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Die dicken Jungen von Seite 1

Vermutlich haben sie gestern bei “Bild” den ganzen Tag gegrübelt, wie man mit dem leider bereits am Nachmittag durch die “Bunte” bekannt gewordenen Tod Horst Tapperts in der heutigen Ausgabe noch Schlagzeilen machen kann (Ergebnis: “Derrick tot!”). Und für den Rest der Seite 1 blieb da dann einfach nicht mehr genügend Zeit.

Aus der DSHS-Studie:

“Die Befragungen zu sportlichen Aktivitäten zeigen, dass ein Viertel der Heranwachsenden und jungen Erwachsenen ‘nie’ beziehungsweise ‘selten’ Sport treibt. In Grafik 4 ist zu sehen, dass der Anteil sportlich inaktiver Personen über die Altersgruppen hinweg zunimmt. (…) Grafik 5 zeigt [zudem], dass nur noch 19 % der 25-jährigen Frauen und 30 % der gleichaltrigen Männer in einem Sportverein aktiv sind. Auf die Frage ‘Glauben Sie, dass Sie sich ausreichend bewegen?’ antworten 32 % der Studienteilnehmer mit ‘nein’. (…) Für alle genannten Aspekte bestehen signifikante Geschlechtsunterschiede: Frauen geben häufiger an, ‘nie’ beziehungsweise ‘selten’ Sport zu treiben (…), kein aktives Sportvereinsmitglied zu sein (…) und sich nicht ausreichend zu bewegen (…).”

So wäre es zu erklären, dass das, was gestern – unter Berufung auf eine Studie der Deutsche Sporthochschule in Köln (DSHS) – in einer Meldung der Nachrichtenagentur dpa gestanden war…

So ist unter den 25 Jahre alten Männern schon jeder zweite zu dick, 60 Prozent rauchen, ein Drittel treibt nie Sport. Rund 25 Prozent der 25-jährigen Frauen haben Übergewicht, nur noch 19 Prozent sind im Sportverein aktiv, ebenfalls rund 60 Prozent rauchen.

… von “Bild” heute wie folgt zusammengefasst wird:

"Fast die Hälfte der jungen Männer und ein Viertel der Frauen hat Übergewicht. 60 Prozent rauchen. Nur ein Drittel (Männer) bzw. ein Fünftel (Frauen) macht regelmäßig Sport."

Der letzte Punkt jedenfalls behauptet immerhin das Gegenteil von dpa (siehe oben) und hat mit den – ohnehin bereits vor einem Monat veröffentlichten – Untersuchtungsergebnissen eigentlich nichts mehr zu tun (siehe Kasten). Aber okay, am Ende der DSHS-Studie [pdf] heißt es ja ohnehin:

Auch wenn querschnittlich mehr als 12 500 Personen (…) untersucht wurden, besteht kein Anspruch auf bundesweite Repräsentativität (…).

Oder um es mit “Bild” zu sagen:

"Immer mehr Junge zu dick für den Job"

Mit Dank an Martin F. für den Hinweis.

1. Selbstmord-im-TV-Aufmacher (seit 16 Jahren)

Was für eine Schlagzeile, mit der “Bild” am Donnerstag aufmachte:

1. Selbstmord im TV!

Der private Fernsehsender Sky Real Lives hatte am Mittwochabend unter dem Titel “Right to Die?” den Dokumentarfilm “The Suicide Tourist” des Oscar-Preisträgers John Zaritsky gezeigt, in dem zu sehen ist, wie sich der unheilbar kranke Universitätsprofessor Craig Ewert das Leben nimmt.

“Bild” schreibt dazu:

Sterbehilfe vor einem Millionenpublikum: Erstmals wurde gestern im britischen TV der Selbstmord des schwer kranken Professors Craig Ewert gezeigt.

Und im “Bild”-Artikel zur Schlagzeile hieß es:

Craigs Reise ist Selbstmord. Der erste Suizid, der gestern zur besten Sendezeit (21 Uhr) im britischen TV gezeigt wurde.

