“Hände weg vom BKA-Gesetz”, Telegram, DW-Journalist verurteilt

1. Hände weg vom BKA-Gesetz
(djv.de, Hendrik Zörner)
Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) spricht sich gegen eine Ausweitung der Befugnisse des Bundeskriminalamts aus, wie sie nach dem Attentat in Solingen verstärkt diskutiert wird. Der DJV-Bundesvorsitzende Mika Beuster warnt mit Blick auf die Arbeit von Journalistinnen und Journalisten: “Die furchtbare Tragödie von Solingen lässt uns alle fassungslos zurück. Das darf aber nicht zu unüberlegten gesetzgeberischen Schnellschüssen führen. Für das vermeintliche Mehr an Sicherheit, das noch gar nicht erwiesen ist, werden Informantenschutz, Redaktionsgeheimnis und Pressefreiheit massiv eingeschränkt.”

2. Wie Telegram im Hintergrund mit wem dealt, bleibt bisher im Dunklen
(correctiv.org, Markus Beckedahl)
Vergangenen Samstag wurde Pawel Durow, Gründer und Chef der Messenger-App Telegram, am Flughafen Le Bourget bei Paris von französischen Sicherheitskräften festgenommen. Der Vorwurf: mangelnde Kooperation mit den Sicherheitsbehörden. Markus Beckedahl kommentiert: “Ich halte Pawel Durow für vergleichbar vertrauenswürdig wie Elon Musk. Beide vereint, dass es sich hier um sehr reiche Personen handelt, die alleine eine globale und relevante Kommunikationsinfrastruktur kontrollieren, die nach ihren Werten funktioniert. Dabei wird intransparent agiert und im Zweifelsfall dürften eigene Geschäftsinteressen oder persönliche politische Einstellungen Entscheidungen über die Verwaltung der Plattform massiv beeinflussen.”
Weiterer Lesetipp: Beim ZDF gibt es eine Art FAQ zum Fall: Telegram-Chef: Was zum Fall Durow bekannt ist (zdf.de, Katja Belousova).

3. Urteil gegen “Deut­sche Welle”-Jour­na­listen bestä­tigt
(lto.de)
Ein Istanbuler Gericht hat die Haftstrafe von einem Jahr und acht Monaten auf Bewährung gegen den türkischen Journalisten Bülent Mumay bestätigt und eine Berufung abgelehnt. Nun könnten schon kleinere Vergehen dafür sorgen, dass er ins Gefängnis kommt. Mumay, der unter anderem für die Deutsche Welle und die “FAZ” arbeitet, war für seine Kritik an einem regierungsnahen Bauunternehmen und das angebliche illegale Veröffentlichen persönlicher Daten verurteilt worden. Ein Vorwurf, den die Deutsche Welle als haltlos bezeichnet. Der Sender plane, gegen das Urteil vor das höchste türkische Gericht zu ziehen.

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4. Tamedia baut Stellen ab und schliesst Druckereien
(persoenlich.com)
Die Schweizer Mediengruppe Tamedia schließe ihre Druckereien in Bussigny und Zürich und baue so 200 Stellen ab, zusätzlich 90 in den Redaktionen. Das Unternehmen konzentriere sich künftig auf digitale Angebote für vier Hauptmarken und organisiere die Werbevermarktung intern. Die Maßnahmen erfolgen im Rahmen eines Konsultationsverfahrens mit Sozialplänen und der Möglichkeit von Frühpensionierungen.

5. So finanzierst du deine Recherche!
(druckausgleich.podigee.io, Annkathrin Weis & Luca Schmitt-Walz, Audio: 47:25 Minuten)
Annkathrin Weis und Luca Schmitt-Walz sprechen in ihrem Podcast “Druckausgleich” mit dem Journalisten Jonas Seufert über das liebe Thema Geld: “Wie schafft er es immer wieder, an großen Projekten zu arbeiten – und trotzdem noch ein Gehalt rauszubekommen? Und wie viel Journalismus bleibt in der Arbeit noch übrig, wenn man den ganzen Tag mit Anträgen und Finanzierung beschäftigt ist?”

6. Reform der Filmförderung könnte ins Stocken geraten
(dwdl.de, Alexander Krei)
“DWDL”-Redakteur Alexander Krei berichtet unter Berufung auf die “FAZ”, dass die geplante Reform der Filmförderung möglicherweise verschoben werden müsse. Die Länder würden befürchten, dass die Mehrkosten durch die Umstellung auf ein Steueranreizmodell auf sie abgewälzt würden. Es gebe deutliche Differenzen zwischen Bund und Ländern, die noch umfangreiche Diskussionen und Abstimmungen erfordern.

FDP klagt gegen RBB, Telegram-Chef verhaftet, Rechtsruck in Ravensburg

1. FDP klagt gegen RBB wegen Ausschluss von der TV-Wahldebatte
(faz.net)
Die FDP wolle ihre Teilnahme an der TV-Wahldebatte in Brandenburg gerichtlich erzwingen und habe einen Eilantrag gegen den RBB eingereicht. Der Sender hatte die Partei wegen niedriger Umfragewerte von der Debatte ausgeschlossen, was Spitzenkandidat Zyon Braun als “Wahlkampfverzerrung” kritisiere. Die FDP sehe in ihrem Ausschluss einen Versuch, Wahlergebnisse vorwegzunehmen, und verweise auf das Parteienrecht, das nicht von aktuellen Umfragen abhängig sei.

