Archiv für November, 2025

Durchsuchung verfassungswidrig, Weimer widerspricht, Meta entkommt

1. Durchsuchung bei Redakteur war verfassungswidrig
(taz.de, Christian Rath)
Das Bundesverfassungsgericht habe die Wohnungsdurchsuchung im Januar 2023 bei Fabian Kienert, Redakteur bei Radio Dreyeckland, als verfassungswidrig bewertet. Eine Durchsuchung bei Journalisten brauche plausible Gründe. Ein bloßer Link auf eine alte Archivseite reiche dafür nicht. Kienert hatte in einem Artikel einen Link auf die Archivseite der seit 2017 verbotenen Website linksunten.indymedia gesetzt. Offen bleibe, ob das Setzen eines Links allein als strafbare Unterstützung einer verbotenen Vereinigung gelten kann.

2. Wolfram Weimer schaltet Medienanwalt Schertz ein – und verteidigt sich mit einer überraschenden Aussage
(kress.de, Marc Bartl)
Das rechte Onlinemedium “Apollo News” werfe der Weimer Media Group vor, beim Ludwig-Erhard-Gipfel bezahlten Zugang zu Ministern zu vermitteln. Darauf habe Kulturstaatsminister Wolfram Weimer den Medienanwalt Christian Schertz eingeschaltet und in der “FAZ” eine klare Trennung von politischem Amt und Verlag betont. Schertz habe erklärt, Weimer habe alle operativen Funktionen vor Amtsantritt niedergelegt und nehme nicht mehr am Gipfel teil. Man sei “ausdrücklich beauftragt, rechtliche Schritte für unsere Mandanten zu prüfen”.

3. Meta entkommt seiner Zerschlagung
(netzpolitik.org, Tomas Rudl)
Wie Tomas Rudl bei netzpolitik.org berichtet, habe ein US-Bundesrichter den Social-Media-Konzern Meta nicht als Monopolisten eingestuft. Bei den Übernahmen von Instagram und WhatsApp habe es keinen Wettbewerbsverstoß gegeben, der Markt für Soziale Medien gelte als ausreichend umkämpft. Rudl kommentiert: “Für Kritiker:innen des Unternehmens und der gegenwärtigen Verhältnisse im digitalen Raum ist die Entscheidung eine herbe Niederlage – zumal der Ansatz, gegen die Übermacht von Big Tech gerichtlich statt gesetzgeberisch vorzugehen, zu einem guten Teil der Dysfunktionalität des US-Kongresses geschuldet ist.”

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4. Neue DW-Intendantin kritisiert geplante Etatkürzung
(dwdl.de, Uwe Mantel)
Die neue Intendantin der Deutschen Welle (DW) Barbara Massing kritisiere die geplante Kürzung des DW-Etats um zehn Millionen Euro als falsches Signal bei weltweit steigendem Bedarf an freien Informationen. Trotz der Kürzung wolle sie den deutschen Auslandsrundfunk zur “führenden Stimme der Freiheit aus Europa” machen. Massing setze auf eine engere Zusammenarbeit mit France Médias Monde und der BBC, um Lücken zu schließen, die durch den Ausfall von US-Sendern entstanden seien.

5. Faktenbasiert, aufklärend, machtkritisch
(verdi.de, Till Schmidt)
Das Verdi-Medienmagazin “M” hat mit Georg Restle gesprochen, dem langjährigen Leiter und Moderator des ARD-Politmagazins “Monitor”, der für einen “werteorientierten Journalismus” eintrete. Restle weist auch auf die Wichtigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks hin: “In Zeiten der Unübersichtlichkeit des Mediengeschäfts steht der öffentlich-rechtliche Rundfunk für demokratischen Journalismus. Das bedeutet in seinem besten Sinn: Bürger*innen zu ermöglichen, an den wichtigen Debatten dieser Gesellschaft teilzuhaben, informiert zu sein und auf Grundlage von Fakten und Hintergrundrecherchen selbst einschätzen zu können, wie Politik oder wie Macht funktioniert.”

6. Zum Jahresende werden sich die Wege des Stern und meine trennen
(facebook.com, Til Mette)
Der bekannte Cartoonist Til Mette und der “Stern” gehen nach dreißigjähriger Zusammenarbeit getrennte Wege. Auf Facebook bedankt sich Mette bei den Beteiligten, zeigt sich aber auch enttäuscht darüber, dass im “Stern” dieses Format anscheinend nicht weitergeführt werden soll: “Über Jahrzehnte gehörten die Humorseiten, wie die des satirischen Grossmalers Haderer, die des akribisch kalauernden Tetsche und meine Seite zur DNA des Stern. Ich bedauere sehr, dass es auch für meine Seite ab Januar 2026 keinen Nachfolger/in geben wird.”

Gekaufte Zugänge?, Klöckners Schlagseite, Fabulierende Maschinen

1. Geld für gezielte Beeinflussung von Politikern?
(tagesspiegel.de)
Die bayerische Staatsregierung überprüfe die staatliche Förderung des “Ludwig-Erhard-Gipfels”, nachdem Vorwürfe über käufliche politische Einflussnahme rund um die Veranstaltung am Tegernsee laut geworden seien. Medienberichten zufolge biete die veranstaltende Agentur des heutigen Kulturstaatsministers Wolfram Weimer Unternehmen gegen Geld exklusiven Zugang zu Spitzenpolitikerinnen und -politikern an. Weimers Sprecher betone, dass der Minister keine operativen Tätigkeiten mehr ausübe. Dennoch stehe die Frage im Raum, ob die Veranstaltung weiterhin mit Steuergeldern unterstützt werden soll.

