Der 18jährige Sohn der Familie und ein 19jähriger Bekannter – sie gelten bei der Polizei momentan als “der Tat verdächtig” beim Vierfachmord in Eislingen. Dennoch sind etliche Fragen völlig offen: beispielsweise die nach einem Motiv. Auch von der Tatwaffe fehlt bisher, so die Polizei, jede Spur. Zudem streiten die beiden Verdächtigen jede Beteiligung an der Tat ab.
Das hindert die Redaktion von sueddeutsche.de aber nicht daran, schon einmal festzustellen:
Die Polizei befragt zudem das Umfeld von Tätern und Opfern.
Das ist, mit Verlaub, ziemlich gewagt. Von Tätern kann ganz sicher keine Rede sein, allenfalls von “mutmaßlichen Tätern”. Selbst die Polizei spricht lediglich von einem Tatverdacht, den es jetzt zu erhärten gelte.
Mit Dank an Carl E.
Nachtrag 11.45 Uhr:Die Redaktion hat den Text inzwischen korrigiert, dort heißt es jetzt: “Die Polizei befragt zudem das Umfeld der Tatverdächtigen.”
“Die US-Medienkrise hat längst Redaktionen erreicht, die bislang als unangreifbar galten. Zuletzt drohte die Geschäftsleitung der New York Times den gewerkschaftlich organisierten Mitarbeitern ihrer Tochter Boston Globe, das Blatt ganz einfach von heute auf morgen einzustellen, sollten sie nicht zu Zugeständnissen bei Sparmaßnahmen bereit sein.”
Der wohl bekannteste Literaturkritiker im deutschsprachigen Raum erzählt Springer-Chef Mathias Döpfner, dass er googlen lässt und dass ihm Günter Grass immer einzureden versuchte, der Computer verderbe den Stil. Zum Schreiben sagt er: “Ohne Eitelkeit gibt es kein Schreiben. Egal ob Autor oder Kritiker – Eitelkeit muss dabei sein. Sonst entsteht nichts. Thomas Mann war wahnsinnig eitel, Richard Wagner auch und Goethe und natürlich Schiller.”
Anja Seeliger nimmt den FAZ-Artikel “Schutzlos ausgeliefert im Internet” von Honorarprofessor Jan Hegemann Punkt für Punkt auseinander und ergänzt eigene Erfahrungen: “Wie oft haben wir in deutschen Feuilletons Artikel von ausländischen Autoren gelesen und festgestellt, dass es sich um eine Übernahme beispielsweise aus dem Guardian oder der NYRB handelt, ohne dass die Zeitung einen Hinweis darauf geliefert hätte? (…) Das Nichtnennen von Quellen ist eine Spezialität der deutschen Feuilletons, nicht des Internets.”
“Facebook schadet dem Schulerfolg” meldet tagesanzeiger.ch. Andreas Von Gunten hat sich auf die Suche nach der Quelle gemacht und dort keine Bestätigung der reisserischen Schlagzeile gelesen: “Karpinski betont, dass die Resultate nicht notwendigerweise bedeuten, dass die Nutzung von Facebook zu tieferen Noten führe.”
(profil.at, Josef Barth, Gernot Bauer und Herbert Lackner)
Die österreichische Boulevardzeitung Kronen Zeitung wird 50, doch wer wird der Nachfolger des 88jährigen Hans Dichand? “Logischer Kandidat wäre Dichands zweitgeborener Sohn Christoph, 44, seit sechs Jahren Chefredakteur, ein gebildeter und sympathischer Mann. Zweifler verweisen allerdings auf den bedenkenswerten Umstand, dass sich selbst penible Beobachter nicht daran erinnern können, je eine Zeile aus der Feder des formellen Redaktionschefs der ‘Krone’ gelesen zu haben.”
Bei bild.de ist, wie berichtet, das Foto des 18jährigen Sohns der Familie, die am Karfreitag in Eislingen getötet wurde, inzwischen verschwunden.
Das könnte damit zusammenhängen, dass sich auf der Homepage der örtlichen DLRG, von deren Seite das Foto kopiert wurde, mittlerweile folgender Hinweis findet:
Copyright: Sämtliche Inhalte dieser Homepage sind Eigentum der DLRG Bezirk/Fils e. V. Dies gilt insbesondere für Bilder und Scripte, die auf dieser Homepage enthalten sind. Eine Verwendung ohne ausdrückliche Zustimmung der DLRG Bezirk/Fils e. V. ist ausdrücklich untersagt.
Der Text, so teilt uns die DLRG mit, wurde “nach der ‘Bild’-Aktion auf der Vereinshomepage für alle Dummies dieser Medienwelt deutlich sichtbar geschaltet — damit es keinerlei weiteren Missverständnisse gibt.” Neben bild.de hatte auch RTL das Foto von der Vereinshomepage veröffentlicht.
Aus gegebenem Anlass erklärt die “Bild am Sonntag” heute ihren Lesern, warum genau heute noch mal Ostern gefeiert wird.
