Reichelt verliert, Verleger fordern, Angst vor der Abschiebung

1. Seenotretter bringt Reichelt ins Schwimmen
(t-online.de, Lars Wienand)
Der geschasste “Bild”-Chefredakteur Julian Reichelt hat nach Feststellung des Landgerichts Berlin in seinem Youtube-Format “Achtung, Reichelt!” die Unwahrheit über den Seenotretter Axel Steier verbreitet. Reichelt müsse die entsprechende Sequenz aus einem Video entfernen und eine Gegendarstellung veröffentlichen, die mindestens so lange in seinem Youtube-Kanal zu sehen sein müsse wie die falsche Behauptung. Zuvor sei bereits Jan Böhmermann erfolgreich gegen Reichelt vorgegangen.

2. Verleger fordern Regeln im Umgang mit KI
(persoenlich.com)
Der Verlegerverband Schweizer Medien (VSM) fordert Regeln für den Umgang mit Künstlicher Intelligenz (KI) in den Medien: “Der VSM fordert von den KI-Betreibern und ihren Anwendungen die Berücksichtigung des Geistigen Eigentums, Fairness in Markt und Wettbewerb, Transparenz über die Verwendung von Inhalten, Qualität und Integrität der Inhalte, Sicherheit und Verantwortung sowie Kooperationen zwischen KI-Betreibern und Medien.”
Hörtipp in eigener Sache: Der “6-vor-9”-Kurator hat bei radioeins den “AI Act” der EU kommentiert: “Die Unternehmen möchten viel Freiraum und wenig Regulierung. Sie haben erreicht, dass Deutschland, Frankreich und Italien eine Art freiwillige Selbstkontrolle ins Gesetz geschrieben haben, was ungefähr so ist, als wenn man den Autoherstellern erlauben würde, die Verkehrsregeln zu bestimmen.” (radioeins.de, Audio: 4:21 Minuten)

3. HR-Redaktionsausschuss sieht journalistische Qualität in Gefahr
(dwdl.de, Timo Niemeier)
Wie “DWDL” berichtet, befürchtet der Redaktionsausschuss des Hessischen Rundfunks (HR) eine Verschlechterung der journalistischen Qualität des öffentlich-rechtlichen Senders. Die Kritik richte sich vor allem gegen die geplante Umstrukturierung bei der sogenannten “Hessen-Unit”, die nach Ansicht des Ausschusses zu Lasten der inhaltlichen Vielfalt und Tiefe gehen könnte. Der HR selbst sehe die Sache naturgemäß etwas anders: Der Redaktionsausschuss gehe in seiner Darstellung von “teilweise unrichtigen oder in falschem Kontext stehenden Sachverhalten aus”.

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4. Angst vor der Abschiebung
(reporter-ohne-grenzen.de)
Reporter ohne Grenzen (ROG) sorgt sich um die nach Pakistan geflüchteten afghanischen Journalistinnen und Journalisten und kritisiert das Verhalten der deutschen Regierung: “Die Situation ist absurd: Die Bundesregierung bestellt erst alle Personen nach Pakistan, die im Rahmen des Bundesaufnahmeprogramms eine neue, sehr zeitaufwendige Sicherheitsprüfung durchlaufen müssen. Dann ist sie aber offenbar nicht in der Lage, die Sicherheit dieser Personen vor Ort zu garantieren”, so ROG-Geschäftsführer Christian Mihr: “Unter den Betroffenen sind zahlreiche gefährdete Journalistinnen und Journalisten. Was können wir ihnen sagen, was sollen wir ihnen raten, wenn sie sich verzweifelt an uns wenden und um Hilfe bitten?”

5. MDR: “Debatte” um die Funkhäuser in Halle und Dresden
(flurfunk-dresden.de)
Der Artikel von “Flurfunk Dresden” beschäftigt sich mit der aktuellen Debatte, ob und welche Funkhäuser der MDR im Zuge von Sparmaßnahmen schließen werde, und spricht in diesem Zusammenhang von einer Scheindebatte: “Um es vorwegzunehmen: Nein, der MDR kann keinen Standort einfach so schließen. Dafür müssten erst die drei beteiligten Bundesländer den Staatsvertrag entsprechend ändern.”

6. 🤭
(uebermedien.de, Boris Rosenkranz)
“WAS DARF ICH HEUTE NOCH SAGEN?” brüllt der “Stern” diese Woche in Großbuchstaben vom Cover. Für Boris Rosenkranz ein willkommener Anlass, sich einmal umzuschauen, wo überall diese Frage (oft mit ähnlicher Halte-den-Mund-zu-Bebilderung) schon aufgetaucht ist.

Medien verstehen nur Bahnhof, RIP Presseförderung, Wikipedia-Charts

1. Drohungen nehmen zu
(reporter-ohne-grenzen.de)
Bei pro-palästinensischen Demonstrationen in Deutschland ist es in den vergangenen Wochen vermehrt zu Drohungen, Beleidigungen und Angriffen gegen Journalistinnen und Journalisten gekommen. Die Organisation Reporter ohne Grenzen verurteilt diese Entwicklung und appelliert an Staat und Medien: “Polizei und Sicherheitsbehörden müssen Medienschaffende bei Demonstrationen konsequent schützen und das Grundrecht auf Pressefreiheit durchsetzen. Aber auch die deutschen Medienhäuser müssen sich der Verantwortung gegenüber ihren Mitarbeitenden stärker bewusst werden und Sicherheitskonzepte für die Berichterstattung in polarisierten öffentlichen Räumen entwickeln oder bestehende besser umsetzen.”

