1. Amt und Fernseher (sueddeutsche.de, Hubert Wetzel)
Die “New York Times” mutmaßte, dass Donald Trump beim Regieren schnell langweilig werde und er dann oft den Fernsehapparat einschalte. Was zu diplomatischen Verwirrungen führen kann, wie im “Last-Night-in-Sweden”-Fall. Trump hatte wohl schlicht einen Beitrag auf “Fox News” falsch verstanden und bei einer Rede munter drauflosfabuliert. “SZ”-Autor Hubert Wetzel hat sich angeschaut, bei welchen Sendungen der amerikanische Präsident noch gerne einschaltet.
2. Warum die türkische Regierung solche Angst vor Deniz Yücel hat (vice.com, Matern Boeselager)
Auf “Vice” fragt sich Matern Boeselager, warum die türkische Regierung solche Angst vor Deniz Yücel habe. Yücels unangepasste und unbequeme Art und natürlich seine Texte seien es, die ihm schon in der Vergangenheit Ärger beschert hätten: “Deniz Yücel wusste also, dass er ein hohes Risiko einging, indem er weiter aus der Türkei über die Türkei berichtete, was er für die Wahrheit hielt. Dass er trotzdem immer weiter macht, ist genau der Grund, warum die türkische Regierung solche Angst vor ihm hat.”
PS: “taz.de” hat sechs Briefe von Kollegen und Freunden an Deniz Yücel veröffentlicht.
3. Ein Blick aus der Leere (zu-daily.de, Hans Ulrich Gumbrecht)
Einen Monat nach Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump ist das weltweite Entsetzen immer noch groß. Auch befeuert durch die nahezu täglichen und gelegentlich verstörenden Trump-Tweets. Hans Ulrich Gumbrecht schreibt über das Phänomen aus der Sicht eines in Stanford arbeitenden Professors. Die Gesellschaft sei tief gespalten und Trump vor allem von der Sucht nach Resonanz getrieben: “Manchmal ergibt sich der Eindruck, er stehe unter einem Zwang, sich durch Resonanz die Wirklichkeit seiner eigenen Existenz beweisen. So erzeugt auch jede der längst niemanden mehr überraschenden Salven gegen „political correctness“ durchaus Amplituden der Resonanz auf beiden Seiten einer gespaltenen Gesellschaft. Diese Tendenz zeigt sich bisher vor allem auf der Ebene der Außenpolitik, wo Momente des Tabu- und Traditionsbruchs deutlich über strategische Revisionen dominieren. Und hier liegt wohl der Ursprung jener „alternativen Wahrheiten“, Halbwahrheiten oder nicht durch Realität gedeckten Behauptungen, die längst zu einem Markenzeichen von Donald Trumps rhetorischem Stil geworden sind. Solange sie Resonanz produzieren, hält er sie nicht für korrekturbedürftig.”
4. Wie Merkel, Schulz und Co. in den sozialen Medien performen (horizont.net, Giuseppe Rondinella)
Bald beginnt bei uns der Bundestagswahlkampf. Da stellt sich die Frage: Wer dominiert Social Media eigentlich hierzulande? “Horizont” hat sich die Performance der Parteien und Spitzenkandidaten auf Facebook, Twitter und Instagram näher angeschaut.
5. Populäres Filmportal schliesst Diskussionsforen (nzz.ch, Jochen Siegle)
Die “Internet Movie Database” (IMDb) ist die populärste Datenbank zu Filmen, Fernsehserien, Videoproduktionen und Computerspielen. Über 4 Millionen Filmproduktionen sind gelistet, zu mehr als 7 Millionen Filmschaffenden gibt es Einträge. Nun hat das Filmportal seine beliebten Diskussionsforen abgeschaltet. Eine Entscheidung, die mehr als 250 Millionen User betrifft.
6. “Halten Sie Papier und Bleistift bereit” (spiegel.de, Peter Ahrens)
Über Jahrzehnte war Ernst Huberty das prominente Gesicht der Fußballberichterstattung. Manche behaupten, dass er als “Mister Sportschau” zu einem Teil Fernsehgeschichte geworden sei. Nun wird der stets akkurat gekleidete und unaufgeregte Huberty 90 Jahre alt. Ein Anlass für “Spiegel”-Autor Peter Ahrens, sich wehmütig an die Ära der Cordsakkos, Postkarten und den “Galopper des Jahres” zu erinnern.
Als am vergangenen Samstag der türkische Ministerpräsident Binali Yildirim in Oberhausen auftrat, und viele Türken in die dortige Arena zum Zujubeln kamen, boten sich für Bild.de ein paar tolle Motive, die man bestens für einen Artikel verwenden konnte. Dieses hier zum Beispiel:
Das Foto vom Fähnchen fanden sie bei Bild.de wohl so gut, dass sie es gleich noch mal verwendet haben, für einen Zusammenschnitt des Talkformats “Die richtigen Fragen” zum Yildirim-Auftritt. Im Vorschaubild des Videos ist wieder der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan zu sehen und dazu die “klare Botschaft” “Von Erdogan lernen heißt siegen lernen.”:
Da wird es zum Beispiel das Thema “Von Erdogan lernen, heißt siegen lernen” geben, präsentiert von Tobi Schlegl, der am vergangenen Samstag offenbar in Oberhausen war:
Seht Ihr, liebe Bild.de-Bildexperten, auf dem getwitterten Foto auch die kleine Fahne, die da noch halb zu erkennen ist? Kommt uns irgendwie bekannt vor.