“taz vom 7.8.1992:

“Ein Mann liegt nackt in der Badewanne, prüft die Wassertemperatur, blickt in die Videokamera und erklärt dem Millionen-Publikum, daß er soeben ein tödliches Medikament eingenommen habe und jetzt auf ‘die Erlösung’ warte. Schnitt. Zehn Minuten später krümmt sich derselbe Mann röchelnd und würgend im Wasser, der Körper wehrt sich mit aller Macht gegen den Tod. Die Kamera und das Sat.1-Publikum sind noch immer dabei und verfolgen diesen Selbstmord – live. Dann wird das Videoband angehalten. Mehr wolle man dem Publikum nicht mehr zumuten, gaukelt der Sender mitfühlende Fürsorge für die Zuschauer vor. Nur der Ton läuft weiter und transportiert noch letzte Röchler in die Wohnzimmer. (…) Der Selbstmord – vom Opfer per Videokamera selbst gefilmt – gehörte zu einem Beitrag über die Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS). (…)”

Diese Sätze sind – wörtlich genommen – nicht falsch. Es war wirklich der erste Selbstmord, der im britischen TV gezeigt wurde. Aber Szenen von Craig Ewerts Selbstmord waren bereits vor sieben Wochen im schweizerischen Fernsehen gelaufen – deutsch synchronisiert, mehrfach wiederholt und seither auch online. (Die “Berner Zeitung” z.B. berichtete darüber im Zusammenhang mit der britischen Ausstrahlung bereits vorgestern – also noch bevor man bei “Bild” an der Schlagzeile bastelte –, und auch hierzulande wies ein Kommentator im Online-Portal der Springer-Zeitung “Die Welt” auf die schweizerische Ausstrahlung hin.)

Doch selbst die Ausstrahlung im Schweizer Fernsehen war nicht der “1. Selbstmord im TV”. Am 5. August 1992 etwa hatte das Sat.1-Magazin “Akut” unter dem Titel “Sterbehilfe – das Geschäft mit dem Tod” den Selbstmord von Christian Sch. gezeigt (siehe Kasten).

Und eigentlich weiß “Bild” das auch. Am Tag der Ausstrahlung veröffentlichte das Blatt damals den folgenden…

…Programmhinweis:

Heute 22 Uhr: Selbstmord im TV

Mit Dank an Nicky S. und Jonas I. für die Hinweise.

Wie man aus einer Not ein Geschäft macht

Das “Hamburger Abendblatt” hat einen neuen Begriff für “verzweifelte Abo-Kampagne” erfunden: “große Bildungsinitiative”.

Anfang der Woche wurde nämlich bekannt, dass Hamburg beim Lesetest für Viertklässler “IGLU” wieder hinter fast allen anderen Bundesländern lag. Das “Abendblatt” reagierte mit aufrüttelnden Sätzen:

Dagegen müssen wir etwas tun! Und wir werden etwas tun: Heute startet das Hamburger Abendblatt eine große Bildungsinitiative. Wir wollen, dass alle weiterführenden Schulen der Hansestadt mit Abendblättern ausgestattet werden. So sollen Schüler die Möglichkeit bekommen, in ihren Pausen das Abendblatt zu lesen.

Feine Sache. Und wieviele Abos spendet die Zeitung für diesen guten Zweck?

Offenbar kein einziges. Bezahlen sollen die Aktion die Leser, was insofern eine besonders feine Sache ist, weil die “Paten” damit nicht nur die Hamburger Jugend, sondern auch das “Hamburger Abendblatt” retten.

Die “Paten”-Abonnements, die das “Abendblatt” im Rahmen seiner “Bildungsinitiative” anbietet, kosten 20,75 Euro pro Monat. Weil sie nur von montags bis freitags gelten, entspricht der Preis genau dem für reguläre Abonnements, die für sechs Tage 24,90 Euro kosten. Dafür spart das “Abendblatt” sich die sonst üblichen Prämien- oder Werbungskosten.

Schülerreaktionen laut “Abendblatt”:

Gunnar, 16: “Die Zeitungen wären sicher heiß begehrt.”

Nils, 16: “Ich habe letztes Jahr bei ‘Schüler machen Zeitung’ mitgemacht und da täglich das Abendblatt gelesen. Ich habe es richtig vermisst, deswegen freue ich mich darauf, wieder den Sportteil lesen zu können.”

Lasse, 14: “Ich glaube, es wäre gut, wenn vor allem Wortführer bei uns öffentlich Zeitung lesen würden, das würde viele motivieren, auch zu lesen.”