2. “European Railway Station Index”: Medien verstehen nur Bahnhof
(uebermedien.de, Sebastian Wilken)
Sebastian Wilken kritisiert bei “Übermedien” die Berichterstattung über den “European Railway Station Index”, der deutschen Bahnhöfen ein schlechtes Zeugnis ausstellt. Die Studie stamme von einer umstrittenen US-Lobbyorganisation und basiere auf fragwürdigen Kriterien. Und in der Tat ist es bemerkenswert, wie viele und durchaus renommierte Medien diese Studie unkritisch übernommen haben.

3. RIP Presseförderung
(verdi.de, Günter Herkel)
Günter Herkel beschreibt in seinem Beitrag das “Begräbnis mit Ansage” der staatlichen Presseförderung in Deutschland. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Finanzierung des Klima- und Transformationsfonds fehle der finanzielle Spielraum für die Förderung. Deren Scheitern habe sich allerdings schon vor dem Urteil und den damit verbundenen Sparmaßnahmen abgezeichnet.

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4. “Die Viva-Story”: Eine Fernsehgeschichte über Fernsehgeschichte
(dwdl.de, Thomas Lückerath)
“DWDL”-Chef Thomas Lückerath hat sich die dreiteilige TV-Doku “Die Viva-Story – zu geil für diese Welt” angeschaut und ist äußerst angetan. Die von Florida Factual produzierte Reihe sei ein “gut zugänglicher Balance-Akt zwischen Fakten und Erinnerung, Nostalgie und Kritik. Aufstieg, Triumph und Fall des Senders in rund 100 Minuten. Eine nostalgische Zeitreise, visuell stimmig und mit Liebe zum Detail in Szene gesetzt.” Die Serie ist in der ARD-Mediathek verfügbar: Folge 1, Folge 2, Folge 3.

5. “Gedruckte Magazine haben etwas herrlich Sinnliches” – Christoph Schwennicke über Print-Liebe, Online-Journalismus und die Aussichten fürs LSR.
(turi2.de, Markus Trantow)
Im Interview mit “turi2” spricht Christoph Schwennicke über seine journalistische Karriere, einschließlich seiner Zeit bei “Cicero” und Corint Media. In dem Gespräch geht es unter anderem um seine damaligen Bemühungen, das Leistungsschutzrecht gegen die US-amerikanischen Tech-Giganten durchzusetzen, den politischen Journalismus in Deutschland und Schwennickes neue Rolle bei t-online.de.

6. Das waren 2023 die meistgelesenen Wikipedia-Artikel
(spiegel.de)
Die englischsprachige Wikipedia hat eine Übersicht der am häufigsten aufgerufenen Artikel des Jahres 2023 veröffentlicht. Jener über ChatGPT führt die Liste an. Insgesamt wurden die Wikipedia-Artikel in allen Sprachen zu dem KI-Chatbot über 78 Millionen Mal aufgerufen. Unter den Top 3 der englischsprachigen Wikipedia-Beiträge finden sich auch ein Überblick über bemerkenswerte Todesfälle im Jahr 2023 und ein Artikel über die Cricket-Weltmeisterschaft.

Langsames Sterben, “FragDenStaat” im Fadenkreuz, Bürgergeld-Debatte

1. FragDenStaat im Fadenkreuz der Staatsanwaltschaft
(netzpolitik.org, Zeynep Yirmibesoglu)
Die Transparenzplattform “FragDenStaat” ist wegen der Veröffentlichung von Gerichtsdokumenten aus laufenden Strafverfahren in eine Auseinandersetzung mit der Berliner Staatsanwaltschaft geraten. Diese ermittelt gegen den Projektleiter Arne Semsrott, weil er amtliche Dokumente – mit Einwilligung der Betroffenen und Schwärzung personenbezogener Daten – veröffentlicht hat. Semsrott habe dieses Risiko bewusst in Kauf genommen, da “FragDenStaat” die Veröffentlichungsbeschränkungen als verfassungswidrig und als Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention ansehe.

2. Eine Zeitung stirbt langsam
(taz.de, Andreas Wyputta)
Wie die “taz” berichtet, werde die “Neue Westfälische” (“NW”) ab April 2024 kaum noch eigene Inhalte produzieren. Stattdessen sollen Beiträge vom “Redaktionsnetzwerk Deutschland” übernommen werden. Entlassungen von Redakteurinnen und Redakteuren will die Geschäftsführung der “NW” nicht vornehmen, in anderen Bereichen wie Layout/Grafik und Assistenz könne es jedoch zu betriebsbedingten Kündigungen kommen. Vertraglich festgeschrieben sei davon jedoch noch nichts, wie Andreas Wyputta in der “taz” anmerkt.

3. Zu viel Fokus auf Extremfälle
(deutschlandfunk.de, Anh Tran, Audio: 6:27 Minuten)
Die aktuelle Diskussion um das Bürgergeld in Deutschland ist geprägt von Populismus und Desinformation. Teilweise sei dies eine Reaktion auf die derzeitige Haushaltsmisere, in der die Politik nach Einsparmöglichkeiten sucht. Dies lässt anscheinend die kampagnenartige Berichterstattung gegen das Bürgergeld wieder aufflammen, über die wir bereits berichtet haben. Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, stellt dazu klar: “Es ist ein Mythos zu behaupten, jemand würde mehr Geld bekommen, wenn er nicht arbeitet – das stimmt schlichtweg nicht. Selbst bei einer Single-Person ist der Unterschied zwischen Bürgergeld und Mindestlohn je nach Region in der Regel zwischen 250 und 300 Euro.”