2. Telegram-Chef Pavel Durow in Frankreich verhaftet
(spiegel.de)
Pavel Durow, Gründer und Chef der Messenger-App Telegram, sei am Flughafen Le Bourget bei Paris von französischen Sicherheitskräften festgenommen worden. Der Vorwurf offenbar: fehlende Moderation von Inhalten und mangelnde Kooperation mit den Strafverfolgungsbehörden. Weder Telegram noch die französischen Behörden hätten sich bisher dazu geäußert. Update: Frankreichs Behörden verlängern Gewahrsam für Telegram-Chef Pavel Durow (spiegel.de).

3. Rechtsruck in Ravensburg
(taz.de, Nicholas Potter)
Nicholas Potter beschreibt in der “taz”, wie die “Schwäbische Zeitung” in den vergangenen Monaten immer weiter nach rechts gerückt sei, was sich durch populistische Positionen und Interviews mit fragwürdigen Figuren bemerkbar mache. Ehemalige und aktuelle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter würden diese Entwicklung und den damit verbundenen Verlust an journalistischer Qualität und Unabhängigkeit kritisieren. Die Chefredaktion bestreite einen politischen Kurswechsel und verweise auf wirtschaftliche und strategische Entscheidungen zur Reichweitensteigerung.

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4. “Spiegel” startet öffentliche Blattkritik durch Bernhard Pörksen
(dwdl.de, Uwe Mantel)
Wie “DWDL” berichtet, führe der “Spiegel” eine öffentliche Blattkritik ein, bei der der Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen einmal im Quartal die Arbeit des Magazins kritisch bewerte. Pörksen habe dabei freien Zugang zu Themen und Archiven, seine Analysen würden ohne Eingriffe durch die Redaktion sowohl gedruckt als auch online veröffentlicht. Siehe dazu auch die Pressemitteilung des “Spiegel”: DER SPIEGEL führt eine öffentliche Blattkritik ein (spiegel.de).

5. Posten nur nach Ausweiskontrolle
(netzpolitik.org, Tomas Rudl)
In den USA würden immer mehr Bundesstaaten Gesetze einführen, die Alterskontrollen für Soziale Medien vorschreiben, um Kinder zu schützen. Diese Gesetze, die oft eine Zustimmung der Erziehungsberechtigten und schärfere Regeln für Minderjährige vorsehen, seien jedoch rechtlich umstritten. Es werde erwartet, dass der Oberste Gerichtshof in den kommenden Jahren eine Grundsatzentscheidung zu diesen Maßnahmen trifft.

6. Berichten über die Klimakrise
(deutschlandfunk.de, Brigitte Baetz, Audio: 37:08 Minuten)
Der Kommunikationswissenschaftler Michael Brüggemann, der Chefredakteur von Klimafakten.de Carel Mohn und Moderatorin Brigitte Baetz aus der Redaktion “Mediasres” des Deutschlandfunks (DLF) diskutieren im Rahmen des DLF-Klimatages über die Rolle von Medien bei der Berichterstattung über die Klimakrise. Sie erörtern, ob die langsamen Fortschritte bei den Gegenmaßnahmen zur Klimakrise auch auf die Art und Weise zurückzuführen sind, wie Medien über das Thema berichten.

KW 34/24: Hör- und Gucktipps zum Wochenende

Hurra, Wochenende – und damit mehr Zeit zum Hören und Sehen! In unserer Wochenendausgabe präsentieren wir Euch eine Auswahl empfehlenswerter Filme und Podcasts mit Medienbezug. Viel Spaß bei Erkenntnisgewinn und Unterhaltung!

***

1. Warum lieben Russlands Medien Sahra Wagenknecht?
(uebermedien.de, Holger Klein, Audio: 15:24 Minuten)
Bei “Holger ruft an” spricht Holger Klein mit der Journalistin Yelizaveta Landenberger über die Frage, warum Sahra Wagenknecht so häufig in russischen Staatsmedien zitiert wird. Landenberger erklärt, dass Wagenknechts kritische Haltung gegenüber der NATO und dem Westen gut zur russischen Propaganda passe, die gern dieses Narrativ unterstütze. Darüber hinaus besprechen Klein und Landenberger, inwiefern auch deutsche Medien zu Wagenknechts Popularität in Russland beitragen und ob es noch andere deutsche Politiker oder Politikerinnen gibt, die in russischen Medien positiv dargestellt werden.

2. Was war, was ist, was wird sein? Nachrichtenjournalismus im Wandel
(ardaudiothek.de, Thomas Bimesdörfer & Michael Meyer, Audio: 16:58 Minuten)
Thomas Bimesdörfer und Michael Meyer haben sich mit dem langjährigen Chefredakteur und Hauptmoderator von “RTL Aktuell”, Peter Kloeppel, über dessen lange Karriere und die Entwicklungen im aktuellen Journalismus unterhalten. Anlass ist Kloeppels Schritt in den Ruhestand nach über 40 Berufsjahren.

3. Deepfakes und KI-generierte Desinformation: Wie Faktenchecker Lügen entlarven
(br.de, BR24 Medien, Jonathan Schulenburg, Audio: 27:50 Minuten)
In der aktuellen Folge von “BR24 Medien” geht es um KI-generierte Desinformation und Deepfakes und die Frage, wie man ihnen auf die Schliche kommen kann. Als Experten dabei sind Max Gilbert vom “BR24 Faktenfuchs”, dem Faktencheck-Team des Bayerischen Rundfunks, Josef Holnburger vom gemeinnützigen Center für Monitoring, Analyse und Strategie (CeMAS) und Aljoscha Burchardt vom Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz.

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4. Hass im Netz: Wenn Engagierte zur Zielscheibe werden
(mdr.de, Esther Stephan, Audio: 40:21 Minuten)
“Wie beeinflussen Online-Bedrohungen die Leben der Betroffenen und welche realen Konsequenzen hat die Hetze? Warum schicken Täter Hassbotschaften, und welche Verantwortung tragen soziale Plattformen?” Unter anderem über diese Fragen hat sich Knud Vetten mit Tätern und Opfern von Hass im Internet unterhalten. Entstanden ist daraus die Reportage “Engagierte Menschen als Zielscheibe” (Video: 30:37 Minuten). Über die Recherche dazu spricht nun Esther Stephan mit Knud Vetten im MDR-Podcast “Hinter der Recherche”.

