Archiv für Mai 11th, 2010

Wer alles nicht Ministerpräsident in NRW wird

Auch zwei Tage nach der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen ist einigermaßen unklar, wie die nächste Landesregierung aussehen könnte. Die Spekulationen schießen ins Kraut und die Beobachter und Kommentatoren versuchen sich mit Zahlenspielen und abwegigen Vorschlägen zu übertrumpfen. Sogar die “israelische Lösung” wurde schon in die Runde geworfen.

In einem Kommentar in der “Frankfurter Allgemeinen Zeitung” stellt Georg Paul Hefty heute einige Alternativvorschläge für das Amt des Ministerpräsidenten vor:

Sollte die CDU einen Ministerpräsidenten brauchen – und Rüttgers von dem oder den Koalitionspartner(n) abgelehnt werden -, müssten wohl Bundespolitiker in die Bresche springen. Dafür kämen nur Spitzenleute in Betracht: die Bundesminister Pofalla und Röttgen, eventuell auch der zweite Mann im Staate, Lammert.

Selbst wenn Jürgen Rüttgers – aus welchen Gründen auch immer – der CDU nicht als Ministerpräsident zur Verfügung stünde: Die Herren Pofalla, Röttgen und Lammert würden es sicher auch nicht — zumindest nicht, ohne gegen die nordrhein-westfälische Landesverfassung zu verstoßen.

In Artikel 52, Absatz 1 heißt es nämlich:

Der Landtag wählt aus seiner Mitte in geheimer Wahl ohne Aussprache den Ministerpräsidenten mit mehr als der Hälfte der gesetzlichen Zahl seiner Mitglieder.

[Hervorhebung von uns]

Ein Anruf bei, sagen wir Mal: Harald Schartau hätte der “FAZ” schon geholfen: Der SPD-Mann hatte 2002 nicht Nachfolger von Ministerpräsident Clement werden können, weil er auch nicht über das erforderliche Landtagsmandat verfügte.

[via pottblog]

Nachtrag, 19. Mai: Die “FAZ” druckt heute auf Seite 8 den Brief eines Lesers aus Koblenz ab, der darauf hinweist, dass in NRW nur Mitglieder des Landtags Ministerpräsident werden können. Damit hat der Fehler von letzter Woche wohl als “korrigiert” zu gelten.

Mit Dank an Jesco H.

Bild  

Golfkriegsberichterstattung mit Tiger Woods

Weil auch “Bild” nicht ausschließlich über das Privatleben von Sportlern berichten kann, kam die Meldung gerade recht, dass Tiger Woods bei einem Golfturnier angegriffen worden sei:

Irrer greift Tiger Woods an!

Ohne auf die doch eher unspannende Sportart eingehen zu müssen, konnte “Bild” erst einen halben Artikel über den Vorfall schreiben — und den Rest des Textes dann mit Meldungen aus dem Privatleben des Sportlers auffüllen.

Nur: Den “Angriff” auf Woods hat es in dieser Form nicht gegeben.

Der Linksgolfer hat die “Bild”-Geschichte auseinandergenommen und kommt zu dem Schluss, dass weite Teile “nur in der blühenden Fantasie der Bild-Zeitung” stattgefunden haben:

Mit Dank auch an die Hinweisgeber.

Streifenwagen, Altpapier, Lotterleben

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Wie Deutschlands Polizei mit Fernsehsendern kooperiert”
(dradio.de/dlf, Klaus Deuse)
In Hessen und Sachsen gibt es eine “Tarifliste für polizeiliche Filmdienste”, in der vom Polizeihund über den Streifenwagen bis zum Schlagstock alles aufgeführt ist. “Für das Engagement eines Polizeimeisters verlangt das hessische Innenministerium um die 70, für das eines echten Kommissars an die 90 Euro pro Stunde.”

2. “Aktuelle NRW-Wahlergebnisse? Bei @popkulturjunkie”
(medialdigital.de, Ulrike Langer)
Ulrike Langer vergleicht die aktuelle Ergebnisberichterstattung des ZDF zur NRW-Wahl mit jener von @popkulturjunkie Jens Schröder. “Es bleibt die interessante Frage, warum das ZDF mit seinem gesamten Apparat, seinen direkten Drähten nach Düsseldorf und wesentlich mehr Rechenleistung nicht schaffte, was ein einzelner Journalist mit Bordmitteln und Engagement hinbekam: Zuverlässig und auf dem aktuellen Stand berichten.”

3. “Der Aufstand der Radios”
(tagblatt.ch, Nick Joyce)
Alternative Radios verzichten auf eine Promotionsplattform – im Gegenzug werden sie von den grossen Labels nicht mehr mit Interviews und Presse-CDs beliefert. Sie überlegen nun, “verstärkt auf das Repertoire jener Labels zuzugreifen, die ihnen Neuveröffentlichungen auflagenfrei zur Verfügung stellen.”

4. “Und alle so: Whiskey!”
(evangelisch.de, Klaus Raab)
“Das Altpapier” ist zurück. In der ersten auf evangelisch.de erschienen Ausgabe geht es um fehlenden Whiskey “in den Konferenzen der Wochenzeitung Die Zeit”.

5. “Spiegel kritisiert guten Journalismus von Stefan Niggemeier”
(frankfurter-magazin.de, Heiner Hänsel)
Heiner Hänsel über die “Spiegel”-Spalte “Kritiker in der Kritik”.

6. “Lotterleben”
(titel-magazin.de, Isabel Bogdan)
Isabel Bogdan beschreibt die Arbeitssituation jener, die nicht das Haus verlassen, um zu arbeiten. “Sich immer wieder selbst zu motivieren, sich zusammenzureißen, zu arbeiten, obwohl man noch schnell die Fenster putzen könnte oder noch ein Stündchen schlafen, das Dokument auf- und das Internet zuzumachen, obwohl einem kein Chef über die Schulter guckt, all das ist verdammt harte Arbeit. Und das ist mein Ernst.”