Archiv für Mai, 2011

Obama/Osama, Pressefreiheit, @RegSprecher

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Obama/Osama mixups mar breaking news reports”
(regrettheerror.com, Craig Silverman, englisch)
Craig Silverman überrascht es nicht, dass nun Journalisten “Obama” und “Osama” verwechseln (BILDblog berichtete), denn das tun sie schon seit Jahren. Ein Blick auf einige der Fehler gestern in den USA.

2. “Newspaper websites publish fake bin Laden ‘death’ pic”
(tabloid-watch.blogspot.com, englisch)
Ein Foto, das nicht Osama bin Laden zeigt (BILDblog berichtete), war auf mehreren britischen Online-Portalen zu sehen.

3. “Warum @RegSprecher so nicht twittern sollte”
(haltungsturnen.de, Wolfgang Lünenbürger-Reidenbach)
Wolfgang Lünenbürger-Reidenbach beurteilt den Umgang von Regierungssprecher Steffen Seibert mit dem Twitter-Konto @regsprecher.

4. “Die medialen Baustellen der EU”
(derstandard.at, Rubina Möhring)
Heute ist der internationale Tag der Pressefreiheit. Rubina Möhring denkt dazu über ein gemeinsames EU-Mediengesetz nach. Das sei “theoretisch eine optimale Lösung”: “Realiter ist ein solches Projekt jedoch leider auch mit Fragezeichen zu versehen. (…) Eine Knebelung der Medienfreiheit käme im äußersten Fall einer kollektiven Verdummung oder Gehirnwäsche gleich.”

5. “Ist Print das bessere Medium?”
(latrinum.wordpress.com, Gina)
Gina antwortet dem Papiermedien-Lob von Bobby California.

6. “Die Reaktoren spielen verrückt”
(schweizermonat.ch, René Zeyer)
Von Normalität im Journalismus könne keine Rede mehr sein, schreibt René Zeyer: “Unmittelbarkeit wird mit Authentizität verwechselt, Geschwindigkeit mit Informationswert, in Liveschaltungen stehen völlig überforderte Reporter mit dem Mikrofon in der Hand vor wechselnden Kulissen, gerne auch im schützenden Hotelzimmer oder im Übertragungszentrum einer lokalen TV-Station. Das soll keine Kritik an ihnen sein, sie wurden zum Opfer eines ausser Rand und Band geratenen Journalismus, genauso wie der Zuschauer oder Leser.”

Bin Laden zu Tode geshopt

hihi, BILD macht einen auf BILDBlog RT @Doener: Wirbel um falsches Bin-Laden-Foto: http://bit.ly/m7gSYc

So lautet ein Tweet, der bei Twitter aktuell die Runde macht.

Gemeint ist ein Artikel auf Bild.de, der nach mehreren Änderungen so aussieht:

Al-Qaida-Chef tot Der Beweis: Osama-Foto ist eine Fälschung Osama bin Laden Wirbel um falsches Foto Das Foto zeigt deutlich: Hier wurde retuschiert

Damit liegt Bild.de, wo das gefälschte Foto genauso wie auf n24.de, ntv.de, sueddeutsche.de und web.de zwischenzeitlich zu finden war, richtig und inzwischen berichten auch “Spiegel Online”, sueddeutsche.de oder tagesschau.de über das falsche Foto. Wer einen starken Magen hat, kann sich die einzelnen Komponenten der Montage, die schon seit Jahren durch das Netz geistert, etwa hier ansehen: Un fake la foto di bin Laden morto

Auf abendblatt.de findet man das vermeintliche Bild des toten Terroristenführers trotzdem noch — nebst moralischer Rechtfertigung für die Veröffentlichung dieses “mutmaßlich historischen Dokuments”:

Der tote Osama bin Laden auf einem Fernsehbild. Das Hamburger Abendblatt und abendblatt.de zeigen normalerweise keine Bilder von Toten. Die Redaktion hat sich jedoch entschlossen, dieses mutmaßlich historische Dokument zu veröffentlichen. Ähnliches hatte zum Beispiel für den hingerichteten Diktator Saddam Hussein gegolten.

Wie schwer sich Bild.de dann doch tut, selbst einmal Medienkritik zu üben, erkennt man nicht nur an der Steffen-Seibert-Gedächtnis-Überschrift, unter der der Artikel ursprünglich erschienen ist:

Obama-Foto ist eine Fälschung

Ebenfalls in der Ursprungsversion stand folgende inzwischen unauffällig entfernte Passage:

Doch, was zu diesem Zeitpunkt niemand ahnte: Das Foto ist eine Fälschung!

