”
(vice.com, Jamie Lee Curtis Taete, englisch)
Die aktuelle Titelgeschichte von “Esquire” in der Kritik: “I understand that what occured the day of the interview probably wasn’t all that interesting. I’d imagine he sat opposite her while she talked about whatever movie she was contractually obliged to talk about. And then he had to find a way of making that seem interesting for five whole pages.”

6. “Penisdialoge – wie alles anfing”
(danielbroeckerhoff.de)

Jakob Augstein, Jens Oliver Haas, Talkshows

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1. “Mit fettarschiger Selbstzufriedenheit”
(taz.de, Deniz Yücel)
Bei “Freitag”-Verleger Jakob Augstein “findet sich alles, was den zeitgenössischen Antisemitismus ausmacht”, schreibt Deniz Yücel. “Besser: Das Simon-Wiesenthal-Center behält Jakob Augstein im Auge. Und wirft einen Blick auf einige seiner Verteidiger in den deutschen Medien.”

2. “Die trügerischen Argumente für das Leistungsschutzrecht der Presseverleger in der Schweiz”
(andreasvongunten.com)
Der Text “Trittbrettfahrer im Visier der Verleger” (nzz.ch) des Geschäftsführers des Verbands Schweizer Medien, Urs F. Meyer, versucht, Argumente zu finden für ein Leistungsschutzrecht für Presseverleger. Andreas von Gunten erklärt, warum das dargebrachte Wochenmarkt-Beispiel so nicht stimmt.

3. “Humor ist sein Handwerk”
(faz.net, Thiemo Heeg, 1. Januar)
Jens Oliver Haas schreibt die Moderationstexte für die RTL-Sendung “Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!”. Anfang der 1990er-Jahre arbeitete er als Polizeireporter für “Bild”: “Bild ist ein hartes Brot, es verlangt, dass man seine moralischen Grenzen sehr oft verschiebt. (…) Man fängt an, Leute zu beeinflussen, zu indoktrinieren. Man sorgt dafür, dass der Fotograf alleine im Raum bleibt, damit er ein Foto von der Wand abfotografieren kann.”

4. “Good science vs. bad science”
(macleans.ca, Julia Belluz, englisch)
6 Punkte, die ein Journalist bedenken sollte, wenn er eine medizinische Studie verwerten möchte.

5. “Investigating Investigative Journalism”
(thedailyshow.com, Video, 5:59 Minuten)
Realer und virtueller investigativer Journalismus.

6. “Laber Rhabarber”
(tagesspiegel.de, Oliver Welke und Dietmar Wischmeyer)
Fantasien, was sich bei den Redaktionskonferenzen der fünf ARD-Talkshows abspielen könnte.

Wie man aus Kinskis Untaten Kapital schlägt

Im aktuellen “Stern” erhebt die Schauspielerin Pola Kinski schwere Vorwürfe gegen ihren 1991 verstorbenen Vater Klaus: Er habe sie als Kind und Jugendliche jahrelang sexuell missbraucht und vergewaltigt.

Auf der medialen Welle, die diese Enthüllungen auslösten, surften auch “Bild” und Bild.de von Anfang an mit: Am Mittwoch waren die Vorwürfe Titelgeschichte in “Bild” und Franz Josef Wagner schrieb einen Brief an Pola Kinski (“Klaus Kinski gehörte eigentlich ins Gefängnis, er ist leider tot”). Pola Kinskis Halbschwester Nastassja erklärte “exklusiv in BILD”, dass sie stolz auf ihre Schwester sei, und in “Bild am Sonntag”, dass ihr Vater sie “viel zu sehr angefasst” habe. Am Freitag exzerpierten die “Bild”-Reporter Mark Pittelkau und Dora Varro eine Autobiographie Klaus Kinskis von 1975, in der dieser bereits “alles” aufgeschrieben habe, und “Bild am Sonntag” druckte (wiederum “exklusiv”) Passagen aus Pola Kinskis neuem Buch, das am Montag erscheint.