Schon im Vorspann schreibt die Zeitung:
Das stimmt so nicht, denn die etwa 150 Millionen orthodoxen Christen feiern Ostern nicht “heute”, sondern erst am kommenden Sonntag.
Allerdings sind die “zwei Milliarden” – großzügig betrachtet – immer noch richtiger als die Zahl, die “Bild am Sonntag” im Artikel selbst nennt:
Auch die Schilderung der Ereignisse stimmt – nach allem, was man so weiß – nicht ganz. Über den Karfreitag heißt es:
Gegen 12 Uhr mittags wird Gottes Sohn ans Kreuz genagelt, drei Stunden später stirbt er nach entsetzlichen Qualen. […] Um 17 Uhr bestattet Josef von Arimathäa den Leichnam in einem Felsengrab und schließt es mit einem Stein. Auf Befehl des Hohenpriesters wird das Grab versiegelt und bewacht. Als am nächsten Morgen die drei Frauen kommen, ist es leer.
(Hervorhebung von uns)
Der “nächste Morgen” nach einem jeden Freitag wäre natürlich ein Samstag — und damit im Judentum der heilige Sabbat, an dem keine Arbeit verrichtet werden darf.
Als aber der Sabbat um war und der erste Tag der Woche anbrach, kam Maria Magdalena und die andere Maria, das Grab zu besehen.
Man darf allerdings annehmen, dass dieser Umstand auch bei “Bild am Sonntag” bekannt ist — und der “nächste Morgen” demnach ein Flüchtigkeitsfehler war, denn die Überschrift des ganzen Artikels lautet immerhin:
Mit Dank an Benedict L., Vera S., Georg H. und Axel S.
Man kann Bild.de wirklich nicht vorwerfen, bei der Kampagne für Supersternchen Annemarie E. nicht auch andere Meinungen gelten zu lassen:
Man kann also immerhin der Meinung sein, dass es noch ein kleines bisschen besser ginge. Was deutlich im Kontrast zur Meinung von Bild.de steht, die den gestrigen Auftritt von Annemarie Eilfeld als “Weltklasse” bezeichnet. Kein Wunder also auch, dass sie für den “berührendsten Moment” der Show sorgte, von der Jury “durchweg Topnoten” erhielt und “optisch ein Highlight” war. 44 Prozent der Leser sind übrigens (Stand Sonntag, 13.30 Uhr) sicher, dass Annemarie nächster Superstar wird. Was sicher nichts damit zu tun hat, dass auf Bild.de gestern abend während der gesamten Show die Schlagzeile “Wählt Annemarie!” zu lesen war.
(Nachtrag/Hinweis: An dieser Stelle stand ursprünglich auch die Vermutung, dass Annemarie im Voting bestenfalls Platz 3 belegt haben könne, weil zwei der Kandidaten nicht nach vorne mussten. Der Schluss auf die Zahl der abgegebenen Stimmen für die einzelnen Kandidaten war allerdings falsch, wie wir jetzt dank vieler Hinweisgeber wissen. Tatsächlich kann ein Kandidat auch nach vorne gebeten werden, wenn er die meisten Stimmen hat. Die wirklichen Ergebnisse der Mottoshows werden von RTL immer erst nach Staffelende bekanntgegeben. Demnach könnte Annemarie Eilfeld also selbstverständlich auch die meisten Stimmen bekommen haben.)
Mit Dank an Robert K., Benjamin F., David M., Andreas G., Tobias H. und Lars C.
Wenn sich einer schon mal die Mühe gemacht hat, dann können andere doch auch davon profitieren — dachte man sich wohl bei RTL, nachdem die Kollegen von “Bild” aus den entsprechenden StudiVZ-Profilen bzw. privaten Webseiten die Fotos der Opfer und des inzwischen tatverdächtigen Sohnes des Familiendramas in Eislingen kopiert und unverpixelt gezeigt hatten. Weswegen man die Bilder nahm, sie in die Schnittsoftware kopierte und kurzerhand in den RTL-Nachrichten zeigte.
Ziemlich makaber mutet es übrigens in diesem Zusammenhang an, was StudiVZ als Betreiber einer inzwischen ziemlich professionell genutzten Recherchemaschine der “taz” gegenüber zum Thema Bilderklau vor rund einem Jahr im März 2008 sagte:
“Die journalistische Verwertung von Bildern aus StudiVZ ist nicht in unserem Interesse. Das steht auch eindeutig in unseren AGB. Wird dennoch ein Foto von einem unserer Nutzer zu diesem Zweck unautorisiert verwendet, so handelt es sich hierbei um eine Verletzung der Urheberrechte. Der Nutzer kann gegen das entsprechende Medium vorgehen.”