Anil, 18: “Ich habe zu Hause keine Zeitung. Deswegen würde ich sie gerne in der Schule lesen, dann hätte man wenigstens Gesprächsstoff für die Pausen.”

Übrigens kostet ein “Abendblatt”-Abo mit sechs Ausgaben wöchentlich für Studenten oder Auszubildende regulär nur 16,75 Euro. So gesehen zahlen die Paten mit jedem “Abendblatt”, das sie den Schulen über die neue “Bildungsinitiative” schenken, einen “Abendblatt”-Solidaritäts-Aufschlag von fast 50 Prozent.

Das Geld spendet man aber ja gern, wenn man weiß, wie glücklich man mit so einer Zeitung die Schüler machen kann (siehe Kasten rechts). Wie glücklich man mit einem Abo die Zeitung machen würde, zeigt das “Abendblatt” heute. Es hat erneut eine ganze Seite freigeräumt, auf der es finanzielle Klammheit demonstriert. Die Zeitung bietet an, einzelnen Schulen “Lese-Ecken” zu “spenden”, bemüht sich aber, mögliche übertriebene Vorstellungen, die sich mit dem Wort “Lese-Ecke” verbinden, gleich wieder zu relativieren:

In einer Cafeteria oder Mensa könnte man einen schönen Zeitungsständer gut integrieren. Stühle und Tische könnten eventuell aus dem vorhandenen Mobiliar stammen. Eine Trennwand sorgt für etwas Abgeschiedenheit.

Eine andere Variante sieht so aus:

In einer Pausenhalle könnten Stellwände zur Lesewand werden. So hätten viele Schüler die Möglichkeit, das aktuelle Abendblatt an verschiedenen Stellen gleichzeitig zu lesen.

Wenn es nicht so eine selbstlose “Bildungsinitiative” wäre, käme man glatt auf den Gedanken, das “Abendblatt” wolle große Werbetafeln in den Schulen aufstellen. Aber, immerhin:

Zu jedem Abo gibt es auf alle Fälle einen Zeitungshalter, den viele aus Cafés kennen und der ein Auseinanderfleddern des Abendblatts verhindert.

Das ist der Deal, den das “Hamburger Abendblatt” unter dem neuen Chefredakteur Claus Strunz bei seiner großen “Bildungsinitiative” seinen Lesern anbietet: Sie zahlen überteuerte Abos und dafür verkaufen wir uns als Bildungsretter der Stadt und legen noch einen Zeitungshalter mit drauf.

Mit Dank an Gesine G.!

Irre: Ein Jahr hat ca. 365 Tage

Es gibt Nachrichten, da glaubt man gar nicht, dass sie eine sind – bis man sie in “Bild” liest.

Und wir meinen jetzt gar nicht diese hier:

Sondern diese:

"Knackt Funkel den Ribbeck-Rekord?"

Der Trainer des Fußballvereins Eintracht Frankfurt, Friedhelm Funkel, sei nämlich, so “Bild”, “auf dem besten Weg, Erich Ribbeck (71) als Rekord-Trainer der Eintracht [1. Juli ’68 bis 30. Juni ’73] abzulösen!”

Kern des Artikels ist ein Zitat des Vorstandsvorsitzenden der Eintracht Frankfurt Fußball AG, Heribert Bruchhagen. Auf die Frage (von “Bild”?), ob Funkel auch in der kommenden Saison Eintracht-Trainer bleibe, hat er offenbar geantwortet:

“Eintracht trifft die Entscheidung, wenn es an der Zeit ist”.

Irre, oder?! Oder nicht irre genug. Denn mangels Nachrichtenwert blieb in dem Artikel wohl noch Platz für eine kleine Zahlenspielerei:

"Die Zahlen: 1826 Tage war Ribbeck Chef-Coach der Eintracht. Funkel ist heute genau 1622 Tage im Amt. Irre: Wenn sein aktueller Vertrag am 30. Juni ausläuft, kommt Funkel auf exakt 1825 Tage! Ein Tag weniger als Ribbeck.

Aber selbst das ist weniger irre, als es klingt. Weil’s nämlich nicht mal stimmt. Denn wer (wie Ribbeck 1968 oder Funkel 2004) an einem 1. Juli als Trainer anfängt, kommt fünf Jahre später ganz wie von selbst auf eine Amtszeit von exakt 1.825 Tagen – es sei denn, in diese Amtszeit fällt ein Schaltjahr (wie etwa 1972 oder 2008 – und eigentlich fast immer). Dann sind’s natürlich unterm Strich 1.826. Egal bei wem.

