Lindemann verliert, Google zahlt, Zwangsvollstreckung für Hildmann

1. “Rammstein”-Sänger verliert vor Gericht gegen die “SZ”
(tagesspiegel.de, Joachim Huber)
Wie Joachim Huber berichtet, hat das Landgericht Frankfurt eine der ersten großen Recherchen über Rammstein-Sänger Till Lindemann für zulässig erklärt. Der am 2. Juni dieses Jahres in der “Süddeutschen Zeitung” (“SZ”) erschienene Beitrag (nur mit Abo lesbar) beschreibt ein Casting-System, mit dem Lindemann junge Frauen zu Partys eingeladen haben soll, sowie mehrere sexuelle Kontakte zwischen ihm und Konzertbesucherinnen. Trotz der Einwände von Lindemanns Anwälten, dass die sexuellen Handlungen einvernehmlich gewesen seien und die Berichterstattung die Intimsphäre des Sängers verletze, habe das Gericht laut “SZ” die Unterlassungsklage abgewiesen, da die Darstellung des Casting-Systems im öffentlichen Interesse liege, insbesondere im Hinblick auf die Prävention.

2. Google zahlt Verlagen 3,2 Millionen Euro pro Jahr
(spiegel.de)
Laut einer Mitteilung von Google habe sich das Unternehmen mit der Verwertungsgesellschaft Corint Media, von der sich einige deutsche Verlage vertreten lassen, geeinigt, jährlich 3,2 Millionen Euro für die Nutzung von Presseinhalten zu zahlen. Diese Zahlung sei Teil einer vorläufigen Übereinkunft nach jahrelangem Streit um die Nutzung von Presseinhalten durch Google und liege weit unter den Vorstellungen der Verwertungsgesellschaft, die allein für das Jahr 2022 eine Zahlung von 420 Millionen Euro gefordert habe.

3. Zwangsvollstreckung bei Attila Hildmann: Erfolg für Volker Beck und HateAid
(hateaid.org)
Der in die Türkei geflohene ehemalige Kochbuchautor und aktuelle Verschwörungsideologe Attila Hildmann muss per Zwangsvollstreckung eine Geldentschädigung aus den Erlösen seiner Buchverkäufe zahlen. Wegen massiver Angriffe auf den Politiker Volker Beck war Hildmann zu einer Zahlung in Höhe von rund 1.000 Euro (plus Verfahrenskosten) verurteilt worden, der er nicht nachgekommen war: “Die Erlöse werden so lange gepfändet, bis die Forderung vollständig abgegolten ist”, teilt die Organisation HateAid mit, die das Verfahren gegen Hildmann vorfinanziert hatte.

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4. Frankfurter Rundschau: Beschäftigte fordern Fortsetzung der Tarifverhandlungen
(dju.verdi.de, Ute Fritzel)
Die Beschäftigten der “Frankfurter Rundschau” (“FR”) kämpfen seit Monaten für faire Gehälter, bessere Arbeitsbedingungen und einen Tarifvertrag, doch die Verhandlungen seien im August einseitig von der Geschäftsführung abgebrochen worden. Die Gewerkschaften Verdi und DJV lehnen den Abbruch der Gespräche ab, da die Gehaltsstrukturanpassung angesichts der Inflation unzureichend sei und in vielen Fällen nicht einmal die Reallohnverluste der vergangenen Jahre ausgleiche. Um den Druck auf die Verleger zu erhöhen, planen die Beschäftigten der “FR” für den 17. Oktober eine “aktive Mittagspause” vor den Redaktionsräumen in Frankfurt.

5. Springers Politico startet mit Gordon Repinski und Cecil von Busse in Berlin
(kress.de, Marc Bartl)
Wie kress.de berichtet, startet “Politico”, das zum Springer-Verlag gehört, Anfang 2024 in Deutschland unter der Leitung von Gordon Repinski mit dem täglichen Newsletter “Berlin Playbook”. Cecil von Busse übernehme als Geschäftsführer die Verantwortung für den Markteintritt in Deutschland und den weiteren Aufbau der Medienmarke. Die Expansion sei Teil einer Partnerschaft zwischen Springer und Gabor Steingarts “Media Pioneer”.

6. Was kostet die Welt? Ein Magazin erklärt Kindern Wirtschaft
(uebermedien.de, Katrin Wilkens)
Katrin Wilkens stellt bei “Übermedien” ein Wirtschaftsmagazin für Kinder vor: “weil.” sei vom Carlsen Verlag und der Brand Eins Medien AG entwickelt worden, um Wirtschaftsthemen kindgerecht aufzubereiten. Ziel des Magazins sei es, Wirtschaft zeitgemäß, aber nicht belehrend zu erklären und Kindern ein besseres Verständnis für alle Vorgänge rund um Euro und Cent zu vermitteln.

Antidiskriminierung verlässt X, “Unglücklicher Zufall”, Müllhalde

1. Antidiskriminierungsbeauftragte ruft staatliche Institutionen zum Verlassen von X auf
(netzpolitik.org, Markus Reuter)
Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes hat angekündigt, X (ehemals Twitter) zu verlassen. Als staatliche Institution habe man eine Vorbildfunktion, daher sei ein Verbleib bei X nicht mehr vertretbar. Darüber hinaus fordert die Antidiskriminierungsstelle andere Institutionen auf, ebenfalls über einen Ausstieg nachzudenken: “Alle Ministerien und andere öffentliche Stellen sollten sich fragen, ob es weiterhin tragbar ist, auf einer Plattform zu bleiben, die zu einem Desinformations-Netzwerk geworden ist und dessen Eigentümer antisemitische, rassistische und populistische Inhalte verbreitet.”

2. Gute Nachrichten für den Sponsor
(taz.de, Gernot Knödler)
Wie die “taz” berichtet, ließ sich das “Hamburger Abendblatt” von der Firma Eins-Komma-Fünf-Grad und der städtischen Messegesellschaft eine Jubiläumsaktion sponsern, bei der der Hamburger Fernsehturm angestrahlt wurde. Unmittelbar neben dem Artikel zu dieser Aktion erschien ein großer Beitrag über Eins-Komma-Fünf-Grad, der den Verdacht der Schleichwerbung aufkommen ließ. Die Funke Mediengruppe, zu der auch das “Hamburger Abendblatt” gehört, habe den Vorwurf entschieden zurückgewiesen und die Artikelkombination als ” einen – wenn auch ob der Wirkung unglücklichen – Zufall” bezeichnet.

