“Bild” verordnet National-Geilheit

Das ARD-Kulturmagazin “Titel, Thesen, Temperamente” über die “schwarz-rot-geil”-Kampagne der “Bild”-Zeitung:

Mit Autoaufklebern soll gegen “Nörgler” und “Miesmacher” zu Felde gezogen werden. BILD fordert: “Ganz Deutschland muss zur No-Go-Area werden. Für all die Miesmacher, die alles besser wissen und nichts besser können”. [Dem Frankfurter Schriftsteller Matthias] Altenburg geht das zu weit. (…) “Es wurde gewarnt davor, bestimmte Gegenden zu betreten, wenn man eine andere Hautfarbe hat. Dass das nun von der Bildzeitung ausgerechnet umgedreht wird und gesagt wird, alle, die sagen, es gibt in diesem Land Ausländerfeindlichkeit, es gibt Fremdenhass, es gibt Übergriffe und nicht zu wenige, dass die plötzlich irgendwo hingeschickt werden sollen, wo kein anderer anständiger Deutscher sich aufhält.”

Marcel Reich-Ranicki: “Worte wie Miesmacher, wie Nörgler sind im Dritten Reich vor allem von Göbbels verwendet worden. Ich würde empfehlen, auf diese Vokabeln eher zu verzichten oder vorsichtiger zu verwenden.”

PS: Eine Abmahnung von “Bild” wegen mangelnder National-Geilheit erhält heute Wolfgang Thierse. Er ist nicht der erste.

Hallo, Nachbar?

Ach ja, vormittags cool an der Atlantikküste Wellenreiten, nachmittags in Ruhe am Mittelmeer Sonnenbaden, und abends geht’s dann nach Paris, um das Nachtleben zu genießen – So in etwa stellt man sich offenbar bei der “BamS” Urlaub in Frankreich vor. Jedenfalls heißt es in der aktuellen Ausgabe, im Ressort “Leben Wissen” (sic):

Das “Hotel du Palais” in Biarritz verlangt für Pritsche samt Sonnenschrim 275 Euro am Tag. (…) An den öffentlichen Stränden der benachbarten Stadt Cannes kosten Liege und Schirm immerhin noch 30 Euro am Tag.
Hervorhebung von uns.

Mit Dank an Frank G. für den sachdienlichen Hinweis.

Hellseher bei Bild.de

Eventuell wird das Sportgericht in Rom am Dienstagabend ein Urteil im italienischen Fußballskandal sprechen. Vielleicht aber auch erst am Mittwoch. Sollte das Gericht der Anklage folgen, werden dem italienischen Fußballverein Juventus Turin die letzten beiden Meistertitel aberkannt, und er muss in die dritte italienische Liga. Am 4. Juli hatte die Anklage das gefordert. Seit Freitag beraten die Richter nun. Wie sie entscheiden, weiß noch niemand.

Mit Ausnahme von Bild.de. Dort weiß man nicht bloß, wie die Entscheidung ausgeht, nein, der Formulierung nach zu urteilen, kennt man sogar schon die Begründung – und zwar schon spätestens seit dem 5. Juli. Das ist jedenfalls das Datum, das unter diesem Text steht:

Mit Dank an Campino-84 für den sachdienlichen Hinweis.

Nachtrag, 20.57 Uhr. Der Zukunfts-Beauftragte von Bild.de hat den Artikel (nach einem weiteren Blick in die Glaskugel, in die Agenturmeldungen oder auf diese Seite, wer weiß?) entfernt.

Nachtrag, 15. Juli. Jetzt hat das Sportgericht entschieden, und wir wissen: Bild.de kann doch nicht hellsehen.

Kurz korrigiert (133)

Es wäre vielleicht nicht schlecht, wenn derjenige, der die Teaser auf Bild.de beschriftet, den dazugehörigen Artikel nur eine Spur genauer durchlesen würde. Dann ließen sich solche Fehler leicht vermeiden:

Tatsächlich wählt nämlich nicht die FIFA den wertvollsten Spieler der WM, sondern die akkreditierten Medienvertreter. Entsprechend heißt es im Bild.de-Text auch unzweideutig, “Die Journalisten wählten [Zidane] zum wertvollsten Spieler der WM.”