Dass sich selbst aus einer solchen schlimmen Familiengeschichte noch Kapital schlagen lässt, zeigte dann am Wochenende Bild.de:

Sein Tochter wirft ihm vor, sie missbraucht zu haben. Klaus Kinski: Zwischen Genie und Wahnsinn. Schauen Sie sich seine Filme bei BILD MOVIES an!

Mit Dank an Mario S., Daniel und Linus W.

Blogkrise, Matthias Matussek, Smog

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1. “‘Stolz bin ich auf die Bilder, die ich nicht gemacht habe'”
(taz.de, Daniel Kummetz)
Jochen Blume hat in den 1950er-Jahren als Fotograf bei “Bild” Hamburg gearbeitet. “Für die heutige Bild würde ich nicht eine Stunde arbeiten.”

2. “Irgendwas mit ‘Blogkrise'”
(medienrauschen.de, Thomas Gigold)
Etwa alle 10,75 Monate werde über die Krise der Blogs diskutiert, glaubt Thomas Gigold zu beobachten. “Blogs sind nicht in der Krise. Blogs sind relevant. Und Blogs sterben nicht.”

3. “Studentin ärgert sich über Auto-PR in ’20Minuten'”
(infosperber.ch, Matthias Strasser)
“Die wöchentlichen Auto-Seiten von ’20 Minuten’ sind in Schrift und Aufmachung wie normale redaktionelle Seiten gestaltet. Erst beim näheren Hinsehen fiel Andrea Disler ein kleiner ‘Stempel’ über der Seite auf: ‘Produced by Textlab GmbH, Agentur für Medien + Kommunikation’. Der Zweck der Agentur laut Handelsregister: ‘Erbringung von Dienstleistungen in den Bereichen Medien, Kommunikation, PR und Werbung’. Für die redaktionell gestaltete Seite ist also eine PR-Agentur verantwortlich.”

4. “Ich kapituliere”
(netzwertig.com, Jürgen Vielmeier)
Jürgen Vielmeier kapituliert vor der Nachrichtenflut der Techblogs und zieht den Schluß: “alle Nachrichtenblogs aus dem Feedreader werfen bis auf eines. Weil alle inzwischen über alles berichten, ist es praktisch nicht mehr möglich etwas zu verpassen. Die Lücke lässt sich mit wirklich lesenswerten Beiträgen schließen oder man lässt sie einfach offen.”

5. “In eigener Sache: Meine Stunde als Antisemit”
(matthias-matussek.de)
Matthias Matussek beschäftigt sich mit einem eigenen Beitrag von 2002 im “Spiegel”, “Das Recht auf Zorn”: “Ich habe dummes Zeug geschrieben.”

6. “Liebe Freunde in Deutschland”
(facebook.com, Christian Y. Schmidt)
“Vielen Dank für Eure besorgten Nachfragen, den schlimmen Smog in Peking betreffend. Fragt aber bitte nicht mehr, denn wir sind jetzt praktisch alle tot. Die letzten noch lebenden Journalisten werden das sicher demnächst aus Peking berichten.”

Totrecherchiert

Als Wolfgang L. vor gut einem Monat seine Lokalzeitung aufschlug, war er fassungslos.

Denn:

Wolfgang [L.] (62) aus Heidelberg musste lesen, er sei tot

Oder anders:

Heidelberger Rentner (62) ist entsetzt - Ich las meine eigene TODESANZEIGE

Totgesagte leben länger…Fassungslos hält Rentner Wolfgang [L.] (62) aus Kirchheim seine eigene Todesanzeige in den Händen. […]

Rentner [L.] ist sich sicher: “Dahinter kann nur meine Noch-Ehefrau Uschi stecken. Wir sind seit einem halben Jahr getrennt, doch sie macht mir das Leben bis heute zur Hölle.”

Ganz ähnlich muss sich auch Hannah W. im Juni 2012 gefühlt haben. Oder Rudolf K. im Sommer 2008. Und eine andere junge Frau vor knapp zwei Wochen.

Denn auch sie schlugen die Zeitung auf und mussten lesen, sie seien tot. Genauer: Sie schlugen die “Bild”-Zeitung auf.