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4. Reporterin verschwunden
(reporter-ohne-grenzen.de)
Die Journalistin Minnie Chan, Chefreporterin der “South China Morning Post”, wird seit Ende Oktober in China vermisst. Sie war nach Peking gereist, um über eine Sicherheitskonferenz zu berichten, und sei seitdem für ihre Freunde nicht mehr erreichbar. Reporter ohne Grenzen (ROG) zeigt sich sehr beunruhigt über das Verschwinden der Journalistin: “Es ist leider gängige Praxis des chinesischen Regimes, Medienschaffende zu entführen und für Monate willkürlich in sogenannten schwarzen Gefängnissen festzuhalten. Dort werden sie ihrer Rechte beraubt und oft misshandelt. Peking muss sofort den Aufenthaltsort von Minnie Chan bekanntgeben und – sollte sie festgehalten werden – die Journalistin freilassen”, so ROG-Geschäftsführer Christian Mihr.

5. MDR rechnet 2024 mit deutlichem Verlust
(dwdl.de, Manuel Weis)
Für das Jahr 2024 erwarte der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) ein Defizit von 56,7 Millionen Euro, wobei die Gesamtaufwendungen bei 780,6 Millionen Euro liegen sollen. Dieses Defizit soll durch Entnahmen aus vorhandenen Rücklagen gedeckt werden. Intendant Ralf Ludwig sehe den öffentlich-rechtlichen Sender trotz des Defizits als “finanziell und wirtschaftlich solide aufgestellt” an, berichtet Uwe Mantel bei “DWDL”.
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6. YouTuber zu sechs Monaten Haft verurteilt
(spiegel.de)
Der US-amerikanische Youtuber Trevor Jacob wurde zu sechs Monaten Haft verurteilt, weil er absichtlich ein Flugzeug in einem Nationalpark abstürzen ließ, um hohe Klickzahlen auf der Videoplattform zu erzielen. Jacob hatte die Aktion in einem spektakulären Video festgehalten, das er später in seinem Youtube-Kanal veröffentlichte.

Spotify entlässt, Filmbranche sorgt sich, Kindgerecht informieren

1. “Ich will da lebendig rauskommen”
(journalist.de, Jan Freitag)
Für den “journalist” spricht Jan Freitag mit Sophie von der Tann, die seit zwei Jahren als Korrespondentin im ARD-Studio Tel Aviv arbeitet. Zum Thema Risikobereitschaft sagt von der Tann: “Was ich suche, ist gute Berichterstattung, und für diese Berichterstattung muss man eben auch vor Ort sein. Dabei geht es allerdings überhaupt nicht darum, sich zu gefährden, sondern im Gegenteil: Risiken sorgsam abzuwägen, durch gute Vorbereitung zu minimieren und im Fall, dass die Sicherheit nicht mehr gewährleistet ist, zu gehen und nicht um den Preis guter Bilder unbedingt dort zu stehen, wo es knallt. Denn das hat für mich nichts mit gutem Journalismus zu tun.”

2. Spotify entlässt rund 1500 Angestellte
(spiegel.de)
Man könnte meinen, dass Spotify als weltweite Nummer 1 im Musikstreaming auch wirtschaftlich erfolgreich ist, aber das ist nicht der Fall. Das Unternehmen hat es nur selten geschafft, schwarze Zahlen zu schreiben. Vor einiger Zeit kündigte der Marktführer an, die Preise zu erhöhen. Nun will sich Spotify von 1.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern trennen, was 17 Prozent der Belegschaft entspricht.

3. “Krisenjahr 2024”: Produzentenallianz ist wenig optimistisch
(dwdl.de, Timo Niemeier)
Wie Uwe Mantel bei “DWDL” berichtet, ist die Produzentenallianz, die Interessenvertretung der Film- und TV-Produzenten, wenig optimistisch, was das kommende Jahr angeht. Der Branche stehe gar ein “Krisenjahr” bevor. Zu den Herausforderungen würden sinkende Filmförderungen, die unklare Zukunft des Fördermodells, die Haushaltskrise, steigende Produktionskosten und zurückhaltende Auftraggeber zählen.

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4. LinkedIn für Journalismus vor Aus
(taz.de, Lotta Laloire)
Die Plattform “Torial”, ein “digitales Portfolio für Journalisten”, steht vor dem Aus, weil die Schwingenstein-Stiftung als Trägerin keine Mittel zum Weiterbetrieb habe. Die Suche nach neuen Trägern und möglichen Lösungen gehe jedoch weiter, auch wenn der Deutsche Journalisten-Verband und Freischreiber bereits auf ihre begrenzten Mittel hinweisen und Verdi eine Übernahme aus Satzungsgründen ausschließt.

5. Kindgerecht über den Krieg in Nahost informieren
(deutschlandfunk.de, Isabelle Klein & Martin Krebbers, Audio: 5:45 Minuten)
Nicht nur Erwachsene, auch Kinder haben ein Recht auf Information. Doch wie kann man zum Beispiel kindgerecht über den Krieg in Nahost berichten? Darüber spricht der Deutschlandfunk mit Constanze Knöchel, die auch für die ZDF-Kindernachrichten “logo!” verantwortlich ist. Interessant für Eltern: Die im Beitrag verlinkten Seiten mit journalistisch und altersgerecht aufbereiteten Informationen zum Nahost-Krieg.

6. Ich glaub, es geht schon wieder los
(open.spotify.com, Gavin Karlmeier & Dennis Horn, Audio: 58:01 Minuten)
Der Podcast “Haken dran” diente Gavin Karlmeier und Dennis Horn ursprünglich dazu, ihren Frust über die unerfreulichen Entwicklungen beim Kurznachrichtendienst Twitter/X zu verarbeiten. Innerhalb kurzer Zeit entwickelte sich das Format zu einer anerkannten Informationsquelle über die Plattform, bis Dennis Horn aus beruflichen Gründen seinen Rückzug ankündigte. Nun gibt es einen Relaunch, bei dem Karlmeier wechselnde Gäste begrüßen will. Den Anfang macht “Haken-Dran”-Gefährte Horn.