Und, seien wir ehrlich, unterm Strich auch irre egal.

Mit Dank an Markus für den Hinweis.

Nachtrag, 10.12.2008: “Bild” bleibt bei seinem “einen Tag weniger”-Unsinn. In einem weiteren Artikel zum Thema (“BILD hatte es exklusiv vermeldet. Trainer Friedhelm Funkel jagt den Ribbeck-Rekord.) heißt es heute: “Zur Erinnerung: Funkel (…) ist jetzt seit 1623 Tage im Amt beim Traditionsklub. ‘Sir’ Erich Ribbeck (71) kam insgesamt auf 1826 Tage. Wenn Funkels Vertrag am 30.6. ausläuft, fehlen ihm gerade noch zwei Tage, um neuer Rekordhalter zu werden.”

Zwei Kessel Buntes

Was sich am 29. November im Bremer Steintorviertel zutrug, fand die “Bild”-Zeitung offenbar so wichtig, dass sie dem Ereignis am 1. Dezember in ihrem Online-Angebot gleich zwei verschiedene Artikel widmete: einen eher nachrichtlichen und, wie man denken könnte, einen boulevardesken. Doch das wäre untertrieben.

Der eine Text erschien in der Leserreporter-Rubrik. “Leser-Reporter Florian G.” hatte “von oben” beobachtet und fotografiert, wie die Polizei Frankfurter Fußballfans einkesselte. Unter der Überschrift “Hier randalieren Hooligans” heißt es:


Polizisten fesseln Männer mit Kabelbindern, Festgenommene liegen am Boden und ein Block aus Hooligans wird von der Polizei umzingelt. Kunden flüchten verängstigt in die Geschäfte. Und das mitten in Bremen!

Randale beim Werder-Spiel gegen Frankfurt.

Es ging schon früh morgens los. Mit mehreren Bussen kamen die Chaoten in Bremen an. (…)

Plötzlich flogen Fäuste, brüllten Hooligans ihre Parolen. Die Stimmung wurde immer aggressiver. (…)

In den Taschen der Frankfurter Gewalt-Fans fanden die Beamten Sturmhauben, Abschussgeräte und Feuerwerkskörper. (…)

In dem anderen, eher nachrichtlichen Text, der auf der Eintracht-Frankfurt-Seite im Bundesliga-Ressort erschienen ist, steht indes quasi das Gegenteil:


238 Eintracht-Fans wurden vor dem Spiel bei Werder in Gewahrsam genommen, obwohl diesmal nichts vorgefallen war. (…)

Eintrachts ehemaliger Fan-Beauftragter Andreas Hornung empört: “Wir wurden wie Gangster behandelt. Wenn etwas vorgefallen wäre, dann wäre die Sache ja in Ordnung gewesen. So nicht.”

Und welche Version der Geschichte stimmt nun?

Nicht mal die Polizei selbst, die wegen ihres Vorgehens von Eintracht-Fans stark kritisiert wird, spricht von gewalttätigen Ausschreitungen, wie “Bild” sie nahelegt. In einer Pressemitteilung heißt es:

Für die dort formierten Einsatzkräfte war deutlich eine aggressive Stimmung aus dem Aufzug spürbar. (…) Es war offenkundig, dass man es darauf anlegte, Bremer Fans zu finden und sich mit diesen körperlich auseinander zusetzen. (…) Nachdem zunächst ein äußerst lauter Böller an der Sielwallkreuzung zur Explosion gebracht worden war, ging die Gruppierung in breiter Front über die Fahrbahn durch das Steintorviertel. (…) Darüber hinaus hätte es ohne Zweifel beim Aufeinandertreffen mit Bremer Fans eine körperliche Auseinandersetzung gegeben. (…) Im Steintor ließen sie nach den Ingewahrsamnahmen u.a. diverse Böller, Sturmhauben, Mundschutze, Abschussgeräte für Signalmunition inkl. Kartuschen und weitere Pyrotechnik (Selbstlaborate) zurück. (…)

Es bleibt festzustellen, dass es nach dem konsequenten Einschreiten der Polizei für ein Fußballspiel dieser Größenordnung in der Stadt absolut ruhig blieb.

