Archiv für März 31st, 2009

ORF, Eiltz, Spring, Gottlieb

1. “Manifest: Rettet den ORF!”

(diepresse.com)

“Österreichs unabhängige Zeitungen starten die Aktion ‘Rettet den ORF’: Denn Parteipolitik und Führungsprobleme bedrohen Existenz und Unabhängigkeit.”

2. “Macht die Glotze aus!”

(tagesspiegel.de, Mercedes Bunz und Nadine Lantzsch)

“Wenn heute keine Generation wütend an die Mattscheibe klopft und Einlass fordert, hat das einen Grund: Wir toben uns woanders aus. Über das Fernsehen ärgern wir uns nicht lang. Gut, kurz waren wir ein wenig wehmütig. Aber warum sollen wir uns übergangen und unterdrückt fühlen, wenn unser Computer die viel besseren Angebote macht?”

3. Interview mit Ernst Elitz

(fr-online.de, Daland Segler)

Der abtretende Intendant von Deutschlandradio Kultur erklärt, wie es “vollkommen wahnfrei” gelungen sei, “den Altersdurchschnitt der Hörerschaft auf 49-50 Jahre zu senken”: “Wir bringen über den Tag keine langen Sendungen, sondern fünf, sechs, sieben Minuten lange Beiträge, immer unterbrochen von Kultur- oder auch Weltnachrichten, ein relativ kurzer Rhythmus, wo man einschalten, aber auch schnell wieder rausschalten kann”.

4. Interview mit Roy Spring

(persoenlich.com)

Kommunikatons-Allrounder Roy Spring fällt ein Urteil über die aktuellen Journalisten: “Je härter die Umstände, desto mehr versuchen die Journalisten ihre schwindende Bedeutung mit dem Anschein von Wichtigkeit zu kompensieren. So werden sie zu Missionaren ihrer Ideologien — statt neugierige Beobachter zu bleiben. Kein Wunder, macht es oft keinen Spass, ihre Texte zu lesen. Viele, die ich früher bewundert habe, sind heute fantasielose Wiederkäuer ihrer alten Ansichten.”

5. Interview mit Martin Gottlieb

(spiegel.de, Stefan Simons)

Für Martin Gottlieb, leitender Redakteur der ‘International Herald Tribune’, ist die Zeitung noch nicht am Ende: “Zeitungen, heißt es, seien dem Tod geweiht wie einst Dinosaurier. Tatsächlich sind sie für Millionen Menschen noch immer die wichtigste Informationsquelle.”

6. “European Newspapers Find Creative Ways to Thrive in the Internet Age”

(nytimes.com, Eric Pfanner)

Die New York Times guckt neidisch nach Europa, das noch gar nicht richtig in der Medienkrise angekommen ist. Die Rezession habe noch nicht durchgeschlagen, weil sich europäische Zeitungen mehr auf Leser denn auf Werbung stützen würden. Positiv erwähnt: Axel Springer, Schibsted, VG Nett.

In eigener Sache: Clarissa sagt Tschüssi

Ihr Lieben,

bei mir um die Ecke hat kürzlich ein kleiner Tante-Emma-Edeka dichtgemacht.

Aber zunächst zu etwas anderem. Am Sonntag, dem 6. April vergangenen Jahres, erreichte mich um ca. 23 Uhr eine SMS mit unbekannter Nummer und folgendem Inhalt:

Ich kann einfach nicht mehr. Ich setze jetzt meinem Leben ein Ende!

Den Namen des Absenders, den er dazugeschrieben hatte, kannte ich – aus Überschriften in der “Bild”-Zeitung. Wir hatten deshalb schon mal miteinander telefoniert. Als ich ihn nun zurückrufen wollte, erklang während des Wartezeichens ein heiterer Evergreen, wie es ihn auch als Spieluhr gibt. Doch es ging niemand ran. Ich sprach ihm auf die Mailbox, dass er mich bitte umgehend anrufen möge. Was er nicht tat. Und ich wählte zum ersten und bislang einzigen Mal in meinem Leben die 110…
(Nein, keine Sorge: Ist soweit gutgegangen die Sache, halbwegs.)

Mit anderen Worten: In viereinhalb Jahren BILDblog lernt man einiges dazu. Es gibt noch mehr solcher Geschichten (und unfassbarere) über “Bild”, die sich dennoch nie aufschreiben ließen – und sei es nur aus Rücksicht auf Betroffene. Andererseits: Bei unserer BILDblog-Lesung habe ich erlebt, wie beängstigend kathartisch ein gemeinsames Auslachen der “Bild”-Zeitung sein kann. Herrje. Wieviel Wut über “Bild” so in den Leuten steckt! Außerdem weiß ich jetzt, dass es keine gute Idee ist, sich bei Minusgraden mit seinem Laptop in Berliner Parks fotografieren zu lassen – auch nicht für ein tolles internationales Blatt: Die Fotos hinterher waren schön, aber der Laptop ging danach nie wieder an. Auch ‘ne Erfahrung. Und dass ich mich mal dazu habe hinreißen lassen, ein Autogramm zu geben (auf eine “Bild”-Zeitung!), bereue ich zutiefst. Sogar die “Bild”-Zeitung verstehe ich nach viereinhalb Jahren gelegentlich besser als zuvor. Leider. Selbst wenn sie nach wie vor ein Drecksblatt ist. Aber ich weiß auch, dass ich oft gesagt habe, als BILDblogger kann man doch nicht einfach aufhören – und nie daran gedacht, dass das womöglich gar nicht stimmt.

Damit zurück zum kleinen Edeka. Da hängt im Schaufenster ein Zettel:

"Danke! Es war zu schön um wahr zu sein, aber 50 Jahre sind genug. Wir schließen."

Wir schließen nicht. Aber ich schließe mich an, verlasse das BILDblog mit unbekanntem Ziel. Und einem duseligen Gefühl.

Tschüss,

Eure Clarissa

P.S.: Kann mal bitte jemand für Persönlichkeitsrechtsverletzungen ein besseres Wort erfinden als “Persönlichkeitsrechtsverletzungen”? Oder alternativ: einfach damit aufhören?! Danke.

Mit Dank an Stefan N., Heiko D., Lukas H., Kai B., Peer S. und alle sachdienlichen Hinweisgeber!