3. Rezeption des Israel-Angriffs auf Telegram
(belltower-news.de)
Die Monitoring-Redaktion von “Belltower News” hat sich angeschaut, wie Rechtsextreme und Verschwörungsverbreiter die Terrorangriffe auf Israel nutzen, um ihre Narrative bei Telegram zu verbreiten. Das Fazit: “Nach einem unendlich langen Terror-Wochenende gegen die israelische Bevölkerung wirkt Telegram wie eine brennende Müllhalde entfesselter Menschenfeindlichkeit.”

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4. Warum zahlen Nutzer nicht für Nachrichten?
(de.ejo-online.eu, Johanna Mack)
Johanna Mack fasst eine Studie zusammen, die vier Hauptgründe nennt, warum Nutzerinnen und Nutzer nicht für Nachrichten bezahlen: als zu hoch wahrgenommene Preise, genügend kostenlose Nachrichtenquellen, mangelnde Bindungsbereitschaft sowie Liefer- oder technische Probleme. Viele der Befragten seien sich nicht bewusst, dass es durchaus günstigere Angebote gibt, oder fühlen sich durch andere Dienste wie Netflix oder Spotify übersättigt. Auch die Vielfalt kostenloser Informationen und das Zögern, sich auf ein Medium festzulegen, wirke sich negativ auf die Zahlungsbereitschaft aus.

5. Der Flächenbrand
(journalist.de, Sonja Peteranderl)
Sonja Peteranderl beschäftigt sich beim “journalist” mit der alarmierenden Zunahme von Burn-out-Erkrankungen bei Journalistinnen und Journalisten, die auf das hohe Arbeitstempo und den Stress zurückzuführen sei. Studien aus den USA und Deutschland würden die Dringlichkeit des Problems belegen und eine bessere Unterstützung der Medienschaffenden fordern.
Weiterer Lesetipp: Von Risiken und Druck im Beruf: “Journalist*innen in Deutschland sehen sich in einem hohen Maß Stress ausgesetzt. Die Mehrheit hat in letzter Zeit Beleidigungen im Internet und Herabwürdigungen ihrer Arbeit erlebt. Das kam bei einer repräsentativen Befragung heraus, die jetzt im Arbeitspapier ‘Journalismus in Deutschland 2023: Aktuelle Befunde zu Situation und Wandel’ vom Leibniz-Institut für Medienforschung | Hans Bredow-Institut (HBI) veröffentlicht wurde.” (verdi.de)

6. Niggemeier und Rosenkranz übergeben Leitung von “Übermedien”
(dwdl.de, Alexander Krei)
Zum Schluss noch eine Personalnachricht von den Kollegen von nebenan: Wie “DWDL” unter Berufung auf eine Pressemitteilung von “Übermedien” berichtet, ziehen sich Stefan Niggemeier und Boris Rosenkranz aus der Geschäftsführung des Online-Magazins zurück. Ab 2024 soll Alexander Graf, bisher Chefredakteur des “Medium Magazins”, als neuer Geschäftsführer und Chefredakteur die Leitung übernehmen. Niggemeier und Rosenkranz würden “Übermedien” aber als Autoren und alleinige Gesellschafter erhalten bleiben.

Rammstein-Recherchen, Lob der Vielfalt, Internetkrieger Musk

1. “Unsere Recherchen zum Fall Rammstein”
(journalist.de,. Daniel Drepper)
Daniel Drepper, Leiter der Recherchekooperation von NDR, WDR und “Süddeutscher Zeitung”, schildert die umfangreichen Recherchen seines Teams zur Band Rammstein und zeichnet nach, wie diese in einen Kulturkampf mündeten: “Da die Vorwürfe, die juristische Aufarbeitung und das journalistische Handwerk oft kompliziert sind, zeitaufwändig und nur schwierig zu erklären, geht in der Diskussion vieles durcheinander. Das wird immer häufiger befeuert von einer Gegenseite, die durch aggressive Pressearbeit und das Erwecken falscher Eindrücke nicht nur rechtlich gegen die Recherchen vorgeht, sondern aktiv versucht, diese in der Öffentlichkeit zu diskreditieren. Auch deshalb sprechen wir derzeit vermehrt über unsere Arbeit.”

2. Internetkrieger in erster Reihe
(taz.de, Tatjana Söding)
Tatjana Söding beschäftigt sich in der “taz” mit dem “Rechtslibertarismus des Elon Musk”. Der US-Unternehmer, Eigentümer von X (ehemals Twitter) sowie CEO von Tesla und SpaceX sei in seinen Ansichten immer extremer geworden. Musk offenbare eine tiefe Ablehnung von Regeln und Normen sowie eine Tendenz zu rechten Ansichten. Das zeige sich beispielsweise in der Unterstützung rechter Tweets und der Verbreitung von Verschwörungserzählungen. Musk wehre sich gegen diese Vorwürfe und verweise auf sein Engagement für nachhaltige Energie und Umweltschutz.

3. Mitgliedstaaten müssen sich Parlament anschließen
(reporter-ohne-grenzen.de)
Die Verhandlungen über das europäische Medienfreiheitsgesetz (European Media Freedom Act, EMFA) nähern sich in Brüssel ihrem Ende. Die Organisation Reporter ohne Grenzen drängt den Rat der Europäischen Union, den vom Europäischen Parlament verabschiedeten Entwurf des EMFA anzunehmen, der einen besseren Schutz für Medienschaffende vorsehe. Besonders umstritten sei derzeit noch ein Passus, der die Überwachung von Journalisten und Journalistinnen und die Vertraulichkeit ihrer Quellen betrifft.

