Archiv für November, 2010

Focus  

Nicht Stefan Raabs Mettbrötchen

Der aktuelle “Focus” enthält folgende Gegendarstellung von Stefan Raab:

FOCUS veröffentlichte am 25.10.2010 auf Seite 161ff den Artikel “Will der nur spielen?” über mich.

1. In dem Artikel wird behauptet, ich hätte mit meiner Lebensgefährtin im Haus meiner Eltern gelebt.
Hierzu stelle ich fest, dass ich nicht mit meiner Lebensgefährtin im Haus meiner Eltern gelebt habe.

2. Daneben behauptet FOCUS, ich hätte mir beim Turmspringen das Jochbein gebrochen.
Hierzu stelle ich fest, dass ich mir beim Turmspringen nicht das Jochbein gebrochen habe.

3. Weiter heißt es: “Zur Gewinnmaximierung nimmt Raab mit schöner Regelmäßigkeit Schleichwerbung ins Programm. Und sein Sender zahlt in noch schönerer Regelmäßigkeit Strafen dafür.”
Hierzu stelle ich fest, dass ich keine Schleichwerbung ins Programm nehme und mein Sender keine Strafen dafür bezahlt.

4. Weiter heißt es: “Er verdient auch mit am Beinahe-Erfolg eines Oliver Pocher und am Massenerfolg eines Mario Barth.”
Hierzu stelle ich fest, dass ich an Oliver Pocher und Mario Barth nicht mitverdiene.

5. Weiter heißt es: “Seine TV-Karriere startet 1993. Raab fährt vor mit einem Wagen, auf dem in großen Buchstaben steht: “Metzgerei Raab”.
Hierzu stelle ich fest, dass ich bei keinem Sender oder Produktionsunternehmen mit einem Wagen vorgefahren bin, auf dem “Metzgerei Raab” stand.

6. Weiter heißt es: “Der Metzgerssohn, der heute noch das Mettbrötchen mit Zwiebeln, Gurkenscheibe dazu, ganz hinten in seiner Stammkneipe schätzt (…).”
Hierzu stelle ich fest, dass ich nie Mettbrötchen mit Gurkenscheiben dazu esse und auch keine Stammkneipe habe.

7. Weiter heißt es: “Wenn der ‘lieve Jong’ einmal die Woche von seiner Villa seine Eltern (…) besuchen kommt (…).”
Hierzu stelle ich fest, dass ich meine Eltern in unregelmäßigen Abständen besuche.

8. Weiter heißt es: “Die Nervosität steigert sich im Wochenrhythmus, wenn Raab auf die Quoten wartet.”
Hierzu stelle ich fest, dass die Quoten meiner Sendungen am Folgetag im Teletext veröffentlicht werden.

9. Zudem wird behauptet, ich wäre anlässlich meines Grundwehrdienstes Politikern begegnet.
Hierzu stelle ich fest, dass ich anlässlich meines Grundwehrdienstes keinen Politikern begegnet bin.

10. Weiter heißt es: “Zu Terminen fliegt er gern mit dem eigenen Hubschrauber.”
Hierzu stelle ich fest, dass ich keinen Hubschrauber habe.

11. Zudem wird behauptet, ich meide hartnäckig die (Gerichts)Öffentlichkeit”(…) – und das selbst auf die Gefahr hin, dass er ein Ordnungsgeld riskiert.”
Hierzu stelle ich fest, dass ich stets rechtzeitig durch die Gerichte vom persönlichen Erscheinen entbunden wurde und niemals ein Ordnungsgeld riskiert habe.

12. Weiter heißt es: “Eine Dornröschen-Hecke umschließt den Garten, und nur manchmal reitet der Prinz auf seiner Harley-Davidson aus.”
Hierzu stelle ich fest, dass mein Grundstück von keiner Hecke umschlossen ist und ich keine Harley-Davidson habe.

13. Weiter heißt es: “Zur September-Ausgabe seiner Millionenshow kommt Stefan Raab erst gerade eine Stunde vor dem Sendebeginn. In derselben Kleidung tritt er vor die Kameras. Sie riecht noch nach dem heimischen Grill.”
Hierzu stelle ich fest, dass ich zur September-Ausgabe meiner Show früher als eine Stunde vor Sendebeginn erschienen bin, an dem Tag nicht gegrillt und meine Kleidung – wie vor jeder TV-Show – gewechselt habe. Diese Kleidung trug auch keinen Grillgeruch.

