Archiv für März 8th, 2011

Verliebt in Benzin

Nachdem “Bild”, “Bild am Sonntag” und Bild.de in den letzten Tagen alles getan haben, um das “Chaos um den Öko-Kraftstoff” weiter anzuheizen (BILDblog berichtete), scheinen sich die Redakteure jetzt für eine Linie entschieden zu haben:

Nein, tanke! Der Irrsinn mit dem Bio-Sprit

In gleich zwei Artikeln erklären “Bild” und Bild.de, “warum E10 Mist ist”:

1. Schadet vielen Motoren!*
2. Erhöht Verbrauch!
3. Lässt Preise steigen!*
4. Verschlimmert Hungersnöte!*
5. Schadet dem Klima!*
6. Zerstört Regenwald!*
7. Verteuert Sprit!*

*) Diesen “Fakt” hatte “Bild am Sonntag” vorgestern als “Irrtum” zu widerlegen versucht.

Mit Dank auch an Sebastian S.

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Chauvitag 2011

Über den Sinn oder Unsinn des Weltfrauentages, der vor 100 Jahren zum ersten Mal begangen wurde, haben im vergangenen Jahr Alice Schwarzer und Caroline Korneliy bereits ausführlich debattiert. Und auch wenn Alice Schwarzer dafür plädiert, den Frauentag abzuschaffen, wäre es interessant zu erfahren, was die Feministin davon hält, wie die Zeitung, in der sie ihre Gerichtsreportagen veröffentlicht, mit diesem besonderen Datum umgeht.

Der Titel klingt ja eigentlich vielversprechend:

100 Dinge, die Frauen besser können

Doch abgesehen davon, dass der Weltfrauentag ursprünglich mit dem Ziel der Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau ins Leben gerufen wurde, dürfte selbst Mario Barth viele der “100 Wahrheiten über Frauen” als abgedroschen und klischeebehaftet empfinden:

Nr. 5:

Schön mit der Hand schreiben.

Nr. 10:

Mehrere Diäten gleichzeitig machen.

Nr. 11:

Schuhe kaufen. Frauen besitzen im Schnitt 14 Paar Schuhe, Männer acht.

Nr. 21:

Den Balkon zum Blühen bringen.

Nr. 38:

Statt sich mit komplizierten Abseits-Regeln aufzuregen, lieber an den schönen Fußballern erfreuen.

Nr. 42:

Beleidigt sein.

Nr. 46:

Im Sitzen pinkeln.

Nr. 50:

Sparen. Sie geben ein Vermögen für Schuhe aus, aber das ist immer noch billiger als ein Sportwagen.

Nr. 57:

Kalorien zählen.

Nr. 60:

Dem Friseur das Herz ausschütten.

Nr. 62:

Sich die Augenbrauen zupfen.

Nr. 72:

Bei völliger Ahnungslosigkeit souverän wirken.

Nr. 83:

Geld ausgeben, das sie nicht verdient haben.

Nr. 86:

Sich systematisch unterschätzen. Immer noch verdienen Frauen rund 25 Prozent weniger als Männer.

Nr. 93:

Diesen schwachsinnigen Frauentag gelassen ertragen.

Passend dazu präsentiert BILDblog heute die einzige Sache, die “Bild” besser kann als andere Zeitungen:

Nr. 1:

Den eigenen Sexismus entlarven.

Nachtrag, 9. März: BILDblog-Leser Michael L. hat uns darauf hingewiesen, dass es sich beim diesjährigen Weltfrauentag nicht um den 100., sondern um den 101. handelt (der erste von 1911 muss natürlich auch mitgezählt werden). Immerhin befindet sich BILDblog mit diesem – inzwischen korrigierten – Fehler in bester Gesellschaft.

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60.000 Euro für geklautes Sarrazin-Interview

Der ungenehmigte Abdruck eines Interview, das die Zeitschrift “Lettre International” mit Thilo Sarrazin geführt hatte, kommt die “Bild”-Zeitung teuer zu stehen. Die Axel Springer AG und Bild.de müssen 60.000 Euro Schadensersatz an den Verlag der Zeitschrift zahlen. Darauf einigten sich beide Seiten in einem Vergleich.

Im Oktober 2009 hatte “Bild” lange Passagen aus dem Interview abgedruckt. Bild.de brachte das Interview gar vollständig. “Lettre” erwirkte dagegen eine einstweilige Verfügung, woraufhin Bild.de das Interview offline nahm.

Doch “Bild”-Chefredakteur Kai Diekmann widersetzte sich dem Beschluss. Er behauptete unter Berufung auf den “Bild”-Redakteur Hans-Jörg Vehlewald, dass “Lettre International” einem Abdruck zugestimmt habe und veröffentlichte die “Bild”-Version trotzig noch einmal in dem damals von ihm betriebenen Blog unter kai-diekmann.de. Die Behauptung wurde ihm untersagt (BILDblog berichtete), wegen des Verstoßes gegen die Einstweilige Verfügung wurde ein Ordnungsgeld in Höhe von 20.000 Euro fällig.

Nun bot die Axel Springer AG einen Vergleich über 30.000 Euro an, zog das Angebot aber kurz darauf wieder zurück, weil die “taz” über den Fall berichtet hatte.

