Archiv für April 11th, 2014

Bild  

Sauerster Gurkentitel aller Zeiten?

Nach einer Abi-Feier an einem Hamburger Gymnasium haben gestern mehrere Schüler über Kopfweh und Übelkeit geklagt. Soll ja durchaus mal vorkommen. Doch in diesem Fall waren es nicht die Abiturienten selbst, bei denen die Symptome auftraten, sondern vor allem jüngere Schüler. Was also war passiert?

Die “Bild”-Zeitung weiß es:Schlimmster Schul-Streich aller Zeiten? - Fünftklässler bei Abi-Feier vergiftet

Im Artikel gibt sie dann aber selbst zu, dass es sich dabei lediglich um einen Verdacht handelt:

Der Verdacht: In den auch an Jüngere ausgeschenkten Getränken wie Cola oder Fanta könnten Drogen, K.O.-Tropfen oder Abführmittel gewesen sein. Polizisten beschlagnahmen einen Kasten Limonade. Proben der Getränke werden zur Untersuchung ins Toxikologische Institut des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf [UKE] gebracht.

Währenddessen darf sich der Sprecher der Schulbehörde schon mal empört darüber auslassen, dass es ja ein “absolutes Alkoholverbot” gegeben habe, “das hinterlistig und zulasten von jungen Schülern umgangen wurde”. Woher er diese Informationen hat, sagt er nicht.

Inzwischen sind die ersten Blut- und Getränke-Untersuchungen abgeschlossen. Und siehe da: Kein Alkohol, keine Drogen, keine K.O.-Tropfen, keine Abführmittel.

Die einzige Erklärung der Ärzte im UKE für das Verhalten der Kinder, ist eine Hysterie, die unter den Schülern ausgebrochen sein könnte. Oberärztin Daniela Nolkemper sagte NDR 90,3: “Es wurden keine Alkoholspiegel gemessen bei den Kindern. Ich weiß nur, dass die Kinder hier völlig unauffällig und unbeeinträchtigt waren.” Aber sie seien sehr aufgeregt gewesen und hätten Angst gehabt. Die Ärztin vermutet, dass sich eine Massenhysterie entwickelte hatte, ausgelöst möglicherweise durch eine Lautsprecherdurchsage der Schulleitung, in der es hieß, dass die Feier abgebrochen werde, weil Drogen und Alkohol gefunden worden seien.

Die Polizei hat ihre Ermittlungen inzwischen auch eingestellt.

Die “Bild”-Zeitung aber wird noch bis heute Abend in den Kiosken und Zeitschriftenständern dieses Landes verkünden, die Schüler seien “vergiftet” worden. Auch eine Form von Massenhysterie.

Bunte  

Zeitschrift mit Verfallsdatum

Also angenehmer fürs Auge ist es so allemal:

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Und irgendwie sind uns schwarze Kästen dann auch insgesamt lieber als die pixeligen, offenbar heimlich aufgenommenen Paparazzi-Fotos von Charlène im Privaturlaub, die dort ursprünglich zu sehen waren (die Ausgabe ist im Februar erschienen). Offenbar ist die Fürstin dagegen vorgegangen, also mussten die Fotos in der e-Paper-Version nachträglich geschwärzt werden. Und zwar alle:

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Auch mehrere Textpassagen mussten dran glauben:

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Für Charlène natürlich nur ein mäßiger Erfolg. Die Print-Version ist — ohne Schwärzungen — längst über 500.000-mal verkauft worden.

Zwei Ausgaben später sah die “Bunte”, wie wir ja neulich schon geschrieben haben, so aus:

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Auf den oberen Ausrissen ging es ursprünglich um Charlotte Casiraghi, auf dem untersten um Madeleine von Schweden.

Nachdem wir diese Seiten entdeckt hatten, haben wir uns auch die anderen digitalen Ausgaben der “Bunten” aus diesem Jahr mal etwas näher angeschaut — und dabei einiges entdeckt. Beziehungsweise: nicht.