Mit Dank an Thorsten S. für den sachdienlichen Hinweis.

Nachtrag, 14.57 Uhr: Bild.de hat den Teaser flugs korrigiert.

Allgemein  

“BamS” verkauft Belgier für dumm

“Was tun mit den Deutschland-Fahnen?”, fragt “Bild am Sonntag” heute und gibt u.a. diesen “Recycling-Ratschlag” :

an Belgier verkaufen, mit dem Rat, sie verkehrtrum aufzuhängen.

Hmmmm…

Danke für die vielen Hinweise!

Nachtrag, 12. Juli. Die Chefs der “Rheinischen Post” und ihres Online-Ablegers kommen übrigens von “Bild”. Aber das nur am Rande.

Nachtrag, 17. Juli. Die “Rheinische Post”, die denselben lustigen Rat gegeben hatte, hat diesen anscheinend inzwischen unauffällig aus ihrer Fotogalerie entfernt.

Hinein ins Schleichwerbe-Vergnügen!

Michael Quandt ist keiner von diesen Bild.de-Mitarbeitern, die Verkaufstexte für die Werbekunden schreiben, die dann manchmal als Anzeige markiert werden und manchmal nicht. Nein, Michael Quandt ist Ressortleiter Reise der “Bild am Sonntag”. Nach den Ethikregeln, die bei der Axel-Springer-AG angeblich gelten, dürfte er sich, wenn er über den Heide-Park Soltau schreiben will, von dem Freizeitpark nicht einmal das Hotel bezahlen lassen. Da sind die ganz streng bei Springer.

Außer natürlich, wenn der Heide-Park einfach mal ein paar Freitickets locker macht, die die “Bild am Sonntag” unter ihren Lesern verlosen kann. Dann schreibt Herr Quandt exakt die gleiche Sorte PR-Text, die sonst die Mitarbeiter in der Werbeabteilung von Bild.de verfassen.

Vergangenen Sonntag jubelte Quandt:


Mit 850.000 Quadratmetern ist der Heide-Park der größte Freizeitpark Norddeutschlands. Und bietet Großen und Kleinen Spaß und Spannung. Beispiele? Bitte sehr!

Schon die Allerkleinsten fühlen sich zum Beispiel in der Seepferdchenbucht mit Spielplatz und Schatzsuche wohl.

(…) Dann ab zum dritten Tip, zu “Colossos”, der weltweit größten Holzachterbahn. Während der 145 Sekunden langen Fahrt geht’s aus 60 Meter Höhe mit 120 km/h fast senkrecht in die Tiefe. Waaahnsinn!

Heute zelebriert Quandt ein großes Jubiläum: den 35. Geburtstag des berühmten Holiday-Parks in Hassloch:

Nicht verpassen sollten Sie die im Jahr 2005 zum vierten Mal hintereinander als weltbeste Achterbahn ausgezeichnete “Expedition GeForce”! (…) Eine Mischung aus Schwerkraft und Schweben — Adrenalin pur! (…)

Und für die ganz Kleinen? Da wartet Maskottchen Holly mit seiner Freundin Dolly in “Holly’s Kinderland”. (…) — da kommt keine Langeweile auf.

Auf je über 100 Zeilen findet sich kein distanziertes Wort über den Park. Die Rätselfragen, die die Leser beantworten müssen, um einen mehrtägigen Aufenthalt dort zu gewinnen, beziehen sich auch auf die tollen Attraktionen. Und für die, die nicht gewinnen, informieren Kästen darüber, was der Besuch sonst kostet, wann geöffnet ist und wo man anrufen kann.

Keine Frage: Längst wird in fast allen Medien bei einem Gewinnspiel der Preis ausführlich (und werblich) vorgestellt. Dass im Gewand eines seitenfüllenden redaktionellen Artikels aber ein ganzes Preisausschreiben zur Werbefläche wird, die auch noch der Ressortleiter selbst füllt — das ist schon eine besondere Spezialität von “Bild am Sonntag”.

