Archiv für November 9th, 2011

War nur Spaß!

“Freizeit Spaß” ist “die preiswerte, junge, wöchentliche Freizeit-Illustrierte” aus dem Hause Hubert Burda Media, die “jede Woche topaktuell” berichtet. Und das ist nicht nur so ein Versprechen.

Letzte Woche stand auf der Titelseite von Ausgabe 45/2011:

Christina Plate: Endlich schwanger! Kann das Baby ihre Liebe retten?

Heute, nur eine Woche später, steht auf der Titelseite von “Freizeit Spaß”:

Christina Plate endlich schwanger!

Das wirft natürlich die Frage auf, ob wegen des fehlenden Babys nun auch die Liebe der beiden nicht gerettet werden wird, oder ob die behauptete Rettungsbedürftigkeit auch nur auf einer bedauerlichen Fehlinformation beruhte.

Mit Dank an Petra O.

Müllbilder, Behinderung, Ai Weiwei

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Geschichten aus der Gruft zum Gruseln”
(faz.net, Peer Schader)
Wie die RTL-Sendung “Einsatz in 4 Wänden” und andere Menschen mit Messie-Syndrom inszenieren: “Müllbilder werden farblich verfremdet und mit Choralgesängen unterlegt. Außenaufnahmen der renovierungsbedürftigen Häuser werden mit surreal wirkenden Effekten aufgepeppt. Per Computer lässt RTL dunkle Wolken aufziehen, schickt Blitze und Regen vom Himmel und montiert zwei in der Wohnung aufgenommene Weberknechte so ins Bild, dass es aussieht, als würde das Haus von Riesenspinnen angegriffen.” Siehe dazu auch Peer Schaders Blogeintrag “Die falschen Experten aus den Messie-Sendungen”.

2. “Wenn Sprache behindert”
(raul.de, Raúl Krauthausen)
Raúl Krauthausen liest Zeitungen und Magazine, die über “Behinderung” schreiben. “Journalisten_innen neigen dazu, die Extreme einer Person beziehungsweise einer Geschichte hervorzuheben und zu überhöhen. Dann überstrahlt das schwere ‘Schicksal’ des ‘Sorgenkinds’, alles, was diesen Menschen über seine Behinderung hinaus auszeichnen könnte. Das andere Extrem ist der ‘Superkrüppel’, jener Mensch, der seine Behinderung offenbar ‘überwunden’ hat, den Mount Everest mit seinem Rollstuhl erklimmt, und als Held gefeiert wird. Wenn jemand etwas ‘trotz’ statt ‘mit’ seiner Behinderung schafft, dann ist es sofort eine besondere Leistung. ”

3. “Ai Weiwei und die deutsche Presse – Einige Nachfragen”
(doppelpod.com, Christian Y. Schmidt)
Christian Y. Schmidt stellt Fragen zu Ai Weiwei: “Wieso gilt ein Mann, der in China auch heute noch weitgehend unbekannt ist, in Deutschland als ‘Chinas prominentester Künstler, der großartige Werke geschaffen hat’?”

4. “Chinas Informations-Monopol wackelt”
(infosperber.ch, Peter G. Achten)
Die Arbeit der chinesischen Zensur wird immer schwieriger – dank dem Internet: “Eine Fernsehsendung kurz mit einem schwarzen Bildschirm zu unterbrechen – was notabene auch heute noch vorkommt, vor allem bei Hongkong- und ausländischen Sendern – ist wahrlich keine grosse Kunst, und in Zeitungen und Zeitschriften aus dem Ausland Seiten zu entfernen – wie neulich beim deutschen Nachrichtenmagazin ‘Der Spiegel’ und dem britischen ‘Economist’ – ist zwar arbeitsintensiv, aber weiter auch kein Problem. Schwieriger schon wird es beim Internet und brenzelig bei der seit wenigen Jahren schnell wachsenden Micro-Blogger-Szene.”

