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Der mächtigste Mann des deutschen Sports

Die Titelgeschichte des aktuellen “Spiegel” beschäftigt sich mit Bundestrainer Jürgen Klinsmann. In dem langen Stück geht es unter anderem auch um die “Bild”-Zeitung und ihren stellvertretenden Chefredakteur und Sportchef Alfred Draxler:

Zwei Tage nach dem Spiel [gegen Italien] schrieb er in “Bild”: “Wenn Klinsmann jetzt wirklich in dieses Flugzeug steigt, dann sollte er am besten gleich ganz in Amerika bleiben.” (…)

Draxlers Büro liegt im zehnten Stock des Axel-Springer-Hauses in Hamburg. Er hat einen wunderbaren Blick über die Stadt, in seinem Regal stehen ein kleiner Humidor und ein Großer Brockhaus, von dem die Bände 13 bis 22 fehlen. Er trägt ein weißes Hemd, eine schwarze Hose und hellbraune Schuhe. Sein Haar ist nach hinten gekämmt. Er ist der mächtigste Mann des deutschen Sports.

Gleichzeitig ist er die ganz große Unschuld des deutschen Sports. Seine beiden zentralen Sätze lauten: “Der Vorwurf einer Kampagne gegen Klinsmann ist völlig absurd.” Und: “Wir berichten sachlich.”

Ist “Grinsi-Klinsi” sachlich?

“Grinsi-Klinsi ist eine Boulevard-Zeile.”

Da ist er natürlich fein raus, wenn alles, was eine Boulevard-Zeile ist, nicht im Widerspruch zur Sachlichkeit steht. Da kann er fleißig holzen, und das macht er auch. (…)

Es gibt verschiedene Gerüchte. “Bild” führe eine Kampagne gegen Klinsmann, weil man für dessen alten Widerpart Matthäus ist, weil es vor zehn Jahren mal einen Rechtsstreit wegen eines Fotos gab. In Wahrheit geht es wohl wieder um Unabhängigkeit. Draxler ist es gewöhnt, dass die Größen des Fußballs eng mit “Bild” zusammenarbeiten, Kolumnen schreiben oder jederzeit Informationen ausplaudern.

“Bild” ist Teil des Fußballbetriebs, Klinsmann nicht. Wenn etwas ausgeplaudert wird, nennt er das “Informationskorruption”. Er steht “Bild” nicht jederzeit zur Verfügung, schon gar nicht mit privaten Geschichten. Er will in seinem Umfeld keine Leute, die mit “Bild” eng verbunden sind. Er will die traditionelle Macht von “Bild” über die Nationalmannschaft brechen.

Draxler bleibt auch in diesem Punkt geschmeidig: “Wir arbeiten sehr gut zusammen, sehr professionell, wir haben jederzeit Zugang.”

Heute, nach vielen, vielen, vielen, vielen, vielen, vielen, vielen bissigen Bemerkungen über den Sonnenschein und die Temperaturen in Kalifornien, räumt “Bild” übrigens ein, dass Klinsmann einen auch für “Bild” akzeptablen Grund dafür hatte, nach dem Italien-Spiel nicht in Deutschland zu bleiben. Einen privaten Grund, den er gestern gegenüber dem ZDF und auf der DFB-Homepage nannte und den “Bild” zitiert:

“In dieser Woche (am 8. März – die Red.) war der erste Jahrestag des Todes meines Vaters. Und ich hatte meiner Mutter schon lange versprochen, daß wir diese für sie schweren Tage gemeinsam in Kalifornien verbringen.”

“Bild” kommentiert das mit den Worten:

Klinsi hätte sich viel Ärger ersparen können, wenn er früher seinen Grund für das Schwänzen des FIFA-Workshops verraten hätte.

Klar: Wenn er sowas nicht mit “Bild” abspricht, muss er halt die Konsequenzen tragen und wilde Unterstellungen von “Bild” über seinen Sonnenhunger in Kauf nehmen.

Ach, und leider hat gestern niemand rechtzeitig Franz Josef Wagner Bescheid gesagt.