Ralf Heimann hat vor ein paar Jahren aus Versehen einen Zeitungsbericht über einen umgefallenen Blumenkübel berühmt gemacht. Seitdem lassen ihn abseitige Meldungen nicht mehr los. Er hat mehrere Bücher veröffentlicht, zuletzt zusammen mit Jörg Homering-Elsner “Bauchchirurg schneidet hervorragend ab — Perlen des Lokaljournalismus”. Fürs BILDblog kümmert er sich um all die unwichtigen Dinge, die in Deutschland und auf der Welt so passieren.
(Foto: Jean-Marie Tronquet)
Michael Martens hatte am Wochenende eine schlaflose Nacht. Der “FAZ”-Südosteuropa-Korrespondent hatte gehört, dass sich sein Kollege Deniz Yücel in Istanbul in Polizei-Gewahrsam befindet. Yücel hat zwei Pässe. Er ist nicht der erste Journalist mit einem türkischen Ausweis, dem so etwas passiert, aber der erste mit einem deutschen. Martens fragte sich: Hätte man das irgendwie verhindern können?
Zwei Stunden lag er schon da und grübelte. Aber noch war ihm das alles nicht so klar. Er wälzte sich von der einen Matratzenseite zur anderen, zum hundertsten Mal schon, doch es wollte weder Schlaf kommen noch eine Antwort. Und dann wälzte er sich wieder, nur dieses Mal ein kleines Stückchen zu weit.
Rumms!
Martens rutschte ab, versuchte noch, sich im Fallen am Bettlaken festzuhalten, aber das Laken glitt ihm aus der Hand. Er knallte mit dem Hinterkopf gegen den Nachttisch und war kurz bewusstlos. Als er wieder zu sich kam, hatte er eine Idee.
Ja. Eigentlich war doch alles ganz klar, dachte sich Martens: Vor einem halben Jahrhundert hatten die Deutschen sich die Türken ins Land geholt. Als die dann endlich ein paar Sätze verstanden, sagte man ihnen, was zu tun ist. Das erledigten sie. Und das wurde über die Jahre so beibehalten.
Nun sind wir allerdings inzwischen sehr gut mit Gemüseläden versorgt und müssen den Kindern und Enkeln der Türken daher in anderen Branchen Beschäftigungen zuweisen. Und da lässt man sie doch am besten das machen, wovon sie ihrem Namen nach wohl am meisten verstehen dürften. Irgendwas mit Türkei eben.
So war es wohl zu erklären, dass dieser Yücel jetzt in Istanbul einsaß.
All jene, die gegen jeden guten Rat Journalisten werden müssen, bekommen einen Korrespondenten-Job am Bosporus, denn was soll man sonst mit ihnen machen? Sie über Innenpolitik schreiben lassen? Das wäre ja wohl absurd — bei dem Nachnamen.
Aber sie in die Türkei zu schicken, ist natürlich auch nicht viel besser, denn da liefert man sie dem Despoten ans Messer, der sie dann umgehend einbuchtet, wie man nun wieder einmal gesehen hat.
Und das ist doch die Erklärung, wurde es Martens auf einmal ganz klar: Wer trägt also die Schuld? Natürlich. Die Verlage.
Wenn die sich bei der Zuordnung ihrer Korrespondenten zu den frei werdenden Stellen auch nur ein Minimum an Gedanken machen würden, säße dieser Yücel jetzt nicht im Gefängnis — und er selbst nicht hier in Griechenland.
Immer noch leicht benommen, setzte er sich an seinen Schreibtisch. Der verdammte Nachtschrank, fluchte er, aber immerhin hatte es aufgehört zu bluten, und der Schmerz ließ langsam nach.
Martens prüfte noch einmal, ob seine These so auch stimmte: Haben denn wirklich so viele Türkei-Korrespondenten deutscher Medien türkische Wurzeln?
Na egal. Es war jedenfalls schon öfter vorgekommen, dass Deutsch-Türken auf Deutsch über die Türkei geschrieben hatten. Und bei Deniz Yücel war es offenbar noch schlimmer. Das sei “einer, der die Türkei liebt”, hatte er gelesen.
Als Journalist. Das muss man sich mal vorstellen.
Dass er selbst das liebte, worüber er schrieb, war bei ihm in all den Jahren nur ein einziges Mal vorgekommen. Aber welche Hollywood-Schauspielerin würde sich schon mit einem Journalisten abgeben? So war das nun mal. Und jetzt saß er auch noch in Griechenland fest.
Der Text floss ihm nur so aus den Fingern.
Natürlich darf man die Türkei, Deutschland, Nordkorea oder Hintertupfingen “lieben” — aber ist es gut, ein Land zu lieben, über das man berichtet?
… formulierte er und las den Satz laut. Er gefiel ihm — besonders die Passage mit “Nordkorea oder Hintertupfingen”.
Als er den letzten Satz geschrieben hatte, ging Martens den Text noch einmal durch und war im Großen und Ganzen zufrieden. Er fand noch kleine Fehler, aber nichts, was den Eindruck getrübt hätte. Der Kopf tat schon gar nicht mehr weh. Aber an dieser einen Stelle blieb er doch immer wieder hängen. Und plötzlich war ihm etwas unwohl. Irgendwas stimmte da nicht.
Klang ja schon ein bisschen so, als wären türkischstämmige Journalisten hierzulande so etwas wie willenloses Verfügungsvieh. Dabei war es, wenn auch unwahrscheinlich, doch immerhin theoretisch möglich, dass es bei anderen Verlagen nicht ganz so war wie bei dem, der ihn nach Griechenland geschickt hatte. Wäre ja möglich, dass Yücel freiwillig in die Türkei gegangen war, dachte er, konnte es sich dann aber doch nicht vorstellen und verwarf den Gedanken wieder.