5. “Neulich in der BILD (I): ’10 Urteile, die uns wütend machen!'”
(wissmit.com)
WissMit.com, “ein privates Projekt von wissenschaftlichen Mitarbeitern und Hilfskräften der juristischen Fakultät der Universität zu Köln”, befasst sich mit einigen der “10 Urteile, die (nach BILD-Meinung) wütend machen sollen!”

6. “Spaniens große Parteien kontrollieren die Berichterstattung”
(dradio.de, Hans-Günter Kellner)
Wahlkampf in Spanien: “Bilder und Töne liefern die Parteien den Medien direkt per Satellit oder via Internet. Journalisten dürfen nicht in die Säle und werden in die Presseräume verwiesen, wo sie auf Bildschirmen die Veranstaltung verfolgen dürfen. So stehen die Kandidaten immer im richtigen Licht. Halbleere Säle oder gar Störer, die früher auch mal Protestplakate in die Höhe hielten, fallen nicht mehr auf.”

Schöner Einbrechen mit Facebook (3)


Dass Internet-Dienste wie Facebook, Twitter oder Google Street View nicht nur Vorteile, sondern auch Gefahren mit sich bringen, das wissen wir alle. Und trotzdem ist es beängstigend, dass laut einer aktuellen Umfrage in Großbritannien rund 80 Prozent der gefassten Einbrecher ihre Opfer zunächst übers Internet ausgespäht haben. (…) Laut Studie nutzen mehr als 70 Prozent der befragten Diebe zusätzlich Google Street View, um sich bequem vom Sofa aus ein Bild vom Zielobjekt zu machen.

So berichtete am vergangenen Samstag der Fernsehsender ProSieben in seinen Nachrichten, und noch beängstigender als die Zahl ist natürlich, wie viele Journalisten sie glauben und verbreiten.

Um es noch einmal zu sagen: In der Studie wurden ehemalige Einbrecher bloß gefragt, was sie glauben, ob Einbrecher von heute auch Facebook und ähnliche Dienste bei ihrer Arbeit nutzen. Knapp 80 Prozent der Befragten nahmen das an. Ob und in welchem Umfang Einbrecher ihre Opfer tatsächlich mit Hilfe des Internets ausspionieren, verrät die Studie nicht.

Unbeantwortet ist nach wie vor auch die Frage, wie hoch der Anteil der Journalisten ist, die bei der Arbeit auf ihr Gehirn zurückgreifen. Falls sich an dem Thema mal ein seriöser Wissenschaftler versuchen möchte, bieten wir hier weiteres aussagekräftiges Material:

Den “Berliner Kurier”:

Die “Magdeburger Volksstimme”:

(…) Schön ist, dass heutzutage Diebes-Personal eingespart werden kann. Der Kumpel, der früher Schmiere stehen musste, hat ausgedient. Die Gefahr, dass jemand überraschend auftaucht, ist verschwindend gering.

Das glauben Sie nicht? Na, dann nehmen wir 50 Ex-Einbrecher als Kronzeugen. Die haben in einer ungewöhnlichen Studie verraten, dass sie (als sie noch richtig fies und gemein waren) Facebook und Co. genutzt haben, um ihre Beutezüge vorzubereiten. Sozusagen Internet-Shopping für Einbrecher. (…)

Die “B.Z.”:

Internetdienste wie Facebook, Twitter oder Foursquare werden zur Gefahr für Wohnungsbesitzer und Mieter. Bei einer Umfrage unter gefassten Einbrechern in Großbritannien gaben rund 80 Prozent der Kriminellen an, sich mittlerweile bei Facebook & Co. darüber zu informieren, wo sich ein Einbruch lohnt, und wo gerade niemand zu Hause ist.

Die “Tiroler Tageszeitung”:

(…) Eine Befragung früherer Einbrecher in England hat ergeben, dass sich 78 Prozent mithilfe von Internetplattformen über Objekte und ihre Bewohner informieren. (…)

Mit Dank an Peter S. und Christiane P.!