5. Wirbel um “Übergangskoalition” und starke Gaming-Community
(wdr.de, Esther Stephan, Audio: 44:42 Minuten)
Im WDR5-Medienmagazin “Töne, Texte, Bilder” werden, wie gewohnt, mehrere Themen behandelt: Zunächst geht es um die politische Debatte rund um die “Übergangskoalition” und den Umgang der Medien damit. Anschließend wird ein Blick auf die Gamescom in Köln als Treffpunkt der Gaming-Community und die Förderung von Nachwuchs-Creatoren geworfen. Weitere Themen sind eine FPÖ-Kampagne gegen den öffentlich-rechtlichen ORF in Österreich, die Geschichte der TV-Serie “Die Fußbroichs” und eine “Medienschelte” über unnötige Themen in seriösen Medien.

6. “Wie schützen wir unsere Kinder in den sozialen Medien?”
(youtube.com, Ulf Schweckendiek, Audio: 1:29:12 Stunden)
Eine Veranstaltung der “Digitalen Woche Kiel” beschäftigt sich mit den Auswirkungen von Social Media auf die Persönlichkeitsentwicklung und Sozialisation von Kindern und Jugendlichen. Nach einem Impulsvortrag der Schulleiterin und Digitalbotschafterin Silke Müller sprechen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Podiumsdiskussion darüber, wie Plattformen wie TikTok sowohl unterhaltsame als auch potenziell schädliche Inhalte verbreiten und welche Folgen dies für die Psyche und die sozialen Beziehungen junger Menschen hat.

Zugang zur AfD-Wahlveranstaltung, “Erkennbar Satire”, Reformwille

1. AfD muss Medienvertreter zur Wahlparty nach Thüringen-Wahl zulassen
(deutschlandfunk.de)
Nachdem die AfD Thüringen Journalistinnen und Journalisten bestimmter Medien den Zutritt zu einer Wahlveranstaltung verwehren wollte, und die betroffenen Medienhäuser juristische Schritte dagegen angekündigt hatten (siehe die “6 vor 9” von gestern), habe nun das Landgericht Erfurt entschieden: Die AfD müsse allen Medien denselben Zugang zu ihrer Wahlparty gewähren. Das Urteil sei noch nicht rechtskräftig, die AfD könne Widerspruch beim Thüringer Oberlandesgericht einlegen.
Weiterer Lesetipp mit AfD-Bezug: “Correctiv” berichtet, dass ein verurteilter Volksverhetzer, der unter dem Pseudonym “Shlomo Finkelstein” bekannt sei, maßgeblich an einer Tiktok-Kampagne zur Unterstützung der AfD bei den anstehenden Landtagswahlen beteiligt gewesen sein soll. Die sogenannte “Tiktok-Guerilla” habe mit manipulativen Taktiken Inhalte der Partei viral verbreitet. Obwohl die AfD offiziell eine Zusammenarbeit bestreite, gebe es enge Verbindungen zu rechtsextremen Akteuren (correctiv.org, Gabriele Scherndl & Kimberly Nicolaus).

2. “Erkennbar Satire”
(faz.net)
Das Verwaltungsgericht Leipzig hatte den MDR zur Ausstrahlung eines umstrittenen Wahlwerbespots der Satirepartei Die Partei verpflichtet. Der öffentlich-rechtliche Sender hatte sich daraufhin an das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Bautzen gewandt. Das OVG hat nun endgültig, da unanfechtbar entschieden: Der MDR muss den zuvor abgelehnten Wahlwerbespot von Die Partei ausstrahlen.

3. NiUS darf trans Frau nicht “Mann” nennen
(lto.de, Max Kolter)
“Eine trans Frau darf nicht im Frauenfitnessstudio trainieren, berichtete im Mai das Nachrichtenportal NiUS – und bezeichnete sie dabei als Mann. Dagegen wehrt sie sich nun erfolgreich vor Gericht. Für NiUS-Chef Julian Reichelt ein Déjà-vu.” Bei “Legal Tribune Online” fasst Max Kolter den Fall zusammen und geht insbesondere auf die juristischen Aspekte ein.

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4. Medienvielfalt in Sachsen schrumpft
(verdi.de, David Bieber)
Die Medienvielfalt in Sachsen werde durch die Einsparungen bei der “Sächsischen Zeitung” stark eingeschränkt, erklärt David Bieber im Medienmagazin “M” der Gewerkschaft Verdi. Die Zeitung werde ihre Eigenständigkeit weitgehend verlieren und enger mit der “Leipziger Volkszeitung” zusammenarbeiten, was eine Reduzierung der Lokalredaktionen zur Folge habe. Diese Entwicklung könnte negative Auswirkungen auf den Lokaljournalismus und die politische Meinungsbildung in Sachsen haben, insbesondere im Hinblick auf die bevorstehende Landtagswahl.

5. Wie weit geht der Reformwille der Medienpolitik?
(dwdl.de, Uwe Mantel)
Unter Berufung auf eine Artikel in der “FAZ” berichtet “DWDL”, dass der Staatsvertrag zur Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks hinter den Erwartungen des Zukunftsrates zurückbleiben könnte, insbesondere was die Reform der ARD-Organisation betrifft. Statt einer zentralen Einheit werde weiterhin auf das “Federführungsprinzip” und eine rotierende ARD-Vorsitzenden-Struktur gesetzt.

