Archiv für Januar 26th, 2009

Es gibt kein richtiges Zitat im falschen

Die Online-Ausgabe der “Bild”-Zeitung berichtet heute recht ausführlich über die gestrige Abschlussshow von “Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!” Vor allem über Giulia Siegels Auftritt dort, die gemeinsam mit der Kandidatin Gundis Zambo den Moderatoren Dirk Bach und Sonja Zietlow Rede und Antwort stehen musste:

"Die wahre Schlange ist Gundis gewesen"

Und am Ende des Artikels schreibt Bild.de:

Moderator Dirk Bach schoss später noch einmal scharf gegen Giulia Siegel: “Schade, dass Giulia jetzt weg ist. Ich hätte gerne noch mit ihr über Wahrnehmungsstörungen gesprochen.”

Tatsächlich sagte Bach aber:

“Ich hätte ihn gerne noch ein bisschen hier behalten und hätte mit ihm über Wahrnehmungsstörungen gesprochen.”

Es ging um Peter Bond, nicht um Giulia Siegel.

Aber Schwamm drüber. So ein falsches Zitat, das kann schon mal passieren. Zumal man sich ebensogut vorstellen kann, dass Bach dasselbe auch über Siegel sagen würde…

… insbesondere, da sich etwas früher in der Sendung [ab 18’45”] ein (für RTL-Zuschauer sicher überraschender) interessanter kleiner Wortwechsel zwischen Dirk Bach und Giulia Siegel ergeben hatte, der nicht bei Bild.de auftaucht. Es ging um die Darstellung Siegels durch die Dschungelshow-Macher:

Dirk Bach: Du hast eben gesagt, die “Bild”-Zeitung hätte das irgendwie richtig gestellt…

Giulia Siegel: Die “Bild”-Zeitung hat ganz genau geschrieben, was ich zum Thema Banane gesagt habe…

Bach: Da wär’ ich vorsichtig. Die “Bild”-Zeitung hat, glaub’ ich, noch nie ganz genau geschrieben, was die Wahrheit ist…

Siegel: Aber das Zitat hat sie richtig geschrieben…

Bach: Oh, darauf vertrau’ besser nicht, das könnte wieder zurück schlagen…

Siegel: Ich hab’s ja durchgelesen, und es war richtig geschrieben.

Bach: Ach, man sollte das gar nicht erst lesen.

Mit Dank an Laszlo J. für den sachdienlichen Hinweis.

Geschenkt…

Klar: “Die Redakteurinnen und Redakteure der Axel Springer AG sind sich der Verantwortung bewusst, die sie für die Information und Meinungsbildung in Deutschland haben.” Und deshalb steht in Springers “Leitlinien der journalistischen Unabhängigkeit” auch:

"Einladungen und Geschenke: Die Gefährdung unabhängiger journalistischer Arbeit durch persönliche Vorteilsnahme ist Gegenstand der Ziffer 15 des Pressekodex. Schon der Anschein, die Entscheidungsfreiheit von Journalisten könne durch Gewährung von Einladungen oder Geschenken beeinträchtigt werden, ist zu vermeiden.
Die Journalisten bei Axel Springer (...) nehmen keine Geschenke an, die den Charakter einer persönlichen Vorteilsnahme haben, oder geben diese – falls die Annahme unvermeidbar ist – an den Verlag weiter, der diese karitativen Zwecken zuführt."

Man sollte meinen, das sei eindeutig. Ist es aber nicht, wie das NDR-Medienmagazin “Zapp” herausfand. “Zapp” berichtete vor der HSV-Aufsichtsratswahl vom vergangenen Wochenende von einer Kampagne der “Bild”-Hamburg zugunsten des HSV-Vorstandsvorsitzenden Bernd Hoffmann – und fand heraus*, dass sich der Hamburger Sportchef der “Bild”-Zeitung, Jürgen Schnitgerhans, unlängst vom HSV-Vorstand eine über 1000 Euro teure Armbanduhr hatte schenken lassen.

