Archiv für Mai 13th, 2011

Pöbelei ins Nest gelegt

Nun ist Bild.de weder dafür bekannt, sich einer besonders geschliffenen Sprache zu bedienen, noch dafür, Ruhe zu bewahren, wenn dem Deutschen jemand ans Auto will. Entsprechend wird eine Interview-Aussage des neuen Verkehrsministers von Baden-Württemberg, Winfried Hermann, in der es um die Zukunft großer und teurer Autos geht, kurzerhand in die Sprache der eigenen Klientel übersetzt:

Im großen WELT-Interview stichelt er jetzt gegen Porsche-Fahrer, bekundet seine Vorliebe für’s Fahrrad und setzt der Industrie die Pistole auf die Brust.

“Manche Porsche-, BMW- oder Audi-Fahrer frönen einer libidinösen Form des Autofahrens. Aber das ist die Minderheit, darin liegt nicht zu Zukunft”, so Hermann in der WELT.

Frei übersetzt: Porsche-Fahrer sind Auto-geil. Und Dicke Karossen sind ein Auslaufmodell.

Die Übersetzung des aus dem Kontext gerissenen Zitats ist etwas arg frei und auf Porsche-Fahrer verengt, stellt aber durchaus eine mögliche Interpretation dessen dar, was Hermann meinte. Die Überschrift lässt allerdings keinen Interpretationsspielraum zu:

Winfried Hermann "Auto-geil!": Grüner Minister pöbelt gegen Porsche-Fahrer

Auch wenn es ihm durch die Verwendung von Anführungszeichen unterstellt wird: Hermann hat den Begriff “Auto-geil!” nie in den Mund genommen. Und “gepöbelt” hat er auch nicht — diese Art der Kommunikation, die eher zum ruppigen Ton von Bild.de passt, schließt Worte wie “frönen” und “libidinös” eher aus.

Mit Dank an die vielen Hinweisgeber.

Cross-Promotion, Duslog, Schwimmer

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Was Dieter Bohlen mit Wolf Schneider zu tun hat”
(medienpiraten.tv, Peer Schader)
Wie nehmen Journalisten Wolf Schneider wahr? Und wie dagegen Dieter Bohlen? Wie wird ein “Reportagekünstler” beim “Spiegel” beurteilt? Und wie dagegen die Scripted-Reality-Formate der Privatsender? “Darin, mit zweierlei Maß zu messen, ist diese Branche im Moment wirklich außerordentlich groß.”

2. “Marke Eigenwerbung”
(freitag.de, Silke Burmester)
Silke Burmester nervt die ausufernde Cross-Promotion von ARD und ZDF: “Es ist die unangenehme Kumpanei, die entsteht, wenn Anne Will die Kollegen von den Tagesthemen fragt, was sie denn ‘heute für uns haben’. Und Tom Buhrow mit seinem stets um Aufmunterung bemühten Gemüt ‘Anne’ antwortet und doch zu den Zuschauern spricht, als wären wir zu blöd, zu erfassen, dass das ein abgesprochenes Spiel ist.”

3. “Springer: ‘Wer im Netz professionell publiziert, sollte Zitat und Zweitauswertung unterscheiden können.'”
(carta.info, Robin Meyer-Lucht)
Robin Meyer-Lucht rollt den Fall der Schadenersatzforderung von Axel Springer an Exciting Commerce auf. “Es hätte sicherlich geholfen, wenn Exciting Commerce selbst berichtet hätte, dass das von Springer monierte ‘Zitat’ bei Exciting Commerce eine Länge von 1.530 Zeichen hatte und über die Hälfte des Postings ausmachte. Selbst urberrechtlich weniger begabten Menschen wird schwanen, dass hier das Zitatrecht möglicherweise überstrapaziert wurde.”

4. “Da ist viel Beklopptes dabei”
(jetzt.sueddeutsche.de, Christian Helten)
Christian Helten spricht mit Lukas Heinser über Duslog.tv. Zur Berichterstattung von “Bild” über den Eurovision Song Contest 2011 siehe Jan Feddersen in der “taz”: “Es ist cool, nichts zu sagen”

5. “Wie ich mir für 57 Euro einen Doktortitel kaufte”
(frankfurter-magazin.de, Heiner Hänsel)
Heiner Hänsel sieht sich genötigt, seinen unrechtmäßig erworbenen Doktortitel zurückzugeben.

6. “Von Seerosen und Sportschwimmern”
(swim.de, Bruno Baumgartner)
Bruno Baumgartner beobachtet Schwimmer im Freibad.