2. Klöckner klickt rechts
(correctiv.org, Sebastian Haupt & Stella Hesch & Annika Joeres & Isabel Knippel)
Eine Analyse von “Correctiv” zeige, dass Bundestagspräsidentin Julia Klöckner auf ihren Social-Media-Kanälen systematisch Inhalte rechtspopulistischer Akteure und Medien wie “Nius” oder dem “ÖRR-Blog” verbreite. Klöckner nutze ihre Reichweite strategisch, um neben harmlosen Hundefotos Stimmung gegen die Grünen sowie den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu machen und Narrative des rechten Randes zu normalisieren.

3. Hanois Justiz verklagt in Berlin lebenden Chefredakteur
(taz.de, Alexandra Wagner)
Vietnams Justiz klage den in Berlin unter Polizeischutz stehenden Journalisten Trung Khoa Lê an, da dieser laut dem vietnamesischen Ministerium für öffentliche Sicherheit durch sein Medium “Thoibao” die sozialistische Ordnung untergrabe. Der Chefredakteur des regierungskritischen, in Berlin beheimateten Onlinemediums vermute hinter dem Vorgehen politische Rache. Er habe einst die Verwicklung des heutigen KP-Chefs in die Entführung des ehemaligen vietnamesischen Politikers und Managers Trịnh Xuân Thanh im Jahr 2017 aufgedeckt.

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4. An vorderster Front, hinter den Kulissen: Was machen Fixer?
(de.ejo-online.eu, Oleksandra Yaroshenko)
Oleksandra Yaroshenko erklärt in ihrem Artikel die unverzichtbare Rolle von sogenannten Fixern, die als lokale Expertinnen und Experten im Ukraine-Krieg maßgeblich entscheiden, welche Informationen und Bilder das internationale Publikum erreichen. Diese Helfer seien keine neutralen Übersetzer, sondern subjektive “Gatekeeper”, deren persönliche Betroffenheit und kulturelle Kompetenz die Berichterstattung forme. Dennoch würden sie oft ohne ausreichenden Schutz oder Versicherung arbeiten und trotz lebensgefährlicher Risiken meist unsichtbar bleiben.

5. Freiheit im Netz nimmt beständig ab
(netzpolitik.org, Paula Clamor)
Der aktuelle “Freedom-on-the-Net”-Report (PDF) der Organisation Freedom House stelle fest, dass die globale Internetfreiheit zum 15. Mal in Folge abnehme. Auch Deutschland verliere Punkte. Politische Aktionen gegen Netzkritik, rechtsextreme Einschüchterungen und russische Cyberangriffe nähmen zu. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, plädiere Freedom House für unabhängigen zivilgesellschaftlichen Aktivismus, lehne jedoch Maßnahmen zur Einschränkung der Anonymität wie Altersverifikationen ab.

6. Tödliche K.I. – Über fabulierende Maschinen und fabulierende Menschen
(54books.de, Joanna Nowotny)
Joanna Nowotny warnt in ihrem Beitrag vor der Gefahr durch KI-Chatbots, da diese die Wahnvorstellungen psychisch labiler Nutzerinnen und Nutzer unkritisch bestätigen und so Tragödien wie Suizide begünstigen könnten. Nach Ansicht der Autorin verstärken die Maschinen durch das Vermischen von Fakten und Fiktion sowie emotionale Bindungsstrategien bestehende psychische Krisen massiv. Da für Tech-Konzerne der Fokus vorrangig auf Profit und Nutzerbindung liege, würden wirksame Schutzmaßnahmen fehlen.
(Solltest Du Suizid-Gedanken haben, dann gibt es Menschen, die Dir helfen können, aus dieser Krise herauszufinden. Eine erste schnelle und unkomplizierte Hilfe bekommst Du etwa bei der “TelefonSeelsorge”, die Du kostenlos per Mail, Chat oder Telefon (0800 – 111 0 111 und 0800 – 111 0 222) erreichen kannst.)

Der seltsame Mitinhaber, Fehlen konservative Stimmen?, Politikbild

1. “Hä, aber ich dachte darum ging’s doch?!”
(lto.de, Felix W. Zimmermann)
“Am Dienstag verhandelt das LG Hamburg, ob Correctiv im Potsdam-Bericht wahrheitswidrig über Ausweisungspläne gegen deutsche Staatsbürger berichtete. Dabei geht es auch um Correctivs Verantwortung für Falschberichterstattung anderer Medien.” Felix W. Zimmermann schreibt, dass “Correctivs” Formulierung eines “Masterplans zur Ausweisung deutscher Staatsbürger” aus seiner Sicht eine journalistische Fehlleistung sei, die zu einer Welle von falschen Beiträgen bei anderen Medien geführt habe und deren juristische Verantwortung nun das Hamburger Landgericht klären müsse.

2. Der seltsame Mitinhaber
(taz.de, Andreas Speit)
Andreas Speit berichtet in der “taz”, dass der bekannte völkische Siedler Baldur Bachmann jahrelang Mitinhaber der Eulenspiegel-Verlagsgruppe gewesen sei. Bachmann sei in der rechtsextremen Szene verankert, Anhänger der antisemitischen “Germanischen Neuen Medizin” und Mitglied der verbotenen “Artgemeinschaft”, was dem Geschäftsführer des Verlags nach eigenen Angaben nicht bekannt gewesen sei. Erst nach den Recherchen habe sich der Verlag von Bachmann getrennt.