Vom Text über Jürgen Fliege (Ausgabe Nr. 2/2014) ist nur noch das hier übrig:

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Selbst aus dem Inhaltsverzeichnis ist er verschwunden:
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Das Cover der darauffolgenden Ausgabe (Nr. 3) zeigte ursprünglich Corinna Schumacher am Krankenhaus in Grenoble, sieht inzwischen aber so aus:

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Auch im Heftinnern sind die Fotos unkenntlich gemacht worden:
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Genauso wie ein Artikel über Katrin Göring-Eckardt (Nr. 6) …

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… einer über die monegassische Fürstenfamilie (Nr. 7), für den sich, ausgeschnitten und eingerahmt, sicherlich auch in irgendeiner Galerie ein nettes Plätzchen an der Wand finden ließe  …

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… und einer über Mirja Sachs (Nr. 8):

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Beim Foto von David Coulthard (Nr. 10) hat sich die “Bunte” die schwarze Farbe dann ausnahmsweise mal gespart:
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… allerdings wurde die auch für den Text gebraucht :
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Die jüngste Unkenntlichmachung haben wir schließlich in Ausgabe Nr. 14 gefunden, in einem Text über Lukas Podolski:

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Sechzehn Ausgaben sind in diesem Jahr bislang erschienen, in neun davon wurden Artikel geschwärzt, gegraut oder geweißt. Wenn das so weitergeht, sollte die “Bunte” mal überlegen, ob sie diesen Namen überhaupt noch verdient hat.

SDA, Demut, Krimkrise

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Ruhe im Regenbogen: Ein bescheidener Vorschlag”
(topfvollgold.de, Torsten Dewi)
Torsten Dewi fordert einen “verpflichtenden Kodex für die Klatschpresse” und präsentiert einen Entwurf in acht Punkten. Zusätzlich schlägt er “die Bildung einer unabhängigen Schiedsstelle für das deutsche Pressewesen” vor.

2. “Journalismus braucht Wut und keine Demut!”
(jensrehlaender.tumblr.com)
Nicht mehr Demut, sondern mehr Wut müssen Journalisten haben, findet Jens Rehländer: “Der wachsende Druck, der auf den Berichterstattern lastet – immer mehr Schlagzeilen in immer kürzerer Zeit, immer mehr Konkurrenz auf immer mehr Kanälen – spielt den Eliten in die Hand. Sie haben kapiert, wie man Journalisten instrumentalisiert und manche auch als Steigbügelhalter missbraucht, um mit den eigenen Themen ganz groß rauszukommen. Nie war die Macht der Medien fiktiver als heute.”

3. “Medienhaus erwägt Klage gegen SDA”
(persoenlich.com, lmy)
Die Nachrichtenagentur SDA braucht vier Meldungen, um das Jahresergebnis des Ringier-Verlags korrekt zu vermelden, weshalb Ringier gemäss Medienstelle derzeit erwägt, Klage einzureichen. Siehe dazu auch ein Kurzinterview mit dem SDA-Chefredakteur, Bernard Maissen.

4. “Der Roboterjournalismus kommt nach Deutschland”
(robotergesetze.com, Boris Hänßler)
Die Stuttgarter Firma Aexea habe eine “erste deutschsprachige Software auf den Markt gebracht, die Journalisten Routinejobs abnimmt und aus Daten sekundenschnell journalistische Texte generiert”, schreibt Boris Hänßler.

5. “Wie Putin spaltet”
(zeit.de, Bernd Ulrich)
Bernd Ulrich widmet sich der Frage, wieso Politik und Medien die Krimkrise ganz anders beurteilen als die Bürger: “Die Mehrheit empfindet offenbar nicht nur gegenüber Washington diese unheilvolle Mischung von fremder Anmaßung und eigener Ohnmacht, sondern auch gegenüber Brüssel. In Fall der Krimkrise kommt beides zusammen.”

6. “Fesselt Euch nicht”
(perlentaucher.de, Ina Hartwig)
Ina Hartwig zur Debatte, wie man mit Bildern von nackten Kindern umgehen soll. “Wir streiten nicht über Kinderpornographie. Das Verbot steht in keiner Weise zur Disposition. Wir streiten über einen sittlichen Rigorismus, der zwischen Kinderpornographie und legalen Abbildungen nackter Kinder nicht mehr unterscheiden will.”