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4. Neues Infoportal
(djv.de, Paul Eschenhagen)
Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) hat ein neues Informationsportal namens freien.info für freie Journalistinnen und Journalisten ins Leben gerufen. Das Portal biete ausführliche Informationen zur freiberuflichen Tätigkeit im Journalismus und soll Medienschaffenden bei der Existenzgründung helfen. Es enthalte berufsrelevante Informationen, die sowohl für Neueinsteiger als auch für erfahrene Journalistinnen und Journalisten nützlich seien.
Weiterer Tipp: Mit den “Freischreibern” gibt es seit 2008 auch einen (vom DJV unabhängigen) Berufsverband für freie Journalistinnen und Journalisten.

5. Ohne Vielfalt keine Demokratie
(verdi.de, Bärbel Röben)
Bärbel Röben berichtet über die Jahreskonferenz des Vereins Neue deutsche Medienmacher*innen. Dort wurde über die Bedeutung von Vielfalt im Journalismus und die Auswirkungen des aktuellen Rechtsrucks auf Medienschaffende diskutiert. Dabei wurde betont, dass guter Journalismus als “Grundpfeiler der Demokratie” Diskurse einordnen und marginalisierten Gruppen eine Stimme geben müsse. Röben fasst die Themen und Beiträge der Konferenz zusammen.

6. “… werden als verfassungswidrig aufgehoben.”
(arminwolf.at)
“Der Einfluss der Bundesregierung auf die ORF-Gremien ist zu groß. Das hat der Verfassungsgerichtshof (VfGH) jetzt in einem historischen Erkenntnis festgestellt. An dieser Entscheidung bin ich eventuell nicht ganz unschuldig”, schreibt der österreichische Moderator Armin Wolf in einem Blogbeitrag. Das aktuelle ORF-Gesetz, das die Bestellung von Stiftungs- und Publikumsrat regelt, müsse bis Ende März 2025 geändert werden. Wolf sieht darin eine historische Chance für die Unabhängigkeit der ORF-Gremien, ist aber skeptisch, ob die Politik in Österreich ihren Einfluss auf den öffentlich-rechtlichen Sender tatsächlich begrenzen wird.

Bei Opferbildern abwägen, Digital-Orakel, Stimmungsmache bei “Nius”

1. Presserat: Bei Opferbildern abwägen
(verdi.de)
Nach dem Angriff der Hamas auf Israel fordert der Presserat die Redaktionen auf, bei der Veröffentlichung von Fotos und Videos von Terroropfern sorgfältig abzuwägen und die Wirkung solcher Bilder zu berücksichtigen. “An der Berichterstattung über den beispiellosen Angriff der Hamas und die jetzt folgenden Kampfhandlungen besteht zweifellos ein überragendes öffentliches Interesse”, so Presserats-Sprecherin Kirsten von Hutten: “Dennoch müssen Redaktionen vor der Veröffentlichung von Fotos und Videos die Menschenwürde der Opfer und die Gefühle der Angehörigen im Blick behalten”.

2. BR und Arte beenden Zusammenarbeit mit Malcolm Ohanwe
(tagesspiegel.de, Joachim Huber)
Der Bayerische Rundfunk (BR) und Arte haben die Zusammenarbeit mit dem Journalisten Malcolm Ohanwe beendet, nachdem dieser in einem Tweet Verständnis für den Angriff der Hamas auf Israel gezeigt habe. Der BR kritisierte Ohanwes Äußerungen als “menschenverachtend” und betonte, sie entsprächen nicht dem journalistischen Selbstverständnis des Senders. Ohanwe wiederum erklärte, er habe den Terror nicht relativiert oder gerechtfertigt.

3. Verhetzen, verunglimpfen, verachten
(uebermedien.de, Stefan Niggemeier)
Stefan Niggemeier kritisiert bei “Übermedien” die rechte Medienplattform “Nius”. Dort wurde kürzlich eine propagandistisch zugespitzte Bildcollage veröffentlicht, in der eine Aussage von CDU-Chef Friedrich Merz aufgegriffen wurde, der zuvor behauptet hatte, Asylbewerber würden sich auf Kosten der Steuerzahler “die Zähne neu machen” lassen. Niggemeier kommentiert: “Es geht nur darum, Stimmung zu machen gegen all die Horden, die es sich angeblich auf Kosten der Deutschen, der Mehrheit, gut gehen lassen. Und es geht darum, diese Menschen zu benutzen, um Stimmung zu machen gegen Leute, die der fremdenfeindlichen Rhetorik von Merz widersprechen, die nicht den Reflex haben, dass man jetzt darüber nachdenken sollte, ob Asylbewerber eigentlich überhaupt zum Zahnarzt gehen müssen oder dürfen oder nicht die Schmerzen einfach aushalten sollten, irgendwo hört’s mit der Humanität ja auch mal auf.”

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4. Reporter ohne Grenzen auf Distanz
(taz.de, Florian Bayer)
Der Konflikt um den ORF-Ukraine-Korrespondenten Christian Wehrschütz spitzt sich offenbar zu. Der Rechtsanwalt Gabriel Lansky, der Wehrschütz vertritt, soll Reporter ohne Grenzen (ROG) Österreich verlassen haben, bevor er möglicherweise aus dem Vorstand ausgeschlossen werden konnte. Der Grund: Ein Interessenkonflikt, weil Lansky Wehrschütz vertrete und ihn gleichzeitig innerhalb von ROG unterstütze. Wehrschütz, dessen Akkreditierung als Journalist in der Ukraine bereits abgelaufen sei, war zuvor in die Kritik geraten, weil er die ukrainische Luftabwehr gefilmt und seine Beiträge mit prorussischen Propagandavideos versehen habe.

5. BDZV einigt sich mit DJV auf Inflationsausgleichsprämie
(dwdl.de, Timo Niemeier)
Wie “DWDL” berichtet, hat sich der Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) mit dem Deutschen Journalisten-Verband (DJV) auf eine Inflationsausgleichsprämie von 120 Euro monatlich geeinigt, die Redakteurinnen und Redakteuren von Tageszeitungen bis Ende des kommenden Jahres gezahlt werde. Die Vereinbarung verlängere jedoch den Gehaltstarifvertrag bis Ende 2024, was die Gewerkschaft dju kritisiere und als “tarifpolitische Bankrotterklärung” bezeichne.