6. Staatsferne muss bleiben
(djv.de, Hendrik Zörner)
Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) betont, dass die Staatsferne des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auch in Zukunft voll gewährleistet bleiben müsse, und äußert Bedenken gegen einen geplanten Medienrat, in den die Landesregierungen Mitglieder entsenden könnten. Der DJV kritisiert zudem, dass eine Reduzierung der Berichterstattung über sportliche Großereignisse die Akzeptanz des Rundfunkbeitrags gefährden könnte. Darüber hinaus fordert der DJV, Journalistinnen und Journalisten frühzeitig in die Diskussion über den Rundfunkänderungsstaatsvertrag einzubeziehen.

“Bild” lässt Ministerium falsche acht Millionen Euro für eitle PR ausgeben

Am vergangenen Samstag gab es in der “Bild”-Zeitung mal wieder richtig Futter für all jene, die nur mit Verachtung auf Politik und die abgehobenen, eitlen Politiker schauen wollen. Auf Seite 1:

Ausriss Bild-Titelseite - Minister Heil - Acht Millionen Euro für Werbe-Filmchen - Bürgergeld-Ministerium sucht PR-Profis im Wahlkampf - von unserem Steuergeld

Und im Blatt:

Ausriss Bild-Zeitung - Acht Millionen Euro für Eitelkeit des Bürgergeld-Ministers! SPD-Politiker Hubertus Heil will mit teuren PR-Profis sein Image aufpolieren

“Bild”-Autor Dirk Hoeren schreibt in seinem Artikel über eine Ausschreibung des von Hubertus Heil geführten Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS):

Sein Name steht für die Einführung des umstrittenen Bürgergeldes: Sozialminister Hubertus Heil (51, SPD) hatte imagemäßig schon bessere Zeiten.

Doch offenbar will der Genosse jetzt gegensteuern. Bis zu acht Mio. Euro (zwei Mio./Jahr) legt Heil bereit, damit Social-Media-Experten im Internet für ihn PR machen.

Sein Ministerium hat einen “Rahmenvertrag Social Media” ausgeschrieben (liegt BILD vor). Gesucht wird demnach eine Agentur, die Beiträge, Videos und kurze Posts für das Ministerium auf Facebook, X (früher Twitter) und Instagram postet. Und zwar – zufällig – pünktlich vor der Bundestagswahl ab März 2025. Laufzeit: 36 Monate mit zwei Verlängerungsoptionen um jeweils sechs Monate.

Während es in den “Bild”-Überschriften so wirkt, als ginge es um eine fixe Summe von acht Millionen Euro, gibt Dirk Hoeren seinen Leserinnen und Lesern nur in der kurzen Passage “Bis zu acht Mio. Euro” eine minimale Chance, sich nicht gänzlich von ihm in die Irre führen zu lassen. Denn bei den acht Millionen Euro, die im vom BMAS ausgeschriebenen “Rahmenvertrag Social Media” (liegt auch uns vom BILDblog vor, so wie jeder anderen Person, die über einen Internetzugang verfügt) genannt werden, handelt es sich nicht etwa um eine feststehende Vergütung, sondern um ein maximales Auftragsvolumen. Das heißt: Diese Summe wird aller Voraussicht nach gar nicht ausgeschöpft. Die Vergütung für die Agentur, die den Zuschlag bekommt, erfolge auf Grundlage von Stundensätzen, wie uns das Ministerium auf Anfrage schreibt:

Im Rahmen des Vergabeverfahrens gemäß der Vergabeverordnung (VgV) geben die Bieter ein Angebot für Stundensätze ab, unterschieden nach den zu erbringenden Leistungen wie z.B. Gestaltung, Redaktion, Projektleitung, Geschäftsführung. Für den späteren Abruf von Leistungen aus diesem Vertrag sind die jeweils angebotenen Stundensätze während der gesamten Vertragslaufzeit verbindlich.

Schaut man in den aktuell laufenden Social-Media-Rahmenvertrag des BMAS, sieht man, dass so das maximale Auftragsvolumen nicht erreicht wird. Die entstehenden Kosten setzen sich aus verschiedenen Posten zusammen, schreibt uns das BMAS, neben den Agenturhonoraren beispielsweise “in beträchtlichem Umfang auch Fremdkosten wie Media- und Schaltleistungen”, also etwa für Werbeanzeigen:

So fielen während des laufenden Rahmenvertrags etwa 600.000 Euro jährlich für Agenturleistungen (Honorar) an, zuzüglich etwa 150.000 bis 200.000 Euro für Medialeistungen (Schaltkosten). Zusätzlich fielen Abrufe der Fachabteilungen des BMAS aus demselben Rahmenvertrag an.

Das ist zweifelsohne eine Menge Geld. Hochgerechnet auf vier Jahre aber deutlich weniger als acht Millionen Euro. Und damit weit entfernt von der Summe, die “Bild” und Dirk Hoeren ihrer Leserschaft als einzige präsentieren.