So gesehen meint “Bild”-Chef Kai Diekmann, wenn er sagt, Leserreporter-Einsendungen würden sorgfältig überprüft und nachrecherchiert, offenbar etwas anderes, als das, was man landläufig darunter versteht.

Mit Dank an Mario G. für den sachdienlichen Hinweis.

Schnapsidee

Bierernst berichtete die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) gestern von der “ersten ökumenischen Pferdesegnung in Hamburg”, an der am Samstagnachmittag “mehr als 40 Vierbeiner und 100 Menschen” teilgenommen hätten:

Die Idee zur ersten ökumenischen Pferdesegnung im Norden entstand in dem mehr als 200 Mitglieder zählenden Harburger Reitverein im Süden Hamburgs. Dort sei der Wunsch nach einer Weihnachtsfeier aufgekommen, die zeigt, “dass es auch anders geht im Reitsport”, erklärte die Vereinsvorsitzende Andrea Sjursen-Stein.

Und auch beim “Hamburger Abendblatt” hat der ein oder andere am Wochenende offenbar schon so’n büschen Weihnachten gefeiert. Danach ist dann wohl die Idee entstanden, aus der KNA-Meldung diese kleine Nachricht zu machen (hicks):

"Die Idee zur ersten ökumenischen Pferdesegnung im Norden war in dem mehr als 200 Mitglieder zählenden Harburger Reitverein nach eine Weihnachtsfeier entstanden."

Mit Dank an Flo F. für den sachdienlichen Hinweis.

Das Eier-Babel von Mönchengladbach

Haben die “Bild”-Redakteure etwa am Wochenende ein kühles Corona zu viel getrunken?

Nee, im Ernst: Über die Englisch-Kenntnisse bei “Bild” wissen wir hinlänglich Bescheid.

Über die Spanisch-Kenntnisse des im französisch-sprachigen Côte d’Ivoire geborenen und in Frankreich aufgewachsenen Fußballspielers Gohouri: "Ich habe Lucio gemeint. Der spielt wie ein Mädchen. Wälzt sich da rum, als hätte er Schmerzen. Dabei habe ich ihn gar nicht berührt. Der hat keine Corones." Das ist spanisch – und heißt Eier...Steve Gohouri hingegen wissen wir nichts. Doch mal abgesehen von der Frage, warum ein französisch-sprachiger Fußballer (Gohouri) einen portugiesisch-sprachigen Fußballer (Lucio) nach dessen mutmaßlicher Schwalbe ausgerechnet auf Spanisch beleidigen wollen sollte (siehe Ausriss):

Vulgärspanische Hoden heißen anders.

Mit Dank an Christian H., Linus K., Oliver M., Stefan H. & José-Antonio G.

“Bild” hilft… nicht bei Steiners Trauer

Matthias Steiners Geschichte ist wie gemacht für den Boulevard. Als er im Sommer bei den Olympischen Spielen die Goldmedaille im Gewichtheben gewann, widmete er sie seiner verstorbenen Frau. Die kam im Juli 2007 bei einem Verkehrsunfall ums Leben, und Steiner hielt bei der Siegerehrung ein Foto von ihr in die Kamera.

Seither berichtete die “Bild”Zeitung häufiger über Steiner und seine Geschichte. Vor einer knappen Woche war er als Blattkritiker zu Gast. Einen Tag später schrieb der “stärkste Mann der Welt” selbst in “Bild”.

Heute berichtet “Bild” darüber, wie Steiner (dem es im Prozess “nicht um Genugtuung”, sondern offenbar um Trauerbewältigung geht) als Nebenkläger die Gerichtsverhandlung gegen den “Totraser seiner Frau” verfolgte, der wegen fahrlässiger Tötung angeklagt ist:

"Hier sieht der stärkste Mann der Welt den Totraser seiner Frau"

“Bild” berichtet nicht, dass der Staatsanwalt den Angeklagten in der Verhandlung auch fragte, warum er sich nicht mit Steiner in Verbindung gesetzt und ihm “sein Mitleid ausgesprochen” habe, “um den Schmerz zu lindern”.