6. Philipp Klöckner: Das Digital-Orakel von Ostvorpommern
(n-joy.de, Norbert Grundei, Audio: 1:28:54 Stunden)
Digital-Experte und Investor Philipp Klöckner ist einer der beiden Köpfe des hörenswerten “Doppelgänger-Tech-Talk”-Podcasts und profunder Kenner der Start-up-Szene. Norbert Grundei diskutiert mit Klöckner über dessen Karriereanfänge in Greifswald, den Streamingmarkt und gesellschaftliche Veränderungen.

Toter Vogel und blauer Himmel, Keine Medienvielfalt, Problem-Stimmen

1. Der blaue Vogel ist tot, lang lebe der blaue Himmel
(socialmediawatchblog.de, Martin Fehrensen & Simon Hurtz)
Im “Social Media Watchblog” beschäftigen sich Martin Fehrensen und Simon Hurtz mit Bluesky, das von vielen als Alternative zu Twitter gesehen wird. Es gebe einige Gründe für und gegen die Zukunft des Netzwerks. Während einige, wie Fehrensen, optimistisch sind und glauben, dass Bluesky einen nachhaltigen Hype auslösen kann, bleibt Hurtz skeptisch und hat mehr Fragen als Antworten. Eine lesenswerte Gegenüberstellung der wichtigsten Argumente.
Weitere Hör- und Lesetipps: Bei “Übermedien” hat sich Holger Klein mit Fehrensen über Bluesky unterhalten (25:56 Minuten). Beim SR hat Plattformexperte Michael Seemann seine Einschätzung dazu abgegeben (16:36 Minuten). Und bei der “taz” findet Carolina Schwarz, dass Bluesky unter den richtigen Bedingungen ein wichtiges demokratisches Instrument werden könnte.

2. Stern Preis für “Geschichte des Jahres” bleibt
(tagesspiegel.de, Joachim Huber)
Die mit dem “Stern”-Preis 2022 ausgezeichnete “Spiegel”-Recherche über Ex-“Bild”-Chef Julian Reichelt bleibt trotz einer Korrektur des Nachrichtenmagazins ausgezeichnet. Das hätten Chefredaktion und Beirat des “Stern” nach einer erneuten Prüfung entschieden. Der “Spiegel”-Artikel sei zwar an einer Stelle korrigiert worden, weil sich eine Aussage über Reichelt als falsch herausgestellt habe. Der Beirat habe aber betont, dass der Kern des Artikels nicht angetastet und alle journalistischen Standards eingehalten worden seien.

3. Für Respekt in der Kommentar-Spalte
(taz.de, Fabian Schroer)
Community-Managerinnen und -Manager bei öffentlich-rechtlichen Sendern haben es manchmal nicht leicht. Der oft raue Umgangston und hasserfüllte Postings können psychisch belastend sein. Im Jahr 2022 habe beispielsweise das ZDF über 12 Millionen Kommentare auf seinen Social-Media-Kanälen erhalten, von denen nicht wenige Hass und Beleidigungen enthielten. KI-gestützte Modelle könnten in Zukunft helfen, Kommentare besser zu filtern. Bis dahin sei es wichtig, dass Community-Management als seriöse journalistische Arbeit anerkannt werde.

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4. Keine Medienvielfalt – Was Polen, Slowakei und Ungarn gemein haben
(ardaudiothek.de, Jonathan Schulenburg,Audio: 25:03 Minuten)
In “BR 24 Medien” geht es um die bedrohte Medienvielfalt in Ländern wie Polen, Ungarn und der Slowakei. Zu Gast sind Lutz Kinkel, Direktor des Europäischen Zentrums für Presse- und Medienfreiheit, der BR-Journalist und Osteuropa-Experte Henryk Jarczyk und die Journalistin Marianne Allweiss, die für die ARD über die Slowakei berichtet.

5. “Es ist erlaubt, Trash-TV zu mögen.”
(turi2.de)
Kai-Oliver Derks, Chefredakteur der Unterhaltungsnachrichtenagentur “Teleschau”, und “Teleschau”-Geschäftsführer Alexander Büttner sprechen im Interview mit “turi2” über die Entwicklung und Bedeutung der Fernsehkritik. Derks betont, dass es aus seiner Sicht Unsinn sei, wöchentlich mit Shows wie dem “Sommerhaus der Stars” abzurechnen und das Ende der Fernsehkultur zu prophezeien, während Büttner die Relevanz des gedruckten TV-Programms betont, da sich Millionen von Zuschauerinnen und Zuschauern nicht online über ihr Fernsehprogramm informieren würden.

6. Wenn die KI mit meiner Stimme spricht
(lto.de, Georg Manthey & Simon Liepert)
Mit fortgeschrittenen KI-Tools können menschliche Stimmen täuschend echt nachgeahmt werden, was ein erhebliches Missbrauchspotenzial birgt. Rechtlich sei die menschliche Stimme sowohl durch das Datenschutzrecht als auch durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht geschützt. Bei “Legal Tribune Online” betonen die Autoren Georg Manthey und Simon Liepert die rechtlichen Grenzen und den Schutz, den das Gesetz den Betroffenen bietet.

KW 40/23: Hör- und Gucktipps zum Wochenende

Hurra, Wochenende – und damit mehr Zeit zum Hören und Sehen! In unserer Wochenendausgabe präsentieren wir Euch eine Auswahl empfehlenswerter Filme und Podcasts mit Medienbezug. Viel Spaß bei Erkenntnisgewinn und Unterhaltung!

***

1. Medienjournalismus im Podcast mit Stefan Niggemeier und Nadia Zaboura
(laeuft-programmschau.podigee.io, Alexander Matzkeit, Audio: 29:27 Minuten)
Der Medienkritiker Stefan Niggemeier ist nicht nur für seinen Unterhaltungspodcast mit Sarah Kuttner (“Das kleine Fernsehballett”) verantwortlich, sondern als einer der “Übermedien”-Geschäftsführer auch für den Podcast “Holger ruft an”. Nadia Zaboura wiederum podcastet wöchentlich mit ihrem Kollegen Nils Minkmar unter dem Dach der Civis Medienstiftung und der “Süddeutschen Zeitung” (“quoted – der Medienpodcast”). In “Läuft”, auch ein Podcast, sprechen sie darüber, warum sich Podcasts besonders gut für Medienthemen eignen, welches Feedback sie bekommen und welche Rolle sie persönlich in ihren Podcasts spielen.