Er überlegte hin und her, und letztlich überwogen die Zweifel. Er hatte die E-Mail an die Redaktion zwar schon geschrieben, aber beschloss, den Text doch nicht abzusenden. Es war ein gutes Gefühl. Es war die richtige Entscheidung.
Als Martens von seinem Schreibtischstuhl aufstand, um sich ein Bier aus dem Kühlschrank zu holen, blieb er mit dem linken Fuß am Ladekabel seines Laptops hängen. Das Kabel zog den Computer in Zeitlupe vom Tisch. Martens schlug mit der flachen Hand zu, um das sich der Tischkante nähernde Gerät zu stoppen.
Es gelang ihm so gerade. In dieser Pose, das Ladekabel am ausgestreckten Bein und die Tastatur unter dem ausgestreckten Arm, sah er seine E-Mail im Ordner Postausgang verschwinden.
In Panik schlug er ein weiteres Mal zu, um die Verbindung vielleicht doch noch zu kappen. Doch der Postausgang war schon leer, die E-Mail in Frankfurt angekommen. Der Bildschirm wurde schwarz. Der Computer ließ sich nicht mehr einschalten. Er versuchte es noch drei- oder viermal. Dann gab er auf.
Was für ein Ärger. Ein Telefon existierte nicht in diesem malerischen Drecksnest, wo er seine Wochenenden verbrachte. Zurück in Athen würde er erst am Sonntag sein. Dann könnte er die Redaktion anrufen. Aber dann war der Text längst erschienen. Statt des Biers aus dem Kühlschrank holte Martens die Flasche Metaxa aus dem Regal. Er setzte sich ans Fenster, schaute aufs Meer und schlief eine Stunde später ein.
Zurück in Athen, fand Martens in seinem Postfach eine E-Mail. Ein Kollege aus Frankfurt hatte geschrieben. Interessanter Text. Sei unter den Kollegen kontrovers diskutiert worden. Die Herausgeber seien allerdings durchweg sehr angetan. Besonders von diesem einen Satz:
Natürlich darf man die Türkei, Deutschland, Nordkorea oder Hintertupfingen “lieben” — aber ist es gut, ein Land zu lieben, über das man berichtet?
“Nordkorea oder Hintertupfingen” — tolle Formulierung, schrieb der Kollege. Die Herausgeber würden sich auch noch bei ihm melden.
Moment. Bei ihm melden?, dachte Martens. Warum das? In all den Jahren war das nicht ein einziges Mal vorgekommen. Wobei. Doch. Ein einziges Mal schon. Als er in der Konferenz ein bisschen die Fassung verloren und über die Kollegen aus dem Sport hergezogen hatte — denn wenn er eins wirklich hasst, dann ist es ja Sport. Das hatte er so auch gesagt. Und jetzt klingelte tatsächlich das Telefon. Waren das die Herausgeber?
Das waren sie. Guten Tag. Was wollten sie ihm sagen? Nein, umstrukturiert hatten sie. Wie schön. Aber warum erzählten sie das ihm? Roman aus dem Sport ins Literatur-Ressort? Wegen des Vornamens? Wer kommt denn auf so was? Ach so. Anregung aus dem Kommentar. Na dann. Und die freie Stelle im Sport? Was wird aus der? Ach, da suchen Sie wen? Jemanden, der garantiert nicht im Verdacht steht, den Sport zu lieben? Haha. Ja, das ist gut. Da werde er sich mal umhören, sagte Martens.
Aber dann hörte er: Sie dachten an ihn. Das Gespräch damals in der Konferenz. Da hätten sie sich erinnert. Und jetzt brauchten sie eben jemanden, der diese Aufgabe übernimmt. Vor allem eben Spielberichte über den Hamburger Sportverein schreiben. Darum ging es. Das hatte Roman ja bislang gemacht.
“Hamburg?”, fragte Martens.
“Genau, Hamburg”, hörte er am Telefon.
Martens war erleichtert. Hamburg kannte er gut. Da war er ja geboren. Das erwähnte er nebenbei. Die Herausgeber verstanden gleich: Damit kam er für die Stelle wohl nicht in Frage. Da hatte er also wirklich noch einmal Glück gehabt.
(Nur zur Sicherheit: Abgesehen von den Tatsachen, dass sich Deniz Yücel in Istanbul in Polizeigewahrsam befindet, Michael Martens den Kommentar geschrieben, und die “FAS” ihn gedruckt hat, ist all das hier erfunden.)
1. Intellektueller und moralischer Auffahrunfall (welt.de, Sascha Lehnartz)
Der Kommentar des “FAZ”-Korrespondenten Michael Martens zum Fall des festgenommenen Türkei-Korrespondenten der “Welt” Deniz Yücel hat viele Leser vor den Kopf gestoßen und für Entsetzen und Unverständnis gesorgt. Sascha Lehnartz hat nun in der “Welt” geantwortet und bezeichnet die Ausführungen des Kollegen, den er ansonsten schätze, als “intellektuellen und moralischen Auffahrunfall”. Und erklärt, warum genau sich der Kollege seinen Kommentar besser hätte sparen sollen.
PS: Knut Kuckel hat auf dem Nachrichtenportal “Journalistblog” Reaktionen von Behörden und Medien zusammengefasst und erklärt die Zusammenhänge.