Da Springer der Forderung von “Lettre”, Schadensersatz und Nutzungsentschädigung zu zahlen, nicht nachkam, ging der Fall vor das Berliner Landgericht. Dort lief die Sache nicht gut, wie Rechtsanwalt Johannes Eisenberg, der “Lettre” vertritt, in einer Pressemitteilung berichtet: Hans-Jörg Vehlewald, den Diekmann und Springer als Zeugen für die angebliche Genehmigung eines Abdrucks auf Bild.de aufgeboten hatten, habe bei seiner Vernehmung überraschend ausgesagt, dass in seinem Gespräch mit “Lettre” von einer Online-Nutzung nie die Rede gewesen sei. “Damit”, so Eisenberg, “haben sich die öffentilchen Behauptungen des Chefredakteurs der Bildzeitung auf www.kaidiekmann.de als unwahr erwiesen.”

Das Landgericht deutete laut Eisenberg an, dass es in dem Vorgehen sowohl von “Bild” als auch von Bild.de eine Urheberrechtsverletzung sehe und einen erheblichen Schadensersatz für gerechtfertigt halte. “Lettre” hatte argumentiert, dass die unerlaubte Weiterverbreitung nur wenige Tage nach der eigenen Veröffentlichung die eigenen Absatzmöglichkeiten massiv beeinträchtigt habe. Dass gerade die Springer-AG, die einen besonderen rechtlichen Schutz von Online-Inhalten fordert, so vorgegangen sei, mache den “Diebstahl an dem Interview” “besonders dreist”.

Kriegsbilder, WAZ, Guttenberg

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Kampagne des Verteidigungsministeriums”
(sueddeutsche.de, Marc Felix Serrao)
Die “taz” protestiert gegen die Werbung der Bundeswehr in “Bild”-Produkten. “Nach derzeitiger Planung” sollen aber nur 600.000 Euro, also 12.5 Prozent des Werbebudgets “auf Bild, BamS und bild.de” entfallen. “In welchen anderen Printmedien Anzeigen erscheinen, steht dem Sprecher zufolge noch nicht fest.”

2. “Journalismus in solchen Ländern ist immer riskant”
(faz.net, Michael Hanfeld)
Die Redaktionsspitze von “Bild am Sonntag” verteidigt die Recherchereise zweier Reporter in den Iran, die mit einer monatelangen Inhaftierung endete: “Journalismus in Ländern mit autoritären Regimen ist immer riskant, wie aktuell die Verhaftung auch deutscher Reporter in China gezeigt hat. Pauschal auf solche Recherchen zu verzichten und, wie es einige Schlaumeier jetzt empfehlen, grundsätzlich nur in Risikoländer zu reisen, wenn man dort erwünscht ist, wäre das Ende von unabhängigem Journalismus.”

3. “Die meisten Bilder sind gestellt”
(journal21.ch, Helmut Scheben)
Helmut Scheben, langjähriger Redakteur der “Tagesschau” des Schweizer Fernsehens, über Bilder aus dem Krieg: “Die meisten Bilder von Kampfhandlungen sind gestellt. Das ist eine banale Weisheit, denn jedem ist klar, dass ein Kameramann oder eine Kamerafrau keine Kampfhandlungen aus der Nähe filmen kann, es sei denn sie sind lebensmüde.”

4. “Der Nachwuchs ist unpolitisch”
(fr-online.de, Andreas Schwarzkopf)
Über Krieg und Journalismus spricht auch der erfahrene Reporter Christoph Maria Fröhder. “Viele Kollegen, die aus Geldnot oder aus Sicherheitsgründen etwa mit den Isaf-Truppen in Afghanistan unterwegs sind, werden manipuliert, bekommen nicht das ganze Bild zu sehen. Ich habe mehrfach erlebt, wie Kollegen verboten bekamen, Übergriffe von Soldaten auf Zivilisten aufzunehmen.”

5. “Briefkastenmüll (I)”
(revierflaneur.de)
Der Revierflaneur erhält Post vom Chefredakteur der “Westdeutschen Allgemeinen Zeitung”, Ulrich Reitz. Er soll ein “Bürgervotum” ausfüllen, was ihm mit einem kostenlosen Probeabo der “WAZ” und der Aussicht auf Gewinn eines Reisegutscheins im Wert von 1.000 Euro schmackhaft gemacht wird. “Vermutlich denken die Marketingprofis bei der WAZ, dass sie die Adressaten ihrer Umfrage in Zeiten des Wutbürgertums mit dem Aufruf zu einem ‘Bürgervotum’ eher zur Teilnahme motivieren können.”

6. “Wie Ken den Kopf verlor”
(faz.net, Volker Zastrow)
Ein langes Lesestück zum Rücktritt von Karl-Theodor zu Guttenberg: “Wer sich nicht blenden lässt, kann sehen, dass Guttenberg, gemessen an den üblichen, erst recht den an ihn angelegten Maßstäben, in seinem Leben nicht viel auf die Reihe bekommen hat. Er ist ein auffallend intelligenter Mensch, aber seine äußeren, zertifizierten Leistungen lagen deutlich unter diesem Niveau. Durchgestartet ist er erst in der Politik, dort aber mit ungeheurem Druck.”