3. Fehlen konservative Stimmen in den öffentlich-rechtlichen Medien?
(deutschlandfunk.de, Christiane Florin, Audio: 1:00:31 Stunden)
In der “Streitkultur” des Deutschlandfunk diskutieren Nikolaus Blome (RTL) und Georg Restle (WDR) über die Frage, ob konservative Stimmen in den Medien, insbesondere im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, fehlen. Blome bejaht dies und führt als Beleg an, dass der NDR extern eine konservative Moderatorin suchen musste, da intern offenbar niemand verfügbar sei. Restle widerspricht, hält die Vielfalt für groß und argumentiert, der Öffentlich-Rechtliche müsse sich vielmehr gegen Verfassungsfeinde wie die AfD verteidigen.

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4. Wie Medien das Politikbild verzerren und damit Demokratie gefährden
(fr.de, Tanjev Schulz)
Der Politik- und Kommunikationswissenschaftler Tanjev Schultz argumentiert in seiner Kolumne, dass die US-Medien zu einer Krise der Demokratie beigetragen hätten. Er schreibt, dass ein “notorisch negatives” Politikbild in der Berichterstattung die Zustimmung zur demokratischen Kultur untergraben habe. Diese Entwicklung habe eine zynische Haltung im Publikum gefördert, von der nun Politiker wie Donald Trump, aber auch die AfD profitieren würden.

5. Wie Lokaljournalismus auf TikTok funktionieren kann
(correctiv.org)
Die Journalistin Pauline Tillmann widerlege in ihrem Report (PDF) zum “Future of News Fellowship” die Annahme, junge Menschen würden sich nicht für lokale Themen interessieren. Sie zeige, dass TikTok eine der wichtigsten Informationsquellen für Jugendliche sei und enorme Chancen für den Lokaljournalismus biete. Für Erfolge auf der Plattform müssten Redaktionen auf Alltagsrelevanz, Persönlichkeiten vor der Kamera und echten Dialog mit der Community setzen.

6. Kölner Recherchepreis zeichnet junge Journalisten aus
(bdzv.de)
Der Kölner Recherchepreis 2025 hat junge Journalistinnen und Journalisten für ihre herausragenden Recherchen ausgezeichnet. Den 1. Preis hat “WAZ”-Redakteurin Sophie Sommer für ihre Reportage “Ich spüre noch seine Hände auf mir” (PDF), in der es um Kinderprostitution in Dortmund geht, erhalten. Bei der Preisverleihung hätten NRW-Medienminister Nathanael Liminski und Kölns Oberbürgermeister Torsten Burmester den unabhängigen Journalismus als unverzichtbare demokratische Kraft gewürdigt. Die Herausgeber des “Kölner Stadt-Anzeiger” hätten zudem vor der wachsenden Marktmacht von Tech-Konzernen gewarnt und politischen Rückhalt für “echte Recherche” gefordert.

Krone hängt schief, 10 Millionen Euro weniger, Mikrojournalismus

1. Die Krone hängt schief
(taz.de, Daniel Zylbersztajn-Lewandowski)
Die BBC stecke in einer tiefen Vertrauenskrise, nachdem ihre Führungsspitze wegen einer irreführend geschnittenen Dokumentation über Donald Trump zurücktreten musste. Ein 8.000 Wörter umfassendes Memo eines ehemaligen internen Standardprüfers werfe dem Sender darüber hinaus gravierende und systematische Mängel sowie parteiische Berichte vor. Die Kritik betreffe nicht nur den Umgang mit Trump, sondern auch die wiederholte unsaubere Berichterstattung des Senders BBC Arabic zum Nahostkonflikt.
Weiterer Lesetipp: Trump kündigt 5-Milliarden-Dollar-Klage gegen BBC an (taz.de)

2. Unkritisch und intransparent: JournalistInnen auf “Dream”-Reise mit Sebastian Kurz
(kobuk.at, Andrea Gutschi)
Andrea Gutschi kritisiert, dass mehrere österreichische Medienvertreter einer Einladung von Ex-Kanzler Sebastian Kurz zu dessen KI-Start-up “Dream” in Tel Aviv gefolgt seien, ohne die Reise in ihren Berichten als bezahlt zu kennzeichnen: “Wir wollten von Krone, Kurier und Oe24 wissen, warum sie die Einladung nicht transparent gemacht haben. Außerdem haben wir die teilnehmenden Medien gefragt, warum der Ausflug zum Traum-Unicorn nicht von Wirtschaftsredakteur:innen absolviert wurde. Wir haben keine einzige Antwort bekommen.”

3. Deutsche Welle erhält zehn Millionen weniger als geplant
(dwdl.de, Uwe Mantel)
Uwe Mantel berichtet bei “DWDL”, dass der Haushaltsausschuss des Bundestages den Etat der Deutschen Welle (DW) für 2026 überraschend um zehn Millionen Euro im Vergleich zum ursprünglichen Regierungsentwurf gekürzt habe. Die Aufsichtsgremien des Senders sowie die Gewerkschaft Verdi hätten empört reagiert: Die Entscheidung sei ein falsches Signal. “Die Kürzung widerspricht der im Koalitionsvertrag vereinbarten Stärkung der DW”, so Karl Jüsten, Vorsitzender des Rundfunkrates.

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4. Elon Musks Grokipedia und die Macht der Deutung
(belltower.news, Julia Uebelacker)
Julia Uebelacker analysiert Elon Musks neue Plattform “Grokipedia”, die sich als objektive Alternative zur angeblich linkslastigen Wikipedia präsentiere. Sie stellt fest, dass die KI-generierte Enzyklopädie intransparent sei und wertende Formulierungen nutze, um gezielt rechte Deutungen zu fördern. Besonders beim Thema Gender werde die Definition auf reine Biologie verengt. Uebelacker wertet dies als gefährlichen Versuch, in einem “Kulturkampf” die gesellschaftliche Deutungshoheit zu erlangen.