Putin-Huldiger freigestellt, Warnstreik, Wissenschaftsverlage

1. »Bild« stellt Chefreporter frei
(spiegel.de)
Wie der “Spiegel” unter Berufung auf “Übermedien” (nur mit Abo lesbar) berichtet, ist der Dresdner “Bild”-Chefreporter Jürgen Helfricht vom Axel-Springer-Verlag freigestellt worden. Hintergrund sei Helfrichts “Mitwirkung an einem Buchprojekt, über das die Redaktion nicht informiert wurde und das sie niemals genehmigt hätte”, so ein Springer-Sprecher. Gemeint ist das Buch “Russland lieben lernen”, in dem Wladimir Putin gehuldigt werde. Helfrichts Co-Autor Hans-Joachim Frey habe von Putin für seine Dienste gar einen Orden bekommen.

2. Es geht um die Zukunft
(taz.de, Ann-Kathrin Leclère)
Bei der “Frankfurter Rundschau” gab es am Freitag einen Warnstreik, an dem sich über die Hälfte der Mitarbeitenden beteiligt hätte. Der Streik führte zu einer Notausgabe der Zeitung und zielte darauf ab, die Geschäftsführung zu Verhandlungen zu bewegen. Die Belegschaft kritisiere, dass einige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weit unter Tarif bezahlt würden, was vor allem die Jungen unter ihnen betreffe, die sich dadurch das Leben im Rhein-Main-Gebiet nicht leisten könnten.

3. Warum Gewinne von Wissenschaftsverlagen die Gesellschaft doppelt kosten
(netzpolitik.org, Aline Blankertz)
Frei geteiltes Wissen nützt der Gesellschaft, doch die Geschäftsmodelle der Wissenschaftsverlage verhindern dies, kritisiert Aline Blankertz. Open Access, auch wenn es sich immer mehr durchsetzt, löse das Problem nicht vollständig, da hohe Publikationsgebühren für Autoren und Autorinnen bestehen bleiben. Trotz der Digitalisierung, die die Verbreitung von Wissen vereinfache, kontrollierten wenige große Verlage den Markt, was zu hohen Publikationskosten und einer Einschränkung des freien Wissensaustauschs führe.

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4. “Der Unterschied zu Journalisten: Ich kenne die wirkliche Geschichte” – Medienanwalt Christian Schertz über Diskurs-Kultur und schlechten Journalismus.
(turi2.de)
In einem ausführlichen Interview mit “turi2” kritisiert der Medienanwalt Christian Schertz die Qualität des Journalismus, insbesondere von Zeitschriften wie “Spiegel” und “Bunte”. Diese würden seiner Ansicht nach zunehmend boulevardesker und verstärkt Persönlichkeitsrechte verletzen. Schertz betont die Notwendigkeit, “alle Meinungen, so schwer es auch fällt, die in der Gesellschaft vertreten werden und nicht extremistisch sind”, in der Berichterstattung zu berücksichtigen, um eine einseitige Perspektive und Vorverurteilungen zu vermeiden.

5. Die Macht der Bilder
(br.de, Nina Landhofer, Audio: 31:15 Minuten)
Der aktuelle Nahost-Konflikt werde auch in den Sozialen Medien ausgetragen, unter anderem mit Bildern und emotionalen Stories. Wie Medienschaffende mit “der Macht der Bilder” umgehen, worauf sie achten können und sollten und was das alles mit ihnen macht, darüber spricht Nina Landhofer mit Mike Lingenfelser aus dem ARD-Studio Tel Aviv, der Fotografin Patricia Kühfuss und der Medienwissenschaftlerin Christine Meltzer.

6. “Anne Will” geht, die Talkshow bleibt
(tagesspiegel.de, Joachim Huber)
Beim “Tagesspiegel” nimmt Joachim Huber den Abschied der ARD-Talkerin Anne Will zum Anlass, hart mit den aktuellen Talkshows ins Gericht zu gehen: “Der politische Talk, ob ‘hart aber fair’, ‘Maybrit Illner’, ‘Markus Lanz’ oder eben ‘Anne Will’, neigt zur Cliquenbildung aus Politik und Journalismus. Der Zuschauer bleibt im buchstäblichen Sinne Zuschauer. Das ist dem Format nicht gut bekommen. Das unfreundlich gemeinte Wort von den ‘Eliten’ vermindert den Mehrwert und den Erkenntnisgewinn für das Publikum.”

KW 48/23: Hör- und Gucktipps zum Wochenende

Hurra, Wochenende – und damit mehr Zeit zum Hören und Sehen! In unserer Wochenendausgabe präsentieren wir Euch eine Auswahl empfehlenswerter Filme und Podcasts mit Medienbezug. Viel Spaß bei Erkenntnisgewinn und Unterhaltung!

***

1. Geht’s noch?!?!
(zeit.de, Alice Bota & Michael Thumann, Audio: 41:50 Minuten)
Der Journalist und Dokumentarfilmer Hubert Seipel, bekannt für seine Bücher über und Interviews mit Wladimir Putin, soll Recherchen von ZDF und “Spiegel” zufolge 600.000 Euro aus dem Umfeld des russischen Präsidenten erhalten haben. Der NDR hat daraufhin eine Untersuchungskommission eingerichtet, der Verlag Hoffmann und Campe Seipels Bücher aus dem Verkauf genommen. Im “Ostcast” von “Zeit Online” sprechen Alice Bota und Michael Thumann über den Fall.