Auch bei den Inhalten des Auftrags wird die “Bild”-Leserschaft nicht vollumfänglich informiert. Ein Blick in die Ausschreibungsunterlagen des BMAS zeigt, dass es bei den gewünschten Leistungen, die die Agentur erbringen muss, um deutlich mehr geht als nur um “Beiträge, Videos und kurze Posts”. Unter dem Kapitel “Bedarfsbeschreibung” in der “Leistungsbeschreibung” findet man diese Auflistung:

Die Dienstleistung umfasst im Wesentlichen das folgende Leistungsspektrum:

• Projektmanagement
• Strategische Weiterentwicklung
• Redaktionelle Tätigkeiten
• Social Media Advertising
• Community Management
• Barrierefreiheit
• Monitoring & Reporting

Auch zu den gewünschten Inhalten der Social-Media-Beiträge äußert sich das Ministerium in der “Leistungsbeschreibung”:

Zu den wichtigsten Inhalten zählen:

• Minister-Videos, etwa von Terminbegleitungen und Betriebsbesuchen, Ministerstatements, Bundestagsreden
• Service-Posts und Erklärcontent mit Infografiken oder Animationen zu aktuellen Kabinettsbeschlüssen, Gesetzgebungsverfahren oder zu den Themen des Hauses, z. B. Urlaubsanspruch, Pausenzeiten, Bürgertelefon
• Instagram Stories und Live-Tweets von Veranstaltungen
• Livestreams inkl. Ankündigungen
• Zitatkacheln mit Zitaten zu aktuellen Diskussionen und Themen

Bei “Bild” wird das einfach unter “Werbe-Filmchen” für Hubertus Heil und Förderprogramm für die “Eitelkeit des Bürgergeld-Ministers” subsumiert.

Zusätzlich zu all diesen inhaltlichen Verzerrungen gibt sich die “Bild”-Redaktion noch große Mühe, einen zeitlichen Zusammenhang mit der Bundestagswahl im September 2025 herzustellen: Das Ministerium suche “PR-Profis im Wahlkampf”, steht auf der Titelseite. In einem zusätzlichen Kommentar schreibt “Bild”-Redakteur Florian Kain:

Aber ausgerechnet im Jahr der Bundestagswahl 2025 wäre Zurückhaltung hier wirklich das Gebot der Stunde.

Und Dirk Hoeren schreibt bezüglich des Starts des ausgeschriebenen Auftrags:

Und zwar – zufällig – pünktlich vor der Bundestagswahl ab März 2025.

Vor dem Hintergrund dieser hämetriefenden und tendenziösen “Bild”-Geschichte dürfte man sich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, wenn man sagt, dieses “zufällig” lässt sich als ironischer Einschub lesen. Aber tatsächlich ist das Wort, unironisch gelesen, in diesem Zusammenhang völlig richtig: Der aktuell laufende Social-Media-Rahmenvertrag endet, das Ministerium braucht ab dem 1. März 2025 einen neuen – und das ist eben zufällig im selben Jahr wie die Bundestagswahl.

Der neue Rahmenvertrag wird mindestens drei und maximal vier Jahre laufen, also definitiv in der kommenden Legislaturperiode. Ob Hubertus Heil dann noch Arbeits- und Sozialminister ist und ob er und seine Arbeit dann in den Social-Media-Posts überhaupt eine Rolle spielen, ist zum jetzigen Zeitpunkt alles andere als klar. Auch dieser Aspekt findet bei “Bild” keine Beachtung.

Dass und wie Dirk Hoeren hier an allen möglichen Verzerrern dreht, ist übrigens nichts Neues: Nach einem ganz ähnlichen Muster haben er und “Bild” vergangenes Jahr schon über Bundesumweltministerin Steffi Lemke, nun ja, berichtet.

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Medienausschluss der AfD, Prägung und Verhältnismäßigkeit, Bildsprache

1. Medien wollen sich in AfD-Wahlparty einklagen
(faz.net)
Die AfD in Thüringen verwehrt mehreren Medien den Zugang zu einer Wahlkampfveranstaltung. “Spiegel”, “Welt”, “Bild” und “taz” wollen dies nicht hinnehmen und nun gerichtlich erreichen, dass ihre Journalistinnen und Journalisten die Veranstaltung besuchen können. Sie sehen sich in ihrer Pressefreiheit eingeschränkt. Die AfD verteidigt den Ausschluss mit Platzmangel und Sicherheitsbedenken und erwägt, die Veranstaltung abzusagen, sollte sie “gezwungen” werden, mehr Medienschaffende zuzulassen. Es ist nicht das erste Mal, dass Gerichte über den Ausschluss von Journalistinnen und Journalisten von AfD-Veranstaltungen entscheiden müssen. Die “taz” teilt dazu in einer Pressemitteilung mit: “Kritischer Journalismus wird von der AfD seit langem regelmäßig behindert. Mit unserem gemeinsamen Antrag wollen wir die Rechtslage für künftige Fälle klären lassen und gegen diese Form der Einschränkung der Pressefreiheit vorgehen.”

2. Ent­schei­dend wird die Prägung
(lto.de, Felix W. Zimmermann)
Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass das “Compact”-Magazin vorerst weiter erscheinen darf, obwohl es eine verfassungsfeindliche Ideologie vertrete. Für Felix W. Zimmermann zeigt der Beschluss, dass für ein endgültiges Verbot die Frage der “Prägung” durch verfassungsfeindliche Inhalte entscheidend ist. Das Hauptverfahren werde bereits im Februar 2025 stattfinden, was die Hoffnung des “Compact”-Chefredakteurs auf eine längere Ruhephase zunichtemachen könnte.
Weiterer Lesetipp: Die Zweifel der Rich­te­r:in­nen (taz.de, Christian Rath).

3. Moderator und Schauspieler Louis Klamroth
(n-joy.de, Norbert Grundei, Audio: 34:14 Minuten)
Der Podcast “Die Idee” wird moderiert von Norbert Grundei, Leiter der Abteilung Innovation, Produktentwicklung und Content Portfolio beim NDR. In der aktuellen Folge ist Louis Klamroth zu Gast, der als Moderator und Produzent arbeitet. Grundei fragt Klamroth unter anderem, was dieser eigentlich in den Tagen zwischen den wöchentlichen Ausgaben des von ihm moderierten Politiktalks “Hart aber fair” mache. Spoiler: erstaunlich viel.