14. Weiter heißt es: “Die Metzgerfamilie Raab kauft sich ein ins Aloisiuskolleg in Bad Godesberg.”
Hierzu stelle ich fest, dass ich mich für die Aufnahme ins Aloisiuskolleg beworben habe und erst nach einer persönlichen Vorstellung aufgrund einer Entscheidung des Kollegs aufgenommen wurde. Meine Familie hat sich nicht ins Kolleg eingekauft.

15. Weiter heißt es: “Schüler Stefan zieht in das Haus ‘Stella Rheni’.”
Hierzu stelle ich fest, dass ich nie im Haus “Stella Rheni” gewohnt habe.

16. Zudem wird behauptet, Stefan Raab habe sich vor einem Modellschiff aufgebaut und gesagt: “Das wär’s, einmal mit einem Segelschiff um die Welt.”
Hierzu stelle ich fest, dass ich mich weder vor diesem noch vor einem anderen Modellschiff aufgebaut und keine solche Äußerungen vor dem Modellschiff getätigt habe.

17. Weiter heißt es: “Die Gitarre hat Stefan Raab stets dabei. Wenn er (…) im Tor steht, liegt sie griffbereit hinterm Netz. Geht im Spiel etwas schief, singt Stefan sofort sein Spottlied.”
Hierzu stelle ich fest, dass ich niemals meine Gitarre griffbereit hinterm Netz hatte. Ich habe auch keine Spottlieder auf dem Spielfeld gesungen.

18. In der Bildunterzeile des Fotos auf S. 162, das ein Modellschiff zeigt, heißt es: “Sein Traumschiff – im Internat”.
Hierzu stelle ich fest, dass das Modellschiff nicht mein Traumschiff ist.

19. In der Bildunterzeile des Fotos auf S. 163, das ein Klassenzimmer zeigt, heißt es: “Seine Klasse – im Internat”.
Hierzu stelle ich fest, dass es sich nicht um mein Klassenzimmer handelt.

20. In der Bildunterzeile des Fotos auf S. 166, das ein Mettbrötchen zeigt, heißt es: “Sein Brötchen – in der Kölschkneipe”.
Hierzu stelle ich fest, dass es sich nicht um mein Mettbrötchen handelt.

Köln, den 10.11.2010
Stefan Raab

Die Redaktion der Illustrierten wollte das offenbar nicht unkommentiert lassen, verzichtete interessanterweise aber auf die übliche Beteuerung, sie bleibe bei ihrer Darstellung. Stattdessen schrieb sie unter Raabs Gegendarstellung:

Bekannt ist STEFAN RAAB, 44, als Spaßvogel und als Musikfreund, der Lena Meyer-Landrut großgemacht hat. Eine andere Seite zeigt Raab, wenn es um die eigene Person geht. Dies verrät diese Gegendarstellung, die FOCUS mit Blick auf den Informationsgehalt sehr gern druckt. Schon zu Beginn der Recherche zum Stefan-Raab-Porträt “Will der nur spielen?” hatte der Medienunternehmer mit rechtlichen Schritten drohen lassen. FOCUS recherchierte trotzdem. Reporter gingen ins Handelsregister, sie sprachen mit Nachbarn und Weggefährten, mit Mitschülern und Jugendfreunden, mit Anwälten, einstigen Lehrern und Priestern. Einige haben schon angeboten, ihre Erinnerungen mit eidesstattlichen Versicherungen zu unterstützen. Den Wahrheitsgehalt der Gegendarstellung wollen wir nicht kommentieren. Unseren Lesern, die sich ein eigenes Bild machen möchten, empfehlen wir besonders die Punkte 6, 18 und 20.

Hauspost

Die Digital-Redaktion von Bild.de hat einen tollen Tipp:

Watchmi nimmt Lieblings-Sendungen und -Serien kostenlos auf

Allerdings ist vor lauter Stress anscheinend niemand in der Redaktion dazu gekommen, den kostenlosen Service gründlich zu testen oder auch nur auszuprobieren. Und das obwohl Bild.de in diesem Jahr schon zwei Mal über das Programm berichtet hatte. Doch auch für den dritten Artikel scheint nur der Waschzettel des Herstellers vorgelegen zu haben:

Der Anbieter verspricht: Watchmi soll sich den Geschmack des Zuschauers merken und ähnliche Sendungen oder Filme vorschlagen, die ebenfalls interessant sein könnten.