2. Journalisten lassen Kachelmann sprengen (uebermedien.de, Stefan Niggemeier)
Haben Sie neulich auch die Nachricht gelesen, dass Jörg Kachelmann eine Veranstaltung mit Alice Schwarzer “gesprengt” hat, indem er sich mitten während des Vortrags zu Wort gemeldet hat? Falls ja, dann sind Sie einer veritablen Falschmeldung aufgesessen. Stefan Niggemeier hat den Vorgang für “Übermedien” aufbereitet.
3. Fake News: Worum es geht und was wir tun können (boell.de, Karolin Schwarz)
Wenn sich jemand mit Fake News auskennen muss, dann ist es Karolin Schwarz, die Mitinitiatorin von “hoaxmap.org”. Auf der Seite der Heinrich-Böll-Stiftung schreibt sie über die Entwicklung von Gerüchten im Internet und die aktuellen Initiativen zu deren Eindämmung. “Nachdem Generationen von Schülern gelernt haben, Wikipedia zu misstrauen, nicht aber den bisweilen höchst unseriösen Links, die auf der ersten Seite der Google-Suchergebnisse auftauchen, müssen wir uns mit Informationen im Netz, ihren Verbreitungswegen und ihrer Überprüfung auseinandersetzen. Alle.”
4. Warum wir zwei Jahre lang zu Versicherungen recherchiert haben (correctiv.org, Daniel Drepper)
Eine Quelle wendet sich an einen Journalisten des Recherchebüros “Correctiv”: „Es geht um die Verbindung zwischen der Versicherungswirtschaft – insbesondere den Personenversicherern (BU, Unfall, Kranken) – und einigen Richtern der oberen Instanzen an den Versicherungssenaten der Zivilgerichte.“ Der Journalist Daniel Drepper beschreibt wie die zweijährige Recherche bis zur fertigen Reportage verlief. Die Geschichte liest sich manchmal ähnlich spannend wie ein Wirtschaftskrimi.
5. Die neue Hartnäckigkeit (taz.de, Dorothea Hahn)
Nicht alles ist schlecht unter Trump, findet US-Korrespondentin Dorothea Hahn auf “taz.de”. Nach jahrelangem kontinuierlichem Auflagenrückgang würden die politischen Medien wieder Zulauf erleben: Die “New York Times” hätte allein im letzten Quartal 2016 mehr als eine Viertelmillion neue digitale AbonnentInnen gewonnen. Die großen Tageszeitungen hätten seit Trumps Wahl ihre Teams im Weißen Haus vergrößert. Ein Medienexperte hätte gar einen „neuen journalistischen Frühling“ prognostiziert.
6. Every NYT front page since 1852 (vimeo.com, Josh Begley, Video, 0:55 Minuten)
Alle Titelseiten der New York Times seit 1852 in einem einminütigen Zeitraffervideo. Faszinierend das erste Auftauchen von Schwarz-Weiß-Fotos und der spätere Übergang zur bunten Titelseite.
Der ganze Beitrag besteht aus einem Ein-Satz-Teaser und zwei Absätzen:
Die bekannte Heilpraktikerin will noch weitere Nebenwirkungen erkannt haben.
Es ist ein schon länger schwelender Streit: Impf-Befürworter und Impf-Gegner liegen sich schon seit Jahren in den Haaren. Jetzt hat sich eine bekannte Schweizer Heilpraktikerin auf die Seite der Impf-Gegner geschlagen. Zita Schwyter will erkannt haben, dass Kinder nach Impfungen anfangen zu masturbieren
Aber Schwyter will auch andere Nebenwirkungen entdeckt haben: Schlafstörung, Legasthenie, Stottern, Autismus oder ein Hirntumor seien die Folge, wen (sic) man sein Kinde impfe. Deswegen rät sie dazu, “Kinder vor Impfungen zu verschonen”.
Das war’s. Keine Distanzierung. Keine Einordnung. Als wäre das, was Zita Schwyter sagt, eine ganz normale Position in einem “schwelenden Streit”, als hätte sie tatsächlich etwas “erkannt”, als wäre ihr Rat für die oe24.at-Leserinnen und -Leser eine relevante Information, die diese bei der Entscheidung, ob sie ihr Kind nun impfen lassen oder nicht, einbeziehen sollten. Kommt ja schließlich alles von einer “bekannten Schweizer Heilpraktikerin”.
Im Gegensatz zu oe24.at gibt es bei der “Toggenburger Zeitung” aber Gegenpositionen, Widersprüche, eben eine journalistische Aufbereitung. 20min.ch übernahm die Geschichte von dort, später auch derwesten.de und die “Huffington Post”. Überall findet man Warnungen (“Horrorgeschichten”, “absurde Gerüchte über ‘Impfkrankheit'”, “Lügen der Impfgegner”). Nur beim Online-Ableger von “Österreich” nicht.
Inzwischen hat die oe24.at-Redaktion ihren Artikel übrigens korrigiert. Statt “Masturbieren” steht nun “masturbieren” in der Überschrift:
1. Ein Drama, zu dem wir nicht schweigen dürfen (spiegel.de, Hasnain Kazim)
In der Türkei werden seit Jahren Journalisten eingeschüchtert, verfolgt und eingesperrt. Nun hat es den Journalisten Deniz Yücel erwischt, der lange Jahre für die “taz” tätig war und seit einiger Zeit für die “Welt” berichtet. Offensichtlich hat der Türkei seine kritische Berichterstattung über den Umgang der türkischen Regierung mit den Medien nicht gefallen. Hasnain Kazim plädiert im “Spiegel” für Klartext: “Es ist an der Zeit, deutliche Worte zu finden und politische und wirtschaftliche Konsequenzen folgen zu lassen auf das, was in der Türkei geschieht: die Abschaffung von Demokratie und Freiheitsrechten.”