Heute nun veröffentlicht “Zapp” dazu die komplette Stellungnahme des “Bild”-Sprechers Tobias Fröhlich, die zeigt, wie man bei “Bild” den “Anschein, die Entscheidungsfreiheit von Journalisten könne durch Gewährung von (…) Geschenken beeinträchtigt werden”, vermeidet:

Hr. Schnitgerhans hat sich keine Uhr vom HSV-Vorstand “schenken lassen”. Sondern vielmehr wurde ihm diese Uhr vom gesamten HSV-Vorstand zum 60. Geburtstag als Würdigung und Anerkennung für seine 37-jährige Tätigkeit als Sportreporter für verschiedene Medien und speziell als journalistischer und kritischer Begleiter des Vereins überreicht. Dies wurde auch so in der Ansprache des Vorstands artikuliert.

Er wurde also für seine Gesamtleistung als langjähriger Sportjournalist und nicht als BILD-Reporter ausgezeichnet. Schnitgerhans schrieb über den HSV 1971 beim Sportmegaphon Lübeck, ab 1973 bei der Hamburger Morgenpost, seit 1980 für BILD. Aus diesem Grund sehen wir diese Auszeichnung nicht im Widerspruch zu unseren Leitlinien.
(Hervorhebungen von uns.)

*) Nachtrag, 17.23 Uhr: Aus der “Spiegel”-Redaktion wurden wir darauf aufmerksam gemacht, dass der “Spiegel” bereits wenige Tage vor der “Zapp”-Sendung berichtet hatte, dass HSV-Chef Hoffmann “im März vergangenen Jahres dem Hamburger Sportchef von ‘Bild’ eine Uhr im Wert von über 1000 Euro zu einem Dienstjubiläum geschenkt hat und auch die Laudatio hielt”. Das hatten wir bedauerlicherweise übersehen. Korrektur: An dieser Stelle hatten wir dem “Spiegel” zunächst ganz nebenbei unterstellt, das Magazin hätte in seiner eigenen Berichterstattung unerwähnt gelassen, dass zu den HSV-Aufsichtsratskandidaten auch ein “Spiegel”-Redakteur zählte. Das war falsch. Wir bitten um Entschuldigung.

Lovink, Dahlmann, Kindersoldaten

1. “Studienergebnisse: Zeitungen Online 2008”
(media-ocean.de, Steffen Büffel und Sebastian Spang)
Die Ergebnisse der Studie “Zeitungen online 2008″ sind da. Es gibt weniger Foren, weniger Chats, dafür mehr Kommentarmöglichkeiten, wenn nun auch vielerorts mit Registrierungspflicht.

2. “Big Brother 2009”
(dradio.de/dlf, Burkhard Müller-Ullrich)
“Das Land Bayern versucht, den Nachdruck historischer Zeitungen aus der Zeit des Nationalsozialismus zu verhindert – gegen den Protest angesehener Historiker. Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien verbietet zum ersten Mal einen Internet-Blog eines magersüchtigen Mädchens. Zweimal verbietet der Staat Medien – ist es da gerechtfertigt, von Zensur zu sprechen?”

3. “Finden Sie Worte!”
(presseverein.ch)
“Namhafte Zeitungen” drucken für das Luzerner Medienausbildungszentrum (MAZ) ein vermutlich kostenloses Inserat ab, das einen Kindersoldaten zeigt, zu dem Worte gefunden werden sollen. Wer könnte davon angesprochen werden? Vielleicht “Führungskräfte, die sich in Interviewtechnik briefen lassen, PR-Leute, die sich für ihre Lobby-Arbeit in Kommunikation weiterbilden, und wohlhabende Sprösslinge, die mit Papas Segen und zwecks Selbstverwirklichung die journalistische Laufbahn einschlagen wollen.”

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