2. Übersehen Medien vor lauter Einzelfällen strukturellen Antisemitismus?
(uebermedien.de, Holger Klein, Audio: 28:16 Minuten)
Diese Woche gab der Musiker Gil Ofarim zu, sich einen antisemitischen Übergriff gegen ihn durch einen Hotelmitarbeiter in Leipzig nur ausgedacht zu haben (in seiner Kolumne bei radioeins hat der “6-vor-9”-Kurator eine Einordnung versucht). Im “Übermedien”-Podcast hat sich nun Holger Klein mit Laura Cazés unterhalten, die bei der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland den Bereich Kommunikation und Digitalisierung leitet. In dem Gespräch geht es um die Fragen: “Was können Journalist:innen besser machen, wenn sie über Antisemitismus berichten? Welche Stimmen werden zu wenig gehört? Und was hat sich seit dem 7. Oktober, dem terroristischen Überfall der Hamas auf Israel, für Jüdinnen und Juden in Deutschland verändert?”

3. Krieg in Nahost: Medien und die Vielfaltsgesellschaft
(sueddeutsche.de, Nadia Zaboura & Nils Minkmar, Audio: 40:46 Minuten)
“Wie hat sich die Berichterstattung deutscher Medien seit dem Hamas-Massaker am 7. Oktober verändert? Welche Rolle spielen veränderte Gewohnheiten der Mediennutzung dabei, wie der Nahostkrieg sich in der deutschen Vielfaltsgesellschaft niederschlägt?” Darüber diskutieren Nadia Zaboura und Nils Minkmar in ihrem Podcast “quoted” mit dem Medienwissenschaftler und Politologen Kai Hafez.

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4. “Auf dem Silbertablett”
(message-online.com, Leonie Urbanczyk, Audio: 27:00 Minuten)
Nicht nur Journalistinnen und Journalisten, die im Investigativbereich oder in Ländern mit autoritären Regierungen arbeiten, sondern prinzipiell alle Medienschaffenden können mit digitalen Mitteln beobachtet, bestohlen oder auf unterschiedlichste Weise angegriffen werden. Wie können sich die in dieser Hinsicht gefährdeten Personen davor schützen? Darüber hat sich Leonie Urbanczyk mit Annkathrin Weis unterhalten, die als Journalistin und Sicherheitstrainerin in diesem Bereich tätig ist.

5. Kilian Riedhof: Der Fernsehfilm muss raus aus der Behaglichkeit
(laeuft-programmschau.podigee.io, Alexander Matzkeit, Audio: 21:26)
Anlässlich der TeleVisionale, einem Film- und Serienfestival in Baden-Baden, hat sich Alexander Matzkeit mit dem Filmregisseur und Autor Kilian Riedhof unterhalten, der Teil der Festivaljury ist. Die zunehmende Spaltung der Gesellschaft müsse in Fernsehfilmen dargestellt werden, so Riedhof. Das Fernsehen müsse seine Komfortzone verlassen: “Wir können uns nicht mehr verkriechen in unserem bundesdeutschen Kokon, sondern müssen uns einer stark veränderten weltpolitischen Situation stellen.”

6. Wie politisch ist das Wetter?
(open.spotify.com, Christian Jakubetz, Audio: 29:04 Sekunden)
Im “Satzzeichen”-Podcast begrüßt Christian Jakubetz den Meteorologen und Fernsehmoderator Karsten Schwanke, der für die ARD tätig ist und dort unter anderem im “Wetter vor acht” kurz vor der “Tagesschau” und in den “Tagesthemen” zu sehen ist. Es geht unter anderem um den Wandel der Wetterpräsentation in den vergangenen Jahrzehnten und um die Frage, wie der Klimawandel eingeordnet werden kann.

“Go fuck yourself”, Wohnungslose mit Obdach, Einfache “Tagesschau”

1. »Go f*** yourself« – Musk beschimpft abtrünnige Werbekunden
(spiegel.de)
Mehrere Unternehmen hatten ihre Werbung auf X/Twitter eingestellt, nachdem Eigentümer Elon Musk in einem Beitrag antisemitische Äußerungen gemacht hatte, die zu einer Kontroverse und einer Verurteilung durch das Weiße Haus führten. Nun hat Musk die abtrünnigen Werbekunden auf einer Konferenz wüst beschimpft (“Go fuck yourself!”) und dabei explizit Disney-Chef Bob Iger erwähnt. Sollte X finanziell scheitern, müssten sich diese einstigen Werbekunden öffentlich rechtfertigen, so Musk.

2. ARD will “Tagesschau” in einfacher Sprache starten
(dwdl.de, Uwe Mantel)
Wie Uwe Mantel bei “DWDL” berichtet, plant die ARD, ihre barrierefreien Angebote auszubauen, einschließlich der Einführung einer täglichen “Tagesschau”-Ausgabe in einfacher Sprache. Dieser Schritt sei Teil eines neuen Aktionsplans zur Barrierefreiheit, für den bis 2025 insgesamt 3,4 Millionen Euro investiert werden sollen. Die Zielgruppe für die “Tagesschau” in einfacher Sprache umfasse unter anderem die 6,2 Millionen Menschen in Deutschland, die als funktionale Analphabeten gelten.

3. Wohnungslose leben nicht zwingend auf der Straße
(deutschlandfunk.de, Annika Schneider, Audio: 2:09 Minuten)
Im “Sprachcheck” des Deutschlandfunks thematisiert Annika Schneider das oft verzerrte Bild von Wohnungslosigkeit in Medien, das vor allem Obdachlose auf der Straße zeige, während die Realität für die meisten Wohnungslosen anders aussehe. In Deutschland lebe die Mehrheit von ihnen nicht auf der Straße, sondern bei Bekannten oder in Obdachlosenunterkünften, und stelle damit den größten Teil der von Wohnungsnot betroffenen Menschen dar.

