Wie einfach es sich “Bild” macht, wenn es darum geht, einen Schuldigen für ein Unglück zu finden, zeigt diese Schlagzeile von heute:
“Bild” zeigt dazu nicht nur das Unfallfahrzeug auf fast einer halben Seite, sondern auch eine abgedeckte Leiche und getrocknetes Blut. Daran, dass der Fahrer zu schnell gefahren ist, besteht für den Reporter kein Zweifel:
Ein Audi-Fahrer hat in Alzenau (Bayern) eine Mutter und ihr Kind in den Tod gerast.
Doch die Schuldzuweisung war wohl zu voreilig. Inzwischen scheint klar zu sein, dass der schwer verletzte Fahrer kurz vor dem Unfall einen Schlaganfall erlitten und dadurch die Kontrolle über sein Fahrzeug verloren hatte. Das berichtet jetzt auch Bild.de:
Darüber, dass “Bild” den nunmehr “hilflos rasenden” Fahrer zuvor als “Raser” bezeichnet hatte — kein Wort.
Mit Dank an die vielen Hinweisgeber.
Nachtrag, 10. Januar: Heute legt “Bild” nach und nutzt diese Gelegenheit noch einmal, um den Unfallwagen und die abgedeckte Leiche groß zu zeigen. Immerhin wird der Fahrer entlastet:
Ungebremst raste Audi-Fahrer Rüdiger B. (51) in eine Familie (…). Doch er konnte gar nichts dafür! Der Geschäftsmann saß hilflos im Auto. (…)
Es war also ein tragisches Unglück, das der Fahrer nicht verhindern konnte.
Doch so ganz scheint “Bild” die Vorstellung dann doch nicht ertragen zu können, dass niemand an dieser Tragödie schuld sein könnte. Fast schon vorwurfsvoll heißt es im nächsten Satz:
Allerdings kündigen sich Schlaganfälle durch Lähmungserscheinungen an Armen, Sprachstörungen und Schwindel an.