5. Der Himmel könnte noch blauer sein
(arminwolf.at)
“Vor genau einem Jahr habe ich meinen X-Account stillgelegt und bin – gemeinsam mit vielen anderen Journalist·innen – auf Bluesky gewechselt. Hat sich der #eXit gelohnt?” Der österreichische Journalist und Fernsehmoderator Armin Wolf zieht auf seinem Blog eine Art persönliche Zwischenbilanz. Sein Fazit: “Nach einem Jahr fühlt sich Bluesky für mich noch immer an wie Twitter so um 2010, 2011. Das war sehr fein, aber Twitter 2014/15 war noch deutlich interessanter. Definitiv ist Bluesky aber ein sehr viel besserer Ort als X im Jahr 2025. Der #eXit war die richtige Entscheidung.”

6. Womöglich Mikrojournalismus
(uebermedien.de, Lisa Kräher)
Lisa Kräher kritisiert, dass seriöse deutsche Medien wie der “Spiegel” und die “Tagesschau” reißerische Clickbait-Überschriften zu einer neuen Dokumentation über Adolf Hitlers angeblichen “Mikropenis” veröffentlicht haben. Sie stellt fest, dass die berichtenden Medien in ihren eigenen Beiträgen die wissenschaftliche Grundlage (alte DNA) als höchst spekulativ einstufen, die reißerische Behauptung aber dennoch prominent für Aufmerksamkeit nutzen würden.

KW 46/25: Hör- und Gucktipps zum Wochenende

Hurra, Wochenende – und damit mehr Zeit zum Hören und Sehen! In unserer Wochenendausgabe präsentieren wir Euch eine Auswahl empfehlenswerter Filme und Podcasts mit Medienbezug. Viel Spaß bei Erkenntnisgewinn und Unterhaltung!

***

1. Was tun, wenn KI-Bots falsche Informationen über dein Leben verbreiten?
(uebermedien.de, Holger Klein, Audio: 24:54 Minuten)
Im “Übermedien”-Podcast “Holger ruft an” spricht Holger Klein mit den “Tamedia”-Journalisten Celina Euchner und Oliver Zihlmann. Euchner berichtet, wie KI-Seiten sie fälschlicherweise zur Frau des Rappers Kontra K ernannt hätten. Ihr Kollege Zihlmann erklärt, dass über die Hälfte der Artikel im Internet inzwischen “KI-Schrott” sei, und die Chatbots auch mit diesen Falschinformationen trainiert würden, wodurch ein Teufelskreis entstehe.

2. Der Medienleitfaden – wie besser zu Femiziden berichten?
(bonjourno.de, Olivia Samnick, Audio: 37:27 Minuten)
Im Podcast “Bonjourno” geht es um die problematische Berichterstattung über Femizide, bei der oft verharmlosende Begriffe wie “Beziehungsdrama” verwendet würden, anstatt die Morde als strukturelles Problem zu benennen. Sonja Peteranderl berichtet von ihren Recherchen zu geschlechtsspezifischer Gewalt in Lateinamerika und stellt einen Leitfaden vor, den sie für andere Journalistinnen und Journalisten mitentwickelt hat. Den zweiten Teil der themenspezifischen Gesprächsreihe gibt es hier. Dort ist Christine Meltzer zu Gast: “Sie ist Juniorprofessorin für Kommunikationswissenschaft an der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover und hat gleich zwei große Reports zur Femizid-Berichterstattung herausgebracht. Was hat sich seit dem letzten Femizide Report 2021 bis 2024 getan?” (bonjouro.de, Audio: 39:44 Minuten)

3. Wie gelingt gute Content Moderation?
(leibniz-hbi.de, Kristina Kobrow, Audio: 34:33 Minuten)
Beim “BredowCast” hat Moderatorin Kristina Kobrow den Wissenschaftler Matthias Kettemann vom Leibniz-Institut für Medienforschung zu Gast. Die beiden diskutieren darüber, was Content-Moderation ist, also welche Inhalte auf Plattformen wie TikTok oder Facebook gelöscht, versteckt oder verstärkt werden. Kettemann erläutert, warum es einen Mix aus automatisierten Systemen (Künstliche Intelligenz) und menschlichen Moderatoren brauche, und stellt einen neuen “Code of Conduct” vor, den er mitentwickelt hat.

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4. Was Wut im Netz mit uns macht
(deutschlandfunknova.de, Nina Bust-Bartels & Hanna Klimpe, Audio: 56:50 Minuten)
In ihrem Vortrag erklärt die Kommunikationswissenschaftlerin Hanna Klimpe, dass Empörung in Sozialen Medien zwar wichtige Debatten wie #MeToo gestärkt habe, die Plattformlogik aber auch rechtsextreme Inhalte belohne. Diese ständige Flut negativer Beiträge führe bei vielen zu “Newsfatigue” (Nachrichtenmüdigkeit) und verstärke ein Gefühl der Ohnmacht, anstatt Handlungsfähigkeit zu mobilisieren. Klimpe fordert daher, die “demokratische Empörung” aus dem Netz in reale Strukturen zu überführen.

5. Mit 15 Jahren täglich Einschaltquoten verfolgt: EndemolShine-Chef über Reality Shows und KI im TV
(youtube.com, Philipp Westermeyer, Video: 1:04:57 Stunden)
Fabian Tobias, Geschäftsführer der Produktionsfirma EndemolShine, ist zu Gast im “OMR”-Podcast von Philipp Westermeyer. Sie sprechen über die aktuelle Lage der Fernsehbranche und die großen EndemolShine-Produktionen wie “Wer wird Millionär?”, “The Masked Singer” und “Kitchen Impossible”. Außerdem geht es um die Neuausrichtung von “Die Höhle der Löwen” sowie die aktive Suche nach einem neuen Investor für die Sendung.