2. Was mit dem neuen ARD-Studio Kiew besser werden soll
(deutschlandfunk.de, Stephan Beuting, Audio: 35:05 Minuten)
Seit dem 1. September ist Vassili Golod “crossmedialer Leiter” des ARD-Studios in Kiew. WDR-Programmdirektor Jörg Schönenborn begründete die Einrichtung des Studios damals so: “Wir haben das Studio in Kiew gegründet, weil es – selbst wenn der Krieg hoffentlich in naher Zukunft enden sollte – noch lange ein hohes Interesse an Berichterstattung aus der Ukraine geben wird. Dies wird nicht mehr wie in den vergangenen Jahren vom Standort Moskau aus zu leisten sein, denn eine Berichterstattung wird künftig immer beide Sichtweisen brauchen, die russische und die ukrainische.” Im Deutschlandfunk spricht Stephan Beuting mit Vassili Golod und der Osteuropa-Expertin Franziska Davies über die Berichterstattung aus der Ukraine.

3. Vor den Wahlen: Was bringen Umfragen eigentlich?
(tagesschau.de, Victoria Koopmann, Audio: 33:01 Minuten)
Am heutigen Sonntag finden in Hessen und Bayern Landtagswahlen statt. Seit mehr als 25 Jahren befragt die ARD die Bürgerinnen und Bürger nach ihren politischen Stimmungen und Ansichten und präsentiert die Ergebnisse im “Deutschlandtrend”. In einem etwa halbstündigen Audiobeitrag ermöglicht die ARD einen Blick in den “Deutschlandtrend”-Maschinenraum. Dazu hat die Redaktion die “Deutschlandtrend”-Moderatorin und WDR-Chefredakteurin Ellen Ehni ins Studio eingeladen.

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4. Öffentlich-rechtlicher Rundfunk
(bpb.de, Holger Klein, Audio: 42:12 Minuten)
“Aus Politik und Zeitgeschichte”, ein Format der Bundeszentrale für politische Bildung, widmet sich diesmal dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk und der Kritik an dieser Institution. Wie kann der öffentlich-rechtliche Rundfunk heute angesichts des Medienwandels seinen Auftrag am besten erfüllen? Darüber hat Holger Klein mit verschiedenen Expertinnen und Experten gesprochen: dem Historiker Konrad Dussel, der Publizistikwissenschaftlerin Ilka Jakobs, dem Medienjournalisten Christian Meier und der Journalistin Hadija Haruna-Oelker.

5. Angst vor rechten “Journos”?
(druckausgleich.podigee.io, Annkathrin Weis & Luca Schmitt-Walz, Audio: 56:51 Minuten)
Die Episode “Angst vor rechten ‘Journos’?” des Podcasts “Druckausgleich” beschäftigt sich mit der wachsenden Reichweite und den Ressourcen rechter Journalisten und Blogger, beispielsweise des ehemaligen “Bild”-Chefredakteurs Julian Reichelt. Diese Akteure würden den Journalismus nutzen, um ihre Absichten zu verschleiern, Tatsachen zu verdrehen und Menschen zu verunsichern. Die Moderatoren Annkathrin Weis und Luca Schmitt-Walz diskutieren, wie man auf diese Entwicklung reagieren sollte und welche konkreten Möglichkeiten es gibt, dagegen vorzugehen.

6. Musk, Macht, Meinung mit Susanne Stichler
(ardaudiothek.de, Sarah Bosetti, Audio: 1:03:26 Stunden)
In der aktuellen Folge von “Bosettis Woche” ist die Journalistin und Moderatorin Susanne Stichler zu Gast und erzählt unter anderem von ihren Erlebnissen am 33. Tag der Deutschen Einheit, sie spricht darüber, wie Sprachnachrichten das Verhältnis zu ihrer Cousine verbessert haben und wie sich der Ton in der gesellschaftlichen Debatte verändert hat. Außerdem geht es um die negativen Auswirkungen des Internets, insbesondere des Kurznachrichtendienstes X (ehemals Twitter).

Böhmermann siegt gegen Reichelt, X verliert Werbegeld, Populismus-Falle

1. Jan Böh­m­er­mann siegt gegen Julian Rei­chelt
(lto.de, Felix W. Zimmermann)
Ex-“Bild”-Chefredakteur Julian Reichelt hatte wegen der Schönbohm-Sendung Vorwürfe gegen Jan Böhmermann und das “ZDF Magazin Royale” erhoben. Das Landgericht Hamburg habe ihm nun zentrale Aussagen aus seiner Sendung “Achtung, Reichelt!” untersagt – wegen unzulässiger Verdachtsberichterstattung und Unwahrheit. Insbesondere sei Reichelt verboten worden, den Verdacht zu verbreiten, das Bundesinnenministerium habe Einfluss auf den Inhalt der Böhmermann-Sendung genommen. Felix W. Zimmermann erläutert die vorgetragenen Argumente und juristischen Bewertungen des Streits.

2. KI als Bedrohung für das freie Internet
(netzpolitik.org, Leonhard Pitz)
Der “Freedom of the Net Report” der NGO Freedom House zeige, so Leonhard Pitz, dass Künstliche Intelligenz (KI) eine wachsende Bedrohung für die Freiheit im Internet darstelle. Autokratien würden KI zunehmend zur Desinformation einsetzen, wie etwa in Nigeria, wo ein KI-generierter Audioclip verbreitet wurde, der einen Präsidentschaftskandidaten der Opposition belastete. Trotz des Potenzials von KI für Desinformation und Zensur betone der Bericht, dass die Hauptarbeit im Bereich der Desinformation nach wie vor von Menschen und nicht von Maschinen geleistet werde.