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4. Bildsprache bei Zeitschrift “test”: Stereotype vermeiden!
(genderleicht.de, Christine Olderdissen)
Christine Olderdissen spricht mit der Bildredakteurin Laura Schierholz und dem stellvertretenden Chefredakteur Werner Hinzpeter von “test” über die Bildsprache der Zeitschrift, die von der Verbraucherschutzorganisation Stiftung Warentest herausgegeben wird. In dem Interview geht es unter anderem um die Frage, wie die Redaktion bei der Bebilderung von Produkttests auf Vielfalt achtet und versucht, Geschlechterstereotype zu vermeiden. Schierholz und Hinzpeter betonen die Herausforderungen bei der Verwendung von Stockfotos und erzählen, wie sie versuchen, durch eigene Fotoproduktionen eine vielfältigere und inklusivere Darstellung zu erreichen.

5. So reagiert die Branche
(boersenblatt.net, Christina Schulte)
Wie gestern in den “6 vor 9” zu lesen war, stellt der Buchhändler und einstige Branchenriese Weltbild seinen Geschäftsbetrieb zum 31. August 2024 endgültig ein. Christina Schulte hat sich bei Zwischenbuchhandel, Logistikdienstleistern und Verlagen nach den Auswirkungen erkundigt. Es würden teilweise hohe Ausfälle drohen.
Weiterer Lesetipp: Weltbild-Pleite und Tolino: So sichern Sie Ihre E-Books vor dem endgültigen Verlust (literaturcafe.de).

6. Landtagswahlen: Erfundene Aussage von Olaf Scholz über Ostdeutschland und die Mauer
(correctiv.org, Viktor Marinov)
Auf Tiktok zirkuliere ein hunderttausendfach aufgerufenes Video, in dem Bundeskanzler Olaf Scholz angeblich den Wiederaufbau der Berliner Mauer sowie eine Steuer für Westdeutsche zur Finanzierung des Vorhabens fordere. “Correctiv” ist der Sache nachgegangen. Das Zitat sei (natürlich) frei erfunden und ziele offenbar darauf ab, kurz vor den Landtagswahlen in drei ostdeutschen Bundesländern negative Stimmung gegen Scholz und die Bundesregierung zu erzeugen.

7. Verwaltungsgericht verpflichtet MDR zur Ausstrahlung eines umstrittenen Wahlwerbespots von “Die PARTEI”
(radioeins.de, Lorenz Meyer, Audio: 4:12 Minuten)
In eigener Sache und deshalb als siebter und zusätzlicher Link: Das Verwaltungsgericht Leipzig hat den MDR zur Ausstrahlung eines umstrittenen Wahlwerbespots der Satirepartei Die Partei verpflichtet. Der öffentlich-rechtliche Sender hat dem widersprochen. Die Entscheidung darüber wird am heutigen Vormittag erwartet. radioeins hat mich nach einer Einordnung gefragt: “Das Verwaltungsgericht Leipzig hat uns daran erinnert, dass Meinungsfreiheit auch bedeutet, Unbequemes auszuhalten.”

“Das hat BILD exklusiv erfahren”

Manuel Neuer tritt als Torwart der deutschen Fußball-Nationalmannschaft zurück. Darüber berichten gerade alle möglichen Medien, auch Bild.de:

Screenshot Bild.de: Hier erklärt Neuer seinen Rücktritt - Schluss mit der Nationalelf

Für die Leserinnen und Leser der “Bild”-Medien dürfte diese Nachricht etwas überraschend kommen. Denn heute steht in der gedruckten “Bild”:

Ausriss Bild-Zeitung - Neuer macht weiter, aber bei den ersten beiden Länderspielen will er pausieren

Kapitän Ilkay Gündogan (33) hat einen klaren Schritt gemacht, er tritt aus der Nationalmannschaft zurück.

Manuel Neuer (38) dagegen macht weiter! Das hat BILD exklusiv erfahren.

Der Torhüter, der bereits 124 Mal für Deutschland auflief, hat die WM 2026 in den USA, Kanada und Mexiko im Blick. Daher will er noch nicht aus der Nationalmannschaft zurücktreten.

“exklusiv”, das kann man wohl sagen.

Nachtrag, 16:33 Uhr: Nach einer ersten kurzen Eil-Meldung auf der Seite berichtet Bild.de inzwischen ausführlicher über Manuel Neuers Rücktritt aus der Nationalmannschaft. Die Redaktion schreibt unter anderem:

BILD hatte am Dienstag aus mehreren Quellen gehört, dass Neuer grundsätzlich bereit sei, seine Nationalmannschafts-Karriere fortzusetzen, allerdings beim nächsten Länderspiel-Doppelpack im September nicht zur Verfügung stehen würde. Im Kommentar hieß es bei BILD, dass Neuer Klarheit schaffen müsse. Nummer 1 von Deutschland gehe nur ganz oder gar nicht. Er hat sich für GAR NICHT entschieden – und das in der Nacht zu Mittwoch. Erst am Mittwochmorgen teilte er dem DFB seinen finalen Entschluss mit.

So kann man die eigene falsche Berichterstattung natürlich auch herunterspielen. Und es dann ein bisschen so wirken lassen, als hätte erst die Forderung des “Bild”-Kommentars nach “Klarheit” für Neuers Entscheidung gesorgt.