Die “FAZ” schreibt dazu:

[Der Angeklagte] antwortet mit leiser Stimme. Es tue ihm sehr leid, er wisse bis heute nicht, wie der Unfall passiert sei, Herr Steiner habe aber nur mit ihm reden wollen, wenn die Zeitung “Bild” hätte anwesend sein dürfen.

“Ich wollte persönlich mit Ihnen reden, die ‘Bild’-Zeitung hätte ich nicht geduldet”, antwortet Nebenkläger Steiner.

Und vermutlich stimmt, was Steiner sagt. Denn in einer ddp-Meldung kann man (ähnlich wie in der “Welt”) nachlesen, was Steiner noch geantwortet hat:

Steiner habe ein Gespräch im Beisein eines Boulevard-Journalsten führen wollen. “Das habe ich abgelehnt”, sagte der Angeklagte.

Steiner betonte jedoch, es könne sein, dass eine Boulevard-Zeitung den Vorschlag gemacht habe, “aber der Vorschlag kam nicht von mir”.

Insofern ist die “Bild”-Zeitung womöglich mitverantwortlich, dass es nicht zu einer Aussprache zwischen Steiner und dem Angeklagten gekommen ist.

Bild.de stürmt für transfermarkt.de

Vor einem Monat hat die Axel-Springer-AG die Mehrheit an der Fußball-Community transfermarkt.de übernommen. Damit ist Bild.de jetzt eine Halbschwester von transfermarkt.de — und kann mit der ganz eigenen Unbekümmertheit helfen, der Seite neue Leser zuzuführen.

Heute zum Beispiel findet sich im Sport-Ressort von Bild.de folgender redaktioneller Hinweis:

Transfermarkt.de / Gerücht des Tages: Ibisevic zu Juve? In der Gerüchteküche bei transfermarkt.de wird heiß diskutiert: Wechselt Hoffenheims Stürmer-Star Vedad Ibisevic zu Juventus Turin? mehr ...

Ein Klick auf das Wort “mehr” führt aber nicht, wie sonst, zu einer Bild.de-Meldung, sondern direkt in die “Gerüchteküche” von transfermarkt.de.

Aber es ist nur ein Gerücht, dass es sich bei dem möglichen Wechsel von Vedad Ibisevic zu Juventus Turin um das “Gerücht des Tages” handelt. Wenn überhaupt, dann das des gestrigen Tages. Die Diskussion ist zudem weniger “heiß” als lau, und die Wahrscheinlichkeit, dass die Meldung stimmt, wird auf transfermarkt.de aktuell gerade einmal mit fünf Prozent angegeben.

Aber solche Details stehen sicher nach Ansicht von Bild.de nur einer erfolgreichen Werbung für das neue Springer-Angebot im Wege.

Mit Dank an Jan.

SZ wirft aus Glashaus mit Max Mosley auf “Bild”

Der Zweck einer Blattkritik ist Selbstkritik. Außer vielleicht bei “Bild”. Und so nutzte “Bild”-Chef Kai Diekmann die aktuelle “Bild”-Aktion der öffentlichen Blattkritik am vergangenen Donnerstag dazu, “eine kleine Geschichte aus den letzten zwei Tagen” zu erzählen:

Vor ein paar Tagen erschien ein großer Artikel in der “Süddeutschen Zeitung”, der sich ausgiebig mit unserer Berichterstattung zu Max Mosley befasste und darauf hinwies, dass nun “Bild” also von dem Anwalt Max Mosleys auf das Heftigste verklagt worden sei wegen der Verletzung der Privatsphäre und so weiter und so fort, Verletzung der Persönlichkeitsrechte… Und gegen zwanzig Kollegen von “Bild” liefen jetzt entsprechende Verfahren.

Vergessen hatte die “SZ” in diesem Zusammenhang offenbar, dass sie genauso, auch mit diesen Details über Mosley berichtet hatte, dass sie die Aussagen der beteiligten Prostituierten als besonders glaubwürdig eingestuft hatte und deshalb auch von dem gleichen Anwalt ebenfalls verklagt worden ist. Kein Wort dazu.

(Links von uns.)

Nun hat Diekmanns “kleine Geschichte” einen kleinen Haken: Anders als “Bild” und anders als der “Bild”-Chef behauptet, wurde die “Süddeutsche” nicht “verklagt”.

Nur ist die Geschichte hier nicht zu Ende – aber ab hier keine Geschichte über “Bild”.