Über den beiden gekauften “BamS”-Geschichten steht übrigens nicht “Anzeige”, sondern:

Nachtrag, 11. Juli. Und wenn man wie “BamS”-Ressortleiter Quandt einfach PR-Texte umschreibt, statt selbst zu recherchieren, merkt man natürlich auch nicht, dass die Behauptung des Heide-Parks, der “Colossos” sei die höchste Holzachterbahn der Welt, gar nicht stimmt.

Ein Braunbär, ein Schwarzbär und eine Ente

Manchmal, nicht immer, macht es einem die Zoologie leicht. Dieser Bär hier rechts zum Beispiel ist so schwarz, dass man sich fragen könnte: Höm, wieso heißt der überhaupt Braunbär? Und die Antwort lautet: Heißt er gar nicht. Er heißt Schwarzbär.

Insofern ist es doppelt quatsch, wenn “Bild” zu diesem süüüßen informativen Foto schreibt:

New York — Guck mal, Herr Minister Schnappauf! Es gibt auch Orte, wo Braunbären in Ruhe leben können!

Dieser Bär versucht, in eine Hängematte in einem Garten in New Jersey (USA) zu klettern, um ein Schläfchen zu halten — und wird dabei nicht abgeschossen, wie sein europäischer Artgenosse “Bruno”.

Denn erstens ist das, wie gesagt, gar kein Braunbär. Und zweitens können Schwarzbären in den USA nicht “in Ruhe leben”, sondern werden gejagt, teilweise als Freizeitvergnügen, teilweise illegal, teilweise (gerade auch in New Jersey) aufgrund von vermeintlichen Konflikten mit Menschen — ganz wie “Bruno”.

Vollends abwegig wird der “Bild”-Artikel aber durch die Überschrift:

Wenn Bruno das noch erlebt hätte

Denn “Bruno” hat das noch erlebt. Oder hätte es jedenfalls erleben können, wenn er in den Alpen amerikanisches Fernsehen empfangen oder einen Internet-Anschluss gehabt hätte. Jedenfalls wurden die Aufnahmen vom Schwarzbär in der Hängematte bereits Mitte Juni veröffentlicht, als “Bruno” noch lebte.

Danke an Torben F., Andreas K., Maja I. und vor allem Fabian L.!

Die besten Infos über Blitze, die “Bild” kennt

Blitze - Was ist los am Himmel?

…fragte “Bild” gestern und schrieb:

Leitet ein Mensch denn Strom? Ja, weil er zu ca. 65 Prozent aus Wasser besteht. Und das ist der beste Stromleiter, den wir kennen

Falsch ist das in dieser Formulierung natürlich nicht. Aber anders als die “BILD-Medizin-Expertin” Friderike Stüwert und ihre Redaktion kennen wir und die Wissenschaft jede Menge Stromleiter, die besser sind als Wasser: Kupfer, Eisen und Silber zum Beispiel leiten millionenmal besser als Meeres- oder Leitungswasser. Reines, destilliertes Wasser leitet sogar noch viel schlechter, so dass es außerhalb der “Bild”-Redaktion oft auch als “Nichtleiter” bezeichnet wird.

Aber Frau Stüwert hatte noch mehr Fragen und Antworten, zum Beispiel diese:

Warum brennen Häuser nicht ab? Sie haben Blitzableiter auf dem Dach ...

Tja, da könnte man sagen, dass schon die Frage ganz offensichtlich falsch gestellt ist. Aber auch die Antwort ist lustig. Denn die allermeisten Eigenheime haben nach Angaben von Experten eben keinen Blitzableiter auf dem Dach.

Danke an Jan S., Marcel A., Peter K., Michael L., Jo M., Uwe P., Thomas W., Daniel S., Enno H., Stephan T., Daniel D., Balu, Peter N., Stefan B., Marcel A. und Tim S.!

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