Aber das ist schon in Ordnung so, eine Recherche ist nicht nötig. Denn der Anbieter ist absolut vertrauenswürdig:

Auch die Kollegen von autobild.de mussten nicht lange suchen, um das Material für ihre informativen Preis-Reporte zu finden. Denn die besten Angebote, die gibt’s nur bei einem Anbieter:

So im Mai:
Wer einen schicken Neuwagen sucht, kann beim Händler derzeit satte Rabatte aushandeln – denn viele davon kämpfen nach dem Abwrack-Boom 2009 ums Überleben. Die besten Angebote gibt's bei autohaus24.de

Oder im Juli:

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Wie kann autohaus24.de konstant die besten Angebote finden, die die Fachjournalisten von autobild.de überzeugen? Natürlich nur mit kompetenten Partnern:

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Mit Dank auch an Robin J.

Lafer, Neda, Das Medium

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “TV-Koch Lafer setzt eigene Werbepartner in ZDF-Sendung offensiv in Szene”
(spiegel.de)
Der “Spiegel” sichtet 20 Folgen der ZDF-Sendung “Lafer! Lichter! Lecker!” und glaubt zu erkennen, dass Johann Lafer seine Werbepartner massiv in Szene setzt. “Lafer sagte gegenüber dem SPIEGEL, er nehme manche Produkte aus Überzeugung mit in die Sendung. Es handle sich dabei um sein gewohntes Küchenumfeld.”

2. Interview mit Neda Soltani
(taz.de, Carolin Pirich)
Ein Gespräch mit Neda Soltani, die von den Medien mit Neda Agha-Soltan verwechselt wurde. “Auf dem Video, das bei YouTube von Nedas Tod zu sehen war, hörte man jemanden ihren Namen rufen, undeutlich. Jemand suchte dann im Internet danach und stieß bei Facebook auf mein Profil, kopierte und verschickte es. So ging es um die Welt. Dann benutzten es Journalisten.”

3. “Gefällst du mir, gefall ich dir”
(tagesspiegel.de, Miriam Meckel)
Miriam Meckel denkt über Freundschaften bei Facebook nach.

4. “Gericht erlaubt Kritik an dubiosem Call-TV”
(stefan-niggemeier.de)
Das Hamburger Landgericht weist eine Klage der Firma Mass Response gegen den Call-TV-Kritiker Marc Doehler in allen Punkten zurück.

5. “Das Medium”
(fern-gesehen.com, Video, 24:31 Minuten)
Lars Golenia fragt sich, warum “Das Medium” (RTL) den 1987 verstorbenen Uwe Barschel nicht gefragt hat, wer ihn umgebracht habe. Er müsste es doch wissen. Video-Direktlink (blip.tv).

6. “Tagesschau – Westerwelle tritt zurück”
(youtube.com, Video, 1:36 Minuten)
Eine Falschmeldung, die “in keinsterweise Homosexuelle verunglimpfen” soll.

Grober Unflug

Womöglich steckt eine ganz eigene Logik hinter diesen beiden Absätzen:

Für den europäischen Flugzeugbauer Airbus häufen sich die Probleme: Nach der Notlandung eines A380-Riesen wegen eines Triebwerksausfalls gibt es nun auch beim Bestseller A320 technische Schwierigkeiten.

An einer A321 der British Midland International fielen im August plötzlich die Cockpit-Bildschirme zeitweise aus.

Womöglich ist der Umstand, dass im August an einem Flugzeug technische Schwierigkeiten aufgetreten waren, aber auch einfach ein ganz schlechter Beleg für eine “Problemhäufung”, die es “nun” geben soll. Aber vielleicht kommt die ja noch:

Nach Airbus-Angaben kann das Problem nicht sofort technisch gelöst werden. Piloten erhielten deshalb Verhaltsregeln, falls es erneute Bildschirmausfälle geben sollte.