6. Jimmy Wales, Wikipedia’s founder/co-founder
(youtube.com, Jung & Naiv, Tilo Jung, Video: 3:22 Minuten)
Bei “Jung & Naiv” kam es zu einem ungewollten Rekord: Kaum hatte das Interview mit Wikipedia-Gründer Jimmy Wales begonnen, war es auch schon wieder vorbei. Die harmlose Einstiegsfrage “Gründer oder Mitbegründer?” reichte aus, um Wales derart in Rage zu bringen, dass er die Diskussion als “dumm” bezeichnete und das Set nach kurzer Zeit schon wieder verließ.

Springers US-Expansionsgelüste, Exilmedien unverzichtbar, Deep Nudes

1. Expansion in den USA: Axel Springer hat es auf CNN und “Wall Street Journal” abgesehen
(tagesspiegel.de, Philipp Blanke)
Der Axel-Springer-Konzern prüfe laut US-Medienberichten eine massive Expansion in den USA. Das Unternehmen habe Interesse an einer Übernahme von CNN sowie dem “Wall Street Journal”. Springer-Chef Mathias Döpfner wolle den Firmenwert durch große Zukäufe verdoppeln, da er das deutsche Mediengeschäft als weniger relevant und zukunftsträchtig ansehe. Döpfner suche in den USA zudem gezielt die Nähe zu wichtigen Tech-Bossen.

2. BBC bittet Trump um Entschuldigung
(spiegel.de)
Die BBC habe US-Präsident Donald Trump für einen irreführenden Schnitt in einer Dokumentation um Entschuldigung gebeten. Die Doku habe fälschlicherweise den Eindruck erweckt, Trump habe in einer Rede direkt zur Gewalt aufgerufen. Der BBC-Vorsitzende habe in einem Brief sein Bedauern ausgedrückt. Gleichzeitig habe der öffentlich-rechtliche Sender die rechtliche Grundlage für die von Trump angedrohte milliardenschwere Verleumdungsklage entschieden zurückgewiesen.

3. RSF: Exilmedien als Quelle
(verdi.de)
Die Organisation Reporter ohne Grenzen (RSF) betone in einem neuen Bericht, dass Exiljournalismus unverzichtbar sei, um Zensur, Kriegsverbrechen und Desinformation in autoritären Regimen aufzudecken. Als Beispiele für diese wichtige Arbeit werden Enthüllungen von Exilmedien wie “The Insider” über russische Propaganda, den Wirecard-Manager Jan Marsalek oder die Ausbeutung politischer Gefangener durch einen AfD-Politiker in Belarus genannt. RSF fordere demokratische Regierungen daher dringend auf, diese Medienschaffenden besser zu schützen und nachhaltig zu unterstützen.

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4. “Jemand macht Geld mit Fake-Nacktbildern”: Ja, die Heute-Zeitung!
(kobuk.at, Sophia Ţigănaş)
Sophia Ţigănaş kritisiert die Berichterstattung des österreichischen Boulevardportals Heute.at über sogenannte Deep Nudes. Ihr Fazit: “Bei der Berichterstattung über die Verbreitung von KI-generierten Nacktbildern im Internet ist Heute.at Teil des Problems, über das die Zeitung berichten will: Sie verbreitet ungewollte Sexualisierung und verletzt zusätzlich die Intimsphäre realer Menschen.”

5. Wie steht es um den Klimajournalismus?
(deutschlandfunk.de, Sascha Wandhöfer, Audio: 39:56 Minuten)
Vom 10. bis zum 21. November findet im brasilianischen Belém die UN-Klimakonferenz COP 30 statt. Damit rückt auch der Zustand des Klimajournalismus in den Fokus. Im Deutschlandfunk diskutieren Alexandra Endres (“Table.Media”) und Torsten Schäfer (FH Darmstadt) mit Moderator Sascha Wandhöfer darüber, welche Rolle das Klima im Alltag in deutschen Medien spielt.

6. Immer mehr Werbung im Fernsehen?! Ein Realitäts-Check
(dwdl.de, Uwe Mantel)
Uwe Mantel analysiert bei “DWDL” den weit verbreiteten Eindruck, dass die Werbung im Privatfernsehen überhandnehme, und stellt klar, dass dieser täusche – jedenfalls wenn man auf die klassische Werbung schaut. Die dafür vorgesehene Zeit sei gesetzlich streng auf 20 Prozent, also zwölf Minuten pro Stunde, begrenzt und habe sich nicht erhöht. Die Wahrnehmung längerer Pausen entstehe durch eine flexiblere Verteilung der Werbeblöcke sowie durch zusätzliche Programmtrailer, Eigenwerbung und Spendenaufrufe, die nicht zur offiziellen Werbezeit zählen würden.

