Bei der “Bild am Sonntag” hatten sie eine Idee für ein neues Interview-Format:
Für Teil 2 “dieser neuen BamS-Serie” (in Runde 1 befragte Schlagersängerin Andrea Berg CSU-Chef Horst Seehofer) wählte die Redaktion als Politiker Alexander Gauland von der AfD aus und als Star Entertainerin Désirée Nick:
Und welche Fragen an Gauland sind Nick nun “persönlich wichtig”? Solche hier:
Warum sind Sie immer so britisch gekleidet?
Ich dachte, Sie sind Single!!!
Haben Sie einen Künstlernamen? “Gauland” ist ja kein französischer Name.
Haben Sie Frau Merkels Mobilnummer? Für Notfälle?
Wollen Sie meine Telefonnummer haben?
Wir könnten dann auch über Rotwein reden …
Ihre Krawatte mit den Hunden habe ich schon oft im Fernsehen gesehen. Das ist Ihre Lieblingskrawatte, oder?
Wobei diese Zusammenstellung nicht ganz fair ist, weil das Debakel am Ende gar nicht so groß ist, wie man es erstmal befürchten könnte. Désirée Nick hakt hier und da nach, sie hat sich vor dem Gespräch immerhin die AfD-Wahlplakate angeschaut und bei einzelnen Themen auch eine klare eigene Meinung.
Trotzdem finden wir es fatal, einem erfahrenen, gewieften Politiker wie Alexander Gauland nicht einen mindestens genauso erfahrenen Interviewer gegenüberzustellen; einen, der im politischen Diskurs steckt, der fundiert widersprechen kann, der nicht auf Parolen reinfällt. Stattdessen lässt “Bild am Sonntag” den AfD-Spitzenkandidaten auf zwei kompletten Seiten (plus eine Seite Aufmacher-Foto und Überschrift) gegen Ausländer, gegen den Islam, gegen alles Fremde reden, ohne dass er dabei allzu viel Gegenwind bekommt.
An einer Stelle im Interview wird dieses Problem ganz deutlich. Désirée Nick sagt zu Alexander Gauland:
Sie sagen: Unsere Deutschen machen wir uns selber!
Gauland antwortet:
Na, klar. Wir brauchen keine ausländischen Arbeitskräfte.
Jemand, der es gewohnt ist, in Interviews gut aufzupassen und kritisch nachzufragen, würde diesem Unsinn sicher widersprechen. Man könnte den Fachkräftemangel anführen, man könnte die Situation in der Pflege, im Handwerk ansprechen, man könnte Gauland fragen, wie er sich Deutschland ohne ausländische Arbeitskräfte vorstellt. Désirée Nick macht nichts davon. Sie lässt Gaulands Aussage einfach so stehen, als wäre faktisch daran nichts auszusetzen. Nick will lieber übers Kindermachen sprechen:
Ich spreche von Zeugung.
In der “Bild”-Zeitung erschien gestern dieser kleine “Wahlkampf-Fakten-Check”:
Dass “Bild” etwas korrigiert, was in “Bild am Sonntag” steht, ist gut, auch wenn die “Bild”-Redaktion so tut, als würde das Problem einzig bei Alexander Gaulands Aussage liegen. Es ist aber ebenfalls problematisch, dass der “BILD Wahlkampf-Fakten-Check” überhaupt erst nötig ist, weil “Bild am Sonntag” Micky Maus Désirée Nick zum Interview mit Alexander Gauland geschickt hat und nicht jemanden, der dem AfD-Politiker hätte Paroli bieten können.