(Nur lesen, wenn genügend Beruhigungstee in der Nähe: Michael Martens empfiehlt in der “FAZ” deutschen Verlagen ihre Entsendungspolitik zu überdenken und fragt, ob es gut sei, ein Land zu lieben, über das man berichtet. Außerdem fallen noch weitere verstörende Äußerungen wie “Die Verlage schulden den Lesern Journalisten, nicht Türken vom Dienst.”)
2. “Unter drei” – die Sache mit den Hintergrundgesprächen (tagesspiegel.de)
Das Verwaltungsgericht Berlin hat das Bundeskanzleramt zur teilweisen Offenlegung von geheimen Gesprächen mit Journalisten verpflichtet. Geklagt hatte der “Tagesspiegel”-Redakteur Jost Müller-Neuhof, der die Abläufe derartiger Geheimgespräche und seine Beweggründe für die Klage schildert. Endgültig entschieden sei die Sache noch nicht: Demnächst wird das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg über den Fall beraten und auch danach gibt es weitere juristische Optionen.
3. Von Füchsen und Gänsen: Spinnen wir alle? (dwdl.de)
Hans Hoff ist in seiner Sonntagskolumne befremdet, wie auf “Stern TV” mit dem hochgradig aufgebauschten Fall der Veganerin und dem Glockenspiel von Limburg umgegangen wurde. “Jeder ist verantwortlich für das, was er weitergibt, und wenn man nicht sicher ist, ob das, was man weiterverbreitet komplett richtig ist, dann sollte man es vielleicht besser nicht weiterverbreiten oder wenigstens mit einem Bedenkensternchen als Verweis auf eine warnende Fußnote kenntlich machen. Schöne Geschichten sind eben nicht unbedingt jene, die schön klingen. Schöne Geschichten sind vor allem jene, die auch wahr sind.”
4. Prekäre Beschäftigungssituation in der Filmbranche (mediathek.rbb-online.de, Video, 3:29 Minuten, noch verfügbar bis 23.02.17)
Amerikanische Filmproduzenten sprechen abfällig von “weißen Mexikanern” und meinen damit die Deutschen, die in der Filmwirtschaft arbeiten. Und in der Tat: Im deutschen Filmbusiness regieren Knebelverträge und Lohndumping. Der “rbb” lässt eine Regieassistentin zu Wort kommen, die 200 Euro Wochenlohn bekam, für Wochen von mehr als 50 Arbeitsstunden. Auch ein Filmproduzent und eine Vertreterin der Filmförderanstalt ffa wurden befragt: Man gibt sich als Gefangene des Systems.
5. Fake News: Grenzen sich seriöse Journalisten aktiv (genug) von unseriösen ab? (scilogs.spektrum.de, Markus Pössel)
Markus Pössel wünscht sich mehr Medienkritik und mehr Abgrenzung der seriösen gegenüber den unseriösen Medien: “Warum muss ich für Analysen der neuesten Beispiele für unseriöse Praktiken bei Bild, Bunte & Co. auf uebermedien.de oder BILDblog.de gehen? Warum finde ich nicht in der FAZ, in der Sueddeutschen, in der ZEIT, ganz selbstverständlich entsprechende Kolumnen? Die seriösen Medien sind doch eigentlich am direktesten davon betroffen, wenn unter dem Oberbegriff Journalismus Falschmeldungen und Übertreibungen verbreitet werden.”
6. Schweden bittet um Erklärung der USA (tagesschau.de)
Die schwedische Botschaft in Washington hat das US-Außenministerium gebeten, die Äußerung von Präsident Donald Trump zu erklären: “Schaut Euch an, was gestern in Schweden passiert ist!” Nachdem sich das ganze Twitteruniversum bereits über den Vorgang lustig gemacht hat, hat der Präsident nun Stellung bezogen. Er hatte wohl was auf “FoxNews” gesehen und das in den falschen Hals bekommen bzw. falsch wiedergegeben. Natürlich hat er seinen Fehler nicht zugegeben, sondern getwittert: “My statement as to what’s happening in Sweden was in reference to a story that was broadcast on @FoxNews concerning immigrants & Sweden.”
(Weitere Lesehinweise: Der BILDblog-6-vor-9-Kurator hat es auf Twitter satirisch verarbeitet und BILDblog-Kollege Moritz Tschermak geht augenzwinkernd der Vermutung nach, Donald Trump könne auf einen Tweet der “WAZ” reingefallen sein …)
Wirklich sicher sind wir auch nicht, was Donald Trump meinte, als er gestern in einer Rede im US-Bundesstaat Florida sagte: “You look at what happened last night in Sweden”. Mit irgendeinem Vorfall in Schweden wollte Trump seinen Zuhörern klarmachen, wie wichtig seine verschärften Einwanderungsgesetze seien, und wie schnell unkontrollierte Einwanderung zu Terroranschlägen führen könne. Nur: In Schweden ist “last night” nichts Dramatisches passiert, das im Zusammenhang mit der Einwanderungspolitik des Landes steht.
Es gibt die Vermutung, dass der US-Präsident Schweden mit dem pakistanischen Sehwan verwechselt haben könnte, wo es tatsächlich gerade erst einen Selbstmordanschlag mit vielen Toten gab.