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4. Mit neuem Etikett zu Fördermitteln
(taz.de, Michael Bartsch)
In Sachsen würden freie Radios wie coloRadio in Dresden steigende Reichweiten und technischen Fortschritt verzeichnen, stünden aber vor finanziellen Herausforderungen und Unsicherheiten bezüglich der Förderung durch die sächsische Landesmedienanstalt. Ein neuer Wettbewerber, Radio WSW, der früher ein kommerzielles Format hatte, beantrage nun ebenfalls Fördermittel, was zu Spannungen führe. Die Situation spiegele die aktuellen Debatten um die Definition und Förderung des nichtkommerziellen Lokalfunks in Sachsen wider, schreibt Michael Bartsch in der “taz”.

5. Der Exxpress deckt einen EU-Skandal auf, der keiner ist.
(kobuk.at, Livio Koppe)
Livio Koppe kritisiert bei “Kobuk” einen Bericht des österreichischen Portals “Exxpress”, nach dem die EU für jede Abschiebung eines Flüchtlings in die Türkei 4,7 Millionen Euro gezahlt habe. Die EU-Gelder seien jedoch nicht direkt für die Rückführungen verwendet worden, sondern laut EU-Kommission für Grundbedürfnisse der Menschen, Bildung, Gesundheitsversorgung, kommunale Infrastruktur, Berufsausbildung und Grenzmanagement. Ein Sprecher der EU-Kommission sowie der Migrationsforscher Jochen Oltmer hätten “Kobuk” bestätigt, dass es falsch sei, die EU-Zahlungen ausschließlich auf die Abschiebekosten zu beziehen.

6. Linke Zeitungen in der Krise
(verdi, Günter Herkel)
Linke Zeitungen in Deutschland wie das “Neue Deutschland” und die “junge Welt” stünden vor finanziellen Schwierigkeiten, die durch die Auflösung des traditionellen linken Milieus und die Identitätskrise der politischen Linken verstärkt würden. Doch die immer neuen Appelle an die Spenden- und Solidaritätsbereitschaft des Publikums würden in Zeiten von Inflation und schwindender Kaufkraft an Grenzen stoßen, konstatiert Günter Herkel. Ein weitere Grund für die Krise ist aus seiner Sicht die zunehmende “Parzellierung” der Öffentlichkeit und die damit einhergehende Zersplitterung der linken Bewegung: “An der Schwelle zur digitalen Gesellschaft haben sich Öffentlichkeit und Gegenöffentlichkeit zudem radikal verändert. Social Media ermöglicht es selbst kleinsten Interessensgruppen, eigene Kommunikationskanäle zu schaffen und die eigene Peergroup zu bedienen.”

Abgehörtes Pressetelefon, Erfundene Autoren, Revolutionäre Geduld

1. Der Streit um das abgehörte Pressetelefon geht weiter
(netzpolitik.org, Anna Biselli)
Nachdem bekannt geworden war, dass die bayerische Polizei das Pressetelefon der “Letzten Generation” abgehört hatte, wandten sich drei betroffene Journalisten gemeinsam mit Reporter ohne Grenzen und der Gesellschaft für Freiheitsrechte an das Amtsgericht München, um die Maßnahme überprüfen zu lassen. Wie Anna Biselli bei netzpolitik.org berichtet, habe das Amtsgericht die polizeiliche Maßnahme für rechtmäßig erklärt. Die Organisationen und die Journalisten würden nun Beschwerde beim Landgericht einlegen, da sie in dem Vorgang einen klaren Verstoß gegen die Pressefreiheit sähen, insbesondere weil gezielt Gespräche von Journalistinnen und Journalisten abgehört worden seien.
Weiterer Lesehinweis: Der Bayerische Journalisten-Verband geht weiter gegen Abhörung eines Pressetelefons der “Letzten Generation” vor. (bjv.de)

2. WDR-Redakteur temporär in der Türkei festgenommen
(wdr.de, Samuel Acker)
Wie der WDR aus Sicherheitsgründen erst jetzt berichtet, wurde Tuncay Özdamar, Leiter der türkischen Redaktion von WDR Cosmo und seit rund 20 Jahren ausschließlich deutscher Staatsbürger, Ende September bei der Einreise in die Türkei überraschend festgenommen. Özdamar konnte nach einer Nacht in Haft und einer Anhörung die Türkei wieder verlassen, das Ermittlungsverfahren gegen ihn laufe aber weiter. “Festgenommen wurde Tuncay Özdamar mutmaßlich aus geradezu grotesken Gründen. Seine Ermittlungsakte lässt für den Zustand der türkischen Justiz Schlimmstes vermuten”, schreibt Samuel Acker bei WDR.de. Tipp: Es lohnt sich unbedingt, auf die unten im Beitrag verlinkten Fortsetzungsseiten zu klicken.
Weiterer Lesehinweis: Reporter ohne Grenzen verurteilt Festnahme von WDR-Redakteur in der Türkei. (reporter-ohne-grenzen.de)

3. «Sports Illustrated» liess KI Autoren und Texte erfinden
(infosperber.ch, Pascal Sigg)
Das vergleichsweise kleine Online-Medium “Futurism” hat aufgedeckt, dass die große und traditionsreiche US-Medienmarke “Sports Illustrated” KI-generierte Beiträge veröffentlicht hat, die die Redaktion mit gefälschten Fotos nicht existierender Autorinnen und Autoren versehen hat. Dabei habe es sich meist um Produktrezensionen gehandelt, die auf die Shops der jeweiligen Anbieter verwiesen hätten. Nachdem “Futurism” die Verantwortlichen mit den Vorwürfen konfrontiert hat, seien die Seiten gelöscht worden.