Trump vs. BBC, AfD-Aussteiger Ahrens, “Servicemagazin”

1. Einlenken oder dagegenhalten?
(tagesschau.de, Gabi Biesinger)
Nach dem Rücktritt der gesamten Führungsspitze wegen einer irreführend geschnittenen Dokumentation über Donald Trump stecke die BBC in einer tiefen Krise. US-Präsident Trump drohe dem Sender nun mit einer Milliardenklage. Bis morgen Abend müsse zudem eine Richtigstellung und eine persönliche Entschuldigung erfolgen.
Weiterer Hörtipp in eigener Sache: Bei radioeins kommentiert der “6-vor-9”-Kurator: “Die BBC sieht gerade nicht aus wie die würdigste Verteidigerin der Pressefreiheit. Deshalb hat sie etwas gutzumachen. Also nicht zahlen, liebe BBC, nicht einknicken. Um sich und allen anderen zu zeigen: Wir lassen uns nicht einschüchtern.” (radioeins.de, Lorenz Meyer, Audio: 4:18 Minuten)


2. So plante Erik Ahrens die TikTok-Strategie der AfD
(ndr.de, Tom Fugmann, Video: 26:16 Minuten)
Das NDR-Medienmagazin “Zapp” beschäftigt sich mit Erik Ahrens, dem ehemaligen digitalen Vordenker der AfD und selbsternannten Aussteiger aus der rechtsextremen Szene. Der Beitrag zeigt Ahrens’ widersprüchlichen Weg vom linken Aktivisten zum rechtsextremen Strippenzieher, der AfD-Politiker Maximilian Krah auf TikTok groß gemacht habe. Ob es sich bei Erik Ahrens’ jüngster Wandlung um echte Reue, Selbstinszenierung oder Wichtigtuerei handele, bleibe jedoch offen.

3. Welche Rolle spielt Brandenburg?
(taz.de, Ann-Kathrin Leclère)
In Brandenburg finde in wenigen Tagen die entscheidende Abstimmung über den Reformstaatsvertrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks statt. Der Vertrag, der bereits von den Ministerpräsidentinnen und -präsidenten beschlossen wurde, sehe Einschnitte bei Programmen und strengere Regeln, zum Beispiel bei der “Presseähnlichkeit”, vor, müsse aber von allen 16 Landtagen bestätigt werden. “taz”-Redakteurin Ann-Kathrin Leclère hat die wichtigsten Fragen und Antworten dazu zusammengestellt.

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4. “Autofocus” – Wie das Werbeformat einer Industrielobby zum “Servicemagazin” im ORF wurde
(kobuk.at, Hans Kirchmeyr)
Hans Kirchmeyr kritisiert das ORF-Format “Autofocus” als getarnte PR-Sendung für die österreichische Automobilindustrie. Die Sendung, die als “Servicemagazin” bezeichnet werde, sei ursprünglich von der Autolobby initiiert und finanziert worden. Kirchmeyr belegt mit Beispielen, wie “Autofocus” kritiklos die Interessen der Industrie bedient.

5. Fokus auf die Timelines – Dokumentarfilm und Internetkultur
(54books.de, Lennart Rettler)
Der Autor Lennart Rettler lobt aktuelle deutsche Dokumentarfilme wie “Lord of the Toys”, “Goldhammer” und “Soldaten des Lichts” dafür, dass sie die Mechanismen und Abgründe der Internetkultur präzise abbilden. Die Filme würden auf einordnende Experten verzichten. Stattdessen würden sie auf reine Beobachtung setzen und zeigen, wie ihre problematischen Protagonisten (YouTuber, Influencer, Reichsbürger) rassistische oder verschwörungsideologische Inhalte als Geschäftsmodell nutzen.

6. Reality-TV: Von wegen Unterschichtenfernsehen
(dwdl.de, Uwe Mantel)
Entgegen dem weit verbreiteten Mythos des “Unterschichtenfernsehens” seien Reality-TV-Formate längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen und würden alle Bildungsschichten erreichen. Daten der AGF Videoforschung sollen zeigen, dass das Publikum der Top-10-Reality-Shows im Schnitt sogar einen höheren Bildungsabschluss habe. Sender wie RTL würden betonen, dass sich diese Formate vom “Guilty Pleasure” zum “Talk of Town” gewandelt hätten, weil sie Eskapismus, soziale Erlebnisse und Diskussionsstoff bieten.

Übernimmt die KI?, Schwarzes Portal mit roten Zahlen, Frauenfeindlichkeit

1. Wie viel Künstliche Intelligenz verkraftet Social Media?
(dwdl.de, Simon Pycha)
Simon Pycha beschreibt bei “DWDL”, wie KI-generierte Inhalte wie “Slops” oder “Sludge-Videos” Social Media dominieren, weil sie billig zu produzieren sind. Plattformen wie TikTok würden diesen Trend sogar aktiv fördern, indem sie KI-Skripte anbieten, um die Monetarisierung zu steigern. Diese Entwicklung erhöhe jedoch das Risiko für die Verbreitung von Desinformation, die für das Publikum kaum noch als künstlich zu erkennen ist.
Weiterer Gucktipp: Auf YouTube erklärt Mats Schönauer, “wie KI-Kanäle YouTube übernehmen”: “In diesem Video zeige ich euch, wie YouTube mit AI-Slop überflutet wird – von pseudowissenschaftlichen KI-Kanälen wie ‘Sleepless Historian’ bis hin zu Fake-Videos, die politische Propaganda verbreiten – und wie aufwendig produzierte Kanäle wie ‘Kurzgesagt’ von der KI-Flut bedroht werden.” (youtube.com, Video: 23:42 Minuten)

2. Haben wir eigentlich alle ADHS?
(journalist.de, Julia Belzig)
Die Journalistin Julia Belzig stellt in ihrem Text die These auf, dass der Journalismus aufgrund seiner Struktur überdurchschnittlich viele Menschen mit ADHS anziehe. Sie warnt jedoch davor, das Krankheitsbild als “Superkraft” zu romantisieren, da der Alltag für Betroffene oft von Chaos, emotionalen Problemen und dem Gefühl, an Kleinigkeiten zu scheitern, geprägt sei. Belzig kritisiert zudem, dass Social Media ein falsches Bild der Krankheit vermittele.