Im Fall von Hannah W. hatten “Bild” und Bild.de eine “Bluttat in Berliner WG” mit einem Foto der jungen Frau bebildert – obwohl sie weder, wie in dem Artikel behauptet, das Mordopfer war, noch sonst irgendetwas mit dem Vorfall zu tun hatte. Das Foto sowie biografische Details von Hannah W. hatten die Redakteure im sensationsgeilen Eifer kurzerhand aus dem Blog der Studentin geklaut (BILDblog berichtete).

Ende des vergangenen Jahres kam es in einem “Bild”-Artikel über den Unfalltod zweier Mädchen erneut zu einer solchen Verwechslung (BILDblog berichtete ebenfalls).

Und Rudolf K., Vater eines Opfers eines Autounfalls, über den die Boulevardpresse tagelang berichtet hatte, musste 2008 in “Bild” lesen, er sei an einem Herzinfarkt gestorben (BILDblog berichtete auch hier).

Es braucht also nicht die makabren Tricks irgendwelcher Noch-Ehefrauen, um quicklebendige Menschen für tot zu erklären und anderen das Leben zur Hölle zu machen. Nein, dafür braucht es nur die üblichen Methoden von “Bild” und Bild.de.

Newtown im deutschen Onlinejournalismus

Heute vor einem Monat erschoss ein Mann in Newtown, Connecticut 27 Menschen, darunter 20 Kinder einer Grundschule.

Nach dem Amoklauf von Winnenden hatte der Deutsche Presserat im Jahr 2010 einen Leitfaden für die Berichterstattung über Amokläufe (PDF) veröffentlicht, in dem die deutschen Medien zur Zurückhaltung bei der Berichterstattung über Opfer, Angehörige und Täter aufgerufen werden.

In welcher Form und in welchem Ausmaß deutsche Onlinemedien wie Bild.de, “Spiegel Online”, “Focus online”, FAZ.net oder sueddeutsche.de in der ersten Woche über die Ereignisse von Newtown berichtet haben, haben wir in einer Übersicht zusammengefasst:

  • Die deutsche Online-Berichterstattung über den Amoklauf in Newtown (PDF)

Von Antisemiten und Antisemanten (2)

Letzten Dienstag schrieben wir hier im BILDblog über die angebliche “Liste der schlimmsten Antisemiten” auf der sich der deutsche Journalist Jakob Augstein befinden soll.

Die Liste des Simon Wiesenthal Centers (PDF), ist allerdings die “2012 Top Ten Anti-Semitic/Anti-Israel Slurs”, also die Top Ten der anti-semitischen bzw. anti-israelischen Verunglimpfungen im Jahr 2012.

Die Deutsche Presse Agentur (dpa) hat am Mittwoch mit jemandem gesprochen, der an dieser Liste mitgearbeitet hat:

Das amerikanische Simon-Wiesenthal-Zentrum hat seinen Antisemitismus-Vorwurf gegen den Journalisten und Verleger Jakob Augstein differenziert. In einer Rangliste des Zentrums seien israelkritische Äußerungen Augsteins zu den zehn schlimmsten weltweit gezählt worden – das bedeute aber nicht automatisch, dass Augstein ein Antisemit sei. “Wir sprechen nicht von der Person, sondern von den Zitaten”, stellte der für die Liste mitverantwortliche Rabbi Abraham Cooper im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa am Dienstag (Ortszeit) klar.

Ein Blick auf die Originalliste hätte diese Lesart von vorne herein nahegelegt, aber immerhin war die “differenzierte” Kritik an Augstein jetzt im Umlauf.

Und sah bei “Spiegel Online” zum Beispiel so aus:

Antisemitismus-Debatte: Jüdisches Zentrum relativiert Vorwürfe gegen Augstein

So kann man es natürlich auch nennen, wenn das Simon Wiesenthal Center noch einmal explizit erklärt, was eigentlich die ganze Zeit über der verdammten Liste gestanden hatte.

