Archiv für Juni 19th, 2009

Ein Wort sagt mehr als taussend Worte

“Sicher werde ich für einige immer
der Kinderporno-Politiker bleiben.”
(Jörg Tauss im “BILD-Verhör” vom 30.3.2009)

Und siehe da: Als sich die Bild.de-Redaktion heute entschied, abermals (siehe BILDblog von vorgestern) über den SPD-Abgeordneten Jörg Tauss zu berichten, tat sie das zunächst unter der Dachzeile:

Kinderporno-Abgeordneter: Dreht er jetzt durch?

Dass das bei Tauss vielleicht irgendwie herabwürdigend vorverurteilend nicht ganz okay ist, hat man offenbar auch bei Bild.de erkannt* und die Dachzeile nachträglich lieber wie folgt geändert:

Nach Kinderporno-Sperre

*) Sollte Bild.de Tauss jedoch gar nicht in Anspielung auf das gegen ihn laufende Ermittlungsverfahren (wegen des Besitzes von Kinderpornographie), sondern einfach nur wegen seiner kinderpornographiekritischen Arbeit “Kinderporno-Abgeordneter” genannt haben, freuen wir uns natürlich schon auf künftige, ähnlich sachliche Zeilen im, ähm, “Kinderporno-Portal” Bild.de über unsere “Kinderporno-Ministerin” Ursula von der Leyen oder die “Kinderporno-Unterhändlerin” Martina Krogmann.

Mit Dank an die vielen Hinweisgeber.

Bucerius, Büttner, Buhrow

1. “Nebeneinkünfte von TV-Moderatoren”

(sueddeutsche.de, Hans Leyendecker)

Nicht nur Hans Leyendecker, auch H.-J. Jakobs und K. Riehl schreiben über die Nebentätigkeiten von Fernsehmoderatoren wie Tom Buhrow. Siehe dazu auch die NDR-Sendung “Zapp” (ndr.de, Video, 16:19 Minuten).

2. Interview mit Jean-Martin Büttner

(klartext.ch, Nick Lüthi und Bettina Büsser)

Tages-Anzeiger-Journalist Jean-Martin Büttner äussert sich in einem langen Interview kritisch über die Online-Strategie seines Blatts: “Wenn der Klick das einzige Kriterium für die Qualität eines Artikels wird, drohen Oberflächlichkeit und Skandalisierung.”

3. 84286,52 Mark für die 68er-Studenten

(zeit.de, Volker Ullrich)

Die Zeit arbeitet die finanziellen Unterstützungen von Verleger Gerd Bucerius an die Studenten von 1968 auf: “Natürlich war Bucerius auch Geschäftsmann, der vor allem mit der Beteiligung an der Anti-Springer-Kampagne eigene Interessen verfolgte. In einer Aufstellung über alle Spenden vom Oktober 1969 – sie summieren sich auf 84286,52 Mark – begründete er sein Engagement mit den ‘Ausdehnungstendenzen’ Springers, durch die die Position von Gruner + Jahr im umkämpften Zeitschriftengeschäft ‘ernstlich gefährdet’ worden sei.”

4. ORF-Stiftungsrat will Medienjournalisten aussperren

(derstandard.at)

“Journalisten, die bisher vor dem Sitzungszimmer des Rats auf Infos warteten, sollen des Platzes verwiesen werden – Der Verein Medienjournalismus protestiert: ‘Einer Demokratie nicht würdig'”.

5. “280 000 Fr. brutto plus Dienstwagen”

(stoehlker.ch/weblog, Kommentar)

Fred David, ehemaliger Chefredakteur der Wirtschaftszeitung Cash, schreibt über sein damaliges “sehr ordentliches Gehalt”: “280 000 Fr. [ca. 185 000 Euro] brutto plus Dienstwagen, Gratisbenzin und ein – überschaubares – Spesenbudget (ich schreibe das nur, weil Schweizer Chefredaktoren niemals zugeben würden, wieviel sie verdienen und dass man einen Anhaltspunkt hat, wovon hier die Rede ist.). Das ist jetzt zehn Jahre her. Den Wert dürfte man heute entsprechend anpassen.”

6. “Jetzt muss auch die Ringier-Konzernleitung sparen”

(kleinreport.ch)

Die goldenen Zeiten (siehe 5.) sind nun aber sogar in der Ringier-Chefetage vorbei. Drei externe Berater haben gemäss “einem internen E-Mail” den Auftrag, “bis Mitte August Möglichkeiten für Einsparungen vorzuschlagen”.

Bild.de  etc.

Kräht der Zapfhahn auf dem Mist…

“Bad news is good news”, sagt der Journalist. Insofern lautet derzeit die gute Nachricht:

Das Bier wird teurer

(Screenshot: dpa-Meldung im Bild.de-Wirtschaftsressort, siehe auch: sueddeutsche.de, Focus.de, Handelsblatt.com u.a.)

Biertrinker müssen sich auf höhere Preise einstellen. Angesichts gestiegener Rohstoffkosten etwa beim Malz und des sinkenden Absatzes stünden die Brauereien unter Druck, sagten Vertreter des Deutschen Brauer-Bundes am Donnerstag in Darmstadt.

Und jetzt die schlechte:

Bier wird nicht teurer

(Screenshot: ddp-Meldung im Bild.de-Newsticker, siehe auch: rp-online.de, pfaelzischer-merkur.de u.a.)

Deutschlands Biertrinker müssen nicht mit steigenden Preisen rechnen, obwohl die Rohstoffpreise gestiegen sind. Zurzeit seien Preiserhöhungen kaum zu realisieren, sagte der Präsident des Deutschen Brauer-Bunds, Wolfgang Burgard, in Darmstadt.

P.S.: Zum Wohle unserer Leser werden wir natürlich baldmöglichst einfach mal beim Brauer-Bund nachfragen, was denn jetzt stimmt.

Mit Dank an Jan-Dirk S., Benjamin Z., Theo W., Stephan F. und Mark F.

Nachtrag, 13.57 Uhr: Marc-Oliver Huhnholz, Sprecher des Brauer-Bundes, sagt uns auf Anfrage, der Brauer-Bund hielte es zwar für gerechtfertigt, wenn das Bier in Deutschland teurer würde, aber:

“Wir gehen nicht davon aus, dass es flächendeckend zu Preiserhöhungen kommt.”

Anders gesagt: Nachdem inzwischen ausgerechnet die korrekte Meldung (“nicht teurer”) aus den Bild.de-Newsticker gerutscht ist, ist wohl das, was beispielsweise bei Bild.de übrig bleibt und gestern sogar die Startseite zieren durfte, falsch.