3. Burkhard Ewert über digitale Erfolge, politische Vorwürfe und historische Vergleiche
(youtube.com, Markus Trantow, Audio: 46:17 Minuten)
Burkhard Ewert, Chefredakteur der “Neuen Osnabrücker Zeitung” (“NOZ”), berichtet im “turi2”-Podcast, dass seine Redaktion nun allein durch digitale Abos finanziert werde, was er als “Meilenstein” bezeichnet. Angesprochen auf den Vorwurf eines Rechtsrucks der “NOZ” verteidigt Ewert etwa Interviews mit der AfD, da diese einen beträchtlichen Teil der Bevölkerung repräsentiere und man nicht “pauschal diffamieren” dürfe. Die Bedrohung durch Google-KI-Zusammenfassungen und dadurch ausbleibenden Klicks sieht er als Ansporn für Journalistinnen und Journalisten, wieder mutigere und schnellere Geschichten zu schreiben, “die eine KI nicht kann”.

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4. Schwarzes Portal mit roten Zahlen: Bilanzverlust beim “Exxpress” steigt
(derstandard.at, Oliver Mark)
Das rechte österreichische Portal “Exxpress” habe seinen Bilanzverlust für das Jahr 2024 auf 6,92 Millionen Euro ausgeweitet, nachdem er im Vorjahr bereits 4,38 Millionen Euro betragen habe. Mehrheitseigentümerin des Mediums sei das deutsche Unternehmen “Vius”, das auch hinter dem Portal “Nius” von Ex-“Bild”-Chefredakteur Julian Reichelt stehe.

5. Gema erzielt Auftakterfolg gegen ChatGPT
(spiegel.de)
Die Verwertungsgesellschaft Gema habe einen juristischen Auftakterfolg gegen den ChatGPT-Entwickler OpenAI erzielt. Das Landgericht München habe entschieden, dass die Verwendung von Texten bekannter Lieder (wie von Herbert Grönemeyer oder Reinhard Mey) eine unerlaubte Vervielfältigung darstelle, und OpenAI zu Schadensersatz verurteilt. Das Urteil in diesem Grundsatzverfahren sei noch nicht rechtskräftig. Es gelte als wahrscheinlich, dass der Rechtsstreit weitergeht.
Weiterer Gucktipp: Auf YouTube prognostiziert Anwalt Chan-jo Jun: “Die Entscheidung wird die KI-Szene in Aufruhr versetzen.” (youtube.com, Video: 13:13 Minuten)

6. Nicht alles ist Unterhaltung
(taz.de, Laura Verseck)
Laura Verseck kritisiert in ihrem Kommentar das RTL-Format “Temptation Island” dafür, dass die Produktion das übergriffige Verhalten eines Kandidaten unkommentiert ausgestrahlt habe. Der Teilnehmer Aleks Petrović habe in der Sendung offen erzählt, wie er seine Partnerin nach der Verlobung zum Sex gedrängt habe. Verseck argumentiert, dass “nicht alles Unterhaltung ist”. Eine Redaktion, die solche sexualisierten Grenzüberschreitungen ohne Einordnung sendet, trage eine Mitverantwortung für deren Normalisierung.

Rechte Buchmesse, Grundrechte-Kahlschlag, Protest gegen Entlassung

1. Ein Besuch auf der rechten Buchmesse
(belltower.news, Jan Tölva)
Jan Tölva berichtet über die rechte Buchmesse “Seitenwechsel” in Halle, die Tausende Besucherinnen und Besucher angezogen und ein breites Spektrum extrem rechter Verlage und Akteure versammelt habe. Die Bandbreite habe von der Neuen Rechten (“Antaios”) und der “Identitären Bewegung” über das “Compact”-Magazin bis hin zu geschichtsrevisionistischen Verlagen gereicht. Tölva wertet die Messe als wichtigen Vernetzungserfolg für die Szene, auch wenn sie gesamtgesellschaftlich eine Randerscheinung bleibe.

2. Max Schrems kritisiert Grundrechte-Kahlschlag
(netzpolitik.org, Ingo Dachwitz)
Ingo Dachwitz schreibt bei netzpolitik.org über die scharfe Kritik des Datenschutzexperten Max Schrems an einer überraschenden DSGVO-Reform der EU-Kommission, die er als “Grundrechte-Kahlschlag” bezeichnet. Laut Schrems würfen die Pläne “40 Jahre europäische Grundrechtsdoktrin über den Haufen”. Er kritisiere das überhastete Vorgehen als “Trumpsche Gesetzgebungspraktiken” und mache die deutsche Bundesregierung mitverantwortlich, die zuvor weitreichende Einschnitte bei der DSGVO angeregt habe.

3. Italien: Protest gegen Entlassung von EU-Korrespondent
(verdi.de)
Der italienische EU-Korrespondent Gabriele Nunziati sei von seiner Nachrichtenagentur Agenzia Nova entlassen worden, nachdem er bei einer EU-Pressekonferenz eine kritische Frage gestellt habe. Nunziati habe gefragt, ob Israel für den Wiederaufbau des Gazastreifens aufkommen solle, ähnlich wie es von Russland für die Ukraine erwartet werde. Sowohl italienische als auch internationale Journalistenverbände hätten die Entlassung scharf verurteilt und sie eine “eklatante Missachtung der Grundprinzipien der Pressefreiheit” genannt.

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4. Fragwürdiges Antenne-Kärnten-Interview mit Missbrauchsopfer
(kobuk.at, Andrea Gutschi)
Andrea Gutschi kritisiert ein Interview von Antenne Kärnten mit einem ehemaligen SOS-Kinderdorf-Kind, das sich freiwillig beim Sender gemeldet habe, um über seine Missbrauchserfahrungen zu sprechen. Die Redakteurin habe einfühlsam gewirkt, durch bohrende Detailfragen jedoch die Gefahr einer Retraumatisierung des Opfers in Kauf genommen. Die Anonymisierung sei schlampig gewesen, die Stimme nicht verfremdet worden und die Journalistin habe am Ende versehentlich den echten Vornamen des Betroffenen genannt.