Wir haben aber noch eine andere Theorie, wie Donald Trump auf die Schreckensmeldung aus Schweden gekommen sein könnte: Zwischen zwei Hasstiraden gegen die US-Medien hat er sich einmal durch Twitter geklickt und ist auf den Account der “WAZ” gestoßen.
Und auch wenn man dem Link folgt und nur die Überschrift des Artikels liest, denkt man noch, es sei in irgendeinem schwedischen Supermarkt etwas Schlimmes passiert:
Wir können Sie aber beruhigen: Es gab kein “Geiseldrama im schwedischen Supermarkt”, also nicht in echt. Samstagabend lief im “ZDF” bloß ein neuer Krimi mit Walter Sittler. Der spielt in Schweden. Und in der Folge von gestern gab es auch eine Geiselnahme im Supermarkt. Das ist alles.
Was erstmal nach ganz dämlichem Clickbaiting aussieht, dürfte an der Automatisierung der “WAZ”-Twitterei liegen. Denn die Redaktion aus Essen schreibt ihre Tweets in der Regel nicht selbst — ein Auto-Twitterer (“(bot)”) übernimmt die Arbeit. Und der greift sich immer nur die Überschrift eines Artikels und schickt diese dann samt Link an die 213.000 Follower.
So wirkt ein Filmplot dann schnell wie eine ernste Nachricht. Und landet in einer Rede von Donald Trump. Oder auch nicht.
Nachtrag, 20. Februar: Vielleicht lagen wir mit unserer “WAZ”-Twitter-Theorie doch daneben. Donald Trump hat sich inzwischen dazu geäußert, was er mit “You look at what happened last night in Sweden” meinte — er schreibt, er habe sich dabei auf eine Sendung von “Fox News” bezogen.
“Es fällt mir grundsätzlich leicht, mich zu entschuldigen, wenn wir Fehler gemacht haben. Es ist aber nicht so, dass ich mich über Entschuldigungen freue, gar nicht. Ich glaube aber, dass sie ein wichtiger Teil der journalistischen Aufrichtigkeit und Ausdruck unserer proaktiven Kommunikation sind.”
Julian Reichelt hat am Donnerstag eine neue Imagekampagne gestartet, für sich, für “Bild”. In einem Interview mit dem “Tagesspiegel” sprach der Leiter von Bild.de, der seit Anfang Februar auch Vorsitzender aller “Bild”-Chefredaktionen ist, übers Fehlermachen und übers Entschuldigen. Das falle ihm eben “grundsätzlich leicht”, so wie im Januar, als “Bild” und Bild.de behaupteten, Sigmar Gabriel werde SPD-Kanzlerkandidat. Als dann rauskam, dass es Martin Schulz wird, entschuldigten sich die “Bild”-Medien und Julian Reichelt für ihren Fehler. Genauso vor vier Tagen, nachdem klar war, dass es den “Sex-Mob” mit lauter Flüchtlingen, der laut “Bild” an Silvester durch Frankfurt “tobte”, nie gab.
Ein möglicher Claim für Reichelts Imagekampagne steht ebenfalls im Interview mit dem “Tagesspiegel”:
“Ehrlichstes Medium: Das ist kein Versprechen, das ist der Anspruch an mich.”
Jeder, der daran zweifelt, dass die “Bild”-Redaktionen vorzügliche Arbeit abliefern, könne laut Reichelt seit 40 Jahren nicht mehr überprüft haben, ob das überhaupt stimmt:
Na ja, “Bild” galt und gilt jetzt nicht in allen Bereichen und bei allen Geschichten als das ehrlichste Medium Deutschlands.
Der überwiegende, der überragende Teil dieser Vorbehalte ist über 40 Jahre alt. Viele, die diese Vorbehalte vor sich hertragen und aktiv verbreiten, haben ihr Weltbild vor 40 Jahren das letzte Mal bei “Bild” überprüft und geschaut, mit welchem Aufwand wir unsere Inhalte recherchieren.
Hier beim BILDblog überprüfen wir unsere Vorbehalte jeden Tag aufs Neue. Und andauernd finden wir bei “Bild” und Bild.de Artikel, die faktisch falsch sind, in denen Persönlichkeits- oder Urheberrechte oder beides verletzt werden, in denen “Bild” auf die Menschenwürde pfeift, in denen das Blatt gegen einzelne Gruppen hetzt oder Material für Hetze liefert.
Uns geht es dabei nicht darum, dass irgendjemand um Entschuldigung bitten soll. Es würde schon längst genügen, wenn ein grundlegendes Interesse darin bestünde, Fehler transparent zu korrigieren — gern ohne großes Pardon.
Ob bei “Bild” und Bild.de dieses Interesse besteht? Ob das Reagieren auf Fehler so “grundsätzlich leicht” fällt, wie Julian Reichelt einen gern glauben machen möchte? Und vor allem auch dann, wenn es nicht die spektakulären Fehler sind wie ein falscher Kanzlerkandidat oder ein herbei fantasierter “Sex-Mob”? Da haben wir größere Zweifel.
Wir haben mal unser Archiv durchwühlt und geschaut, ob die “Bild”-Redaktionen im vergangenen Jahr reagiert haben, wenn wir auf Fehler in ihrer Berichterstattung hingewiesen haben. All die Fälle, in denen wir beispielsweise kritisiert haben, dass “Bild” Persönlichkeitsrechte verletzt, haben wir ausgeklammert. Es ging uns nur um klare Fehler.