Geht aber noch besser:

Mit seiner Platzierung des SPIEGEL-ONLINE-Kolumnisten Jakob Augstein auf der Liste der zehn übelsten Antisemiten hatte das Simon-Wiesenthal-Center eine Kontroverse ausgelöst. […] Nun hat das amerikanische Zentrum seinen Vorwurf gegen Augstein differenziert. In der Rangliste seien israelkritische Äußerungen Augsteins zu den zehn schlimmsten weltweit gezählt worden – das bedeute aber nicht automatisch, dass Augstein ein Antisemit sei.

“Wir sprechen nicht von der Person, sondern von den Zitaten”, stellte der für die Liste mitverantwortliche Rabbiner Abraham Cooper im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa am Dienstag klar.

Am Freitagnachmittag passierte dann etwas, was von Beobachtern zuvor als ähnlich wahrscheinlich eingestuft worden war wie eine Eröffnung des neuen Berliner Großflughafens: Der Dampfplauderer Henryk M. Broder, dessen Einschätzung, Augstein sei “ein lupenreiner Antisemit”, das Simon Wiesenthal Center in seiner Liste zitiert hatte, entschuldigte sich auf der Internetseite der “Welt” bei Jakob Augstein — zwar explizit “nur dafür”, Augstein als “kleinen Streicher” bezeichnet zu haben, aber immerhin entschuldigte er sich.

Darüber berichtete auch wieder “Spiegel Online” — und verhedderte sich erneut in den Begrifflichkeiten:

Das Simon-Wiesenthal-Zentrum hatte Augstein zuvor auf die Liste der zehn übelsten Antisemiten gesetzt, sich wenig später allerdings differenzierter geäußert: Es gehe um die Zitate, nicht um Personen. In der Rangliste seien israelkritische Äußerungen Augsteins zu den zehn schlimmsten weltweit gezählt worden – das bedeute aber nicht automatisch, dass Augstein ein Antisemit sei, sagte der für die Liste mitverantwortliche Rabbiner Abraham Cooper am Dienstag.

Und im aktuellen gedruckten “Spiegel” heißt es in einem Streitgespräch zwischen Jakob Augstein und dem Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dieter Graumann, an die Adresse von Augstein:

SPIEGEL: Das Simon Wiesenthal Center hat sich jetzt noch einmal korrigiert und gesagt, nicht Sie als Person seien antisemitisch, aber einige Ihrer Äußerungen seien es, und es könne sein, dass Ihnen das gar nicht bewusst sei.

Ein cleverer Schachzug: Wenn Medien mit ein paar Wochen Verspätung entdecken, dass sie ausuferndst über eine Liste berichtet haben, ohne genau verstanden zu haben, was diese Liste eigentlich beschreiben soll, korrigieren sie sich nicht etwa selbst, sondern tun so, als ob die Autoren der Liste sich korrigiert hätten.

Mit Dank auch an Ekkehard K. und Daniel.

Netzgemeinde, Nomadenleben, Masterplan

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1. “Bekenntnis: Ich bin taz-Redakteur und Parteimitglied”
(blogs.taz.de, Felix Dachsel)
Taz-Journalist Felix Dachsel outet sich als Parteimitglied der SPD. “Sein Nebensitzer in der Journalistenschule war ebenfalls in der SPD.”

2. “Eine deutsche Phantomdebatte: Wie die deutschen Medien sich mit einer Nicht-Geschichte über Nordkorea blamieren”
(nordkoreainfo.wordpress.com, tobid001)
Ausgelöst durch einen Beitrag der FAZ ist in mehreren deutschen Medien von einem “Masterplan” zu lesen, der die Wirtschaft Nordkoreas mit deutschem Beistand nach dem Vorbild Vietnams umgestalten werde. “Dabei scheint es auch keinen weiter gestört zu haben, dass ausländische Medien einen weiten Bogen um die Geschichte gemacht haben und die globale Sensationsökonomie, die sich ja sonst oft für nichts zu schade ist, das ganze fast vollständig missachtete.”

