Kurz korrigiert (115)

“Eichmann führte Protokoll bei der berüchtigten Wannsee-Konferenz (1942), auf der die Nazi-Diktatur die ‘Endlösung der Judenfrage’ beschloß.”

Tatsächlich? Nein. Denn anders als Paul C. Martin heute in “Bild” en passant zu behaupten weiß, wurde die “Endlösung der Judenfrage” bekanntlich nicht auf der Wannsee-Konferenz beschlossen.

Mit Dank an Christian J. für den Hinweis.

Billiger geht’s nicht

So wie rechts sah gestern die Titelseite der “Bild”-Zeitung aus. In ihrem Aufmacherartikel warb sie für ein Angebot des einschlägig bekannten Discounters Lidl: Man solle in eine der “über 2600 Lidl-Filialen” gehen und einen Coupon aus der “Bild”-Zeitung an der Kasse abgeben, dann werde man für 99 Cent einen Six-Pack “köstliches Grafenwalder Premium-Pils”, “eine große Tüte knackige Erdnuß-Flips” und eine Deutschland-Fahne bekommen.

Die Tageszeitung “taz” stellte daraufhin eine naheliegende Frage: Muss man über eine solche Anzeige nicht “Anzeige” schreiben? Sie bekam unterschiedliche Antworten:

Volker Nickel, Geschäftsführer des Zentralverbands der deutschen Werbewirtschaft, sagte, ja, das Wort “Anzeige” fehle.

Carel Mohn, Sprecher des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen, sagte, Springer verstoße zur Gewinnmaximierung bewusst gegen das Gesetz — das sei ein “besonders krasser Fall von unlauterer Werbung”.

Tobias Fröhlich, Sprecher der “Bild”-Zeitung, sagte, hier werde gegen gar nichts verstoßen — das sei “eine Aktion der Zeitung für ihre Leser mit einem Partner und als solche klar erkennbar”.

Nur als was die Aktion klar erkennbar sei, als Werbung, als redaktioneller Beitrag oder als lustige Mischform, scheint der “Bild”-Sprecher der “taz” nicht gesagt zu haben.

Danke an Franz T. und viele andere!

Nachtrag, 27.7.2006: Der Presserat teilt die Einschätzung der Verbraucherzentralen und der Werbewirtschaft nicht. Wie man in einer Pressemitteilung der Axel Springer AG nachlesen kann, hat der Presserat “drei Beschwerden gegen BILD als offensichtlich unbegründet zurückgewiesen”. In der uns vorliegenden Begründung heißt es, mit der der Lidl/”Bild”-Aktion werde der “Grundsatz der klaren Trennung von Werbung und Redaktion nicht verletzt”. Laut Presserat handelt es sich vielmehr um zulässiges “Eigenmarketing”.

Mit Dank an Tobias F. für den Hinweis.

Mit Rommel in den Kongo

Auf den ersten Blick erscheint es wie ein Lapsus, wenn die “Bild am Sonntag” schreibt:

Von ihren 90 Dingos wird die Afghanistan-Schutztruppe ISAF eine noch nicht bekannte Anzahl ans Afrika-Korps abgeben müssen.

(Hervorhebung von uns.)

Denn es gibt kein neues Afrika-Korps. Es gibt lediglich einen deutschen Beitrag für die von der Europäischen Union geführte Operation EUFOR RD Congo — also für die “Streitkraft der Europäischen Union in der Demokratischen Republik Kongo”. Auch beträgt das deutsche Kontingent lediglich 780 Soldaten. Ein Korps besteht heutzutage aus 40.000 bis 80.000 Mann.

Soviel zum Formalen. Darüber hinaus aber ist der Gebrauch des Begriffes “Afrika-Korps” als Synonym für den aktuellen Einsatz im Kongo unsensibel, unsinnig und dumm:

Die Aufgabe der EUFOR Congo ist es, im Rahmen einer multinationalen und vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen autorisierten Schutztruppe die ersten Parlaments- und Präsidentschaftswahlen seit mehr als vierzig Jahren in dem afrikanischen Land zu sichern.