“Bild” macht stutzig

Enthüllen ist ein schönes Wort und bedeutet laut Duden so viel wie “offenkundig machen”, “entlarven” oder “aufdecken”. Deshalb versteht sich auch von selbst, was damit gemeint ist, wenn beispielsweise bild.de den schönen Satz “US-Pornostar Jenna Jameson enthüllt” ganz oben über eine Meldung schreibt. (Was genau Jameson enthüllt, kann übrigens hier nachgelesen werden. Oder hier. Muss aber nicht, weil bild.de die ganze Sache sowieso bloß anderweitig – O-Ton: “Das berichtet der Online-Dienst ‘freenet’.” – aufgeschnappt hat…)

So richtig überzeugt von dem, “was sexy Jenna da verrät”, scheint allerdings nicht einmal bild.de zu sein: “Jenna hat eine Autobiografie geschrieben, braucht also PR“, heißt es in der dazugehörigen Berichterstattung, was offenbar sogar die bild.de-Berichterstatter stutzig macht:

“Ist es nur ihre blühende Porno-Fantasie, die da mit Jenna durchgeht? Oder ist an den Enthüllungen tatsächlich etwas dran?”

Und dass bild.de die Leser derart an der eigenen Skepsis teilhaben lässt, ist zweifelsohne löblich, zumal wir jetzt auch endlich wissen, was außerdem damit gemeint sein kann, wenn irgendwer irgendwo irgendwas zu enthüllen weiß.

Blind abgeschrieben

Außer auf seine Auflage ist “Bild” ganz besonders stolz darauf, die meistzitierte deutsche Zeitung zu sein. Und warum ist “Bild” die meistzitierte deutsche Zeitung? Weil sie so viele Exklusivmeldungen hat? Vielleicht. Vielleicht aber auch nur, weil alle anderen so blöd sind, bei ihr abzuschreiben. “Spiegel Online” zum Beispiel:

“Das Mittelfeld ist nicht kreativ genug. Wir haben keinen Häßler und Littbarski mehr. Und wir sind nicht mehr schnell genug”, sagte [Klinsmann] der “Bild”-Zeitung, “da kann nur Lahm mithalten. Das ist zu wenig. Da ist einiges versäumt worden, das korrigiert werden muss.”

Ja, all das stand in “Bild”. Aber erzählt hat es “Klinsi”, wie gesagt, vor knapp drei Wochen dem Sport-Informations-Dienst (sid). Bei dem ist auch der “Spiegel” Kunde. Obwohl er sich das Geld sparen könnte — er hat ja “Bild” abonniert.

Geheimplan enthüllt

Jürgen “Klinsi” Klinsmann wird neuer Bundestrainer. Und wer “enthüllt seinen Geheimplan für den DFB”? “Bild” natürlich. Woher wissen die immer diese Geheimgeschichten?

Oliver Bierhoff (36) wird den neuen [Manager-]Job übernehmen. Bierhoff: „Jeder weiß, dass ich mit Jürgen gut kann und eine Nähe zum DFB und zur Nationalmannschaft habe.“

Ah, okay, das steht in der “Süddeutschen Zeitung”.

Klinsi: „Man braucht ein Team mit Fachleuten für jeden Bereich.“

Ja, das stand schon letzte Woche Freitag in der “SZ”.

„Man muss fragen, wer arbeitet mit den Jüngsten, wer mit den Mittleren, das muss man rauf bis zur U23 ansehen.“

Das stand auch letzte Woche Freitag schon in der “SZ” (hier gibt “Bild” sogar die Quelle knapp an, aber nicht das Datum).

„Das Mittelfeld ist nicht kreativ genug. Wir haben keinen Häßler und Littbarski mehr. Und wir sind nicht mehr schnell genug. Da kann nur Lahm mithalten. Das ist zu wenig. Da ist einiges versäumt worden, das korrigiert werden muss.“

Das ist nicht aus der “SZ”. Das ist aus einem über zwei Wochen alten Interview der Nachrichtenagentur sid.

Kahn wird sein starker Mann. … Kahn lobt: „Mit Jürgen habe ich noch selber zusammengespielt. Er ist ein intelligenter, sehr erfahrener Mann.“

Sagte Kahn. Ganz aktuell. Aber natürlich nicht der “Bild”-Zeitung, sondern Sat.1.

Ja, hallo? Sind denn die Toten die einzigen, die noch mit “Bild” sprechen?

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