Schon 2008 trat der damalige US-Präsident George W. Bush mit dieser Foto-Montage vor die Presse, verkündete die Nachricht: Bin Laden ist tot!

Etwas derartiges hat Bush nie verkündet. Hier ist Bild.de höchstwahrscheinlich selbst auf eine weitere Fotomontage hereingefallen, die die amerikanische Online-Satirezeitung “Unconfirmed Sources” für den Fakenews-Artikel “Bush Confirms Death of Osama bin Laden” angefertigt hatte:

Bush Confirms Death of Osama Bin Laden

Aus diesem meist nur im Cache lesbaren Artikel dürfte auch die oben genannte Fotomontage der Leiche bin Ladens, die heute morgen noch so fleißig verwendet wurde, stammen. Der Name der Fotodatei, 20060923-torturedosama, weist darauf hin, dass das gefälschte Bild und die Falschmeldung über den angeblichen Presseauftritt von George W. Bush schon seit dem 23. September 2006 im Umlauf sind.

Das mit dem BILDbloggen sollte Bild.de noch üben.

Mit Dank an die Hinweisgeber.

Wer im Glabhaus sitzt…

So viel Selbstironie hätten wir “Spiegel Online” gar nicht zugetraut.

Im Zuge des Livetickers zum Tod von Obama Osama bin Laden ging auch diese Nachricht über den Äther:

Regierungssprecher Seibert vertippt sich

Dumm nur, dass die Überschrift des Livetickers einige Zeit lang so lautete:

US-Militär soll Obama auf See bestattet haben

Immerhin hat “Spiegel Online” den eigenen Vertipper inzwischen transparent korrigiert:

+++ 10.00 Uhr +++ Tückische Vertipper +++

Im Eifer des Gefechts kann es schon einmal passieren – auch SPIEGEL ONLINE rutschte der gleiche Buchstabendreher für ein paar Minuten durch – in diesem Fall ist der Vertipper besonders unglücklich. Zuvor verwechselte schon Regierungssprecher Steffen Seibert auf Twitter das “s” mit dem “b” – und beschuldigte versehentlich den US-Präsidenten unfassbarer Taten: “Obama verantwortlich für Tod tausender Unschuldiger, hat Grundwerte des Islam und aller Religionen verhöhnt.”

Mit Dank an die zahlreichen Hinweisgeber.

Süddeutsche Zeitung, Syrien, Papier

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “‘Süddeutsche Zeitung’ fällt auf die Wahrheit herein”
(blogs.taz.de/hausblog)
Thomas Fromm zitiert in einer Reportage für die Seite 3 der “Süddeutschen Zeitung” einen “mittelständischen Unternehmer”. Tatsächlich stammt das Zitat aus einem satirischen “taz”-Text über einen fiktiven Unternehmer.

2. “Wie sich die Todesmeldung von Osama Bin Laden via Twitter und Facebook verbreitete”
(gutjahr.biz, Richard Gutjahr)
Siehe dazu auch “How the bin Laden Announcement Leaked Out” (mediadecoder.blogs.nytimes.com, Brian Stelter, englisch).

3. “Syrien / Libanon: Zeugen des Krieges”
(mediathek.daserste.de, Video, 7:27 Minuten)
Informationen über die Situation in Syrien kommen vor allem aus dem Libanon. Auch die ARD kann nicht in das Land einreisen.

4. “Die ‘Chefchen’-Affäre”
(sueddeutsche.de, Andreas Burkert)
Andreas Burkert schreibt über die Auseinandersetzung zwischen Bastian Schweinsteiger und “Sport Bild”: “Der Regisseur Schweinsteiger hat zuletzt nicht mehr richtig mitgespielt bei diesem Geben und Nehmen, das ihn auch groß machte. Angeblich soll er Interview-Anfragen von Sport-Bild und Bild zurückgewiesen haben. Es sieht jetzt fast so aus, als ob er, der Springers Spielplan ablehnt, quasi die rote Karte bekommt. Wegen der Ungeheuerlichkeit, sich zu verweigern.”

5. Borussia Dortmund und die Sonntagszeitungen
(pottblog.de, Jens Matheuszik)
Jens Matheuszik fasst zusammen, wie die Sonntagszeitungen FAS, WamS und BamS über den Meistertitel von Borussia Dortmund berichten.

6. “Warum Papier praktischer ist”
(bobbycalifornia.blogspot.com)
Bobby California sucht und findet “50 Gründe, warum Papiermedien (Bücher, Zeitungen, Zeitschriften, das Kursbuch usw…) praktischer sind als Online-Medien”.

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