5. Geschlechtergerechte Sprache: Wie deutsche überregionale Tageszeitungen nicht-binäre Personen darstellen
(de.ejo-online.eu, Allegra Knobloch)
Allegra Knobloch stellt eine Bachelorarbeit vor, die untersucht hat, wie überregionale Tageszeitungen aus Deutschland über nicht-binäre Personen berichten. Die quantitative Inhaltsanalyse von 61 Artikeln aus “taz”, “SZ”, “Welt”, “FAZ” und “Bild” habe ergeben, dass die Betroffenen trotz bekannter Wünsche in über der Hälfte der Beiträge (52 Prozent) fälschlicherweise mit männlichen oder weiblichen Bezeichnungen versehen worden seien. Die Untersuchung zeige außerdem, dass konservative Medien mehr als doppelt so oft misgendern wie progressive Medien.

6. Fake-KI-News über Basel: Die Spur führt zu einer Fitness-Kette aus Grossbritannien
(fairmedia.ch, Jeremias Schulthess)
Eine Recherche von “Fairmedia” und “Prime News” hat sich mit der Website basel-zeitung.com beschäftigt. Dabei handele es sich um ein KI-gestütztes “Fake-News”-Portal, das Artikel von seriösen Medien kopiere und Falschinformationen sowie erfundene Autoren veröffentliche. Obwohl die Seite kein Impressum angebe, würden alle Spuren auf eine internationale Fitness-Kette aus Großbritannien deuten. Ein Marketing-Professor vermute dahinter eine “Performance-Marketing-Kampagne”.

Frauenanteil stagniert, Leitplanken für Medienvielfalt, BBC-Rücktritt

1. BBC-Chef Davie tritt nach Kritik an Trump-Doku zurück
(dwdl.de, Alexander Krei)
BBC-Generaldirektor Tim Davie und Nachrichtenchefin Deborah Turness seien nach massiver Kritik an einer “Panorama”-Dokumentation über Donald Trump zurückgetreten. Der Vorwurf laute, dass die Doku eine Rede Trumps vom 6. Januar 2021, dem Tag des Sturms auf das Kapitol, irreführend geschnitten habe. Zwei Sätze, die in der Originalrede minutenlang auseinander gelegen hätten, seien direkt aneinandergefügt worden, um einen Aufruf Trumps zur Gewalt zu suggerieren.

2. Anteil von Journalistinnen in Führungspositionen stagniert
(spiegel.de)
Laut einer Studie des Vereins ProQuote Medien sei der Anteil von Frauen in Führungspositionen bei deutschen Leitmedien ins Stocken geraten und sogar auf 37,8 Prozent gesunken, ein Prozentpunkt weniger als im Vorjahr. Obwohl es sich um einen starken Anstieg seit 2012 (damals 14 Prozent) handele, verfehle der aktuelle Wert das 50-Prozent-Ziel recht deutlich. Bei den Leitmedien übertreffe nur die “taz” (65 Prozent) diese Marke.

3. Leitplanken für digitale Medienvielfalt
(taz.de, Ann-Kathrin Leclère)
Wie Ann-Kathrin Leclère in der “taz” berichtet, arbeiten die deutschen Bundesländer an einem neuen Digitale-Medien-Staatsvertrag, um US-Tech-Plattformen klare Regeln nach dem Vorbild einer “Straßenverkehrsordnung” zu geben. Ein zentraler Vorschlag zur Stärkung der Medienvielfalt sei die Prüfung einer Digitalabgabe, bei der Tech-Konzerne für die Nutzung journalistischer Inhalte bezahlen müssen.

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4. Dänemark plant Social-Media-Verbot für Kinder unter 15 Jahren
(zeit.de)
Dänemark plane als eines der ersten EU-Länder, ein Mindestalter von 15 Jahren für die Nutzung der größten Sozialen Medien einzuführen. Das Gesetz solle es Eltern jedoch nach einer Prüfung erlauben, ihren Kindern bereits ab 13 Jahren den Zugang zu gewähren. Die EU-Staats- und Regierungschefs würden eine solche Altersgrenze ebenfalls befürworten. Ein ähnlicher Vorstoß sei in Deutschland jedoch politisch umstritten.

5. Journalisten erinnern an Medien-Einfluss beim Mauerfall
(hna.de, Kristin Weber)
Die Journalisten Markus Pfromm und Robin Lautenbach haben im Grenzmuseum Schifflersgrund als Zeitzeugen von ihren Erlebnissen bei der Grenzöffnung 1989 berichtet. Im Mittelpunkt habe die Frage gestanden, wie die Live-Berichterstattung der Medien den Verlauf dieser historischen Nacht entscheidend mitgeprägt habe. Maßgeblich dafür sei die von Günter Schabowskis verkündete “sofortige” Reisefreiheit über das Westfernsehen, das auch in der DDR gesehen wurde.

6. «Eine beängstigende Entwicklung»: Wie KI-Artikel das Internet mit Fake News überfluten
(tagesanzeiger.ch, Oliver Zihlmann & Celina Euchner)
Der Schweizer “Tagesanzeiger” berichtet, dass bereits 52 Prozent aller Internetartikel KI-generiert seien, da automatisierte Webseiten massenhaft Inhalte produzieren, um mit Werbung Einnahmen zu erzielen. Außerdem zeige eine Studie, dass 45 Prozent der KI-Antworten auf Nachrichtenanfragen fehlerhaft seien.

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