Archiv für August 30th, 2010

In 80 Fehlern um die Welt (1-3)

Seit dem Siegeszug des Internets ist die Welt ja angeblich kleiner geworden — übersichtlicher aber offenbar nicht, wie drei aktuelle Geographie-Fehler verschiedenster Medien beweisen:

Bild.de:

Stürmer Dimitar Rangelov (27) steht zwar im 18-er Aufgebot, doch auch seine Tage in Dortmund sind gezählt. BILD erfuhr: Dem Rumänien wurde ebenfalls vom BVB nahe gelegt, sich ausleihen zu lassen. Angeblich soll Freiburg Interesse haben…

Mal davon ab, dass Dimitar Rangelov natürlich nicht ganz “Rumänien” ist, ist er auch nicht Rumäne, sondern Bulgare.

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“Kölner Stadtanzeiger”:

Slowenien

Das mit “Slowenien” beschriftete Land ist die Slowakei — und in deren Hauptstadt Bratislava fand auch der besagte Amoklauf statt.

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tagesschau.de:

Im westafrikanischen Benin wurden Tausende Menschen finanziell ruiniert, weil sie einem windigen Finanzunternehmen Glauben schenkten. (…) In der Hauptstadt Cotonou spielen sich seit Tagen ergreifende Szenen ab.

Die Hauptstadt Benins heißt Porto Novo, Cotonou ist der Regierungssitz.

Mit Dank an Jan Sch., Simon B., Sebastian und Gregor K.

Nachtrag, 16.24 Uhr: Bei ksta.de heißt die Slowakei jetzt auch “Slowakei”.

2. Nachtrag, 21.01 Uhr: In der Zwischenzeit hat auch tagesschau.de Cotonou zum Regierungssitz ernannt.

Schlechte Luft

Eine Woche, nachdem der “Spiegel” einen Vorabdruck des neuen Buchs von Bundesbankvorstand Thilo Sarrazin veröffentlicht hatte (“Bild” hatte im Laufe der Woche das gleiche getan), wurde das Buch heute endlich offiziell vorgestellt — begleitet von Livetickern auf “Spiegel Online” und Bild.de.

Auch sonst geben sich die Medien viel Mühe, die von ihnen selbst entfachte Kontroverse um den früheren Berliner Finanzsenator umfangreich auszuschlachten abzudecken: “Spiegel Online” hat da zum Beispiel eine Bildergalerie vorbereitet, die die Proteste gegen Sarrazin bei dessen Buchpräsentation zeigt.

Demonstrant in Berlin: Begleitet von einem Polizeiaufgebot machten einige Bürger ihrem Ärger Luft.

stand da erst, dann:

Demonstrant in Berlin: Begleitet von einem Polizeiaufgebot machten die Bürger ihrem Ärger Luft. Unterstützt wurde die Veranstaltung von Politikern der SPD, der Grünen, der Linken sowie Gewerkschaftsvertretern.

Das wäre gar nicht weiter erwähnenswert — wenn, ja wenn das dazugehörige Foto nicht etwas ganz anderes zeigte:

Danke Thilo! www.pi-news.net

Nicht nur, dass der Demonstrant sich offensichtlich bei Sarrazin bedankt — er hat auch gleich noch die Webadresse der islamophoben Hassseite “Politically Incorrect” auf sein Schild gekritzelt.

Inzwischen hat “Spiegel Online” offenbar bemerkt, was für Inhalte da (wieder mal) unbesehen in eine Bildergalerie gerutscht waren, und hat das Foto durch ein ganz anderes ersetzt.

Mit Dank an Tobias B. und Reemt R.

Wörterbuch Deutsch/”Österreich”isch

Die Sängerin Nadja Benaissa ist in der vergangenen Woche vom Amtsgericht Darmstadt zu einer zweijährigen Bewährungsstrafe und 300 Stunden Sozialarbeit verurteilt worden, weil sie einen früheren Partner mit dem HI-Virus infiziert hatte.

Oder wie es die österreichische Boulevardzeitung “Österreich” am Freitag auf ihrer Titelseite ausdrückte:

No-Angels-Sängerin Nadja: Freispruch für den Aids-Engel

Mit Dank an Gerhard A.

Finanzjournalismus, Groschenromane, Mathias

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Bilanzen, Blödsinn und Bernanke”
(markusgaertner.com)
Wie gehen Finanzjournalisten mit Zahlen um, fragt sich Markus Gärtner: “Wir lassen uns von Ämtern, Investmentbanken und Lobbyorganisationen wie Verbänden mieses Zahlenmaterial andrehen und nehmen es für bare Münze. Wir haben auch keine Zeit, tiefer in dicken Quartals- und Jahresberichten zu graben. Das habe ich erst richtig gemerkt, als ich anfing diesen Blog aufzubauen und Themen zu recherchieren, für die Zeitungen keine Zeit haben.”

2. Interview mit Gisela Friedrichsen
(tagesspiegel.de, Thomas Eckert und Joachim Huber)
“Spiegel”-Gerichtsreporterin Gisela Friedrichsen wird gefragt, ob sie bereits in der Rolle der “Kachelmann-Expertin” sei: “Plappern Sie doch nicht so dummes Zeug nach! Sie beleidigen mich! Im Fernsehen gibt es nur ‘Experten’: Adelsexperten, Terrorismusexperten, Geheimdienstexperten, Gesundheitsexperten, Asienexperten etc. Dass ich nicht lache: Kachelmann-Expertin! Ich kenne diesen Herrn nicht. Ich werde den Prozess gegen ihn beobachten, wie ich tausend andere Prozesse auch beobachtet habe. Über den Fall habe ich bisher einen einzigen kurzen Kommentar geschrieben …”

3. “Für wie blind hält Sky eigentlich den Zuschauer?”
(sportmedienblog.de)
Das Sportmedienblog stellt fest, dass die Bundesligakonferenz “- anders als beworben – gar nicht vollständig in nativem HD ausgestrahlt” wird.

4. “Mächtige Burschen, raue Gesellen”
(sueddeutsche.de, Katharina Riehl)
Katharina Riehl besucht einen Schreiber von Groschenromanen: “Die Welt von Dieter Walter ist eine Wohnung am Stadtrand von Augsburg. Ein kleines Wohnzimmer mit freundlichen Stofftieren, an der Tür hängt ein rotes Stoffherz mit der Aufschrift ‘Ich liebe dich’, an den Wänden Fotos von ihm und seiner philippinischen Ehefrau.”

5. “Probieren statt kopieren”
(fr-online.de, Peer Schader)
Peer Schader porträtiert die Firma Brainpool aus Köln, die hinter Sendungen wie “TV Total”, “Unser Star für Oslo” und “Ladykracher” oder Serien wie “Pastewka” oder “Stromberg” steht.

6. “Mathias”
(shripsinn.blogspot.com)
Shrip entdeckt in der “taz” einen Mathias.