Aber es gibt ja sicher noch mehr Pannen, oder?

Und die Pannenserie der Flieger reißt nicht ab: Wegen Triebwerksproblemen kehrte am Freitag ein Flugzeug der Qantas kurz nach dem Start zum Flughafen Perth zurück.

“Kurz nach dem Start bemerkten die Piloten ein Vibrieren im linken Motor der Boeing 767”, sagte Qantas-Sprecher Simon Rushold.

Eine Pannenserie bei Airbus, weil eine Boeing Probleme macht?

So gesehen ist es fast logisch, dass Bild.de den Artikel mit einem (mittelmäßig) anonymisierten Lufthansa-Flugzeug bebildert:

Lufthansa-Flugzeug, mittelmäßig anonymisiert.

Mit Dank an Volker D.

taz.de  

Kraut und Rüben

121.819 Mitzeichner sind für eine E-Petition des Deutschen Bundestags eine stolze Zahl. So viele Menschen haben die Petition gegen ein Verkaufsverbot von Heilpflanzen in der EU unterzeichnet, es ist damit die zweiterfolgreichste E-Petition in der Geschichte dieser Institution.

Doch die Mühe dieser 121.819 Menschen war umsonst: Ein solches “Verkaufsverbot” war nie geplant. Die angesprochene EU-Richtlinie, die bereits vor fünf Jahren in deutsches Arzneimittelrecht umgesetzt wurde, regelt die Zulassung pflanzlicher Produkte als Arzneimittel. Ein Verkaufs- oder gar Anbauverbot von Pflanzen wie Pfefferminze oder Salbei, wie es manche heraufbeschworen hatten, stand nie zur Debatte.

Doch wie konnten 121.819 mündige Bürger derart fehlgeleitet werden? Die “taz” hat eine Erklärung:

Die große Zahl der Unterstützer kam nur zustande, da in der Naturheilkunde- und Bioszene der Petitionsaufruf in Internetforen, Blogs und unzähligen E-Mails verbreitet wurde. “Weil das Gesetz ein typisches Beispiel dafür ist, wie in Brüssel die Pharmalobby gegen die Interessen der Bevölkerung arbeitet”, sagt eine der E-Mail-Weiterleiterinnen. Den Inhalt der Petition überprüft habe sie aber nicht.

“Internetforen, Blogs und unzählige E-Mails”, geht’s auch konkreter?

blogs.taz.de: Pharmalobby kämpft für Verbot von Heilpflanzen

Das “Drogerie”-Blog auf taz.de verbreitet die Mär vom Heilpflanzenverbot seit vergangener Woche und rief sogar zur Unterzeichnung der Petition auf. Obwohl in vereinzelten Kommentaren seit Tagen angeprangert wird, dass der Eintrag falsch sei, steht er unverändert online.

Mit Dank an Till G.

Nachtrag, 13. November: Hans Cousto vom “Drogerie”-Blog wehrt sich gegen die Bezeichnung der Petition als “grober Unfug” und gibt Beispiele von Kräutern, die in Brandenburg nicht mehr verkauft werden dürfen.

Apfel mit ohne Gehäuse

Online-Journalismus kann so einfach sein: Man klickt sich morgens durch die Artikel von anderen Redaktionen. Was einem gefällt, übernimmt man einfach. Weitere Recherche ist nicht nötig, das haben ja die Kollegen bereits getan. Noch ein paar Fotos ergänzen — fertig.

So ist wohl auch der Bild.de-Artikel über die Auktion eines “Apple 1” zustande gekommen, der von einem Bericht der “Daily Mail” mehr als nur inspiriert wurde. Hier wie dort erfährt der Leser, dass die Computer-Antiquität 524.000 mal weniger Speicher besitzt als heute übliche PCs, in beiden Artikeln erfährt der Leser vom – falschen – Mindestgebot von 150.000 Pfund. Immerhin hat Bild.de den Original-Artikel verlinkt.

Allerdings war Bild.de beim Abkupfern doch etwas sehr flüchtig:

Es ist der Urahn aller Apple-Computer! Einer der ersten Apple-PCs – mit Holzgehäuse und selbstgeschnitztem Apple-Schriftzug – kommt in London unter den Hammer. Für mindestens 150 000 Pfund (umgerechnet 176 550 Euro)!