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4. “Traurig, enttäuscht, wütend”
(kontextwochenzeitung.de, Josef-Otto Freudenreich)
Wie kürzlich in den “6 vor 9” zu lesen war, stellt das ambitionierte Konstanzer Online-Magazin “Karla” seine Arbeit ein. Dem Mitte vergangenen Jahres gestarteten digitalen Stadtmagazin war es nicht gelungen, die notwendigen finanziellen Mittel für den Weiterbetrieb zu akquirieren. Das sei ein Verlust für Konstanz, aber auch ein Warnsignal für den gemeinnützigen Journalismus, schreibt Josef-Otto Freudenreich. Er hätte dem Magazin allerdings mehr Geduld empfohlen: “Mehr revolutionäre Geduld und darüber nachdenken, was falsch gelaufen ist, was besser zu machen ist.”

5. Fast jeder dritte Jugendliche erlebt im Netz sexuelle Belästigung
(zeit.de)
Die Studie “Jugend, Information, Medien” 2023 zum Medienumgang 12- bis 19-Jähriger (PDF) habe ergeben, dass Jugendliche im Internet häufig sexueller Belästigung, Beleidigungen und “Fake News” ausgesetzt seien. Laut der Umfrage wurden jedes dritte Mädchen und jeder vierte Junge im Jahr 2023 im Internet sexuell belästigt. Die Studie, die 1.200 Jugendliche in Deutschland im Alter von 12 bis 19 Jahren befragt hat, zeige auch, dass 23 Prozent der Jugendlichen im Monat vor der Befragung ungewollt mit pornografischen Inhalten konfrontiert worden seien.

6. “Streichkonzert im Blindflug”: Beim HR-Hörfunk brodelt’s
(dwdl.de, Uwe Mantel)
Uwe Mantel berichtet über die geplanten Sparmaßnahmen beim Hörfunk des Hessischen Rundfunks (HR) und die von der HR-Belegschaft befürchteten Folgen. Die Einsparungen würden als Bedrohung der Programmvielfalt gesehen und könnten nach Ansicht der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu zunehmenden Leerstellen im Programm sowie zu einem Legitimationsproblem des öffentlich-rechtlichen Rundfunks führen​​​​. Im Sender zirkuliere ein offener Brief an Intendant Florian Hager, der bereits von über 130 Personen unterzeichnet worden sei. Dort sei von einem “Raubbau in den Hörfunk-Programmen” die Rede.

Ofarim gesteht Lüge, Widerstand gegen Meta-Abo, Glühwein-TV

1. “Die Vorwürfe treffen zu”: Ofarim gesteht Lüge bei Prozess in Leipzig
(lvz.de, Frank Döring)
Im Prozess gegen Gil Ofarim wegen Verleumdung und falscher Verdächtigung hat der Musiker überraschend ein Geständnis abgelegt. Er hatte behauptet, in einem Leipziger Hotel antisemitisch beleidigt worden zu sein, was, wie Ofarim nun zugibt, frei erfunden war. Das Verfahren wurde gegen eine Geldauflage in Höhe von 10.000 Euro eingestellt. Der Zentralrat der Juden schreibt in einer Stellungnahme auf X/Twitter: “Damit hat Gil Ofarim all denen, die tatsächlich von Antisemitismus betroffen sind, großen Schaden zugefügt.”

2. Widerstand von NOYB gegen Meta-Abo
(netzpolitik.org, Leonhard Pitz)
Die österreichische Organisation “None Of Your Business” (“NOYB”) geht juristisch gegen Metas neues Abo-Modell vor, das europäische Nutzerinnen und Nutzer zwinge, entweder für den Datenschutz zu zahlen oder Tracking zu akzeptieren. Dies sei aus Sicht der NGO rechtswidrig und schließe arme Menschen aus. Felix Mikolasch, Datenschutzjurist bei “NOYB”, sagt: “Das EU-Recht verlangt, dass die Einwilligung den freien Willen der Nutzer:innen darstellt. Im Widerspruch zu diesem Gesetz erhebt Meta eine ‘Datenschutzgebühr’ von bis zu 250 Euro pro Jahr, wenn jemand es wagt, sein Grundrecht auf Datenschutz wahrzunehmen.”

3. Piraten der Pressefreiheit
(taz.de, Johanna Treblin)
Radio Dreyeckland, das erste freie Radio Deutschlands, sei 1977 als Reaktion auf die Inbetriebnahme des Atomkraftwerks Fessenheim im Elsass und als Plattform für Graswurzeljournalismus gegründet worden. Der Sender habe eine “kleine Medienrevolution” ausgelöst und den Weg für weitere selbstorganisierte, nichtkommerzielle Radiosender geebnet. In diesem Jahr geriet Radio Dreyeckland in die Schlagzeilen, als bei Geschäftsführer Andreas Reimann und Redakteur Fabian Kienert Hausdurchsuchungen stattfanden. Johanna Treblin fasst in der “taz” die Geschichte des Senders von der Gründung bis heute zusammen.

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4. Instagram schlägt Erwachsenen gezielt sexualisierte Inhalte mit Kindern vor
(spiegel.de)
Nach Recherchen des “Wall Street Journal” (nur mit Abo lesbar) habe der Instagram-Algorithmus insbesondere Followern von Teenagern und jungen Influencern offenbar gezielt sexualisierte Inhalte mit Minderjährigen empfohlen. Diese Inhalte seien häufig mit Werbung großer Marken verknüpft gewesen, was zu Beschwerden und dem Rückzug einiger Werbetreibender von der Plattform geführt habe. Problematisch erscheint, dass Instagram sich der Thematik wohl bewusst war, aber nicht entschieden genug eingeschritten ist.