3. “Die dubiosen Deals der Gottschalk-Brüder”
(spiegel.de)
Die aktuelle “Spiegel”-Titelgeschichte widmet sich Verträgen der Firma Dolce Media zur ZDF-Sendung “Wetten, dass..?”. Siehe dazu auch die Marke Audi in einer ARD-Übertragung eines Parallelslaloms (deutsche-wirtschafts-nachrichten.de).

4. “Ich bin kein Mitglied der Netzgemeinde”
(begleitschreiben.net, Gregor Keuschnig)
Die selbsternannten Sprecher des “Netzes” hätten “die Spielregeln der medialen Kako­phonie souverän verinnerlicht und spielen nun mit”, schreibt Gregor Keuschnig. “Es ist schon fast zur Normalität geworden, dass allüberall für mich irgendjemand glaubt sprechen zu müssen.”

5. “‘Mehr habe ich auch nicht probiert'”
(horizont.at, Philipp Wilhelmer)
Ein Interview mit Oscar Bronner, dem Gründer und Herausgeber der Zeitung “Der Standard”: “Das Businessmodell ‘Internet’ kann derzeit das was wir als Qualitätsjournalismus kennen, noch nicht finanzieren. Daran arbeiten wir aber. Wobei das, was wir als Internet kennen, ist ja noch wahnsinnig jung. Die Tageszeitung als Businessmodell, wie wir es kennen, ist rund 150 Jahre alt. Wie das Internet funktioniert, entwickelt sich gerade.”

6. “So wird fast jeder Ort auf der Welt zum virtuellen Büro”
(netzwertig.com, Martin Weigert)
10 Tipps für ein erfolgreiches digitales Nomadenleben.

Bild  

Die anGEZettelte Wut

“Bild”-Redakteure haben es auch nicht leicht. Da wird morgens auf der Konferenz beschlossen, dass es am nächsten Tag eine große Geschichte über ein “Riesen-Chaos bei der GEZ-Abbuchung” im Blatt geben soll, und dann müssen sie dafür auch noch Beispiele finden!

Am vergangenen Mittwochmittag schickte eine “Bild”-Redakteurin deshalb folgende Mail an die “Bild”-Mitarbeiter im ganzen Land:

Fälle gesucht – Chaos bei der GEZ-Abbuchung

Liebe Kollegen,

für die Geschichte “Riesen-Chaos bei der GEZ-Abbuchung” suchen wir Fälle aus den Außenredaktionen.

Das Thema soll morgen groß im Bund erscheinen, daher freue ich mich über zahlreiche, zeitnahe Chaos-Fälle.

Chaos ist z.B.:

  1. Bislang wurde GEZ immer zur Mitte des Quartals, also letztmalig am 15.11.2012 (für die Monate Oktober bis Dezember) abgebucht. Jetzt aber wurde bereits am 2.1.2013 für die Monate Januar bis März 2013 abgebucht. FAKT: Die GEZ darf nicht einfach die Termine umstellen.
  2. Bislang hat jemand nur für ein Radio gezahlt, jetzt wurde automatisch der neue Beitrag von 17,98 Euro abgebucht. FAKT: Richtig wäre gewesen, vorher per Schreiben darüber zu informieren bzw. zur Zahlung des neuen Beitrags aufzufordern.
  3. Jemand wohnt in einer WG. Beiden Bewohnern wurde der Beitrag abgebucht. FAKT: Richtig wäre nur einer zahlt je Wohnung.

Rückmeldung bitte direkt an mich.

Tausend Dank & viele Grüße

Christin Martens
BILD-Hauptstadtbüro
Politik und Wirtschaft

Die Resonanz war wohl eher überschaubar. Am Ende musste die große Skandalgeschichte mit vier eher zweifelhaften Fällen auskommen, von denen zwei “Bild”-Mitarbeiter beisteuerten (BILDblog berichtete).

(Fürs Protokoll: “FAKT” 2 aus der Mail stimmt nicht. Verbraucherschützer wiesen gestern darauf hin, dass eine Einzugsermächtigung für die GEZ auch für den neuen Beitragsservice gilt, und der gegebenenfalls auch höhere Beiträge vom Konto abbuchen darf.)