3. Durchsucht, verhört, verhaftet
(taz.de, Natalie Mayroth)
Wie Natalie Mayroth berichtet, geht die indische Regierung hart gegen das regierungskritische Medium “Newsclick” vor, was zu landesweiten Protesten von Medienschaffenden führe. Die bekannte Schriftstellerin Arundhati Roy und weitere Journalistinnen und Journalisten kritisieren die Einschränkung der Pressefreiheit im Land. Die jüngsten Razzien und Verhaftungen von “Newsclick”-Mitarbeitern würden als Versuch gewertet, kritische Stimmen zum Schweigen zu bringen.

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4. “X hat keinen Umgang mit Hassrede mehr”
(belltower.news, Theresa Lehmann)
In mehr als 200 Folgen hat der Podcast “Haken dran” von Gavin Karlmeier und Dennis Horn den Übergang von Twitter zu X dokumentiert, doch nun pausiert das Projekt. Karlmeier erzählt im Interview, wie die Idee zum Podcast entstand, wie dramatisch sich Twitter in der Elon-Musk-Ära verändert hat, und wie Medien, Politik und Zivilgesellschaft jetzt handeln sollten.

5. Elon Musks X verliert immer mehr Werbeeinnahmen
(spiegel.de)
Nach Angaben eines auf Werbeanalysen spezialisierten Unternehmens verzeichnet Elon Musks Plattform X, ehemals Twitter, einen drastischen Rückgang der Werbeeinnahmen – die Rede ist von mindestens 55 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Musk mache Aktivisten, insbesondere die Anti-Defamation League, für den Rückgang der Einnahmen verantwortlich.

6. Weidel, Söder, Merz: Die Populismus-Falle enthüllt
(ndr.de, Daniel Bröckerhoff, Video: 16:37 Minuten)
Daniel Bröckerhoff hat für das Medienmagazin “Zapp” das Verhältnis von Populismus und Medien untersucht. Vor allem Politikerinnen und Politiker wie Alice Weidel, Markus Söder, Friedrich Merz und Sahra Wagenknecht würden immer wieder mit populistischen Äußerungen auffallen. Bröckerhoff deckt verschiedene Strategien auf, mit denen sie um Aufmerksamkeit buhlen. Unterstützt wird er dabei vom Politik- und Kommunikationsberater Johannes Hillje.

“Lasst Twitter brennen”, Mehr Komplexität wagen, Böhmermann

1. Warum Bluesky gerade durch die Decke geht – und was Mastodon daraus lernen kann
(netzpolitik.org, Markus Reuter)
Markus Reuter geht auf den aktuellen Massenumzug von Twitter/X zu Bluesky ein und zieht Vergleiche zu Mastodon. Seit dem Wochenende seien viele bekannte Twitter-Accounts, Journalisten und Medien zu Bluesky gewechselt, das zwar dezentral konzipiert sei, aber von einem Unternehmen kontrolliert werde. Was steckt hinter dem Hype? Und warum konnte Mastodon das Momentum seinerzeit nicht in ähnlicher Weise für sich nutzen?
Video-Tipp: Bei Youtube ruft Marina Weisband mit eindringlichen Worten (“Lasst Twitter brennen”) dazu auf, die Plattform Twitter zu verlassen, da sie zu einem Sammelbecken für Neonazis, Verschwörungstheoretiker und andere extremistische Stimmen geworden sei, die noch dazu vom Algorithmus bevorzugt würden. Weisband warnt davor, dass Journalisten und Politiker dort ein verzerrtes Bild der Gesellschaft erhalten könnten, und betont, dass es unmöglich sei, auf einer privaten Plattform gegen die Interessen des Eigentümers zu gewinnen.
Weiterer Lesetipp: In einem lesenswerten Statement erklärt der Social-Media-Experte Martin Fehrensen, warum er seinen Twitter-Account gelöscht hat. Elon Musk verfolge eine politische Agenda, die Plattform habe sich unter seiner Führung zu einem Netzwerk für Rechtsextreme entwickelt. Das neue X sei nicht für den Dialog, sondern für Eskalation konzipiert. Fehrensen glaubt, dass X nicht der richtige Ort für konstruktive Gespräche sei und ermutigt andere, ebenfalls ihre Accounts zu löschen: “Lösche aber auf gar keinen Fall das Feuer, das in dir brennt, um die Welt ebenfalls zu einem besseren Ort zu machen. Auch wenn Elon Musk alles daran setzt, dass es erlischen möge.”

2. “Humor darf den wahren Kern nicht verfälschen”
(journalist.de, Jan Freitag)
Jan Böhmermann gilt als eine der einflussreichsten Stimmen in Deutschland. Im Interview mit dem “journalist” spricht er unter anderem über seine Arbeit, die Bedeutung von Humor und die Herausforderungen, denen er in seiner Karriere begegnet ist. Böhmermann hebt hervor, dass für ein satirisches Produkt oft die bloße Wahrheit ausreiche und dass es wichtig sei, den Kern einer Sache humorvoll, aber wahrheitsgetreu zu ergründen. Dabei geht es auch um die Unterschiede zu Harald Schmidt: “Ich finde es immer schön, wenn Entertainment etwas Bedeutsames beinhaltet und Menschen nicht nur berührt, sondern auch betrifft. Kunst muss sich der Wirklichkeit verpflichtet fühlen. Harald kotzt bei solchen Sätzen, ich nicht. Ich halte sie aus.”

3. Caren Miosga würde »Tagesthemen« gern nach Berlin verlegen
(spiegel.de)
Am heutigen Donnerstag moderiert Caren Miosga ein letztes Mal die “Tagesthemen”. In einem Interview mit der Deutschen Presse-Agentur habe sie verraten, was sie sich für die in Hamburg produzierte Sendung wünscht: “Ich würde uns gern nach Berlin beamen, damit wir mehr Politikerinnen und Politiker im Studio hätten.” Gespräche mit einem direkten Gegenüber seien intensiver als jene über eine Fernverbindung. Nach 16 Jahren bei den “Tagesthemen” wird Miosga den Talk-Sendeplatz am Sonntagabend von Anne Will mit einer eigenen Sendung übernehmen. Sie freue sich auf den direkten Kontakt mit den Gästen.