So stand es am Donnerstag im Gästebuch von ludwigspark.de, einem Online-Portal für Fans des 1. FC Saarbrücken — und nur da, denn der User “The Edge”, der die Meldung veröffentlicht hatte, erklärte schon am Freitag, dass er sich damit einen kleinen Scherz erlaubt hatte:
Das allerdings hat offenbar der Mann übersehen, der für die “Bild”-Regionalausgabe schon an einem Artikel über das vermeintliche Oster-Geschenk saß. Und so kam es, dass man dort am heutigen Samstag folgende Schlagzeile lesen konnte:
Sogar das angebliche Zitat des Marketingleiters von Borussia Neunkirchen hat “Bild” (so ungefähr) übernommen:
Dabei hätte man noch nicht mal mit den Verantwortlichen von Borussia Neunkirchen sprechen müssen — schon ein Blick in die “Neunkirchner Rundschau”, die im Gästebuch-Eintrag angeblich zitiert wird, hätte stutzig machen müssen: Dort steht nämlich — naheliegenderweise — nichts über die zu verteilenden Ostereier. Und ein “P. Reichardt” scheint für die Zeitung bisher auch noch nie geschrieben zu haben.
Als “Diktator” werden heute landläufig politische Herrscher bezeichnet, die mit unbeschränkter, absoluter Macht regieren. Das trifft auf Ahmadinedschad nicht zu. Der Iran ist zwar ein autoritärer Staat, hat aber republikanische und demokratische Elemente. Ahmadinedschad wurde 2005 vom Volk aus sieben zugelassenen Kandidaten gewählt. Seine Amtszeit dauert vier Jahre, er kann nur einmal wiedergewählt werden. Der Präsident ist nur der zweithöchste Vertreter seines Landes. Der ungleich mächtigere Oberste Rechtsgelehrte Ajatollah Chamenei ist Oberbefehlshaber der Streitkräfte, trifft wichtige außenpolitische Entscheidungen und hat überhaupt das letzte Wort.
In den letzten zwei Jahren mag sich in der Welt vieles verändert haben, aber auf eines ist offenbar immer noch Verlass: Für “Bild” ist Mahmud Ahmadinedschad, der am 12. Juni zur Wiederwahl antritt, immer noch ein “Diktator” und der “Irre von Teheran”.
In Eislingen in Baden-Württemberg ist eine fürchterliche Bluttat geschehen. Ein Ehepaar und zwei Töchter wurden vermutlich in der Nacht auf Karfreitag erschossen, die Polizei geht bisher von einem Mord aus. Der 18-jährige Sohn, der die Nacht außer Haus verbracht hatte, fand die Toten am Karfreitag. Sehr viel mehr, als dass die Polizei in diesem Fall weiter ermittelt, weiß man noch nicht. Dementsprechend wenig vorhanden sind auch Bilder vom Tatort und natürlich der Opfer.
Das macht aber nichts, wenn man das Internet als Recherchequelle zu nutzen weiß. Für die Reporter der “Bild” jedenfalls war das Beschaffen der Fotos ein Kinderspiel von wenigen StudiVZ-Mausklicks:
(Von uns unkenntlich gemacht).
Natürlich fand man bei StudiVZ auch noch die zweite erschossene Tochter; das Foto des Vaters der beiden entdeckte man auf dessen Praxishomepage — und den 18-jährigen Sohn nahm man sich von der Seite der örtlichen DLRG (immerhin machte man sich bei ihm noch die Mühe, das Gesicht zu verpixeln).
Und insofern muss man es fast schon als Drohung verstehen, wenn “Bild” die Berichterstattung mit der Ankündigung beendet: “BILD berichtet weiter.”
Mit Dank an Thomas M.
Nachtrag 12.4.: Aus der ursprünglichen Bildergalerie bei bild.de ist der inzwischen von der Polizei als tatverdächtig eingestufte 18jährige Sohn der Familie mittlerweile verschwunden, alle anderen Bilder sind noch drin. Über die Gründe für die plötzliche Herausnahme könnten wir allenfalls spekulieren…
Zugegeben: Es ist Feiertag und der Beginn eines extrem langen Wochenendes. Da fehlen einem schon mal die ganz großen Themen.
Die Notbelegschaft bei “Express Online” hat sich trotzdem was einfallen lassen für ihre Startseite:
Im Artikel heißt es über einen Fernsehausschnitt, in dem Barack Obama ins Stocken gerät:
Ein Video bei YouTube zeigt jetzt Obamas peinlichen Auftritt bei einem Teleprompter-Ausfall.
Der Clip ist in den USA inzwischen Kult.
Ein Video, das jetzt bei YouTube steht und inzwischen Kult ist — das geht ja schnell in diesen USA.
Andererseits steht das Video, das “Express Online” freimütig verlinkt, bereits seit dem 24. Juli 2008 bei YouTube. Dadurch wirkt nicht nur die Angabe “jetzt” ein bisschen unpassend, auch die Schlagzeile “Hier stottert der US-Präsident” ist genau genommen falsch — denn der Mann, der da stottert, ist zwar Barack Obama, aber der war zu diesem Zeitpunkt allenfalls Präsidentschaftskandidat.