Die Aufgabe des Deutschen Afrikakorps unter seinem Befehlshaber Erwin Rommel war es, während des Zweiten Weltkriegs die Italiener dabei zu unterstützen, das britisch kontrollierte Ägypten zu überfallen und zu erobern. Bis zur Kapitulation im Mai 1943 kämpfte die Truppe in Ägypten, Libyen und Tunesien. Dabei starben mehr als 80.000 Soldaten, davon 18.600 Deutsche.

Vielen Dank an Tobias R.!

Bild.de veröffentlicht falschen WM-Plan

Bild.de hat einen “WM-Planer” veröffentlicht. Jo, werden Sie jetzt sagen, machen doch alle gerade. Stimmt. Aber der WM-Planer von Bild.de ist anders: falsch.

Der Bild.de-WM-Planer besteht aus einer Excel-Tabelle. Man kann die Ergebnisse der einzelnen Spiele tippen und dann verfolgen, welche weitere Paarungen sich daraus ergeben. Oder in den Worten von Bild.de:

(…) sehen Sie den Weg ihrer Mannschaft durch das Turnier! Wann und wo spielt Deutschland im Viertelfinale? Wer muß sich Brasilien auf dem Weg ins Finale in den Weg stellen? Finden Sie es heraus mit dem “Wir sind Fußball!” WM-Planer.

Der Witz ist: Das Ergebnis stimmt nicht. Im Viertelfinale verwechselt der WM-Planer von Bild.de die Spiele in Frankfurt und Gelsenkirchen miteinander. Richtig hart wird es aber im Halbfinale. Eigentlich treffen hier erstmals Teams aus den Gruppen A bis D auf Teams aus den Gruppen E bis H. Im Bild.de-WM-Planer nicht.

Konkret bedeutet das zum Beispiel: Angenommen Deutschland wird in seiner Gruppe A zweiter, Brasilien in seiner Gruppe F erster. Nach dem offiziellen Spielplan treffen beide dann im Halbfinale aufeinander. Nach dem Bild.de-WM-Planer erst im Finale.

Tja, blöd. Bild.de, selbsterklärter “offizieller Partner der deutschen Fußball-Fans”, hat einen WM-Planer herausgegeben, mit dem sich der Weg, den eine Mannschaft ins WM-Finale nehmen muss, in keinem Fall richtig vorhersagen oder nachvollziehen lässt.

Nachtrag, 17.30 Uhr. Bild.de hat seinen “WM-Planer” unauffällig gegen eine neue Version ausgetauscht — ohne jeden Hinweis für Leser, die seit gestern den fehlerhaften ersten Versuch heruntergeladen haben. Jetzt stimmen die Orte im Viertelfinale und die Paarungen im Halbfinale. Zum Vergleich —

Vorher:

Nachher:

Leider waren das jedoch nicht die einzigen Fehler im “WM-Planer” von Bild.de. Die interaktive Tabelle schließt grundsätzlich aus, dass Ecuador gegen Deutschland gewinnen könnte. Gibt man testweise einen 1:0 Sieg ein, bekommt Ecuador nur einen Punkt gutgeschrieben, nicht drei:

Danke an Hartmut W. und Claas H.!

Kurz korrigiert (113)

Ja, dieser tätowierte Mann, den die “Bild”-Zeitung bei den MTV Movie Awards entdeckt hat und in ihrer Rubrik “Ich weiß es!” vorstellt, ist aus der MTV-Show “Jackass”. Aber es ist weder “John” noch Johnny Knoxville, sondern Steve-O.

Danke für die vielen Hinweise!

Allgemein  

Realitätscheck für Wiedergeborene

Karin Sarbach erzählt heute in “Bild”, sie hätte schon einmal gelebt: Vor 130 Jahren war sie ein an seinem Beruf leidender Postbote. In einer Hypnose erfuhr sie sogar Namen und Adresse ihrer früheren Existenz: Heinrich Nolte, Schillerstraße 17, Aachen. Und so begann sie laut “Bild” vor ein paar Jahren, nach Beweisen für ihr erstes Leben zu suchen: “Zuerst rief ich die Telekom-Auskunft an. Der Familienname war in Aachen nicht eingetragen.”