Heute scheint die “Bild”-Zeitung auf der Titelseite zu ernten, was sie gesät hatte:

Wutwelle gegen die GEZ

Die Berichterstattung schließt mit einem “letzten Vergleich”:

14,66 Euro Gebühren zahlen die Briten monatlich.

10,41 Euro die Franzosen.

9,08 Euro die Italiener.

Mit 17,98 Euro Rundfunkbeitrag sind die Deutschen Weltmeister.

Ähnliches hatte “Bild” schon im September 2011 geschrieben (BILDblog berichtete). Damals wie heute unterschlägt “Bild”, dass die Österreicher mit durchschnittlich 23,20 Euro, die Dänen mit 26,96 Euro (201,17 Dänische Kronen) und die Schweizer mit 31,69 Euro (38,53 Schweizer Franken) vor den Deutschen liegen. Die Norweger zahlen 30,39 Euro (223,38 Norwegische Kronen) und die Schweden 20,06 Euro (173 Schwedische Kronen).

Deutschland käme also selbst bei einer Europameisterschaft der Gebührenzahler nicht aufs Treppchen.

Mit Dank auch an die vielen Hinweisgeber.

Blogger, Paywalls und Liveticker

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Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

Heute endet ein ungewöhnliches Experiment: BILDblog und die Deutsche Journalistenschule organisierten in den vergangenen Wochen die Urlaubsvertretung von Ronnie Grob – Schüler der 50sten und 51sten Lehrredaktion der DJS wählten täglich sechs besondere Links aus und stellten sie im BILDblog und auf djs-online.de vor. Heute ausgewählt von Eva Thöne und Angela Gruber.

1. “Ist Bloggen ein Auslaufmodell?”
(Der Freitag, Wolfgang Michal)
Bequemer, effizienter und nicht so viele gemeine Kommentare: Weniger Internetnutzer schreiben auf Blogs offen ihre Meinung: “Ein Blog gleicht eher einer zugigen Haltestelle als einer Wohlfühlnische”, sagt Wolfgang Michal. Und beschwert sich über den “Neobiedermeier” einer Netzgemeinde, die es sich in ihrer Facebook Filterblase gemütlich gemacht hat.

2. Vertauschte Rollen
(Nieman Journalism Lab, Ken Doctor)
Die New York Times hat sie schon. Andere Zeitungen werden ihrem Beispiel wohl bald folgen und um ihre Internetauftritte eine Paywall ziehen, sagt Ken Doctor. Er analysiert, warum der rein netzbasierte Journalismus bei digitalen Erlös-Strategien den großen Verlagshäusern hinterherhinkt – und bald nachziehen muss.

3. “Wenn es Liveticker nicht gäbe, irgendjemand müsste sie erfinden”
(JakBlog, Christian Jakubetz)
Beim Krisentreffen zur Zukunft des TSV 1860 München war die Münchner “tz” ganz nah dabei – was so beim Livetickern passieren kann, wenn eigentlich gar nichts passiert, kommentiert Christian Jakubetz.

4. “Mal schnell rüberwhatsen”
(Handelsblatt, Nils Rüdel)
Die WhatsApp Inc. ist derzeit eines der erfolgreichsten Startups im Silicon Valley: Mehr als 18 Milliarden Nachrichten weltweit seien an Silvester über die Smartphone-Anwendung verschickt worden, meldete das Unternehmen. Experten aber warnen vor Sicherheitslücken.

5. Die Macht der Gefühlssymbole
(W&V, Linda Ross)
Werden in einem Facebook-Post Emoticons verwendet, steigt die Interaktionsrate beträchtlich, behauptet eine neue Studie. Die Nutzer sind demnach auch eher gewillt, solche Posts zu liken. Doch Vorsicht: Emoticon ist nicht gleich Emoticon.

6. “We own the weekend”
(Guardian, Observer, Video)
Guardian und Observer übernehmen die Herrschaft über Samstag und Sonntag – zumindest im neuen Werbespot für die Wochenendausgaben der beiden Zeitungen. Und ein gealterter Hugh Grant darf dazu auch drei Sätze sagen.

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