Archiv für Mai 13th, 2015

Volle Pulle vorbeigesteuert

Ein todsicherer Weg, den geneigten Bild.de-Leser so richtig auf die Palme zu bringen? Eine angeblich neue Steuer aufwerfen. Und wenn sich diese Steuer auch noch auf etwas Alltägliches bezieht — zum Beispiel aufs Biertrinken –, dann ist in der Kommentarspalte Jahrmarkt.

Da kann man dann wunderbar auf die Politiker schimpfen, die dem kleinen Mann nicht mal sein Feierabendbier lassen wollen …

… auf die EU, die alles totreguliert …

… auf die Griechen, weil’s die Griechen sind …

… und auf Hartz-IV-Empfänger, die doch eh alle ein Alkoholproblem haben:

Alles in allem ist der Bild.de-Mob ziemlich wütend:

Hintergrund für den Zorn ist eine OECD-Studie, nach der “politische Maßnahmen gegen den Alkoholmissbrauch” jedes Jahr mehr als 44.000 Leben in Deutschland retten könnten. Dazu gehören neben strengeren Regeln für Alkoholwerbung und vermehrte Alkoholkontrollen im Straßenverkehr auch “höhere Steuern auf alkoholische Getränke”.

Die Quintessenz laut Bild.de:

Nun hat jedoch kein einziger deutscher Politiker die Einführung einer Biersteuer gefordert, was vor allem daran liegen dürfte, dass es die schon seit Jahrhunderten gibt, samt Biersteuergesetz und Biersteuerverordnung. Also, liebe Bild.de-Leser, jetzt einmal ganz stark sein: Ihr zahlt schon heute jedes Mal, wenn Ihr Euch einen hinter die Binde kippt.

Mit Dank an Gerald H.!

Mohammed-Karikaturen, Sing-Treff, Corinna Schumacher

1. “Religion schlägt Meinungsfreiheit”
(zeit.de, Cigdem Akyol)
Ceyda Karan und Hikmet Cetinkaya drohen bis zu viereinhalb Jahre Haft, weil sie “zwei kleine Mohammed-Karikaturen in ihren Kolumnen zwischen ganz viel Text versteckten”: “Die Staatsanwaltschaft in Istanbul wirft ihnen vor, den öffentlichen Frieden gestört und die religiösen Werte der Menschen in der Türkei beleidigt zu haben.”

2. “Speed kills: Germanwings und die Medien”
(derstandard.at, Johanna Jung, Jennifer Woods und Josef Trappel)
Medienwissenschaftler greifen die Berichterstattung zum Germanwings-Flug 9525 auf: “Unzählige Falschmeldungen ohne Bestätigung, Expertenbefragungen ohne Antworten, Sondersendungen ohne Inhalt und Spekulationen ohne ausreichende Hinweise prägen den medialen Irrflug. Keine Frage: Ihre Informationspflicht haben die Medien mehr als erschöpfend erfüllt – zumindest in Sachen Schnelligkeit und Aktualität. Doch sind Speed und Quantität die neue Qualität?”

3. “Nein, die GEMA will kein Seniorensingkränzchen killen”
(medium.com/@jagermo)
Moritz Jaeger zweifelt die Story “Gema verlangt Gebühren fürs Volkslieder-Singen” (siehe dazu auch “6 vor 9” vom 11. Mai) an und fragt bei der Gema nach, die ihm ausführlich Auskunft erteilt: “Wir bedauern es sehr, dass sich Frau von Assel nach Erhalt der Rechnung nicht an uns, sondern direkt an die Presse gewendet hat. Erst aufgrund der jetzt veröffentlichten Berichterstattung in den Schleswiger Nachrichten haben wir jedoch erfahren, dass es sich bei dem ‘Sing-Treff im Café Fahrdorf’ um ein nicht-öffentlichen Sing-Treffen handelt. Diese Information lag uns bislang nicht vor. Daher werden wir die Rechnung gegenüber der Veranstalterin stornieren.”

4. “Schumacher vs. taz: Streit ums Foto endlich entschieden”
(blogs.taz.de/hausblog, Manuel Schubert)
Ein Gerichtsfall um ein in der “taz” abgedrucktes Foto von Corinna Schumacher: “Das von uns verwendete Bildnis sei ‘kontextgerecht’, urteilten die Richter. Es illustriere und belege die Wortberichterstattung in besonderer Weise und hätte einen eigenen Informationswert. (…) Die Richter des Oberlandesgerichts Köln ließen keine Berufung zu ihrem Urteil zu.”

5. “Bilder zu Netzthemen: Überwachung? Kann ich nicht mehr sehen!”
(spiegel.de, Markus Böhm)
Markus Böhm macht sich Gedanken, wie man das Thema Überwachung bebildern könnte: “Man kann wohl mittlerweile noch so gute und wichtige NSA- oder BND-Enthüllungsgeschichten schreiben, noch so originelle Plädoyers für oder gegen die Vorratsdatenspeicherung: Ohne ein Foto, das in den Artikel zieht, ist die Chance gering, dass der Text überdurchschnittlich oft gelesen wird und nicht nur die übliche Zielgruppe erreicht.” Siehe dazu auch “BND liefert NSA 1,3 Milliarden Metadaten – jeden Monat” (zeit.de, Kai Biermann).

6. “Faces of doom: what reporters look like delivering horrific news – in pictures”
(theguardian.com)