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4. Presseähnlichkeit: EU-Kommission prüft mehrere Beschwerden
(epd.de)
Wie epd berichtet, prüft die EU-Kommission Beschwerden von Medienverbänden aus Österreich und Dänemark, die den öffentlich-rechtlichen Sendern in den jeweiligen Ländern eine presseähnliche Online-Berichterstattung vorwerfen. Demnach kritisieren der Verband Österreichischer Zeitungen und Danske Medier aus Dänemark, dass die öffentlich-rechtlichen Sender zu textlastige Online-Inhalte anböten, die den Angeboten von Zeitungen ähneln. In Deutschland strebe der Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger wegen ähnlicher Vorwürfe ein Beihilfeverfahren bei der EU-Kommission an.

5. Fakten gegen Fakes: CORRECTIV startet Bildungskooperation mit TikTok
(correctiv.org)
Um einer möglichen Desinformation auf TikTok entgegenzuwirken, hat die Online-Journalistenschule “Reporterfabrik” von “Correctiv” eine Medienbildungskampagne in Zusammenarbeit mit der Videoplattform gestartet. Nutzerinnen und Nutzer aus Deutschland und Österreich, die Informationen zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine suchen, werden auf eine Seite geleitet, die Tipps zum Erkennen von Falschnachrichten bietet. Die Kampagne, die bis Frühjahr 2024 läuft, umfasse auch fünf Videos, die Themen wie Quellencheck, Deep Fakes und kritisches Denken behandeln.

6. Weniger Selbstvergewisserung, mehr Komplexität
(deutschlandfunk.de, Matthias Dell)
Langzeitdokumentationen wie “Ernstfall” von Stephan Lamby seien beliebt, aber in ihrer Erzählweise nicht wirklich informativ, findet Matthias Dell im Deutschlandfunk. Aus seiner Sicht gibt es Ansätze, die mehr Einblicke bieten. Dazu würden die Doku “Kevin Kühnert und die SPD”, die AfD-Beobachtung “Eine deutsche Partei” und die fünfteilige Arte-Doku-Serie “Capital B – Wem gehört Berlin?” über die Entwicklung Berlins nach der Wiedervereinigung gehören.

Medien und AfD, Faktenchecks, “ehemalig” und “damalig”

1. Medien und AfD: Extrem normal
(journalist.de, Michael Kraske)
Seit den Rekordumfragen der AfD steht die Partei wieder im Fokus des medialen Interesses. Michael Kraske diskutiert den journalistischen Umgang mit der AfD, ob im Lokalen auf kleiner oder im Fernsehen auf großer Bühne. Kraskes Beitrag ist ein Interview mit Uwe Vetterick, Chefredakteur der “Sächsischen Zeitung”, angefügt. Vetterick berichtet darin über den redaktionellen Umgang mit der AfD und weist auf ein aus seiner Sicht gefährliches Vorgehen hin: “Ein häufiger Fehler sind undifferenzierte Etikettierungen der AfD-Wähler. Natürlich sind etliche von ihnen Nazis, aber gewiss nicht alle. Solche Pauschalisierungen bewirken nach meiner Beobachtung nicht Reflexion und Einsicht, sondern eher Trotzigkeit.”

2. Gutachten nennt RBB-Wahl rechtswidrig
(verdi.de)
Laut einem Rechtsgutachten von Marcus Schladebach, Professor für Öffentliches Recht und Medienrecht an der Universität Potsdam, sei die Wahl der RBB-Intendanz im Frühjahr 2023 rechtswidrig, da sie an zahlreichen formalen und inhaltlichen Fehlern leide. Der Gutachter empfehle eine Neuwahl und spreche der seit 1. September amtierenden Intendantin Ulrike Demmer die Eignung für das Amt ab. Schladebach kritisiere zudem den Vorsitzenden des Rundfunkrats Oliver Bürgel und den brandenburgischen Ministerpräsidenten Dietmar Woidke wegen des Wahlverfahrens.
Weiterer Lesehinweis: Stefan Niggemeier hat eine recht klare Meinung zu den Einschätzungen und Aussagen Schladebachs und kommentiert bei “Übermedien”: “Das ‘Gutachten’ zur rbb-Intendantenwahl ist eine bizarre, entglittene Auftragsarbeit” (nur mit Abo komplett lesbar).

3. Jubiläumsausgabe mit 50 Erkenntnissen nach 100 Folgen
(netzpolitik.org, Leonhard Dobusch)
Die netzpolitik.org-Reihe “Neues aus dem Fernsehrat” reflektiert seit 2016 den digitalen Wandel der öffentlich-rechtlichen Medien. In der 100. Ausgabe blickt Leonhard Dobusch, ehemaliges Mitglied im ZDF-Fernsehrat und aktuelles Mitglied im ZDF-Verwaltungsrat, zurück und hebt hervor, dass Themen wie öffentlich-rechtliche Plattformen, Transparenz in der Rundfunkaufsicht und freie Lizenzen für öffentlich-rechtliche Inhalte dominierten. Insgesamt 50 seiner “Erfahrungen, Einsichten und Erkenntnisse” hat Dobusch kurz und prägnant zusammengetragen.

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4. So war das mit den Faktenchecks nicht gedacht
(uebermedien.de, Frederik von Castell)
Der Beitrag von Frederik von Castell bei “Übermedien” thematisiert die aktuelle Praxis von Faktenchecks in Medien. Er kritisiert, dass viele der sogenannte Faktenchecks nicht mehr nur die Fakten prüfen, sondern auch Kommentare und Wertungen enthalten, wie etwa bei den Überprüfungen von Äußerungen des CDU-Chefs Friedrich Merz über Asylbewerber. Von Castell argumentiert, dass durch solche Praktiken der Begriff “Faktencheck” immer mehr an Bedeutung verliere.

5. Warum wir oft fälschlicherweise von der “ehemaligen DDR” sprechen
(deutschlandfunk.de, Henry Bernhard)
Henry Bernhard weist in der Sprachkolumne “Sagen & Meinen” darauf hin, dass das Wort “ehemalig” von vielen Redaktionen, insbesondere im Bezug auf die DDR, oft falsch verwendet werde. Während es korrekt sei, von der DDR als “ehemalig” zu sprechen, wenn man die fünf “jetzt auch nicht mehr so neuen Bundesländer” meine, sollte man bei historischen Bezügen schlicht “DDR” und nicht “ehemalige DDR” verwenden. Außerdem erläutert Bernhard den Unterschied zwischen “ehemalig” und “damalig”, wobei sich “damalig” auf einen bestimmten Zeitpunkt in der Vergangenheit beziehe, während “ehemalig” einen früheren Zustand beschreibe.

