In der “Bild”-Zeitung gibt es seit einigen Wochen eine neue Klatsch-Kategorie mit dem Namen “GEHEIM — Bitte nicht weitersagen!”, und man erfährt dort Dinge, die man auf keinen Fall weitersagen will, nicht im Freundeskreis, nicht bei der Arbeit, nirgends, weil man sonst direkt als deppert gilt. Der Titel der neuen Klatsch-Spalte soll wohl lustig sein. Und der Inhalt ist noch dünner als bei anderen “Bild”-Texten auf der letzten Seite. Da steht dann zum Beispiel, dass das Gepäck von Veronica Ferres bei einem Flug verloren gegangen ist. Oder dass Sandra Maischberger bei einer TV-Premiere zu Marietta Slomka gesagt haben soll, dass es keinen Wein mehr gebe. Oder dass ein “Bild”-Mitarbeiter neulich Didi Hallervorden auf der Toilette getroff …
Pardon, wir sind kurz eingenickt.
In der heutigen Ausgabe geht es gewohnt ungesprächsstoffig weiter (bei Bild.de sind all diese Knaller-Geschichten übrigens nur mit einem “Bild plus”-Abo lesbar). Meldung Nummer eins lautet beispielsweise, dass “Bild”-Promi-Experte Norbert Körzdörfer irgendwann mal 17 Biere in einer Bar bezahlt hat. Schau an.
Und dann wird es auf einmal doch etwas interessanter, dank dieser Meldung:
In der Tat spannender als “Körzis” Bier-Rechnung. Nur: An diesem Text ist so gut wie alles geklaut. Die Formulierungen. Die Pointen. Selbst die Klammer mit der Anwalt-Info. Alles. Es ist fast eine wortwörtliche Übersetzung eines “Economist”-Artikels, der vor zwei Tagen erschienen ist.
Nur eine Sache hat die “Bild”-Redaktion selbst hinbekommen: Beim Übersetzen ihrer Beute hat sie die weibliche Zwischenruferin in einen männlichen Schreihals vermurkst.
Beim “Economist” heißt es:
JAGMEET SINGH could have done many things when a heckler accused him at a rally last month of plotting to subject Canada to sharia law. The turbaned politician could have pointed out that he is a Sikh, not a Muslim. He could have skewered her with lawyerly wit (he is a criminal lawyer) or asked security guards to remove her. Instead he told the heckler that everyone loved her and led a chant of “Love and courage”. She eventually walked out. (…)
A “hipster Sikh”, with a penchant for striking turbans, Mr Singh embodies the diversity that Mr Trudeau constantly celebrates. Like the prime minister, he is adept at social media and single-combat sports. (He practises Brazilian ju-jitsu; Mr Trudeau is a boxer.)
Während die “heckler”-Anekdote bei der britischen Wochenzeitschrift Teil eines kurzen Portraits über Jagmeet Singh ist, ist sie bei “Bild” die Nachricht. Allerdings spielte sich die Szene nicht “neulich” ab, wie das Boulevardblatt schreibt, sondern vor über einem Monat. Bei “Bild” kann man heute das falsch lesen, was vor Wochen bei anderen richtig stand.