Hier eine Auswahl, in chronologischer Reihenfolge:
Die Ruhrgebiet-Ausgabe der “Bild”-Zeitung und Bild.de berichteten am 8. März 2016, dass dem “Wendler-Gitarristen” bei einem Unfall drei Finger abgerissen wurden. Noch am selben Tag schrieb der “Wendler-Gitarrist” auf seiner Facebook-Seite, dass das nicht stimmt.
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Bild.de berichtete am 16. April 2016, dass ein “Schädlingsbekämpfer” aus London “Super-Ratten” gefangen habe, “rund 60 Zentimeter lang, etwa so groß wie Katzen.” Dazu seien sie möglicherweise noch Kannibalen. Das Foto, das der “Schädlingsbekämpfer” auf seiner Facebook-Seite gepostet hatte, stammte allerdings gar nicht von ihm, sondern von “National Geographic”. Und es zeigte auch keine “Super-Ratten” aus London, sondern Nutrias aus den USA. Und das Foto war bereits drei Jahre alt, als die Bild.de-Redaktion ihre Geschichte veröffentlichte.
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Bild.de berichtete am 26. Juli 2016 über eine Studie des “GfK Vereins”, bei der das Ergebnis unter anderem sein soll, dass die “Angst vor Zuwanderung” gewachsen sei. Das stimmt allerdings gar nicht: Schaut man sich die “GfK”-Umfrage mal genauer an, sieht man, dass nicht nach der “Angst” gefragt wurde, sondern neutral danach, was die “am dringendsten zu lösenden Aufgaben im Land” ist. Außerdem bringt Bild.de das Ergebnis auf falsche Weise mit damals aktuellen Terroranschlägen in Verbindung.
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Ebenfalls am 26. Juli 2016 behaupteten “Bild” und Bild.de, dass das Regierungspräsidium Stuttgart “ein Navi-Verbot” für die Autobahn 8 bei Leonberg verhängt habe. Dabei handelte es sich lediglich um ein Hinweisschild, das die Autofahrer sensibilisieren sollte.
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Am 24. August 2016 berichtete Bild.de über eine “Burkini-Razzia am Strand von Nizza” und zeigte dabei ein Foto mit mehreren Polizisten, die eine Frau auffordern, ihre Klamotten auszuziehen. Die Frau trug nach eigener Aussage aber gar keinen Burkini, sondern eine Leggins, eine Tunika und ein Kopftuch.
Der Artikel steht bei Bild.de unverändert auf der Seite, das Foto ist kommentarlos verschwunden.
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In einem Artikel vom 12. September behauptet Bild.de, dass die Asche des verstorbenen David Bowie bei einer Zeremonie beim Festival “Burning Man” verstreut worden sei. David Bowies Sohn, die offizielle David-Bowie-Facebookseite und ein Sprecher der Verwaltung des David-Bowie-Nachlasses sagten nach der internationalen Berichterstattung über die angebliche Ascheverstreuung, dass das alles Blödsinn sei.
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“Bild” und Bild.de verkündeten am 6. Oktober 2016, dass Frank-Walter Steinmeier nicht als Kandidat bei der Bundespräsidentenwahl aufgestellt werde. Steinmeier ist am vergangenem Sonntag zum Bundespräsidenten gewählt worden. Außerdem steht in dem Artikel der “Bild”-Medien: “In der SPD heißt es zudem: Wenn Merkel ‘eine einigermaßen akzeptable Frau’ als überhaupt erste Anwärterin fürs Schloss Bellevue präsentiere, könnten zumindest die GenossINNEN kaum Nein sagen.” Dabei gab es mit Luc Jochimsen und Gesine Schwan, Dagmar Schipanski und Uta Ranke-Heinemann, Hildegard Hamm-Brücher und Luise Rinser sowie Annemarie Renger bereits zahlreiche Frauen, die bei der Wahl angetreten sind. Dazu kommt noch Marie-Elisabeth Lüders, die zwar nie offiziell angetreten war, bei der Bundespräsidentenwahl 1954 allerdings eine Stimme bekam.
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Gabor Steingart veröffentlichte am 10. Oktober 2016 Passagen aus seinem neuen Buch in “Bild” und bei Bild.de. Er schimpft darin über das “Europa der Selbstbediener”, was man angeblich auch an einem Supermarkt sehen könne: “Den EU-Parlamentariern in Straßburg steht im Inneren des Parlamentskomplexes ein nur für sie und ihre Mitarbeiter zugänglicher Supermarkt zur Verfügung”. Bloß: Diesen Supermarkt gibt es nicht.
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Am 26. Oktober 2016, als der “Horror-Clown”-Hype in vollem Gange war, berichtete Bild.de über einen aktuellen “Horror-Clown”-Auftritt in einer “McDonald’s”-Filiale in Bocholt: “Die Mitarbeiter verstecken sich hinter dem Tresen, etwa 15 Leute laufen in Panik aus dem Laden.” Das Video, auf dem der Artikel beruht, war schon damals zwei Jahre alt. Und weder zeigt es 15 Leute, die “in Panik aus dem Laden” laufen, noch sind Mitarbeiter zu sehen, die “sich hinter dem Tresen” verstecken. Stattdessen hört man ziemlich viel Gekicher und Gelächter.
Der Artikel ist ohne jeglichen Hinweis von der Seite verschwunden.
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Die “Bild”-Medien schrieben am 23. November 2016, dass die Botschaft der Volksrepublik China “chinesische Frauen vor dem Sex-Täter von Bochum” warne, und dass das chinesische Generalkonsulat in Düsseldorf eine “Reisewarnung” ausgesprochen habe. Hintergrund ist eine Vergewaltigung einer chinesischen Studentin nahe des Uni-Geländes in Bochum. Es stimmt zwar, dass es einen “konsularischen Hinweis” gegeben hat, dieser sei allerdings nicht mit einer Reisewarnung zu vergleichen, so eine Sprecherin der chinesischen Botschaft.