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“Kein Gas, kein Strom” im “Entwicklungsland”

Wirft man regelmäßig einen Blick in die “Bild”-Medien, begegnen einem dort immer wieder Aussagen und Behauptungen, die irgendwo zwischen ziemlich schräg und völligem Unsinn liegen. Heute war mal wieder völliger Unsinn dran – in einer “Bild”-Umfrage, angeteasert auf der Titelseite …

Ausriss Bild-Titelseite - Mehrheit der Deutschen einig - Kein Bock mehr auf die Ampel

… und groß präsentiert im Blatt:

Ausriss Bild-Zeitung - Rot-Gelb-Grün soll abdanken - Bild fragte in Deutschland, wie die Menschen über eine schnelles Ende der Ampel-Koalition denken

Die Aussagen von 43 Personen haben “Bild” und Bild.de zusammengetragen. Neben völlig berechtigter Kritik an der Ampel-Koalition und nachvollziehbarem Ärger über die aktuelle Situation in Deutschland ist auch diese Behauptung dabei:

Ausriss Bild-Zeitung - Steffen Blasius, 43 Jahre alt, Handwerker: In kürzester Zeit haben die uns zum Entwicklungsland gemacht. Kein Gas, kein Strom und wir Bürger haben kein Geld mehr in der Tasche. Wenn ich so arbeiten würde wie die Ampel-Regierung, dann würde ich verhungern. Die sollen zurücktreten

Gut, das mit dem “Entwicklungsland” mag noch in die Kategorie Ansichtssache fallen. Aber: “Kein Gas” und “kein Strom” in Deutschland? Wir haben gerade noch mal sicherheitshalber auf den Lichtschalter gedrückt. Das Licht ging an. Und auch das Zubereiten des gestrigen Abendessens am Gasherd hat einwandfrei funktioniert.

Jetzt mag man einwenden, dass es sich dabei ja um eine Aussage einer befragten Person handelt – und nicht um eine “Bild”-Aussage. Aber jede Redaktion kann immer noch selbst entscheiden, ob und welchen Stuss sie unkommentiert veröffentlicht.

Sowieso ist es ganz interessant, dass Steffen Blasius Teil dieser Umfrage ist. Die “Bild”-Redaktion lässt es in ihrem kurzen Einleitungsartikel so wirken, als handele es sich bei den Befragten um zufällig auf der Straße angetroffene Bürgerinnen und Bürger:

BILD hat sich auf Deutschlands Straßen umgehört: Sollte die Ampel-Koalition aufhören?

Bei Blasius ist es allerdings so, dass er schon einmal in der “Bild”-Berichterstattung aufgetaucht ist, vergangenen Monat, ebenfalls bei einer Umfrage. Das Thema damals: der von der Ampel-Koalition angedachte (und inzwischen wohl wieder verworfene) Steuerrabatt für ausländische Fachkräfte:

Steffen Blasius (43), selbstständiger Handwerker im Innenausbau: “Das ist ein Schlag in die Fresse! Ich bin absolut dagegen, Fachkräfte mit Steuervorteilen zu locken. Wo bleiben die Steuererleichterungen für uns und unsere Unternehmen? Ich bin stinksauer!”

Auch im Februar dieses Jahres tauchte Blasius in den “Bild”-Medien auf, diesmal nicht so “stinksauer”, bei einer Umfrage zum Valentinstag. Und vor etwa zwei Jahren bei einer “Bild”-Umfrage zur möglichen Karstadt-Schließung in Saarbrücken.

Steffen Blasius ist nicht die einzige der 43 Personen in der heute erschienenen “Bild”-Umfrage, die schon einmal in den “Bild”-Medien anzutreffen war. Über manche von ihnen haben “Bild” und Bild.de in der Vergangenheit bereits berichtet, teilweise sogar mehrfach. Von manchen wurden schon Leserbriefe veröffentlicht, andere waren als Gast beim “Bild”-Leserstammtisch. Die “Bild”-Redaktion kannte einen Teil der Befragten und deren Ansichten also vorab.

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Fiktion über Ostdeutschland, KI auf dem Lehrplan, Ehrenbürgerwürde

1. Fiktion über Ostdeutschland
(verdi.de, Tilmann P. Gangloff)
Tilman P. Gangloff schreibt darüber, dass westdeutsche Autoren Geschichten über Ostdeutschland schreiben, was von vielen Ostdeutschen als verzerrte Darstellung ihrer Lebenswirklichkeit empfunden werde. Während einige der Meinung seien, dass nur Menschen aus der Region authentische Erzählungen liefern können, würden andere betonen, dass auch unterschiedliche Perspektiven wertvolle Einsichten beitragen. Es komme jedoch weniger darauf an, wer die Geschichten schreibt, so Gangloff: “Der Tonfall ist ausschlaggebend.”

2. Oberschwaben ist nicht Meck-Pomm
(kontextwochenzeitung.de, Josef-Otto Freudenreich)
“Eine eingeflogene Truppe aus dem Osten krempelt die ‘Schwäbische Zeitung’ um. Das Traditionsblatt rutscht nach rechts, wer kann, der geht, und das Publikum fragt sich, was das soll.” Josef-Otto Freudenreich beschreibt, wie die “Schwäbische Zeitung” durch eine neue Führung eine rechtskonservative Ausrichtung bekomme, was zu internen Spannungen und einem Verlust der bisherigen Identität führe.

3. “Innovation entfesseln”: Vorstoß gegen Löschzwang bei Öffentlich-Rechtlichen​
(heise.de, Stefan Krempl)
Stefan Krempl berichtet über einen Vorschlag des Medienrechtlers Jan Christopher Kalbhenn, sämtliche Online-Beschränkungen für öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten aufzuheben, um deren Innovationskraft zu fördern. Kalbhenn argumentiere, dass bestehende Restriktionen wie der Löschzwang und das Verbot der Presseähnlichkeit nicht mehr zeitgemäß seien.

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4. Wie viel KI steht auf dem Lehrplan?
(mediummagazin.de, Jeanne Wellnitz)
Das “medium magazin” hat untersucht, wie Universitäten und Journalistenschulen das Thema Künstliche Intelligenz (KI) in die journalistische Ausbildung integrieren. Man habe bei acht Ausbildungsstätten nachgefragt, wie diese auf die Möglichkeiten der neuen Technologie reagieren: “Welche KI-Formate stecken in den Lehrplänen? Welche Kompetenzen brauchen die Journalistinnen und Reporter der Zukunft?”