6. Sendung mit der Maus: Türen auf für Pseudowissenschaft?
(volksverpetzer.de, Oliver Rautenberg)
Die “Sendung mit der Maus” ist für ihre Entscheidung kritisiert worden, im Rahmen ihrer Aktion “Türen auf mit der Maus” Kindern einen Besuch in einem Homöopathie-Labor zu ermöglichen. Viele Fans der Sendung hätten sich enttäuscht über diese Entscheidung geäußert, da Homöopathie nicht über den Placebo-Effekt hinaus wirke, so Oliver Rautenberg beim “Volksverpetzer”. Sein Fazit: “Die Maus genießt einen riesigen Vertrauensvorschuss, bei mir und bei den meisten anderen Maus-Fans. Den sollte sie nicht derart leichtfertig verspielen.”

Untergetaucht, Gestohlenes Wort, Chatkontrolle als Dauerthema

1. Untergetauchte Linksextremisten: Aktenzeichen NDR/WDR ungelöst
(uebermedien.de, Sebastian Weiermann)
Sebastian Weiermann kritisiert bei “Übermedien” die Berichterstattung von tagesschau.de über untergetauchte Linksextremisten. Die Nachrichtenseite habe Informationen von NDR und WDR über eine bevorstehende Öffentlichkeitsfahndung nach Johann G. und die Existenz von 20 untergetauchten Linksextremisten in Deutschland übernommen, wobei sich der Beitrag im Wesentlichen auf Angaben von Sicherheitsbehörden stütze und eine Einordnung fehle. Weiermann findet: “Dass sich ein Rechercheverbund, der sich investigativen Journalismus auf die Fahnen schreibt, für diese recht durchschaubare Sicherheitsbehörden-PR einspannen lässt, ist ein fragwürdiges Tauschgeschäft.”

2. Die Geburtsstunde der Synthetic Social Networks
(gutjahr.biz)
Wie der Konzern Meta auf einer Konferenz ankündigte, will er Facebook, Instagram und Whatsapp mit künstlich erzeugten Personas ausstatten, die sich an echten Berühmtheiten wie Football-Star Tom Brady, Rapper Snoop Dogg oder Starlet Paris Hilton orientieren. Richard Gutjahr hält dieses Spiel mit KI-Figuren für einen “diabolischen Schachzug” und kommentiert: “Falsche Freunde, denen wir unsere intimsten Gedanken, Sorgen, Wünsche und Ängste anvertrauen, damit IT-Konzerne unsere Stärken und Schwächen lebenslang auf ihren Servern speichern, auswerten und an Dritte verkaufen? Was könnte dabei wohl schiefgehen?”

3. Das gestohlene Wort
(zeit.de, Eike Kühl)
Bei “Zeit Online” thematisiert Eike Kühl die Verwendung von rund 197.000 Büchern aus illegalen Quellen für das Training großer KI-Sprachmodelle. Im Zentrum der Debatte steht der Datensatz “Books3”, der Werke von William Shakespeare bis Stephen King enthält und für KI-Modelle wie LLaMA von Meta und GPT-J von EleutherAI verwendet worden sei. Während einige Autorinnen, Autoren und Organisationen rechtliche Schritte gegen die aus ihrer Sicht unerlaubte Nutzung ihrer urheberrechtlich geschützten Werke einleiten, blicken andere, beispielsweise Stephen King, mit einer “schrecklichen Faszination” auf die unaufhaltsame Entwicklung kreativer Künstlicher Intelligenz.

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4. Beruf: Chatkontrolle
(netzpolitik.org, Chris Köver, Audio: 22:48 Minuten)
Im Mai 2022 schlug die EU-Kommission ein neues Gesetz zur Bekämpfung von sexualisierter Gewalt gegen Kinder vor: Private Chats und Nachrichten sollen nicht nur von Verdächtigen, sondern von allen Menschen in der EU gescannt werden. Seitdem gibt es heftige Kritik an diesem Vorhaben, Experten sprächen von einer “nie dagewesenen Überwachungsstruktur” und einem “digitalen Angriff” auf die Privatsphäre. Chris Köver hat sich mit ihrem netzpolitik.org-Kollegen Markus Reuter unterhalten: “Wie ist es, zwei Jahre lang rauf und runter über ein Gesetzesvorhaben zu berichten, das viele betrifft, aber nur wenige so richtig aufregt?”

5. Ändern und streichen
(taz.de, Mark Spitz)
Mark Spitz schreibt über die aktuellen Herausforderungen und Veränderungen beim Mitteldeutschen Rundfunk (MDR). Der Sender stehe symbolisch für den Reformdruck im öffentlich-rechtlichen System, insbesondere die Kulturformate hätten es schwer. Spitz geht in seinem Text auf verschiedene interne Probleme und Skandale des Senders ein. Außerdem thematisiert er die Auswirkungen der ARD-Reformen und der veränderten Mediennutzung auf den MDR und dessen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

6. “Dorthin schauen, wo nur äußerst selten hingeschaut wird.” – Antje Pieper über 50 Jahre “Auslandsjournal”.
(turi2.de)
Antje Pieper spricht im Interview mit “turi2” über das 50-jährige Bestehen des ZDF-“Auslandsjournals”, das sie seit 2014 moderiert. Sie betont die Bedeutung der Sendung in der heutigen Zeit, da sie die Möglichkeit biete, Geschichten hinter den Nachrichten zu erzählen und das Weltgeschehen aus verschiedenen Perspektiven zu beleuchten. Pieper, die selbst neun Jahre als Studioleiterin in Rom tätig war, schätzt die Möglichkeit, nicht nur aus Mainz, sondern direkt von vor Ort berichten zu können, und hebt die Arbeit der Korrespondentinnen und Korrespondenten hervor.

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