Archiv für Dezember 22nd, 2011

Skandal: Torwart tritt zurück

Bild.de ist sich sicher:

Eine unfassbare Szene hat in Holland zu einem Spielabbruch geführt. Zu dem Eklat kam es beim Pokalspiel zwischen Ajax Amsterdam und dem AZ Alkmaar.

Die Unfassbarkeit würden wohl die Wenigsten bestreiten, die das Spiel verfolgt oder hinterher davon gehört haben.

Interessant ist, welches Szene genau Bild.de offensichtlich für “unfassbar” hält:

Alkmaars Torhüter Esteban Alvarado Brown hatte in der Achtelfinalpartie einen über den Platz laufenden Fan übel getreten.

Diesen Satz hat Bild.de (wie die noch folgenden) aus einer dpa-Meldung übernommen, die unter der Überschrift “Kurioser Spielabbruch: Alkmaar-Torwart tritt Fan” die Runde machte. Schon diese Meldung erzählte die Geschichte ein bisschen unglücklich.

Oder auch: “rückwärts”.

Der Keeper wurde deshalb vom Platz gestellt. Daraufhin rief Alkmaars Trainer Gert Jan Verbeek sein Team zusammen und die Gästespieler gingen beim Stand von 0:1 geschlossen vom Feld.

“Ich habe gesehen, dass Esteban attackiert wurde und sich selbst verteidigt hat”, sagte Ajax-Coach Frank de Boer. “Ich weiß nicht, wie ich reagiert hätte, aber ich kann ihn mit seinem südamerikanischen Temperament verstehen.”

Falls Sie sich selbst ein Bild machen wollen:

Nun ist es sicher nicht die feine costaricanische Art, noch zwei Mal auf einen Mann einzutreten, der bereits am Boden liegt. Andererseits ist Brown von hinten in offensichtlich feindlicher Absicht von einem Mann angegriffen worden, der dort nichts zu suchen hatte.

Man hätte das Verhalten des Ajax-“Fans” thematisieren können, die Verhältnismäßigkeit von Browns Reaktion, die Verhältnismäßigkeit der roten Karte oder die außergewöhnliche Entscheidung von Alkmaars Trainer, seine Mannschaft abtreten zu lassen.

Bild.de hat’s da gern etwas knapper:

Spielabbruch in Holland: Torwart tritt auf Fan ein

Mit Dank an Sebastian, Jonas und Timo Sch.

22. Dezember

Weihnachten verbindet die Generationen. Wann sonst überreichen schon mal Großeltern ihren Enkeln brutale Computerspiele oder Gangsterrap-CDs? Man kommt ins Gespräch, der Großvater legt Schallplatten von früher auf und die Kleinen erzählen, was gerade so als cool, hip oder knorke gilt.

Bis es so weit ist, bemühen wir uns im BILDblog-Adventskalender ein bisschen um den Kulturaustausch.

BILDblog vom 9. März 2011

Interviews, Müller-Vogg, Millionenspiel

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Stimmt das denn?”
(freitag.de, Axel Brüggemann)
Axel Brüggemann erklärt das Interview zur “Königsdisziplin des Schreibens”. “Das öffentliche Sprechen über die eigene Person, die eigene Vita, die politische Botschaft und das Wortgefecht um Inhalte und Kursbestimmungen wird derzeit besonders im Fernsehen desavouiert: In der allabendlichen Talkomanie hat sich eine Gesprächskultur der Behauptungs-Plattitüden entwickelt, ein inszeniertes, voreingenommenes Gegeneinander von Positionen, deren Inhalte nicht durch rhetorische Größe, sondern durch gespieltes Charisma, durch Populismus und die Kunst des Zwei-Minuten-Statements geprägt sind.”

2. “NDR verwischt Spuren am ‘Tatort'”
(stefan-niggemeier.de)
“Aus urheberrechtlichen Gründen” bittet der NDR YouTube darum, das hier am Montag verlinkte Video “Product Placement” “offline zu stellen”. “Es ist für Firmen beunruhigend leicht, YouTube-Videos löschen zu lassen, und schrecklich verführerisch, auf diese Weise die Vorwürfe scheinbar aus der Welt zu schaffen. Dagegen, es zu tun, spricht nicht nur der berüchtigte Streisand-Effekt, sondern auch die Tatsache, dass man dem unbefangenen Betrachter offenbar nicht für mündig hält, sich ein eigenes Urteil zu bilden.”

3. “Abseits des Geheuls”
(taz.de, Felix Dachsel)
Felix Dachsel geht auf die Rolle von “Bild” in den Diskussionen um die Glaubwürdigkeit von Bundespräsident Christian Wulff ein. “Das Boulevardblatt ist in der Causa Wulff nicht Beobachter. Sondern Akteur. Bild-Autor Hugo Müller-Vogg schrieb das umstrittene Wulff-Buch ‘Besser die Wahrheit’, für das der Millionär Carsten Maschmeyer Werbeanzeigen im Wert von rund 50.000 Euro schaltete.”

4. “Eine andere Sau durchs Dorf”
(freitag.de/community/blogs/magda)
Magda erscheinen die Enthüllungen zu Wulff “mehr als gesteuertes politisches Kalkül”. “Die Tatsache, dass Skandale, Fehlverhalten Vorteilsnahmen aufgedeckt wurden sagt nichts aus über das tatsächliche Ausmaß an skandalösen Entscheidungen, Verhalten und Missachtung demokratischer Tugenden. Gar nichts. Eher frage ich mich, warum man gerade Diesen oder Jenen erwischt hat und warum Andere nicht und was dahinter stecken mag.”

5. “Das Millionenspiel (1970)”
(youtube.com, Video, insgesamt 95 Minuten)
Der Fernsehfilm “Das Millionenspiel” aus dem Jahr 1970.

6. “Der Fremde Freund”
(woz.ch, Stephan Pörtner)
Eine Geschichte um Facebook und Einsamkeit.