Nun ja: Die “Daily Mail” zeigt ein Bild von einem Apple-Gehäuse mit handgearbeitetem Schriftzug. Dabei handelt es sich jedoch um das Exemplar eines frühen Computer-Enthusiasten, das im Smithsonian Museum ausgestellt ist. Das bei Christie’s zu versteigernde Exemplar hat hingegen kein Gehäuse.

Hätte der Bild.de-Redakteur den Artikel mit wachen Augen gelesen, wäre ihm das klar geworden. Hätte er dazu noch einen Klick auf die Auktionsseite gewagt, dann hätte er auch erfahren, dass die 150.000 Pfund nicht das Mindestgebot, sondern der höchste Schätzwert ist.

Aber Recherche — das ist halt etwas für die anderen.

Nachtrag 1, 14:45 Uhr. Mangelnde Recherche alleine reicht offenbar nicht aus. Um wirklich erfolgreich zu sein, muss man mehr Fehler machen als die Konkurrenz. Anders lässt sich dieser Teaser auf der Startseite von Bild.de kaum erklären:

Apple 1 - Erster Mac kommt unter den Hammer

Wie jeder Computer-Nostalgiker weiß, war der Apple 1 kein “Mac”, die Macintosh-Reihe begann erst 1984. Wer kein Computer-Nostalgiker ist, hätte auch einfach in die Bildergalerie zum Artikel über die Apple-1-Auktion schauen können. Dort steht es nämlich gleich zweifach:

A star is born...Der legendäre Mac erblickt 1984 das Licht der Welt

Allerdings kann man das Misstrauen der Bild.de-Startseiten-Redakteure gegen die Bild.de-Bildergalerien-Texter verstehen. Denn in der gleichen Galerie findet man diese kühne Behauptung:

Eckig und einfach: Die erste Computermaus der Welt kam 1983 mit Apple-Lisa, dem Vorläufer des Mac

Wann genau die erste Computermaus der Welt präsentiert wurde, ist zwar nicht ganz klar — aber der Zeitpunkt lag mindestens 15 Jahre vor dem Apple Lisa.

Nachtrag 2, 16:30 Uhr. Nicht nur Bild.de leidet unter einer akuten Abschreibeschwäche – auch Dnews hat den Bericht der Daily Mail punktgerecht versemmelt – und erstaunlicherweise die gleichen Fehler gemacht:

Einer der ersten Apple-Computer, die Firmengründer Steve Jobs von der elterlichen Garage aus verkaufte, wird in London versteigert. Das Einstiegsgebot für das handgefertigte Sammlerstück aus Holz liegt bei 150.000 Pfund (ca. 176.550 Euro).
[…]
Bei dem zu versteigerndem Computer handelt es sich um ein Holzgehäuse mit eingeschnitztem “Apple“ Schriftzug.

Die Meldung samt Fehler wurde von pcgames.de und cynamite.de übernommen.

Und auch die Nachrichtenagentur dts will nicht hintenan stehen:

Im Londoner Auktionshaus Christie’s kommt am 23. November einer der ersten Apple Computer der Welt, der Apple 1, unter den Hammer. Medienberichten zufolge können Interessenten ab einem Einstiegsgebot von rund 176.000 Euro mitbieten.[…]Der Gewinner der Versteigerung darf sich im Anschluss über ein Komplettpaket freuen, dass aus dem “Gehäuse”, dem Computer, einer Bedienungsanleitung und einem Brief von Apple-Gründer Steve Jobs besteht.

Nachtrag 3, 16:45 Uhr. Inzwischen hat Bild.de den Rückwärtsgang eingelegt und Artikel, Teaser und Bildergalerie korrigiert. Nun heißt es:

Es ist der Urahn aller Apple-Computer! Einer der ersten Apple-PCs – ohne Tastatur, Monitor und Gehäuse – kommt in London unter den Hammer. Schätzwert: bis zu 150 000 Pfund (umgerechnet 176 550 Euro)!

Mit Dank an Alexander A., Florian, Paul B. und Oliver D.