5. Käufer müssen E-Books von Weltbild jetzt schnell sichern
(spiegel.de)
Der Buchhändler Weltbild stellt seinen Geschäftsbetrieb zum 31. August 2024 ein, was Auswirkungen für Kundinnen und Kunden hat, die E-Books oder Hörbücher für ihren Tolino-Reader über Weltbild erworben haben. Diese müssten ihre gekauften digitalen Inhalte bis zu diesem Datum sichern, indem sie sie auf ihren PC herunterladen und dann über den Tolino-Webreader bei einem anderen Händler der Tolino-Allianz hochladen, um weiterhin Zugriff zu haben.

6. Ehrenbürgerwürde für Friede Springer
(berlin.de)
Der Berliner Senat hat beschlossen, die Unternehmerin Friede Springer dem Abgeordnetenhaus als neue Ehrenbürgerin Berlins vorzuschlagen, um ihre Verdienste um die Stadt und ihr vielfältiges gesellschaftliches Engagement zu würdigen. Die Verleihung der Ehrenbürgerwürde solle noch in diesem Jahr stattfinden. Anmerkung des “6-vor-9”-Kurators: Ob Friede Springer tatsächlich “ein Vorbild für uns alle” ist, wie es der Regierende Bürgermeister Kai Wegner formuliert, darf angesichts der unrühmlichen Rolle des Springer-Verlags und insbesondere der “Bild”-Zeitung in der deutschen Medienlandschaft bezweifelt werden.

Für “Bild” potenziell gefährlich

Die Grünen-Co-Vorsitzende Ricarda Lang und ihr langjähriger Partner Florian Wilsch haben geheiratet. Und das wäre auch schon die ganze Nachricht.

Doch die “Bild”-Redaktion hat einige Fotos von der Feier (oder genauer: von der Straße vor der Feier) in die Finger bekommen. Und so veröffentlichte sie in den vergangenen Tagen weltbewegende Informationen. Etwa dass Klimaaktivistin Luisa Neubauer zu den Gästen zählte. So, so. Oder dass Grünen-Politiker und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck mit dem Rad zur Feier kam. Schau an. Oder dass Luisa Neubauer beim Eintreffen zur Party Sandalen trug und beim Verlassen der Party Sneaker. Dinge gibt’s.

Gestern dann der vorläufige Höhepunkt des “Bild”-Irrsinns zur Hochzeitsfeier, wieder nur auf Grundlage eines Fotos:

Screenshot Bild.de - Nach Hochzeitsparty - Fahrer trug Palästinenser-Tuch - Wie gefährlich war Ricarda Langs Taxifahrt?

Die “Bild”-Medien haben das Foto ohne Unkenntlichmachung veröffentlicht, die Verpixelung stammt von uns. Zu sehen sind Ricarda Lang und Florian Wilsch auf dem Rücksitz eines Taxis. Auch der Fahrer ist zu erkennen. Er trägt eine offenbar grüne Kufiya, die er um seinen Kopf gebunden hat.

Mehr weiß die “Bild”-Redaktion nicht. Sie hat keine Ahnung, wer der Mann ist. Sie weiß nicht, welche Ansichten er hat (“Wie der Fahrer politisch tickt, ist nicht bekannt.”). Sie kennt nicht seine Herkunft, nicht seine Religion, nichts. Sie weiß nur, dass er eine umgangssprachlich oft als “Palästinenser-Tuch” bezeichnete Kufiya trägt. Das reicht “Bild”, um einen Menschen vor einem Millionenpublikum als potenziell gefährlich darzustellen – man wird ja wohl noch fragen dürfen:

Befand sich Lang in Gefahr, ohne es zu wissen?

Im Bild.de-Artikel bringt die Redaktion den Taxifahrer direkt oder indirekt mit “Israel-Feinden” (“Ihr Fahrer trug ein Palästinenser-Tuch, ein Erkennungszeichen der Israel-Feinde”), “der pro-palästinensischen Szene” (“Ein Foto zeigt: Der Taxi-Fahrer der Grünen-Chefin gehört offenbar der pro-palästinensischen Szene an.”), “Israel-Hassern” (“Das Palästinenser-Tuch ist unter Israel-Hassern beliebt”), Personen, die auf propalästinensischen und antiisraelischen Protesten die Hamas feiern und den Hitlergruß zeigen, “Judenfeinden und Terror-Verharmlosern”, “Islamisten” (“Das Palästinenser-Tuch ist unter Israel-Hassern beliebt: Islamisten und Linksextreme tragen es auf den pro-palästinensischen Protesten.”) und “Antisemiten” (“Klar ist nur, dass er ein Kleidungsstück trägt, das als Erkennungszeichen von Israelhassern und Antisemiten verwendet wird.”) in Verbindung. Der Bundesvorsitzende der Polizeigewerkschaft DPolG Rainer Wendt darf dann noch jeglichen Ansatz von Zweifel, ob der Taxifahrer “der Szene” angehört, wegwischen:

“Jeder muss selbst entscheiden, ob er sich zu einer der Szene zugehörigen Person ins Taxi setzt.”

Ricarda Lang wollte zu all dem verständlicherweise nichts sagen:

Fühlte Ricarda Lang sich sicher? Die Grünen-Co-Chefin ließ eine BILD-Anfrage unbeantwortet.

Was bleibt einem auch übrig, wenn die eigene Hochzeit von “Bild” für Unsinnsmeldungen, Generalverdacht und Stimmungsmache missbraucht wird?

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