Äh, Frau Sarbach? Aktuell findet die Internet-Auskunft der Telekom nicht weniger als 15 Menschen namens “Nolte” in Aachen. Sagen wir’s so: Entweder erlebte Aachen in den vergangenen sechs Jahren eine gewaltige Einwanderungswelle von Noltes. Oder, Frau Sarbach, Postbote wär’ wirklich nicht Ihr Job.

Nachtrag, 20.00 Uhr. Beeindruckend ist auch, dass Frau Sarbach genau weiß, wann sie in ihrem vorherigen Leben getauft wurde, während “Bild” nicht einmal grob weiß, wann sie in diesem Leben geboren wurde:

Danke an Rüdiger S., Mario T. und Johannes H. für die Hinweise!

Nachtrag, 3. Juli. Frau Sarbach teilt uns mit, dass sie — anders als es in “Bild” steht — bei der Auskunft nicht vergeblich nach dem Namen “in Aachen”, sondern an der konkreten Adresse gefragt habe.

“Bild” beschäftigt Volksverhetzer IV

In ihrer Dienstags-Ausgabe veröffentlicht die “Bild”-Zeitung eine “Klarstellung” über den Mann, der für sie in der vergangenen Woche “exklusiv” einen “großen BILD-Test: Haben Sie auch schon einmal gelebt?” erstellte:

Klarstellung zu Trutz Hardo: Letzte Woche hatte BILD über den Berliner Rückführungstherapeuten Trutz Hardo (67) aus Berlin berichtet. Was BILD nicht wußte: Tatsächlich heißt der Mann Tom Hockemeyer und ist 2001 wegen Volksverhetzung verurteilt worden (OLG Koblenz, 90 Tagessätze Geldstrafe). In seinem Buch "Jedem das Seine" hatte er den Massenmord an den Juden gerechtfertigt. Das Buch ist verboten worden. BILD wird nie wieder über diesen Mann berichten.

Das ist nicht die ganze Wahrheit.

1. Um zu wissen, dass Trutz Hardo wegen Volksverhetzung verurteilt wurde, muss man nicht seinen richtigen Namen kennen. Wer bei Google nach “Trutz Hardo” sucht, findet als zweiten Treffer einen aufschlussreichen Artikel des “Informationsdienstes gegen Rechtsextremismus”. Dort steht auch Hardos bürgerlicher Name — ebenso wie auf seiner eigenen Homepage.

2. Der richtige Nachname Trutz Hardos war auch “Bild” bekannt. Im “Bild”-Zeitungs-Archiv findet man bei der Suche nach “Trutz Hardo” einen Artikel vom 7. Oktober 1999 über den Rückführungs-Selbstversuch einer “Bild”-Reporterin. Den Namen des “Reinkarnations-Experten” gibt sie an mit: Trutz Hardo Hockemeyer.

3. “Bild” hat über den Mann nicht “berichtet”. “Bild” hat ihn beschäftigt.

Kurz korrigiert (107 – 112)

Ach du Schande. Der Ziehungsbeauftragte, der sonst für “Bild” nur die Altersangaben auslost, hat anscheinend die Basketball-Berichterstattung übernommen.

Also, tief Luft holen: Anders als Bild.de schreibt, ist Dirk Nowitzki nicht 28, sondern erst 27 Jahre alt. Und in den Playoffs holte er nicht 12,1 Rebounds pro Spiel, sondern 11,9. Und er machte nicht 28,1 Punkte pro Spiel, sondern 28,4. Und die Phoenix Suns haben in der ersten Hälfte des letzten Spiels nicht mit 19 Punkten vorne gelegen, sondern mit 18. Und Detlef Schrempf war nicht 1995 im NBA-Finale, sondern 1996. Und das Spiel der Dallas Mavericks gegen Miami Heat findet nicht in der Nacht zum Donnerstag, sondern in der Nacht zum Freitag statt.

Danke an Benedikt T. und Emrah K.

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