Asiaten, Mario Gomez, Quotensucht

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Hart, aber höflich”
(visdp.de, Frank Joung)
Frank Joung ärgert sich anlässlich des G20-Gipfels in Seoul über die Sicht einiger Journalisten auf Asiaten, die einzeln eher als harmlos beschrieben und belächelt werden, im Kollektiv aber schnell mal als “gelbe Gefahr” gelten. Ab Seite 8 (PDF-Datei) werden Zeitungstitel zu den Castortransport-Protesten gegenübergestellt.

2. “Gomez’ leiser Appell an die Menschlichkeit”
(de.eurosport.yahoo.com, Thomas Janz)
Mario Gomez erklärt, dass seine von “Bunte” publizierten Aussagen über das Coming-Out von homosexuellen Fußballern “vor acht bis neun Monaten” getätigt und weder von ihm noch vom Verein freigegeben wurden. “Die Leute wollen immer ehrliche und offene Antworten hören. Aber wenn etwas daraus gemacht wird, was nicht der Wahrheit entspricht, überlegt man sich vielleicht dreimal, was man Preis gibt.”

3. “Die Dynamik der Angst”
(taz.de, Frank Miener)
“Immer neue Themen” werden bei der alarmistischen Berichterstattung zu angeblich gefährlichen Krankheiten “durch den medialen Durchlauferhitzer gejagt – bis sie sich als harmlos erweisen”. “Die Folge: Die Leser stumpfen ab und reagieren immer uninteressierter auf die neueste Katastrophe, so berechtigt sie auch sein mag.”

4. “Der Fall Oberhauser und das Elend der Meinungsmache”
(derstandard.at, Gerhard Zeillinger)
Gerhard Zeillinger kommentiert den Umgang von Boulevardzeitungen mit Elmar Oberhauser: “Worum es in der Sache eigentlich geht, wird nicht berichtet. Darüber nämlich, wie massiv eine Partei Einfluss auf die Personalpolitik eines öffentlich-rechtlichen Senders nimmt.”

5. “Correction practices at major news sites are a mess, survey finds”
(mediabugs.org, Mark Follman and Scott Rosenberg, englisch)
Beim Umgang von US-Nachrichtenseiten mit Fehlern werden große Unterschiede festgestellt. “Fox News is the exception in the group. Apparently the Fox network never makes errors. We found no corrections content at all on its website.”

6. “ARD: Einknicken vor der Quote?”
(sueddeutsche.de, Christopher Keil)
Die drei letzten Folgen von “Im Angesicht des Verbrechens” werden wegen tiefer Quoten “am 19. November hintereinander versendet”. “Zwei Millionen Menschen sind ordentlich, aber natürlich deutlich weniger als 3,5 Millionen, die den üblichen Zuschauerschnitt am Freitagabend bilden, wenn die ARD um 21.45 Uhr zur Tatort-Wiederholung ansetzt.” Auch Fernsehkritik.tv berichtet: “Im Angesicht der Quotensucht”.

Gute Aussicht

Es ist ein bemerkenswertes Selbstverständnis, das Bild.de da an den Tag legt:

Was so viele Menschen in aller Welt begeistert, muss natürlich auch auf BILD.de zu sehen sein…

Gemeint ist damit: Wenn ein Video bei YouTube “bereits mehr als 3,5 Millionen Mal” (im Sinne von: mehr als 7 Millionen Mal) angeschaut wurde, kann Bild.de es auch schon mal klauen, zwei Mal hintereinanderschneiden, mit Musik und Off-Kommentar unterlegen und nochmal selbst hochladen. Der Arbeitsaufwand dürfte sich dank der Einnahmen aus dem vorgeschalteten Werbeclip rechnen. Aber das ist ja alles nichts Neues.

Konkret geht es um dieses Video hier:

Bild.de erklärt dazu:

Bei einem Spiel zur Stadt-Meisterschaft liegt die Driscoll Middle School schon fast aussichtslos 0:6 hinten.

Wenn man sich sonst eher mit Sportarten wie Fußball oder Handball beschäftigt, bei denen die Tore gezählt werden, sieht so ein 0:6 natürlich “fast aussichtslos” aus. Im American Football allerdings kann man unterschiedlich viele Punkte erzielen. Durch einen Touchdown beispielsweise sechs, weswegen das Spiel in diesem Moment mindestens ausgeglichen war.

Mit Dank an Gabriel T., Lothar Z., Manuel L., J.L., Johannes B. und Matthias H.

