Ganz so schlimm, wie es auf dem Startseitenteaser von Bild.de aussah, war der Stromausfall aber wohl doch nicht:
Mitten im Feierabend-Verkehr sind am Donnerstag in Frankfurt weite Teile der Straßenbeleuchtung ausgefallen! Zwischen 18 und 18.27 Uhr wurde es zappenduster.
Doch warum ist das Hochhaus auf dem Teaserbild dann so dunkel? Ist es ja gar nicht. Eigentlich:
Bild.de hat das Licht offensichtlich für die Startseite per Bildbearbeitung nachträglich heruntergedimmt.
Nachtrag, 19. November: Unser Leser Moritz P. aus Frankfurt schreibt uns, dass die abgebildete Lampe immer noch dunkel sei, da sie “schon eine Weile kaputt” sei. Die andere Straßenbeleuchtung drum herum funktioniere tadellos.
Zlatan Ibrahimovic, Fußballer in der schwedischen Nationalmannschaft, hat der Fußballwelt am Mittwoch einen kollektiven Dauerorgasmus verpasst. Im Spiel gegen England verwandelte er, nachdem er schon drei Tore geschossen hatte, zur Krönung noch einen unglaublichen Fallrückzieher aus 25 Metern Tor-Entfernung. Noch im selben Augenblick war klar: Dieser Treffer wird in die Geschichte eingehen.
Fans und Medien sind seitdem völlig aus dem Häuschen. Die deutsche Presse kniete geschlossen nieder, betete das Zlatanunser und kürte den Treffer nicht nur zum Tor des Tages, sondern auch wahlweise zum Tor des Jahres, des Jahrzehnts, des Jahrhunderts oder des Jahrtausends. Um es auf den Punkt zu bringen: ein unvergleichliches Ereignis.
Nur die “Frankfurter Allgemeine Zeitung” will den einmaligen Charakter des Treffers nicht so recht anerkennen. Dort erinnert sich Sportredakteur Uwe Marx nämlich heute daran …
(…) dass es mal einen Spieler gab, der nicht nur aus fünfundzwanzig, sondern gleich aus vierzig Metern per Fallrückzieher traf. Es war auch ein Schwede, Rade Prica, der mal bei Hansa Rostock gespielt hat. Er hatte im Spiel für Rosenborg BK gegen den FC Basel tatsächlich mal die Unverfrorenheit, es aus noch größerer Entfernung als Ibrahimovic zu versuchen – und zu treffen.
Der Haken an der Sache ist allerdings: Wir haben keinerlei Hinweis darauf gefunden, dass es diesen Treffer jemals gegeben hat. Fraglich ist sogar, ob die Mannschaften Rosenborg BK und FC Basel überhaupt jegegeneinandergespielthaben. Und auch Rade Prica hat in seiner Karriere zwar schon gegen so manchen Verein auf dem Platz gestanden, der FC Basel war jedoch nie dabei.
Wie kommt Uwe Marx also darauf? Höchstwahrscheinlich stützt er seine Aussage auf folgendes Video:
Und das zeigt nicht etwa ein einen realen Treffer, sondern einen Ausschnitt aus dem Videospiel (!) “Pro Evolution Soccer”.
Damit wäre der Favorit für den “Tor des Jahres” schon mal klar.
Mit Dank an Patrick S. und Ole S.
Nachtrag, 13.07 Uhr:FAZ.net hat den angesprochenen Absatz gelöscht und folgende Korrektur veröffentlicht:
Der Text wurde nachträglich korrigiert. In einer ersten Fassung wollten wir die Leistung Ibrahimovics schmälern mit dem Verweis auf ein Fallrückziehertor von Rade Prica. Der Schwede soll nach unserer Darstellung einmal aus 40 Metern mit dieser Art des Kunstschusses in einem Spiel von Rosenborg Trondheim gegen den FC Basel getroffen haben. Offenkundig sind wir dabei einer Täuschung erlegen. Prica traf so elegant lediglich in einem auf Youtube verbreiteten Video, das eine Szene aus einem Spielkonsole-Duell wiedergab. Wir bitten deshalb um die Nominierung dieses Treffers für das Tor des Jahrhunderts im Bereich Spielekonsole und bitten zugleich um Nachsicht für den Fehler.
Nachtrag, 26. November: Auf Papier hat sich die FAZ (am 19. November) für folgende Korrektur — und ein Passiv an entscheidender Stelle entschieden:
Eines schon mal vorneweg: Das Fallrückzieher-Tor von Zlatan Ibrahimovic ist der spektakulärste Treffer, der in dieser Kategorie je dokumentiert wurde. Ibrahimovic hatte im Länderspiel der Schweden nicht nur alle vier Treffer zum 4:2 erzielt, sondern auch den sensationellen Schlusspunkt gesetzt, als er akrobatisch aus 25 Metern getroffen hatte. Dass wir Rade Prica in einer Partie von Rosenborg Trondheim gegen den FC Basel einen noch spektakuläreren Treffer zugetraut haben, hätte eingefleischte Anhänger von Hansa Rostock wohl sofort stutzig gemacht. In Diensten von Hansa hatte Prica einst manche Chance ausgelassen. Was also für die computeranimierte Version eines realen Tores gehalten wurde, war in Wirklichkeit doch nur ein Kunstschuss aus der virtuellen Welt, entstanden auf dem Videokonsolenspiel “Pro Evolution Soccer 2011”. Auch schön zwar, aber eben nur dank besonderer Fingerfertigkeit und nicht wegen einer bemerkenswerten Körperbeherrschung entstanden. Wir ziehen das Büßerhemd über, bewundern Ibrahimovic uneingeschränkt und trauen Prica weiterhin alles zu. Auch in der Realität.
Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].
1. “Reality-TV: Was für Opfer!” (dastandard.at, Olja Alvir)
Hinter den Kulissen des österreichischen Reality-Fernsehens: “Bei besonders fürchterlichen, idiotischen und peinlichen Kommentaren und Szenen spürt man die Begeisterung und Erleichterung der Crew. Produktionsleiterin und Kameramann tauschen dann vielsagende Blicke aus: Das wird grandios! Nur noch richtig zusammenschneiden, spöttisch kommentieren, mit zweideutiger Musik unterlegen. ‘Ganz toll hast du das gemacht!’, lobt die Leiterin und Regisseurin dann K. und uns.”
2. “Politik für alle” (freitag.de, Jana Hensel)
Mit der neuen Pro7-Talkshow “Absolute Mehrheit” kündige sich – endlich – ein Epochenwechsel an, glaubt Jana Hensel. Zu oft werde über Politik in “einer Sprache geredet, die an Briefe vom Finanzamt erinnern”.
4. “Über Veränderungen im Rezensionsjournalismus der Tageszeitungen” (funkkorrespondenz.kim-info.de, René Martens)
“Medien werden, um es bewusst pauschal zu formulieren, immer wichtiger”, schreibt René Martens: “Politische Skandale und Krisen werden oft quasi automatisch ein Thema für den Medienjournalismus, weil es sich aufdrängt, auch zu analysieren, wie die Kollegen über diese Themen berichten, wie sie sich an Inszenierungen beteiligen, wie sie sich instrumentalisieren lassen.”
5. “Stray penises and politicos” (davidsimon.com, englisch)
Anlässlich der aktuellen Berichterstattung über David Petraeus erinnert sich David Simon daran, wie er aufhörte, als Journalist über das Sexualleben anderer zu schreiben: “I told myself that I wasn’t in journalism to chase something so ordinary, so adolescent as other people’s sexuality, that I wouldn’t play this game, that there were better reasons to be a reporter, and there were better things for readers to consume.”