5. 15 Jahre Neue deutsche Medienmacher*innen
(deutschlandfunk.de, Isabelle Klein)
Die “Neuen deutschen Medienmacher*innen”, eine Organisation zur Förderung von Vielfalt in den Medien, feiern ihr 15-jähriges Bestehen. Ursprünglich ein Stammtisch von etwa 200 Journalistinnen und Journalisten mit internationaler Herkunft umfasst das Netzwerk heute rund 2.000 Medienschaffende. Es hat unter anderem ein Glossar für diversitätssensible Berichterstattung entwickelt, ein Mentoring-Programm ins Leben gerufen und es vergibt den Medien-Negativpreis “Die Goldene Kartoffel”. Isabelle Klein hat sich mit Geschäftsführerin Elena Kountidou über Diversität in den Medien unterhalten.

6. Aufgedeckt: Es gibt Glühwein auf dem Weihnachtsmarkt
(uebermedien.de, Boris Rosenkranz, Video: 1:40 Minuten)
Boris Rosenkranz hat sich mit einem Glühwein vor das Empfangsgerät gesetzt und sich von der öffentlich-rechtlichen Weihnachtsstimmung verzaubern lassen: “In vielen Städten haben die Weihnachtsmärkte eröffnet! ARD und ZDF haben ihre Spürnasen auf die Übertragungs-Schlitten gesetzt und rausgeschickt. Seht her, was sie entdeckt haben!”

“Wetten, dass..?”, Weder Geisel- noch Gefangenenaustausch, “Karla”

1. Kritik an “Wetten dass”
(tiktok.com, Alana Reimer, Video: 4:36 Minuten)
Die letzte Ausgabe von “Wetten, dass..?” mit Thomas Gottschalk war nach Ansicht einiger Medien kein Ruhmesblatt für den Entertainer: “Jetzt bleibt er als verbitterter Alter in Erinnerung, der nicht einsehen will, dass seine zunehmenden Aussetzer und sexistischen Geschmacklosigkeiten einfach nicht mehr lustig sind, und deshalb wütend aufhört”, konstatiert beispielsweise Lukas Wallraff in der “taz”. Doch auch an anderer Stelle tut sich Kritik auf – und die dreht sich um den Umgang mit einem im Rollstuhl sitzenden Wettkandidaten. Alana Reimer erklärt in einem sehenswerten Video die “unangenehme Szene”.

2. Zehn häu­fige Fehler in der Straf­jus­tiz­be­rich­t­er­stat­tung
(lto.de, Urban Sandherr)
Urban Sandherr, Richter am Kammergericht, beschreibt bei “Legal Tribune Online” typische “Fehler in der Strafjustizberichterstattung”. Einer sei beispielsweise die fälschliche Behauptung, die Staatsanwaltschaft erlasse Haftbefehle; tatsächlich würden Haftbefehle in der Regel vom Gericht, meist dem Amtsgericht, erlassen. Dieser und andere Fehler würden auf ein mangelndes Verständnis grundlegender Rechtsprinzipien wie Rechtsstaatlichkeit, Gewaltenteilung und Strafrechtspflege hindeuten, nicht nur in der Boulevardpresse, sondern auch in der breiteren Justizberichterstattung, kritisiert Sandherr.

3. Weder Geisel- noch Gefangenenaustausch
(deutschlandfunk.de, Stefan Fries, Audio: 1:52 Minuten)
Einige Medien verwenden im Zusammenhang mit der Nahost-Berichterstattung die Begriffe “Geiselaustausch” und “Gefangenenaustausch”. Stefan Fries hält diese Wortwahl für falsch. Streng genommen sei es nicht mal ein Austausch: “Die Hamas übergibt ihre Geiseln an Israel. Israel dagegen übergibt die Gefangenen nicht an die Hamas, sondern lässt sie an die Orte im Westjordanland und in Ost-Jerusalem zurückkehren, an denen sie zuvor gelebt haben.”

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4. Gericht stärkt Presseausweis
(djv.de, Hendrik Zörner)
Nach einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts sieht der Deutsche Journalisten-Verband den bundeseinheitlichen Presseausweis gegenüber dem Ausweis eines kommerziellen Anbieters aufgewertet. Das Urteil sei gegen eine Aktiengesellschaft ergangen, die Presseausweise an überwiegend nebenberuflich tätige Fachjournalisten ausgibt und eine Gleichstellung mit dem bundeseinheitlichen Presseausweis verlangt hatte. Das Gericht habe entschieden, dass eine solche Gleichstellung für das Funktionieren einer freien Presse nicht erforderlich sei.

5. Immer mehr Medien machen Schluss mit Twitter
(netzpolitik.org, Markus Reuter)
Dem unter seinem ursprünglichen Namen Twitter bekannten Netzwerk X laufen immer mehr Nutzerinnen und Nutzer weg, darunter zahlreiche Medien. Nun hat sich auch die Redaktion von “Correctiv” verabschiedet: “In den vergangenen Monaten haben die Verbreitung von Desinformation und Hassrede auf der Plattform deutlich zugenommen. Dessen Eigentümer selbst verbreitet rassistische, antisemitische und populistische Inhalte. CORRECTIV nimmt seine Verantwortung als gemeinwohlorientiertes Medienhaus wahr und verlässt den Kurznachrichtendienst.”

6. Darum stellen wir unseren Betrieb ein
(karla-magazin.de)
Ein ehrgeiziges lokaljournalistisches Onlineprojekt aus Konstanz gibt auf. Dem Mitte vergangenen Jahres gestarteten digitalen Stadtmagazin “Karla” ist es offenbar nicht gelungen, die für den Weiterbetrieb notwendigen Finanzmittel zu akquirieren: “Von den vier Stiftungen, mit denen wir im Gespräch waren, hat sich leider nur eine zu einer Förderung entschlossen – und das auch nur unter der Bedingung, dass weitere Stiftungen ebenfalls unterstützen. Damit ist unser Finanzierungsmodell für 2024 nicht tragfähig und wir sehen keine Chance, karla am Leben zu halten.”

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