Wenn Firmen, Verbände oder Politiker in die Medien wollen, sie aber von keinem Medium gefragt werden, veröffentlichen sie Pressemitteilungen. Darin stehen dann Informationen über das neueste Produkt, ein paar markige Forderungen oder ein paar Thesen, derer sich hoffentlich die Medien annehmen werden — zitierfähige O-Töne werden ja gleich mitgeliefert.
Pressemitteilungen beginnen häufig mit Formulierungen wie dieser:
Nur: Das ist nicht der Beginn einer Pressemitteilung, sondern der eines Artikels auf sueddeutsche.de.
Also, genauer: Es ist sowohl der Beginn einer Pressemitteilung der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, als auch der Beginn des Artikels auf sueddeutsche.de zum gleichen Thema. Und es bleibt nicht nur beim Beginn.
Nun hat sueddeutsche.de die Pressemitteilung nicht 1:1 übernommen: Der Text ist an anderen Stellen abgesetzt als im Original, außerdem wurde ein Grammatikfehler korrigiert (“Genozid an den Armeniern” statt “Genozid an der Armeniern”) und ein Wort ersetzt (“etwa1,5 Million” statt “rund 1,5 Million”). Ein bisschen Mühe hat sich der zuständige Journalist also schon gegeben.
Auf unsere Anfrage erklärte die Redaktion von sueddeutsche.de, die Veröffentlichung der Pressemitteilung im Wortlaut sei ein Versehen gewesen, das “sehr ärgerlich” sei. Man habe schließlich den Irrtum bemerkt und dann “wie ursprünglich geplant” eine eigene Meldung veröffentlicht: Steinbachs Aussagen stehen nun zu weiten Teilen in indirekter Rede.
Mit Dank an Lars F.
Nachtrag, 17.50 Uhr: Schon nachdem sueddeutsche.de den Artikel gestern überarbeitet hatte, hat die Redaktion einen Hinweis in eigener Sache online gestellt.
Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].
1. “Abmahnrepublik Deutschland (I)” (carta.info, Wolfgang Michal)
Wolfgang Michal sieht im deutschen Abmahnwesen eine ernste Einschränkung der Meinungsfreiheit; “durch Schocktherapie” sollen Publizisten mundtot gemacht werden. “Ohne Vorwarnung sind brachiale Summen im Spiel. Streitwerte von 100.000 Euro. Anwaltskosten von mehreren tausend Euro. Schadenersatz von vielen tausend Euro. Einschüchterungssummen. Das einstmals gute Recht der Abmahnung ist pervertiert.”
2. “Es ist ZEIT zu widersprechen II” (freischreiber.de)
Der Berufsverband “Freischreiber” geht auf einzelne Punkte des Briefs ein, den der Zeit-Verlag kürzlich an seine freien Mitarbeiter verschickte. “Die Urheber zu enteignen und mit ihren Werken in Zukunft allein Kasse machen zu wollen, ist kein Geschäftsmodell, sondern eine Zumutung.”
3. “Linksruck bei ‘Cicero'” (theeuropean.de, Alexander Görlach)
Der Ex-Online-Chef der Zeitschrift “Cicero”, Alexander Görlach, sieht mit dem von Michael Ringier an die Spitze gesetzten Michael Naumann (SPD) einen Linksruck durch das Blatt gehen. Naumann weist die Kritik zurück: “Es ist abgründig und totaler Quatsch, was in dem Artikel steht”. Er werde Görlach einen Brief schreiben und ihn über die “Grundregeln des Journalismus” aufklären.
4. “Eklat in Sachsen – Alle Freien Radios abgeschaltet” (freitag.de/community/blogs/stefan-tenner)
Stefan Tenner berichtet, wie verschiedene Freie Radios in Dresden, Chemnitz und Leipzig am 17. April aus dem UKW-Netz verbannt wurden.
6. “Fazsinierend” (spreeblick.com, Johnny Haeusler)
Johnny Haeusler denkt darüber nach, wie er von Marcus Jauer im FAZ-Dossier “Deutsche Blogger” dargestellt wurde. “Beim nächsten Mal, wenn sich jemand anderthalb Stunden Gespräch mit ein paar handschriftlichen Notizen merken will, stelle ich ich ein Aufnahmegerät daneben und das Ergebnis online.”