“Süddeutsche” vom 8.10.2008:

“[Mosleys] Anwältin Tanja Irion (…) hat in dieser Sache mittlerweile fünfundvierzig einstweilige Unterlassungs-verfügungen gegen deutsche Medien vor Gericht erwirkt. Hinzu kommt noch einmal die gleiche Anzahl außergerichtlicher Unterlassungs-verpflichtungs-Erklärungen. Einige Fälle laufen noch. ‘Es ist immer wieder erstaunlich, dass große Medienhäuser nur eingeschränkt recherchieren: im Fall Mosley überhaupt nicht’, stellt die Anwältin fest. Vor allem legt sich Mosley in Deutschland mit dem Springer Verlag an. (…) Bild und Bild Online hatten große Artikel und auch Fotos über den Fall unters Volk gebracht. (…)

Denn tatsächlich hatte Hans Leyendecker, bekanntermaßen nicht unbedingt ein Freund von “Bild”, am 8. Oktober ohne ersichtlichen Anlass auf der Medienseite der “Süddeutschen” über Mosleys juristische Schritte gegen deutsche Medien berichtet (siehe Kasten). Leyendecker hatte aber mit keinem Wort erwähnt, dass Mosley nicht nur gegen “Bild” vorging, sondern (neben “Welt”, “Tagesspiegel”, “Berliner Zeitung”, “FAZ”, “Stern”, “Spiegel” und anderen) auch gegen die “Süddeutsche Zeitung”. Schließlich hatte die Zeitung zwischen April und Juni in zum Teil großen Artikeln im Sportteil, auf der Panorama-Seite, aber auch auf ihrer Seite 3 unschöne Gerüchte über Mosleys Sexualpraktiken als Tatsachenbehauptung weiterverbreitet – und u.a. über die vermeintlichen Enthüllungen einer Prostituierten in einem britischen Boulevardblatt behauptet, dass “deren Glaubwürdigkeit von der Vielzahl an Details gestützt wird, die sie preisgibt”. Mindestens ein halbes Dutzend Mosley-Artikel hatte die “Süddeutsche” auf Betreiben von Mosleys Anwältin schon Wochen vor Erscheinen des Leyendecker-Artikels unauffällig zurückgezogen und aus Archiven gelöscht.

“Bild”-Chef Diekmanns “kleine Geschichte” endete übrigens damit, dass er berichtete, wie schwer sich die Chefredaktion der “Süddeutschen” damit tue, ihren Fehler öffentlich einzugestehen, wiewohl sie “mit der Berichterstattung auch nicht ganz glücklich” sei.

Wir können das nur bestätigen. Auch uns gegenüber will es den Verantwortlichen bei der “Süddeutschen” trotz mehrfachen Nachfragens offenbar nicht gelingen, die Frage zu beantworten, warum die “Süddeutsche” es wichtig genug fand, ihre Leser gleich zwei Mal* darüber zu informieren, dass Mosley gegen “Bild” vorgeht, aber kein einziges Mal, dass auch sie selbst unzulässig über Mosley berichtet hatte.

*) Erstaunlich, dass Leyendeckers Text in der “Süddeutschen” überhaupt erschien. Schließlich hatte die Zeitung selbst am 26. Juli (und ebenfalls auf der Medienseite) schon einmal ausführlich über Mosleys Vorgehen gegen “Bild” berichtet. Damals noch aktuell – und mit einer Erläuterung der Strategie von Mosleys Anwältin: “Uns geht es darum”, sagte sie, “gegen die mit Abstand bösartigste Berichterstattung vorzugehen – die fand unter anderem wochenlang in den Springer-Medien statt.” Womit wir dann doch wieder beim Thema wären.

Mit Dank an Kai D. für den Hinweis!

Nachtrag, 20.30 Uhr. Wenige Minuten nach der Veröffentlichung dieses Eintrages hat uns “SZ”-Chefredakteur Hans Werner Kilz geantwortet. Er bestätigt, dass Max Mosley eine einstweilige Verfügung gegen die Berichterstattung der “Süddeutschen Zeitung” erwirkt habe und fügt hinzu: “Natürlich hätte man das in einen SZ-Artikel reinschreiben können oder sollen, wenn es zu diesem Zeitpunkt schon feststand.” Warum das unterblieb, könne er nicht sagen.

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