Nachtrag, 12. November: Bild.de hat die Formulierung “fast aussichtslos” aus dem Artikel entfernt.

Winterwetter, Bärenmutter, Peter Hahne

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Was sich im Wissenschaftsjournalismus ändern muss”
(astirn.de/blog, Alexander Stirn)
Alexander Stirn stellt sechs Thesen auf: “Journalisten, die einfach nur die Pressemitteilungen der Universitäten wiedergeben, braucht kein Mensch. Das können (und machen) die Pressestellen genauso gut.”

2. “Vier Hof-Fotografen ackern im Schichtdienst”
(faz.net, Hendrik Kafsack)
Hendrik Kafsack befasst sich mit der “Propaganda für die EU-Kommission”: “Die EU-Kommission wolle nicht mehr als das, was den Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten zustehe und was Organisationen von der Weltbank bis zu den Vereinten Nationen böten. Wenn Kanzlerin Angela Merkel und der französische Präsident Nicolas Sarkozy zu einem Gipfeltreffen flögen, nähmen sie auch Journalisten mit. Warum also solle Barroso das nicht?”

3. “Wettervorhersage für den Winter – Warum in der BILD Mist steht”
(scienceblogs.de/weatherlog, Frank Abel)
“So eiskalt wird der Winter!”, prophezeit Bild.de. Frank Böttcher, Leiter des Instituts für Wetter- und Klimakommunikation in Hamburg: “Da werden Temperaturkurven für den kommenden Winter veröffentlicht, die der Öffentlichkeit glaubhaft machen sollen, man könne daran ablesen, wie das Wetter an einem bestimmten Tag wird. Das ist so, als würden sie Lottozahlen vorhersagen.”

4. “Geht es Ihnen auch so, Herr Hahne?”
(fernsehkritik.tv, Video, insgesamt 44 Minuten)
Fernsehkritik.tv stellt in der sonntäglichen Talkshow von BamS-Kolumnist Peter Hahne Kritiklosigkeit gegenüber Anwesenden fest. “Keiner kuschelt so sehr mit seinen Gästen wie er.”

5. “Was ist schon dabei? Heutzutage ist das doch kein Tabu mehr”
(zeit.de, Harald Martenstein)
Harald Martenstein reagiert auf eine kritische Besprechung seines Romans in der “Süddeutschen Zeitung”. “Meine Mutter wollte zu der Zeitung fahren und sich den Kritiker vorknöpfen, einen gewissen Schmidt. Das konnte ich verhindern.”

6. “Wie ein kleines Bären-Video die große weite Medien-Welt eroberte – und dabei seine Unschuld verlor…”
(einvideogehtumdiewelt.blogspot.com)
Die Geschichte eines Videos, das durch diese Verlinkung weltweit Aufmerksamkeit gewann. “Mein tiefer, herzlicher und ehrlich gemeinter Dank wird Stefan Niggemeier für ewig verfolgen.”

Urahnungslos

Seit Tagen kämpfen “Bild” und Bild.de gegen den angeblichen Verfall der deutschen Sprache. Dabei übersehen die Redakteure, dass die Gefahr nicht nur von englischen Fremdwörtern und in ihren Landessprachen parlierenden Migrantenfamilien ausgeht, sondern auch von Leuten, die mit deutschen Vokabeln nicht vernünftig umgehen können. Also zum Beispiel von ihnen selbst:

Mörder hängt seit 189 Jahren am Strick. Makabres England: Seit 189 Jahren steht das Skelett eines Mörders in der Uni von Bristol. Seine Haut wurde als Bucheinband verwendet. Ur-Ahnen geschockt!

Es ist jedenfalls biologisch äußerst unwahrscheinlich, dass die Ur-Ahnen eines vor 189 Jahren verstorbenen Mannes heute noch “geschockt” sein können. Sie dürften vielmehr längst zu Staub zerfallen sein.

Mit Dank an Thomas B. und Fr.-Jo. K.

Nachtrag, 11. November: Mehrere unserer Leser weisen darauf hin, dass das Partizip Perfekt von “schockieren” eigentlich “schockiert” lautet. “Geschockt” ist ein Anglizismus.

Und außerdem müsste es natürlich “Makaberes England” heißen.

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