Der Artikel steht bei Bild.de unverändert auf der Seite.
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Das ungarische Model Barbara Palvin hat für ein Magazin die berühmte Bein-Überschlag-Szene von Sharon Stone im Film “Basic Instinct” nachgestellt. Und das, so Bild.de am 10. Dezember 2016, “stilecht ohne Höschen”. Auf ihrem Instagram-Account hat Palvin allerdings extra geschrieben: “FYI i am wearing underwear 😉”.
Der Artikel steht bei Bild.de unverändert auf der Seite.
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Weil an einer türkisch-deutschen Schule in Istanbul zeitweise ein “Weihnachtsverbot” galt, schaute “Bild” am 19. Dezember 2016, wo in Deutschland “aus Rücksicht auf Muslime die christlichen Wurzeln des Weihnachtsfestes unterschlagen” würden. Die Redaktion präsentierte sieben Beispiele. Sechs davon waren falsch.
Wir haben keine Korrektur dieser Fehler in “Bild” gefunden.
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Bild.de schrieb am 29. Januar 2017, dass der britische Leichtathlet Mo Farah in einem Facebook-Post Donald Trump angegriffen und dabei geschrieben habe, dass der US-Präsident ihn “zu einem Alien gemacht” habe. Tatsächlich reagierte Farah mit einem Beitrag in dem Sozialen Netzwerk auf Trumps Einreiseverbot für Muslime. Farah wurde in Somalia geboren (später stellte sich allerdings raus, dass das Einreiseverbot für ihn nicht galt). In seinem Facebook-Post schrieb er: “On 27th January, President Donald Trump seems to have made me an alien.” Dieses “alien” heißt im Englischen in der Regel so viel wie “Ausländer” oder “Fremder” oder “Fremdling”. Und nicht “Alien”.
Der Artikel steht bei Bild.de unverändert auf der Seite.
(Noch einmal: All diese Beispiele stammen nicht von 1977, sondern nur aus den vergangenen zwölf Monaten (wobei wir im Sommer eine zweimonatige Pause beim BILDblog eingelegt hatten). Daneben wird es in dieser Zeit noch zahlreiche weitere Fehler in “Bild” und bei Bild.de gegebene haben. Wir können hier allerdings nur über jene schreiben, die wir selber mitbekommen, oder auf die uns unsere Leser hinweisen.
Stefan Niggemeier hat drüben bei “Übermedien” weitere “Bild”-Beispiele “für grob irreführende Berichterstattung” aus den vergangenen Jahren gesammelt.)
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Ganz am Ende seines Interviews mit dem “Tagesspiegel” sagt Julian Reichelt noch:
Werden Sie Ihre Entschuldigungen auf eine pro Tag oder eine pro Monat deckeln? Es geht ja streng Richtung Ehrentitel “Chef-Entschuldiger des Axel-Springer-Verlags”.
Den Titel will ich ganz sicher nicht. Ich will nicht die Entschuldigungen deckeln, sondern die Fehler. Aber wo Entschuldigungen notwendig sind, werden wir sie aussprechen.
Das liest sich erstmal wie ein Versprechen für die Zukunft. Sollte es auch schon im vergangenen Jahr gegolten haben, hat Julian Reichelt sich nicht dran gehalten.
In den vergangenen Tagen muss es dramatische Umwälzungen bei den Anhängern der politischen Parteien hier in Deutschland gegeben haben. Und fast kein Medium hat es gemerkt. Einzig das “ZDF” hat ordentlich aufgepasst und die neue politische Landschaft publik gemacht.
Im “Politbarometer” von heute zeigt der Sender unter anderem, welcher Anteil der jeweiligen Parteianhänger für beziehungsweise gegen die “vermehrte Abschiebung abgelehnter Asylbewerber auch in unsichere Länder” ist. Es geht dabei zum Beispiel um die aktuelle Abschiebung von Afghanen. Die große Überraschung: Die Anhänger der Grünen sollen neuerdings die stärksten Abschiebeunterstützer sein. Dahinter gleichauf die Anhänger der SPD und die der Linken. AfD-Anhänger sollen hingegen die stärksten Abschiebegegner sein:
Diese Werte hätten wir bei diesem Thema nun nicht unbedingt erwartet. In der zum “Politbarometer” stets veröffentlichten Pressemitteilung schreibt das “ZDF”:
Aktuell wird darüber gestritten, ob abgelehnte Asylbewerber unter anderem nach Afghanistan abgeschoben werden sollen. Eine knappe Mehrheit von 49 Prozent ist dagegen, dass ausreisepflichtige Asylbewerber vermehrt auch in ihre Heimatländer abgeschoben werden, wenn es umstritten ist, dass sie dort sicher sind, 44 Prozent sprechen sich dafür aus. Eine so verschärfte Abschiebepraxis wird von Mehrheiten der SPD-, Linken- und Grünen-Anhänger abgelehnt, die Anhänger der CDU/CSU und der FDP sind eher geteilter Auffassung und nur die der AfD sprechen sich mit deutlicher Mehrheit dafür aus.
Dass Text und Grafik nicht so recht zusammenpassen, hat im Laufe des Tages wohl auch jemand beim “ZDF” gemerkt. Einmal kurz das “gut” durch ein “nein” ersetzt — und schon befinden sich alle Anhänger der politischen Parteien wieder auf ihren angestammten Positionen: