Archiv für Juli 22nd, 2010

Nur ein toter Star ist ein guter Star

In der Welt von “Bild” und Bild.de gibt es viele Stars: All die Leute, die Norbert Körzdörfer trifft, Lothar Matthäus oder den Filmproduzenten Arthur Cohn, der einzige Mensch, hinter dessen Namen “Bild” in Klammern nicht sein Alter, sondern die Zahl seiner Oscars (“sechs”) schreibt.

Und dann gibt es Menschen, die Teil des Medienbetriebs sind, aber nicht im Rampenlicht von “Bild” und Bild.de stehen — es sei denn, in ihrem Leben passieren außergewöhnliche Dinge: Ein Schauspieler, der in verschiedenen kleineren und größeren Nebenrollen im Fernsehen zu sehen war, kann schnell zum “TV-Star” werden, wenn er verdächtigt wird, zwei Frauen vergewaltigt zu haben.

Ein sicherer Weg, zum “Star” zu werden, ist ein früher Tod: Der Name des Schauspielers Frank Giering hatte fast zehn Jahre nicht mehr in “Bild” gestanden, als er Ende Juni im Alter von 38 Jahren starb.

Ganze sechs Autoren brauchte es, um Sätze wie diese zu schreiben:

Sein TV-Gesicht kennen Millionen, sein wahres Ich hielt er versteckt: Schauspieler Frank Giering (“Der Kriminalist”) ist tot. Er starb im Alter von nur 38 Jahren.

ER WAR VERZWEIFELT UND ALKOHOLKRANK.

Die zunächst unklaren Todesumstände erlaubten es “Bild”, noch eine Reihe kleinerer Meldungen abzudrucken, die bei Bild.de riesig aufgeblasen wurden.

Die walisische Rockband Stereophonics war Bild.de in Ermangelung großer Eskapaden in den letzten Jahren gerade mal einen CD-Tipp wert, aber als ihr ehemaliger Schlagzeuger Stuart Cable im Juni im Alter von 40 Jahren starb, schaffte er es mit einem Foto auf die Startseite.

Gleich völlig unbekannt dürfte den meisten Bild.de-Lesern der Musiker Vic Chesnut gewesen sein, aber sein Tod mit 45 war eine Meldung wert.

Über den Schauspieler Heinrich Schmieder hatte Bild.de noch nie ein Wort verloren, doch sein plötzlicher Tod während eines Mountainbike-Etappenrennens machte ihn zum “TV-Star” — wenn der Begriff auch einiger Erklärung bedurfte:

TV-Star* Heinrich Schmieder tot mit 40 nach Radrennen * "Tatort", "SOKO Köln"

Klatschkritik, 9Live, Matthäus

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. Interview mit Antje Tiefenthal
(meedia.de, Stefan Winterbauer)
“Medienkritiker befassen sich eher mit Tageszeitungen oder TV-Formaten”, sagt Klatschkritik-Bloggerin Antje Tiefenthal, die das Segment der Klatschmagazine für weitgehend unbeobachtet hält. “Man gibt viel Geld aus für diese Magazine, in der Hoffnung ein glaubwürdiges Produkt zu bekommen und wenn man ein bisschen genauer hinschaut, entdeckt man, das ist alles nicht so.”

2. “Es gibt keine Presse mehr”
(blog-cj.de, Christian Jakubetz)
Christian Jakubetz hält die Einschätzung von Michael Hanfeld, die Online-Angebote der öffentlich-rechtlichen Sender würden das “Ende der freien Presse und die Herrschaft des Staatsjournalismus” bedeuten, für “so maßlos überzogen, dass es keiner weiteren Erwähnung wert wäre, stünde es nicht ausgerechnet in der FAZ”. Tatsächlich könne man nicht mehr abgrenzen: “Es gibt keinen Rundfunk mehr, der nur noch Rundfunk macht. Und es gibt keine Presse mehr, die nur noch Presse macht.”

3. “Das Beste im Fernsehen”
(fernsehkritik.tv)
Der Fernsehkritiker fragt sich, warum Bild.de die Sendung “Bei uns” auf 9Live zum TV-Tipp des Tages macht.

4. “How to Tell a Journalist from a Blogger”
(jolieodell.wordpress.com, englisch)
Jolie O’Dell schreibt auf, was für sie einen professionellen Journalisten ausmacht.

5. “Der typische WissensTV-Beitrag”
(philippundphilippunterhaltensich.de, Video, 2:44 Minuten)
Wie ein typischer “WissensTV-Beitrag” aufgebaut ist.

6. “Wie Lothars Fans trauern”
(11freunde.de, Benjamin Kuhlhoff)
Nach der “medienwirksamen Trennung” zwischen Lothar Matthäus und seiner Frau drücken Fans im Gästebuch seiner Website ihr Mitgefühl aus. Eine kurze Sammlung von Mitleidsbekundungen.